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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 05.04.2005
Aktenzeichen: 11 U 122/04
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, TreuhG, VZOG


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 985
BGB §§ 987 ff.
ZPO § 529
TreuhG § 11 Abs. 2 Satz 2
TreuhG § 23
VZOG § 2 Abs. 1 Satz 4
Mit seinem Herausgabeanspruch aus § 985 BGB ist der Eigentümer nach Treu und Glauben dann ausgeschlossen, wenn er in hohem Maße eigene Pflichten verletzt und die zum Anspruch führende Situation erst herbeigeführt hat.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 U 122/04 OLG Naumburg

verkündet am: 5. April 2005

In dem Berufungsrechtsstreit

wegen Grundstücks- und Nutzungsherausgabe,

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 15. März 2005 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am Oberlandesgericht Goerke-Berzau, des Richters am Oberlandesgericht Krause sowie des Richters am Amtsgericht Schleupner für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 19. Oktober 2004 - 4 O 230/04 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 25.000 € abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision ist nicht zugelassen.

Und beschlossen:

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 440.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Wegen der dort getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird zunächst auf die angefochtene Entscheidung verwiesen. Ergänzend ist festzuhalten:

Die hier streitigen Grundstücke waren im Grundbuch als "Eigentum des Volkes, Rechtsträger VEB Lackfabrik H. - N. " vermerkt <Bd. I Bl. 123-125 d.A.>. Dieser VEB ist juristisch nie entstanden <Bd. I Bl. 138/139 d.A.>. Vielmehr gehörte der Betrieb in N. zum VEB Druckfarben H. - A. , dessen Rechtsnachfolgerin die D. GmbH war <Bd. I Bl. 91f., 126-128 d.A.>. Am 12. August 1992 verkaufte der vollmachtlose Vertreter den Betriebsteil für die D. GmbH an den Beklagten zu 1., wobei er ebenfalls vollmachtlos für die Klägerin auftrat <Bd. I Bl. 10-23 d.A.>, die am Vertrag beteiligt war. Sowohl die Klägerin als auch die D. GmbH haben den Grundstückskaufvertrag im September 1992 genehmigt <Bd. I Bl. 98, 99 d.A.>. Die Klägerin forderte später die vom Beklagten zu 1. garantierten Arbeitsplätze und Investitionen ein.

Die Bemühungen des Notars, von der Klägerin die Grundstücksverkehrsgenehmigung und die Ausräumung des vom Grundbuchamt mitgeteilten Eintragungshindernisses <Bd. I Bl. 102 d.A.> zu erreichen, blieben erfolglos <Bd. I Bl. 77-79 d.A.>. Im August 1996 teilte die Klägerin dem Beklagten zu 1. schließlich mit, der Grundstückskaufvertrag sei hinfällig, weil die Verkäuferin nicht Eigentümerin gewesen und eine Vermögenszuordnung auf den ehemaligen Treuhandbetrieb nicht möglich sei <Bd. I Bl. 87 d.A.>. Die Klägerin und die Verkäuferin schlossen am 4. November 1996 <Bd. I Bl. 139 d.A.> eine Vereinbarung <Bd. I Bl. 126-128 d.A.>. Um die Verwertung nicht betriebsnotwendiger Flurstücke zu ermöglichen, erklärte sich die D. GmbH mit der Zuordnung der Grundstücke auf die Klägerin einverstanden. Daraufhin erging am 7. Januar 1997 ein Vermögenszuordnungsbescheid der Klägerin, mit dem sie sich selbst begünstigte <Bd. I Bl. 24 d.A.> und in dessen Folge sie als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen wurde <Bd. I Bl. 25-29 d.A.>. Gegenüber dem Beklagten zu 1. bestand die Klägerin auf den Abschluss eines neuen Vertrages, worauf dieser sich unter Hinweis auf den bereits geschlossenen Vertrag nicht einließ.

Die Klägerin hat vorgetragen, die D. GmbH sei nie Eigentümerin der Grundstücke gewesen <Bd. I Bl. 137 d.A.>. Eine Vermögenszuordnung auf die Verkäuferin habe nicht erfolgen und somit auch die Grundstücksverkehrsgenehmigung mangels Eigentümerstellung der Verkäuferin nicht erteilt werden können. Einer förmlichen Versagung der Genehmigung habe es aus gleichen Gründen nicht bedurft. Mit der Vermögenszuordnung auf die Klägerin sei der schwebend unwirksame Kaufvertrag mit dem Beklagten endgültig unwirksam geworden <Bd. I Bl. 3, 4, 8, 137, 138/139, 140, 141 d.A.>. Ansprüche hieraus bestünden gegen die Klägerin nicht. Sie habe lediglich als Gesellschafterin und nicht als Verkäuferin mitgewirkt <Bd. I Bl. 138 d.A.>.

Die Beklagten haben in erster Instanz immer wieder hervorgehoben, dass das Vorgehen der Klägerin treuwidrig und rechtsmissbräuchlich sei.

Die Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Halle hat dem auf Herausgabe gerichteten Antrag und zum Teil dem gegen den Beklagten zu 1. gerichteten Auskunftsantrag durch Teilurteil vom 19. Oktober 2004 <Bd. I Bl. 189-196 d.A.> stattgegeben. Hiergegen richten sich die Berufungen der Parteien.

Die Klägerin meint, sie habe gegen den Beklagten zu 1. einen (vom Zeitraum und Umfang her) weitergehenden Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch. Im Übrigen verteidigt sie das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung der erstinstanzlichen Argumentation und meint, die Beklagten würden die Personenverschiedenheit der Klägerin und der Verkäuferin verkennen. Der Beklagte zu 1. habe die Pflichten aus dem Vertrag (Kaufpreis, Vertragsstrafen) nicht eingehalten.

Die Klägerin beantragt nach Rücknahme ihrer gegen die Beklagte zu 2. gerichteten Berufung,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Halle den Beklagten zu 1. zu verurteilen, der Klägerin Auskunft über sämtliche von ihm seit dem 12. August 1992 in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der S. GmbH , der T. GmbH und der I. GmbH abgeschossenen Nutzungs- bzw. Mietverträge für das Grundstück G. 3, H. , verzeichnet im Grundbuch des Amtsgerichts Halle von N. , Blatt ... , Flur ..., Flurstück ... und ... zu erteilen und die Auskunft durch Vorlage entsprechender Miet- und Nutzungsverträge sowie die darauf geleisteten Zahlungen und Einnahmen durch Kontoauszüge zu belegen.

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte zu 1. beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagten beantragen,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts die Klage abzuweisen.

Die Beklagten rügen, das Landgericht habe sich nicht ansatzweise mit ihrer Rechtsverteidigung auseinander gesetzt. Hierzu wiederholen sie ihr erstinstanzliches Vorbringen und werfen insbesondere wiederum die Frage auf, was konkret einer Vermögenszuordnung auf die Verkäuferin entgegengestanden habe. Da solche Gründe nicht ersichtlich seien, verhalte sich die Klägerin treuwidrig.

II.

Von den zulässigen Berufungen der Parteien hat nur das Rechtsmittel der Beklagten Erfolg, während sich die Klägerin zu Unrecht auf einen weitergehenden Auskunftsanspruch beruft. Das Urteil des Landgerichts beruht auf einer Rechtsverletzung. Die nach § 529 ZPO zu berücksichtigenden Tatsachen rechtfertigen nur die Abweisung der Klage (§ 513 Abs. 1 ZPO). Die Beklagten haben der Klägerin gegenwärtig weder die Grundstücke nach § 985 BGB noch gemäß §§ 987ff. BGB die gezogenen Nutzungen herauszugeben oder zu erstatten. Es fehlt zum einen an der notwendigen Vindikationslage, da die Beklagten zum Besitz berechtigt sind (§ 986 Abs. 1 Satz 1 BGB). Zum anderen verstößt das Vorgehen der Klägerin gegen Treu und Glauben, so dass sich ihre Rechtsausübung als unzulässig erweist (§ 242 BGB).

1. Die Beklagten rügen zu Recht, dass sich die Einzelrichterin mit ihrem Einwand, die Klägerin verhalte sich treuwidrig, nicht auseinander gesetzt hat. Diese Argumentation zog sich durchgängig, wie ein roter Faden durch das Vorbringen der Beklagten in erster Instanz. Indem die Einzelrichterin hierauf mit keinem Wort einging, verletzte sie den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., vor § 128 Rdn. 6b m.w.N.). Überhaupt hat das Landgericht wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

2. Das Landgericht hat die Klägerin als Eigentümerin berechtigt gesehen, von den Beklagten die Herausgabe der Grundstücke zu verlangen. Ein Besitzrecht stehe den Beklagten nicht zu, da sie ihren Besitz lediglich von der Verkäuferin ableiten würden, die nicht (mehr) Eigentümerin sei.

Dies hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Obligatorische Rechte auf Eigentumserwerb verleihen ein Recht zum Besitz, wenn die tatsächliche Gewalt im Hinblick hierauf bereits übertragen worden ist (Palandt/ Bassenge, BGB, 63. Aufl., § 986 Rdn. 3; Erman/Ebbing, BGB, 11. Aufl., § 986 Rdn. 7ff.). Das ist hier zum 1. September 1992 geschehen (§ 1 Abs. 1 des Vertrages vom 12. August 1992). Es mag sein, dass nicht die damalige Verkäuferin, sondern die Klägerin Eigentümerin der ehemals volkseigenen Grundstücke war, wie dies der Vermögenszuordnungsbescheid vom 7. Januar 1997 zum Ausdruck bringt (vgl. zur Rolle eines Vermögenszuordnungsbescheides im Zivilprozess BGH, Urteil vom 14. Juli 1995, V ZR 39/94 = BGHR VZOG § 4 Zivilklage 1). Dennoch erwachsen dem Beklagten zu 1. aus dem Grundstückskaufvertrag Ansprüche gegen die Klägerin.

Es ist, entgegen ihrem Vorbringen, gerade nicht so, dass die Klägerin an dem Vertrag gänzlich unbeteiligt war. Sie hat im Rahmen ihres Privatisierungs- und Verwertungsauftrages (vgl. §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 2 Abs. 1 Satz 2 TreuhG) das Handeln des veräußernden Treuhandbetriebes genehmigt, am Vertragsschluss mitgewirkt und sich in diesem Zusammenhang Ansprüche einräumen lassen. So war der Kaufpreis an die Klägerin zu zahlen (§ 2 Abs. 4 Satz 2). Der Beklagte musste eine Arbeitsplatzgarantie eingehen, die durch eine an die Klägerin zu zahlende Vertragsstrafe gesichert war (§ 5). Die Investitionsgarantie war ebenfalls gegenüber der Klägerin zu erfüllen (§ 6). Die Klägerin kam zudem in den Genuss eines abzuführenden Mehrerlöses (§ 3 Abs. 2, Abs. 4). Es handelte sich mithin um einen treuhandtypischen Privatisierungsvertrag. Als Verkäufer trat die umgewandelte Wirtschaftseinheit nur deshalb auf, weil sie nach §§ 11 Abs. 2 Satz 2, 23 TreuhG als Eigentümerin der Grundstücke angesehen wurde. Dieser, nach jetziger Ansicht der Klägerin unrichtige Ausgangspunkt bestimmte die Rollenverteilung auf Verkäuferseite.

Nicht bedacht wurde, dass sich aufgrund einer Vermögenszuordnungsentscheidung die Klägerin als Grundstückseigentümerin erweisen könnte. Unter diesem Gesichtspunkt weist der Grundstückskaufvertrag eine Regelungslücke auf. Diese Lücke ist im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu schließen (vgl. auch § 9 Abs. 3 des Vertrages), was auch im Falle eines notariell beurkundeten Geschäfts möglich ist (BGH, Urteil vom 3. Juli 1981,V ZR 100/80 = BGHZ 81, 135-146). Für eine planwidrige Unvollständigkeit kommt es nicht darauf an, ob die Lücke schon bei Vertragsabschluss bestand oder sich erst nachträglich ergeben hat, weil Umstände entstanden sind, die die Parteien nicht vorausgesehen und deshalb nicht geregelt haben (Erman/Armbrüster, § 157 Rdn. 17).

Für die Lückenfüllung maßgeblich ist der hypothetische Parteiwille. Es ist darauf abzustellen, was die Parteien bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten, wenn eine auf die Klägerin lautende Vermögenszuordnung bedacht worden wäre (Palandt/Heinrichs, § 157 Rdn. 7). Für diesen Fall hätten die Parteien vorgesehen, dass die Klägerin den Verkauf nicht durch ihr Unternehmen, sondern selbst in eigener Person durchführt, also sich zur Eigentumsverschaffung verpflichtet. Eine weitergehende Änderung des Vertrages wäre nicht notwendig, da die Gegenleistung des Beklagten zu 1. und dessen über die Eigentumsverschaffungsansprüche hinausgehenden Rechte aus dem Vertrag sowieso im Verhältnis zur Klägerin zu erbringen bzw. geltend zu machen waren.

Dem sonach in ergänzender Vertragsauslegung gewonnenen Übereignungsanspruch gegen die Klägerin steht als besitzrechtsverschaffende Position nicht die unstreitig noch ausstehende Grundstücksverkehrsgenehmigung entgegen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GVO). Solange über die Erteilung der Genehmigung nicht entschieden ist, kann die Klägerin die Grundstücke nicht zurück verlangen (BGH, Urteil vom 13. Juli 1951, V ZR 22/50 = LM Nr. 1 zu § 986 BGB; Erman/Ebbing, § 986 Rdn. 8). Dies folgt aus § 242 BGB, zumal nicht ersichtlich ist, dass Rückübertragungsansprüche angemeldet wurden, womit die Genehmigung zu erteilen wäre (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GVO), worauf schon § 7 des Vertrages hindeutet. Seit dem 1. Januar 2001 ist für die Genehmigung der Oberfinanzpräsident der OFD Berlin zuständig (§ 8 Satz 2 GVO i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Rechts an Grundstücken in den neuen Ländern vom 2. November 2000 - BGBl. I 2000, 1481). Im Falle der Genehmigungserteilung müsste die Klägerin die Grundstücke sofort wieder herausgeben, weshalb sich ihre Rechtsausübung als unzulässig erweist.

Hierauf kann sich auch die Beklagte zu 2. berufen, da sie ihren Besitz zumindest vom Beklagten zu 1. ableitet (§ 986 Abs. 1 Satz 1 BGB).

3. Auf jeden Fall schließen Treu und Glauben die Ansprüche der Klägerin auf Herausgabe aus. Die Klägerin hat in hohem Maße eigene Pflichten verletzt und so die jetzige Situation erst herbeigeführt.

Die Verletzung eigener Pflichten hindert den Gläubiger grundsätzlich nicht an der Geltendmachung seines Anspruchs. Eine Berufung auf den eigenen Anspruch ist dem Gläubiger aber dann nach Treu und Glauben verwehrt, wenn der Anspruch auf einem erheblichen Verstoß des Gläubigers gegen Pflichten beruht, die in einem inneren Zusammenhang mit seinem Anspruch stehen. Auch dem Eigentümer kann ein schützenswertes Interesse fehlen, den Besitzer in Anspruch zu nehmen, wenn er selbst die Vindikationslage als solche oder die Grundlage für Ansprüche aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis im Wesentlichen durch eigenes pflichtwidriges Verhalten geschaffen hat (BGH, Urteil vom 26. November 2004, V ZR 90/04 - Umdruck Seite 15f.). So liegen die Dinge hier.

Der Beklagte zu 1. hat den Grundstückskaufvertrag mit dem umgewandelten Treuhandbetrieb geschlossen, der auch tatsächlich Eigentümer der Grundstücke geworden war. Dies ergibt sich nicht nur aus §§ 23, 11 Abs. 2 Satz 2 TreuhG, sondern lässt sich auch der Vereinbarung zwischen der Klägerin und der DLH Druck- und Lederwaren Halle GmbH vom November 1996 entnehmen. Nicht nur aus ihrem Privatisierungs- und Verwertungsauftrag, sondern insbesondere aus ihrer mitwirkenden Rolle beim Vertragsabschluss hatte die Klägerin alles zu unternehmen, um den Leistungserfolg herbeizuführen und alles zu unterlassen, was den Vertrag und seine Durchführung gefährden könnte (§ 242 BGB). Deshalb hatte die Klägerin daran mitzuwirken, das sich durch die unrichtige Grundbucheintragung ergebende Hindernis zu beseitigen (vgl. zur allein deklaratorischen Rolle des Grundbuchs und dem Vorrang der Rechtsträgerschaft - BGH, Urteil vom 14. Juli 1995, V ZR 39/94 = BGHR VZOG § 4 Zivilklage 1). Hierzu war die Vermögenszuordnung der richtige Weg. Durch eine Zuordnungsentscheidung der Klägerin soll gerade festgestellt werden, welches Treuhandunternehmen ehemaliges Volkseigentum aufgrund des Treuhandgesetzes erworben hat (§ 1 Abs. 1 Satz 1 VZOG). Die Klägerin gab auch vor, das Vermögenszuordnungsverfahren im Interesse der Vertragsdurchführung einzusetzen. Noch in der Vereinbarung vom 4. November 1996 wird als Zweck die Verwertung nicht betriebsnotwendiger Flurstücke genannt.

Tatsächlich war eine Einigung zur Entscheidung über den Zuordnungsantrag der Verkäuferin überhaupt nicht notwendig, da die Grundstücke problemlos auf die Verkäuferin hätten zugeordnet werden können. Der gegenüber dem Beklagten zu 1. handelnde Treuhandbetrieb war, was die Klägerin nicht in Abrede nimmt, nach § 11 Abs. 2 Satz 2 TreuhG Eigentümer geworden. Schließt die Klägerin vor diesem Hintergrund dennoch eine Vereinbarung, um über § 2 Abs. 1 Satz 4 VZOG die Zuordnung auf sich selbst zu erreichen, lässt das nur den Schluss zu, dass die Klägerin bestrebt war, den Vertrag mit dem Beklagten zu 1. zum Scheitern zu bringen. Trotz mehrmaliger Aufforderung durch den Beklagten zu 1. trägt die Klägerin im gesamten Prozessverlauf nicht einen nachvollziehbaren Grund dafür vor, wieso die Vermögenszuordnung zu ihren Gunsten zu veranlassen war. Erst hierdurch wurde die jetzige Situation geschaffen, nach der die Klägerin als Eigentümerin dem Beklagten zu 1. als vermeintlich nicht berechtigtem Besitzer gegenüber steht, der ihr gegenüber keine vertraglichen Ansprüche auf Eigentumsverschaffung zu haben scheint und von dem der Abschluss eines neuen Vertrages verlangt werden kann. Um die geschaffene Rechtslage noch weiter zu untermauern verweigerte die Klägerin dem Beklagten zu 1. als Genehmigungsbehörde nicht nur mit offensichtlich falscher Begründung (es habe nicht der wahre Eigentümer gehandelt) die Grundstücksverkehrsgenehmigung (vgl. § 8 Satz 2 GVO a.F. sowie die enumerativ aufgeführten Genehmigungsgründe in § 1 Abs. 2 Satz 1 GVO), sondern einen Bescheid überhaupt, obwohl eigentlich alles zu tun war, um die Genehmigung herbeizuführen (Palandt/Heinrichs, vor § 104 Rdn. 31). Denn aufgrund des wirksam gewordenen Grundstückskaufvertrages hätte der Beklagte zu 1. zumindest noch Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin bzw. ihr Unternehmen geltend machen können. Dies ist in hohem Maße arglistig und stellt sich als einer bundesunmittelbaren Anstalt öffentlichen Rechts unwürdige schwere Treupflichtverletzung dar, die es der Klägerin verwehrt, gegen den Beklagten zu 1. auf Herausgabe der Grundstücke und der gezogenen Nutzungen zu bestehen.

4. Soweit die Klägerin pauschal vorträgt, der Beklagte zu 1. habe Pflichten aus dem Vertrag verletzt, so ist zum einen zu bemerken, dass der Beklagte zu 1. aufgrund des Verhaltens der Klägerin durchaus Anlass gehabt hätte, erst einmal von einer Erfüllung abzusehen. Zum anderen muss die Klägerin aus derartigen Verstößen zunächst die notwendigen Konsequenzen ziehen und den für ein Lösen vom Vertrag gesetzlich vorgegebenen Weg einschlagen (Verzug, Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung, Rücktritt oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung).

III.

Hat nach alledem die Stufenklage insgesamt keine Aussicht auf Erfolg, kann das Berufungsgericht, selbst wenn nur das Teilurteil angefochten ist, die Klage in vollem Umfang abweisen (BGH, Urteil vom 8. Mai 1985, IVa ZR 138/83 = BGHZ 94, 268-275), wovon der Senat Gebrauch macht.

IV.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 91 Abs. 1 Satz 1, 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

2. Die Revision lässt der Senat nicht zu. Die Sache wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung auf und weder die Fortbildung des Rechts noch die Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erfordern die Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 ZPO).

3. Der Streitwert bestimmt sich nach den Anträgen des Rechtsmittelführers (§ 47 Abs. 1 Satz 1 GKG), hier der Parteien (§ 45 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 GKG). Die Klägerin verfolgt einen weitergehenden Auskunftsanspruch gegen den Beklagten zu 1. Für das Rechtsmittelverfahren käme es, entgegen § 44 GKG, auf den Wert des Auskunftsanspruches an, da es ausschließlich um die Auskunftsstufe ginge (BGH, Beschluss vom 3. Juli 2002, IV ZR 191/01 = NJW 2002, 3477-3478). Etwas anderes muss aber dann gelten, wenn der Senat auf das Rechtsmittel des Beklagten zu 1. die Stufenklage im vollen Umfang abweist. Dann muss für den Berufungsrechtszug auch der Streitwert der Stufenklage in Gänze herangezogen werden (BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2001, II ZR 217/01 = NJW 2002, 71; Zöller/Herget, § 3 Rdn. 16 - Stichwort: Stufenklage). Maßgeblich ist der höhere Wert des Zahlungsanspruches (§ 44 GKG; Zöller/Herget a.a.O.). Dieser ist anhand der Erwartungen der Klägerin zu bestimmen (OLG Celle, Beschluss vom 8. Oktober 2002, 6 W 77/02 = MDR 2003, 55), die, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörtert, bei ca. 240.000 € liegen.

Hinzuzuaddieren ist der von den Beklagten angefochtene Ausspruch auf Herausgabe des Grundstücks (§ 45 Abs. 1 Satz 1 GKG). Hierfür kommt es auf den Verkehrswert an (§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 6 Satz 1 ZPO). Diesen Wert hat die Klägerin unangegriffen mit 200.000 € angegeben.

Ende der Entscheidung

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