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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 13.11.2001
Aktenzeichen: 11 U 176/01
Rechtsgebiete: BGB, GBO, SpTrUG, UmwG, BauGB, VZOG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 899
BGB § 873
GBO § 28
GBO § 2 Abs. 4
SpTrUG § 10 Abs. 2
SpTrUG § 2 Abs. 1 Nr. 9
SpTrUG § 10 Abs. 1 Nr. 1
SpTrUG § 10 Abs. 1 Ziffer 1
UmwG § 131 Abs. 1 Ziffer 1 Satz 2
BauGB § 113 Abs. 2 Ziffer 4a
BauGB § 113 Abs. 4
BauGB § 117 Abs. 5
VZOG § 2 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 713
ZPO § 92 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 543 Abs. 1
Grundstückseigentum geht auch dann gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1 SpTrUG mit der Eintragung der Spaltung in das Handelsregister über, wenn der Spaltungsvertrag die Übertragung unvermessener Teilflächen vorsieht.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 U 176/01 OLG Naumburg

verkündet am: 13. Nov. 2001

In dem Berufungsrechtsstreit

wegen einstweiliger Verfügung

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch die Richterin am Oberlandesgericht Lohmann, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Grubert und den Richter am Landgericht Lentner auf die mündliche Verhandlung vom 30. Oktober 2001 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Verfügungsklägerin wird das am 8. August 2001 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg (Geschäfts-Nr. 5 O 519/01 (104)) unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Im Wege der einstweiligen Verfügung wird angeordnet, dass zugunsten der Verfügungsklägerin für die im Grundbuch des Amtsgerichts Magdeburg von M. auf Blatt 1568 unter den lfd. Nrn. 189, 196, 197, 198 und 199 eingetragenen Grundstücke bezüglich der Flurstücke 4723/3, 6502/1, 10049, 4729/1, 4729/2, 4006/6 und 10051 (alle Flur 466) ein Widerspruch gegen die Eintragung der Verfügungsbeklagten als Eigentümerin eingetragen wird.

Der weiter gehende Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung werden der Verfügungsbeklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar

Tatbestand:

Die Verfügungsklägerin begehrt den Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Eintragung eines Widerspruchs gegen die Richtigkeit des Grundbuchs nach § 899 BGB, hilfsweise einer Auflassungsvormerkung.

Am 18. Oktober 1991 wurde die Abspaltung der Verfügungsklägerin von der Verfügungsbeklagten notariell beurkundet. Danach wurden der Verfügungsklägerin diverse nicht abvermessene Teilflächen verschiedener Flurstücke zugewiesen, außerdem ein Flurstück vollständig.

Die Größe der Teilflächen wurde angegeben; außerdem wurde ihre Lage auf einer Karte eingezeichnet.

Die Teilflächen wurden in der Folge abvermessen und im Grundbuch jeweils zusammen mit weiteren Teilflächen unter einer Grundstücksnummer aufgeführt.

Die im Berufungsantrag aufgeführten Flurstücke sind jeweils Bestandteil derjenigen Flächen, die der Verfügungsklägerin in der notariellen Urkunde vom 18. Oktober 1991 zugewiesen worden waren. Über andere Bestandteile dieser zugewiesenen Flächen schlossen die Parteien am 24. November 1994 einen Kaufvertrag, nach welchem die Verfügungsklägerin diese an die Verfügungsbeklagte verkaufte.

Am 2. März 1993 wurde die Abspaltung im Handesregister eingetragen.

Am 15. Mai 1997 schloss die Verfügungsklägerin einen notariellen Vertrag mit der S. GmbH , der den Verkauf der im Berufungsantrag aufgeführten Flächen zum Inhalt hatte.

Ende Januar beziehungsweise Anfang Februar 2001 bestellte die Verfügungsbeklagte hinsichtlich der im Berufungsantrag genannten Flächen eine Eigentümergrundschuld zu Gunsten des Bucheigentümers in Höhe von etwa 1.100.000,00 DM. Ob Eintragungsanträge gestellt wurden, ist der Verfügungsklägerin nicht bekannt.

Am 22./29. Mai 2001 schlossen die Parteien unter Beteiligung der BvS eine Vereinbarung. In dieser erklärte die Verfügungsbeklagte unter anderem die unbedingte und unwiderrufliche Einwilligung zur Auflassung der im Berufungsantrag aufgeführten Flurstücke an die S. GmbH .

Am 6. Juni 2001 schlossen die Parteien einen notariellen Vertrag. In diesem bewilligten beide Parteien die Eintragung der Verfügungsklägerin als Eigentümerin hinsichtlich aller streitgegenständlichen Flurstücke sowie weiterer Flurstücke der Grundstücke, von denen sie Teilflächen sind.

Die Verfügungsklägerin hat zunächst den Erlass der von ihr begehrten einstweiligen Verfügung durch Beschluss im schriftlichen Verfahren erlangt. Auf den Widerspruch der Verfügungsbeklagten hat das Landgericht durch die angegriffene Entscheidung die einstweilige Verfügung aufgehoben.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Verfügungsklägerin.

Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Berufung hat auch in der Sache ganz überwiegend Erfolg.

1. Die begehrte einstweilige Verfügung auf Eintragung eines Widerspruchs ist nach § 899 BGB auch ohne Verfügungsgrund zu erlassen, da das Grundbuch dergestalt unrichtig ist, dass nicht die Verfügungsbeklagte, sondern die Verfügungsklägerin Eigentümerin der fraglichen Flurstücke ist (a) und dieser Widerspruch eintragungsfähig ist (b).

a) Das Grundbuch ist im beschriebenen Sinne unrichtig, weil die Verfügungsklägerin schon mit der Eintragung der Abspaltung im Handelsregister, jedenfalls aber mit Abschreibung der im Berufungsantrag aufgeführten Flurstücke an diesen Eigentum erlangt hat. Die Verfügungsklägerin hat bereits mit der Eintragung der Spaltung im Handelsregister nach § 10 Absatz 1 Nr. 1 SpTrUG Eigentum an den streitgegenständlichen Teilgrundstücken erlangt.

aa. Ein Eigentumsübergang scheitert nicht daran, dass die fraglichen Teilflächen im Spaltungsvertrag nicht hinreichend bestimmt bezeichnet worden wären.

Die zum damaligen Zeitpunkt noch nicht vermessenen Teilgrundstücke wurden durch die Anlagen 2.1 und 4 zum Spaltungsvertrag ausreichend präzise bezeichnet.Hierfür genügte, dass die Teilflächen durch verbale Beschreibung und eine Zeichnung kenntlich gemacht wurden (vgl. Haritz, in: Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR, § 2 SpTrUG Rn. 35; Mayer, DB 1991, 1609, 1612; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 12. Aufl., Rn. 995c), wofür im vorliegenden Fall auch nur eine Zeichnung genügte (vgl. Ising/Thiell, DB 1991, 2021). Die dem Spaltungsvertrag beigefügte Zeichnung ließ auch ohne zusätzliche verbale Beschreibung unproblematisch erkennen, welche Teilstücke gemeint waren. Die Bezeichnung von Teilflächen verstößt nicht - wie die Verfügungsbeklagte meint - gegen § 2 Absatz 1 Nr. 9 SpTrUG. Soweit diese Regelung auf § 28 GBO verweist, genügt dieser Norm gegebenenfalls auch die hinreichend konkrete Bezeichnung noch abzuschreibender Grundstücksteile (Demharter, GBO, 23. Aufl., § 28 Rn. 12, 15; Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, Grundbuchrecht, 4. Aufl., § 28 GBO Rn. 15; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 12. Aufl., Rn. 132, 888). Dass die Grundbuchänderung dann gegebenenfalls erst nach Beibringung des Veränderungsnachweises und Abgabe einer entsprechenden Identitätserklärung erfolgen kann, ist unschädlich und lässt allenfalls den Schluss auf weitere Voraussetzungen für den Nachvollzug des Eigentumsübergangs im Grundbuch zu.

bb. Dem Übergang des Eigentums an den Teilflächen nach § 10 Absatz 1 Ziffer 1 SpTrUG bereits zum Zeitpunkt der Eintragung der Spaltung in das Handelsregister steht nicht entgegen, dass zu diesem Zeitpunkt eine Einzelübertragung der Teilflächen durch ein Rechtsgeschäft nicht hätte stattfinden können, weil der Vollzug im Grundbuch mangels einer Abschreibung der Teilflächen noch nicht möglich war. Soweit in der Literatur teilweise in dieser Konstellation angenommen wird, dass zunächst nur "eine Art Anwartschaft" des abgespaltenen Unternehmens entsteht, das erst dann zum Vollrecht erstarke, wenn die Teilfläche durch Vollzug der Teilung im Grundbuch rechtlich existent werde (Schöner/Stöber, Rn. 995c), folgt der Senat dieser Auffassung nicht. Die wirksame Übertragung eines Grundstücksteiles nach § 873 BGB ist zweifelsfrei erst nach Vollzug der Teilung im Grundbuch möglich, weil nur dann die fragliche Eintragung des Eigentumsüberganges als konstitutives Element des Eigentumsübergangs vollzogen werden kann. Der Eigentumsübergang nach § 10 Absatz 1 Nr. 1 SpTrUG erfolgt indes außerhalb des Grundbuches. Zwar ist auch hier der Nachvollzug der Übertragung im Grundbuch erst nach der Teilung des Grundstückes möglich. Hierauf kommt es aber nicht an. Der Nachvollzug gestaltet nämlich nicht die Rechtsveränderung, sondern vollzieht diese nur nach. Soweit in der zitierten Kommentierung das Entstehen lediglich einer Anwartschaft damit begründet wird, eine Grundbuchberichtigung könne zunächst noch nicht erfolgen, kommt es hierauf nicht an, da konstitutiver Eigentumsübergang und dessen deklaratorischer Nachvollzug im Grundbuch durch dessen Berichtigung zu unterscheiden sind.

cc. Zu Unrecht beruft sich die Verfügungsbeklagte auf die Kommentierungen zu den entsprechenden Regelungen des Umwandlungsgesetzes. Soweit diese zumindest überwiegend in der Tat davon ausgeht, dass Grundstücksteilflächen erst mit Vollzug der Teilung durch Bildung des Grundstücks im Rechtssinn übergehen (so: Mayer, in: Widmann, UmwG, § 126 Rn. 213 m. w. N., allerdings auch zu Gegenauffassungen), neigt auch der Senat zu dieser Auffassung, da nach § 131 Absatz 1 Ziffer 1 Satz 2 UmwG nur solche Gegenstände durch die Eintragung der Spaltung übertragen werden, bei denen dies auch durch Rechtsgeschäft geschehen kann. Dies ist bei Grundstücksteilflächen vor deren Abschreibung nicht der Fall. Eine vergleichbare Regelung hat der Gesetzgeber in § 10 Absatz 1 Ziffer 1 SpTrUG aber nicht aufgenommen. Selbst wenn man den Übergang von Grundstücksteilflächen im Anwendungsbereich des Umwandlungsgesetzes nicht für möglich hält, spricht dieser Unterschied in den einschlägigen Normen gerade dagegen, dies auch für den Anwendungsbereich des SpTrUG auszuschließen.

dd. Der Übergang von Grundstücksteilflächen scheitert nicht daran, dass Eigentumsrechte nur an einem Gesamtgrundstück in dessen eingetragenen Grenzen bestehen könnten, wie die Verfügungsbeklagte meint. Eigentumsgrenzen und Grundstücksgrenzen im Grundbuch können durchaus auseinanderfallen (vgl. Bengel/Simmerding, Grundbuch, Grundstück, Grenze, 4. Aufl., § 22 Rn. 58, 64), auch wenn die Regelungsmechanismen des Bürgerlichen Rechts etwa durch die Regelungen über den gutgläubigen Erwerb auf lange Sicht regelmäßig zu einer Angleichung von Grundbuch- und Eigentumsgrenzen führen. Die Rechtsordnung kennt im Übrigen auch weitere Fälle des Eigentumsübergangs nicht eingetragener Grundstücksteile außerhalb des Grundbuchs. Dies ist etwa in § 113 Absatz 2 Ziffer 4a, Absatz 4 BauGB sogar ausdrücklich gesetzlich normiert. Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten führt eine solche Enteignung nicht etwa nur zu einer schuldrechtlichen Verpflichtung auf Übereignung. Mit der Ausführungsanordnung wird vielmehr nach § 117 Absatz 5 BauGB die Übereignung konstitutiv außerhalb des Grundbuchs durchgeführt; im Grundbuch ist der Eigentumswechsel in der Folge nur noch deklaratorisch nachzuvollziehen. Ein weiteres Beispiel für die Möglichkeit der konstitutiven Übertragung von Eigentum zunächst außerhalb des Grundbuches mit der Möglichkeit, auch Grundstücksteilflächen zu übertragen, findet sich in § 2 Absatz 2 Satz 2 VZOG.

Die Rechtsordnung kennt damit auch die Möglichkeit, separates Eigentum an Teilflächen von Grundstücken zu begründen. Auch an Teilflächen kann zwar nicht durch rechtsgeschäftliche Veräußerung, aber durch eine Übertragung außerhalb des Grundbuches Eigentum entstehen.

Dem unmittelbaren Übergang des Eigentums an Teilflächen stehen damit keine durchgreifenden sachenrechtlichen Bedenken entgegen. Da § 10 Absatz 1 Nr. 1 SpTrUG erkennbar von einem Eigentumsübergang in nur einem Schritt ausgeht, nicht aber von einer abschnittsweisen Rechtsübertragung womöglich für jedes Teilgrundstück zu einem separaten Zeitpunkt, geht damit nach dieser Norm das Eigentum auch an Teilflächen mit der Eintragung der Spaltung über (so auch Böhringer, RPfl 1996, 154, 155; offenbar ebenfalls Ising/Thiell, DB 1991, 2021, die nach der Eintragung der Spaltung nur noch eine Grundbuchberichtigung und damit eine deklaratorische Eintragung im Grundbuch für erforderlich halten).

ee. Nimmt man dies an, so scheitert der Eigentumsübergang nicht an den von der Verfügungsbeklagten aufgeführten Auslassungen im Spaltungsplan, selbst wenn man wie die Verfügungsbeklagte annehmen wollte, dass diese tatsächlich zur Formunwirksamkeit einer Einlageverpflichtung führen. Nach § 10 Absatz 2 SpTrUG lassen Mängel der Spaltung nämlich die Wirkungen der Eintragung nach § 10 Absatz 1 SpTrUG unberührt. Insbesondere gilt dies auch für den Fall des Fehlens inhaltlicher Erfordernisse des Spaltungsplanes (Neye, in: Rädler/Raupach/Bezzenberger, Vermögen in der ehemaligen DDR, § 10 SpTrUG Rn. 12).

b) Der Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung auf Eintragung eines Widerspruches gegen die Richtigkeit des Grundbuches scheitert nicht daran, dass der Widerspruch noch nicht eintragungsfähig ist, weil die Grundstücksteile mangels einer eigenen Nummer nicht als selbstständige Grundstücke eingetragen sind. Eine Verurteilung zur Eintragungsbewilligung ist bereits vor grundbuchlich vollzogener Teilung dann statthaft, wenn ein vom Schuldner genehmigter Veränderungsnachweis vorliegt (BGH, NJW 1986, 1867 f.), und somit auch dann, wenn ein Veränderungsnachweis nach § 2 Absatz 4 GBO entbehrlich ist.

2. Die Berufung hat keinen Erfolg, soweit die Verfügungsklägerin begehrt, der Verfügungsbeklagten zu verbieten, einen möglicherweise bereits gestellten Antrag auf Löschung des Widerspruchs aufrechtzuerhalten.

Sowohl ein Verfügungsanspruch als auch ein Verfügungsgrund würden nur dann vorliegen, wenn ein solcher Antrag auch tatsächlich gestellt worden ist. Dies hat die Verfügungsklägerin aber selbst nicht vorgetragen, obgleich sie Gelegenheit gehabt hätte, sich seit ihrer Antragstellung hiervon Kenntnis zu verschaffen.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit § 92 Absatz 2 ZPO. Der Verfügungsbeklagten werden deshalb die gesamten Kosten des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auferlegt, weil sie nur in geringfügigem Umfang obsiegt hat und durch die Zuvielforderung keine zusätzlichen Kosten verursacht wurden.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10 und 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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