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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 15.04.2003
Aktenzeichen: 11 U 190/01
Rechtsgebiete: ZPO, EGZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 543 Abs. 1 a.F.
ZPO § 544
EGZPO § 26 Nr. 5 Satz 1
EGZPO § 26 Nr. 7 Satz 1
EGZPO § 26 Nr. 8
BGB § 254
BGB § 242
BGB § 273 Abs. 1
Die Insolvenz des einfachen Streithelfers führt selbst dann zu keiner Verfahrensunterbrechung, wenn auch er Berufung eingelegt hat.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 U 190/01 OLG Naumburg

verkündet am: 15. April 2003

In dem Berufungsrechtsstreit

wegen Mängelbeseitigung,

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 01. April 2003 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am Oberlandesgericht Goerke-Berzau sowie der Richter am Oberlandesgericht Krause und Dr. Grubert für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Dessau vom 07. September 2001, Geschäftszeichen: 4 O 526/98, zu Ziff. 1 Bst. a) teilweise abgeändert und in diesem Punkt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, am Bauobjekt Autohaus M. mit Gebrauchtwagenhalle, St. Straße 48a, W. , die innen liegende Dachrinne im Bereich der Ausstellungshalle, der Werkstatt, der Büro- und Geschäftsräume Zug um Zug gegen Vorlage einer Mängelbeseitigungsplanung und Sicherheitsleistung i.H.v. 10.737,13 € durch die Klägerin so herzustellen und abzudichten, dass in die Ausstellungshalle, die Werkstatt sowie die Büro- und Geschäftsräume kein Wasser eindringt.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Von den Kosten der Nebenintervention im ersten Rechtszug tragen die Streithelferin der Beklagten und die Klägerin je die Hälfte. Die Kosten der Berufung einschließlich der Nebenintervention zweiter Instanz werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert der Berufung wird auf 27.000,00 DM festgesetzt.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird nach § 543 Abs. 1 ZPO a.F. i.V.m. § 26 Nr. 5 Satz 1, Nr. 7 Satz 1, Nr. 8 EGZPO und §§ 543 Abs. 1, 544 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

I. Auf das Rechtsmittel der Beklagten sind weiterhin die am 31. Dezember 2001 geltenden Vorschriften der Zivilprozessordnung anzuwenden, weil die angefochtene Entscheidung auf eine vor dem 01. Januar 2002 geschlossene mündliche Verhandlung zurückgeht (§ 26 Nr. 5 Satz 1 EGZPO). Die danach zulässige Berufung der Beklagten hat mit ihrem, auf die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts gegen die im Urteil des Landgerichts ausgesprochene Nachbesserungsverpflichtung an der innen liegenden Dachrinne beschränkten Rechtsschutzziel Erfolg (2.), ohne dass die zwischenzeitliche Insolvenz ihrer Streithelferin der abschließenden Entscheidung in der Sache ganz oder teilweise entgegen stünde (1.).

1. Die Insolvenz der Streithelferin hat auf das Berufungsverfahren keinen Einfluss. Haben Hauptpartei und Nebenintervenient (vgl. §§ 72 Abs. 1, 74 Abs. 1, 66, 67 ZPO) Berufung eingelegt, so handelt es sich i.d.R. um ein einheitliches Rechtsmittel, wenn die Berufungsanträge übereinstimmen. Ist der Streithelfer in der Lage, einen weitergehenden Antrag zu formulieren, lägen unter Umständen zwei Rechtsmittel vor (Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., § 67 Rdn. 59).

In Widerspruch zur Hauptpartei darf sich der Nebenintervenient allerdings nicht setzen. Er kann nicht über das Rechtsschutzziel der Hauptpartei hinausgehen, wenn sich deren entgegen stehender Wille feststellen lässt (§ 67 ZPO). Davon ist hier auszugehen, da die Beklagte nur einen eingeschränkten Berufungsantrag stellt. Damit bringt sie zum Ausdruck, das angefochtene Urteil des Landgerichts im Übrigen zu akzeptieren.

Handelt es sich um ein einheitliches Rechtsmittel, kann der Insolvenz des Nebenintervenienten kein prozessuales Gewicht beigemessen werden. Normalerweise wird durch die Insolvenz einer Partei der Rechtsstreit unterbrochen (§ 240 Satz 1 ZPO). Der einfache Streithelfer ist aber nicht Prozesspartei (Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl., § 240 Rdn. 2; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 240 Rdn. 9). Seine Insolvenz führt deshalb zu keiner Unterbrechung des Rechtsstreits (Thomas/Putzo, § 67 Rdn. 3). Dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Streithelfers wird demgegenüber aber eine der Unterbrechung gleich kommende Bedeutung zugeschrieben, weil der Streithelfer nicht mehr i.S.v. § 71 Abs. 3 ZPO beteiligt werden könne (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 240 Rdn. 9; § 67 Rdn. 5). Bezogen auf den Streithelfer soll eine Unterbrechung eintreten (Zöller/Greger, § 240 Rdn. 7) . Dieser Auffassung kann sich der Senat nicht anschließen. Führt nur die Insolvenz einer Hauptpartei zur Unterbrechung, bleibt der Rechtsstreit konsequenterweise hiervon unterberührt und liegt nur ein einheitliches Rechtsmittel vor, dann muss die Insolvenz des Streithelfers ohne jede Bedeutung für das weitere Berufungsverfahren bleiben. Die Sache wird ohne den Streithelfer fortgesetzt und entschieden. Sein Verwalter benötigt keine Zeit zur Überlegung, weil die Masse durch den Rechtsstreit nicht betroffen ist. Er ist zum Termin zu laden (§ 71 Abs. 3 ZPO). Beteiligt er sich nicht, ergeht ein Endurteil (BGH, Beschluss vom 27. Januar 2000, I ZR 159/99).

2. Für die materiell-rechtliche Beurteilung des Rechtsstreits kommt es auf die am 31. Dezember 2001 geltenden Vorschriften an, weil das Vertragsverhältnis der Parteien vor dem 01. Januar 2002 begründet wurde (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

Im Berufungsrechtszug geht es lediglich um die innen liegende Dachrinne. Das Landgericht hat die Beklagte in diesem Punkt nachbesserungspflichtig gesehen (§§ 633 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 BGB a.F.). Dies greift die Berufung nicht an. Der Beklagten geht es lediglich um einen Zuschuss zur Mängelbeseitigung und die Mitwirkung der Klägerin durch Übergabe der zur Mängelbeseitigung notwendigen Planung. Insoweit beruft sich die Beklagte zu Recht auf ein Zurückbehaltungsrecht i.S.v. § 273 Abs. 1 BGB, sodass die erstinstanzliche Entscheidung in diesem Umfang abzuändern ist.

a) Die Beklagte haftet im Falle eines Planungsfehlers für hierdurch mit verursachte Mängel von vornherein nur auf eine Quote (BGH, Urteil vom 07. März 2002, VII ZR 1/00; Ingenstau/Korbion, § 13 VOB/B Rdn. 36). Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Klägerin die Fa. A. mit der Planung des Objektes, also auch des Daches und seiner Entwässerung beauftragt hat. Nach diesen Planvorgaben hat die Beklagte entsprechend den zwischen den Parteien getroffenen Absprachen die Nebenintervenientin arbeiten lassen. Ihr Architekt ist unter diesen Umständen Erfüllungsgehilfe der Klägerin, da er Tätigkeiten entfaltete, die im Verhältnis zur Beklagten Aufgabe der Klägerin waren. Die Verantwortung des Architekten geht damit grundsätzlich zu Lasten der Klägerin. Das Zurückbehaltungsrecht stützt sich auf Planungsfehler, die gerade dem typischen und allein ausschlaggebenden Bereich des Architekten zuzuordnen sind (Ingenstau/Korbion, VOB, 13. Aufl., § 13 VOB/B Rdn. 34; § 4 VOB/B Rdn. 118). Insbesondere die Konstruktion von Flachdächern bleibt im allgemeinen Aufgabe des Architekten oder Bauingenieurs, weil dort viele Faktoren zu beachten sind, die ein Handwerker i.d.R. nicht kennt (Ingenstau/Korbion, § 4 VOB/B Rdn. 121).

Bei der Nachbesserung ist das Mitverschulden i.S.v. § 254 BGB dadurch zu berücksichtigen, dass der Nachbesserungsanspruch nach § 242 BGB eine Einschränkung dahin erfährt, dass der Auftraggeber zu den Kosten der Nachbesserung beitragen muss. Der Auftragnehmer hat ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 BGB. Er darf nach Treu und Glauben die Mängelbeseitigung in Höhe der Sowieso-Kosten und der Mitverursachungsquote von ausreichender Sicherheitsleistung des Auftraggebers abhängig machen (BGH, Urteil vom 22. März 1984, VII ZR 50/82 = BGHZ 90, 344-354). Klagt der Auftraggeber auf Nachbesserung, so ist der Auftragnehmer nur Zug um Zug gegen die jeweils in Betracht kommende Zuschusszahlung zu verurteilen (Ingenstau/Korbion, § 13 VOB/B Rdn. 603, 605).

b) Nach dem Ergebnis der ergänzenden Beweisaufnahme durch den Senat liegt ein zu Lasten der Klägerin gehender Mangel der Planung ihres Architekten vor. Der Sachverständige R. hat sich auf Befragen des Senats in der Lage gesehen, die Frage, ob und inwieweit ein Planungsfehler zum im Berufungsrechtszug nicht streitigen Bauwerksmangel beigetragen hat, zu beantworten. Zweifel an der fachlichen Qualifikation des Sachverständigen hat der Senat vor diesem Hintergrund nicht. Nach den Feststellungen des Sachverständigen R. , die zudem von den aus Anlass seiner Anhörung überreichten Unterlagen bekräftigt werden, hat es der planende Architekt versäumt, einen Sicherheitsüberlauf vorzusehen, sodass die innen liegende Dachrinne nicht funktionieren kann. Hiergegen hat der Senat nichts zu erinnern. Es sind keine Umstände ersichtlich, die Anlass geben könnten, an den Ausführungen des Sachverständigen zu zweifeln. Damit ist ein Mangel des Architektenwerkes aufgezeigt, der zum Bauwerksmangel beitrug. Den Mitverursachungsanteil des Architekten hat der Sachverständige aus technischer Sicht mit 60% angegeben. Dem folgt auch die rechtliche Gewichtung des Senats, weil der Planungsfehler im Vergleich zur Prüfungs- und Hinweispflicht des Unternehmers zumindest im Dachbereich schwerer wiegt. Der Anteil der Mithaftung der Klägerin im Verhältnis zur Beklagten richtet sich nach dem Verursachungsbeitrag ihres Erfüllungsgehilfen (BGH, Urteil vom 07. März 2002, VII ZR 1/00).

c) Die anteiligen Nachbesserungskosten betragen nach den Feststellungen des Sachverständigen zumindest den von der Beklagten als Sicherheit verlangten 10.737,13 Euro. Planungskosten gehören allerdings von vornherein nicht zum Mängelbeseitigungsaufwand, da die Klägerin den Architekten zur kostenlosen Mitwirkung anhalten bzw. selbst die vertraglich geschuldete Planung vorlegen muss (Ingenstau/Korbion, § 13 VOB/B Rdn. 487f.).

II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713, 543 Abs. 1, 544 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 7 Satz 1, Nr. 8 EGZPO.

Die Revision ist nicht zugelassen, weil die Sache keine Fragen grundsätzlicher Bedeutung aufwirft und weder die Fortbildung des Rechts noch die Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung die Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 7 Satz 1 EGZPO).

Der Streitwert bestimmt sich nach §§ 14 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 1 Satz 1 GKG, 3, 4 ZPO. Wirtschaftlich entspricht er dem Umfang des geltend gemachten Zurückbehaltungsrechts (Thomas/Putzo, § 3 Rdn. 186 m.w.N.).

Ende der Entscheidung

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