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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 18.12.2001
Aktenzeichen: 11 U 213/01
Rechtsgebiete: ErbbauVO, BGB, ZPO


Vorschriften:

ErbbauVO § 1
BGB § 139
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 123
BGB § 306
BGB § 328
BGB § 1090
BGB § 1018
BGB § 1365
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 1090 Abs. 1
BGB § 1090 Abs. 2
BGB § 883 Abs. 1 S. 2
ZPO § 91 Abs. 1
1. Das Recht auf einen fremden Grundstück eine Windkraftanlage zu errichten und zu unterhalten, kann Gegenstand einer Grunddienstbarkeit (beschränkt persönliche Dienstbarkeit) sein und ist insoweit einer Vormerkung zugänglich.

2. Zur Auslegung der das Recht auf Bebauung eines fremden Grundstücks einräumenden Vereinbarung.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 U 213/01 OLG Naumburg

verkündet am: 18.12.2001

In dem Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 11. Dezember 2001 durch die Richterin am Oberlandesgericht Lohmann, den Richter am Landgericht Lentner und den Richter am Landgericht zur Nieden für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das am 12. Oktober 2001 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Dessau (8 O 1306/01) abgeändert.

Es wird die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs des Verfügungsklägers auf Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit angeordnet, welche den Verfügungskläger berechtigt, auf dem Flurstück 28/2, Flur 7, Gemarkung K. , Amtsgericht B. , Grundbuchblatt Nr. 384, Lfd. Nr. 2 eine Windkraftanlage Ty NM 1000/60 zu errichten, zu betreiben und zu nutzen sowie sämtliche zu deren Betrieb erforderlichen Anlagen, insbesondere Schalt-, Mess- und Transformatorstationen, befestigte Zuwegungen sowie unter- und oberirdische Anschlußleitungen herzustellen und zu nutzen. Auf dem Grundstück dürfen für die Dauer des Bestehens dieser Anlage keine Gebäude errichtet oder Anpflanzungen im Umkreis von 500 m jeder Windkraftanlage vorgenommen werden, die geeignet sind, wegen ihrer Höhe oder sonstigen Beschaffenheit die Stromerzeugung durch Windschattenbildung zu beeinträchtigen

Ferner wird die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs des Verfügungsklägers nachfolgenden Inhalts angeordnet: Der Verfügungsbeklagte verpflichtet sich dem Verfügungskläger gegenüber für den Fall, daß ein Dritter den zwischen dem Verfügungskläger und dem Verfügungsbeklagten am 6. Oktober 1998 geschlossenen Nutzungsvertrag in der Fassung der Änderungsvereinbarung vom 19. Juni 2001 an der Stelle des Verfügungsklägers übernimmt und in die Rechte und Pflichten desselben eintritt oder für den Fall, daß ein Rechtsnachfolger Vertragspartei des vorbenannten Nutzungsvertrages wird, zugunsten der neuen Vertragspartei die im Antrag zu 1) aufgeführten Rechte einzuräumen und eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit gleichen Inhalts zu bestellen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Verfügungsbeklagten auferlegt.

Tatbestand:

Mit privatschriftlichem "Nutzungsvertrag" vom 6. Okotber 1998 verpflichtete sich der Verfügungsbeklagte, dem Verfügungskläger auf seinem auf Blatt 384 des Grundbuchs von K. eingetragenen Grundstück Gemarkung K. , Flur 7, Flurstück 28/2, die Errichtung und den Betrieb einer Windkraftanlage zu gestatten. Das "Nutzungs-, Bau- und Wegerecht des Nutzers" sollte "durch eine erstrangige Eintragung als persönliche Grunddienstbarkeit in Abteilung II des Grundbuches" gesichert werden. Am 19. Juni 2001 schlossen die Parteien einen Änderungsvertrag, in dem sich der Verfügungsbeklagte unter anderem verpflichtete, keine Nutzung des Grundstücks durch Dritte zum Betrieb einer Windkraftanlage zu dulden und keine Bauwerke oder Anpflanzungen in einem Umkreis von 500 Metern um die geplante Anlage zuzulassen, die wegen ihrer Höhe oder Beschaffenheit geeignet seien, die Stromerzeugung durch Windschattenbildung zu beeinträchtigen (§ 2 Ziff. 1). Zugunsten des Verfügungsklägers sollte eine Vormerkung für die Grunddienstbarkeit eingetragen werden (§ 2 Ziff. 4). Ansprüche und Rechte sowie Pflichten des Nutzers aus dem Vertrag sollten abtretbar und auf Dritte übertragbar sein (§ 10 Ziff. 1, . Rechte und Pflichten der Vertragsparteien sollten auch zugunsten etwaiger Rechtsnachfolger gelten (§ 10 Ziff. 3).

Der Verfügungsbeklagte weigerte sich, die Vormerkung zu bewilligen. Er hatte zwischenzeitlich einen ähnlichen Vertrag mit einem Mitbewerber des Verfügungsklägers, der Fa. P. GmbH, abgeschlossen.

Der Verfügungskläger hat beantragt,

1) die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs des Verfügungsklägers auf Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit anzuordnen, welche den Verfügungskläger berechtigt, auf dem Flurstück 28/2, Flur 7, Gemarkung K. , Amtsgericht B. , Grundbuchblatt Nr. 384, Lfd. Nr. 2 eine Windkraftanlage Ty NM 1000/60 zu errichten, zu betreiben und zu nutzen sowie sämtliche zu deren Betrieb erforderlichen Anlagen, insbesondere Schalt-, Mess- und Transformatorstationen, befestigte Zuwegungen sowie unter- und oberirdische Anschlußleitungen herzustellen und zu nutzen. Auf dem Grundstück dürfen für die Dauer des Bestehens dieser Anlage keine Gebäude errichtet oder Anpflanzungen im Umkreis von 500 m jeder Windkraftanlage vorgenommen werden, die geeignet sind, wegen ihrer Höhe oder sonstigen Beschaffenheit die Stromerzeugung durch Windschattenbildung zu beeinträchtigen;

2) die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs des Verfügungsklägers nachfolgenden Inhalts anzuordnen: Der Verfügungsbeklagte verpflichtet sich dem Verfügungskläger gegenüber für den Fall, daß ein Dritter den zwischen dem Verfügungskläger und dem Verfügungsbeklagten am 6. Oktober 1998 geschlossenen Nutzungsvertrag in der Fassung der Änderungsvereinbarung vom 19. Juni 2001 an der Stelle des Verfügungsklägers übernimmt und in die Rechte und Pflichten desselben eintritt oder für den Fall, daß ein Rechtsnachfolger Vertragspartei des vorbenannten Nutzungsvertrages wird, zugunsten der neuen Vertragspartei die im Antrag zu 1) aufgeführten Rechte einzuräumen und eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit gleichen Inhalts zu bestellen.

Der Verfügungsbeklagte war im Termin zur mündlichen Verhandlung säumig.

Das Landgericht hat den Antrag auf Erlaß der einstweiligen Verfügung mit unechtem Versäumnisurteil vom 12. Oktober 2001 zurückgewiesen. In der Begründung heißt es, der Vertrag vom 19. Juni 1998 und der Änderungsvertrag vom 19. Juni 2001 seien wegen Verstoßes gegen die Formvorschrift des § 313 BGB nichtig. Die Parteien hätten die Bestellung eines Erbbaurechtes vereinbart. Eine solche Vereinbarung müsse gemäß §§ 11 Abs.2 ErbbauVO, 313 BGB notariell beurkundet werden. Für ein Erbbaurecht als das wirklich Gewollte spreche insbesondere, daß der Verfügungskläger ein Bauwerk habe errichten wollen, dessen Nutzungszeit die - zudem verlängerbare - Vertragszeit nicht erreichen werde. Außerdem hätten die Parteien die Übertragbarkeit aller aus dem Vertrag folgender Ansprüche vereinbart. In § 10 Ziff.3 ("Rechte und Pflichten der Vertragsparteien gelten auch zugunsten etwaiger Rechtsnachfolger") hätten die Parteien sogar die Vererblichkeit der Nutzungs- und Baurechte vereinbart, auch soweit diese dinglicher Natur seien. Schließlich habe das dingliche Recht, wie § 10 Abs.1 ErbbauVO es vorsehe, erstrangig eingetragen werden sollen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Verfügungskläger seine bisherigen Anträge weiter. Der Verfügungsbeklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung. Er verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Hinweis auf das Kontrollratsgesetz Nr. 45, das die Erbpacht abgeschafft habe. Außerdem vertritt er die Ansicht, den Vertrag wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten zu haben und von ihm nach Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes und des Verbraucherkreditgesetzes wirksam zurückgetreten sein; er verweist auf § 1365 BGB und auf § 306 BGB.

Von der weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs.1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat Erfolg.

I. Der Verfügungskläger hat aufgrund des Nutzungsvertrages vom 6. Oktober 1998 in Verbindung mit Abschnitt I Ziff.4 des Änderungsvertrages vom 19. Juni 2000 Anspruch auf Eintragung einer Vormerkung zu seinen Gunsten.

1. Der Nutzungsvertrag vom 6. Oktober 1998 in der Fassung des Änderungsvertrages vom 19. Juni 2000 (im folgenden: Nutzungsvertrag) ist nicht gemäß § 125 BGB wegen Nichteinhaltung einer gesetzlich vorgeschriebenen Form nichtig. Insbesondere unterfiel der Vertrag nicht §§ 11 Abs. 2 ErbbauVO, 313 BGB. Die Parteien haben sich nicht verpflichtet, ein Erbbaurecht zu bestellen oder zu erwerben. Sie haben vielmehr die Eintragung einer persönlichen Dienstbarkeit in Abteilung II des Grundbuches vereinbart. Der Inhalt der im Vertrag vorgesehenen Dienstbarkeit liegt im Rahmen des § 1090 Abs. 1 BGB. Die Bedenken des Landgerichts, die der Verfügungsbeklagte sich zu eigen gemacht hat, teilt der Senat nicht.

a) Gemäß § 1090 Abs.1 BGB kann ein Grundstück in der Weise belastet werden, daß derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, das Grundstück in einzelnen Beziehungen zu nutzen, oder daß ihm eine sonstige Befugnis zusteht, die den Inhalt einer Grunddienstbarkeit bilden kann (beschränkte persönliche Dienstbarkeit). Das Errichten und Halten einer baulichen Anlage - hier: der geplanten Windkraftanlage - auf dem belasteten Grundstück stellt eine derartige Nutzung in einzelnen Beziehungen dar (vgl. etwa KG OLGE 15, 359 - Schotterwerk nebst Gebäude, Maschinen, Anlagen und Gleisen; KG JFG 1926, 329, 331 - Gebäude oder Gebäudeteil; KG JFG 39 (1910) A 215 - Gebäude (im konkreten Fall verneint); OLG Braunschweig OLGE 26, 99 - Kalkbergwerk; BGH MDR 1959, 476 - Seilbahn; BGHZ 28, 99 ff - Kiesgewinnungsbetrieb; RGRK/Rothe, BGB 12. Aufl. § 1018 Rn. 23). Gleiches gilt für die vorgesehenen Wege- und Leitungsrechte sowie die Verpflichtung, auf dem belasteten Grundstücke keine Bauten zu errichten oder Anpflanzungen vorzunehmen, die durch Windschattenbildung die Stromerzeugung beeinträchtigen könnten.

b) Der Verfügungsbeklagte hat nicht glaubhaft gemacht, daß die vorgesehene, durch die persönliche Dienstbarkeit zu sichernde Nutzung des Grundstücks durch den Verfügungskläger jegliche andere Nutzung ausschließt, also keine Nutzung des belasteten Grundstücks nur, wie § 1090 BGB es verlangt, "in einzelnen Beziehungen" darstellt (vgl. dazu BGH LM § 1018 BGB Nr. 42 = NJW 1992, 1101; BayObLG DNotZ 1986, 622, 623; KG JFG 36 (1910), A 215, 217). Das Grundstück des Verfügungsbeklagten hat eine Größe von 21.603 qm. Gemäß § 1 Ziff.2 des Vertrages in Verbindung mit dem als Anlage 1 beigefügten vorläufigen Plan soll auf ihm (nur) eine Windkraftanlage errichtet werden. Selbst unter Einbeziehung des Schutzbereiches von 500 qm bleibt, wie sich ebenfalls aus der Anlage 1 ergibt, noch etwa ein Viertel des Flurstücks 28/2 völlig unberührt. Hinzu kommt, daß dem Verfügungsbeklagten innerhalb des Schutzbereiches von 500 qm nicht jegliche eigene Nutzung des Grundstücks verboten ist, sondern nur eine solche, die den Betrieb der Windkraftanlage durch Windschattenbildung beeinträchtigen würde. Schließlich ist das dem Verfügungskläger eingeräumte Nutzungsrecht auch zeitlich begrenzt. Auf die Frage, ob die von der Windkraftanlage und der Zuwegung zu ihr überbauten Teilflächen tatsächlich vollständig in Anspruch genommen werden und der Verfügungsbeklagte insoweit rein tatsächlich von der Mitnutzung ausgeschlossen wird, kommt es nicht an (vgl. ausf. Kanzleiter, DNotZ 1986, 624 ff).

c) Ob sämtliche Bestimmungen des Nutzungsvertrages wirksam sind, ist für die Entscheidung der Frage, ob die Vormerkung einzutragen ist, unerheblich. Richtig ist zwar, daß die selbständige Übertragbarkeit des Erbbaurechtes einen der wesentlichen Unterschiede zwischen einem Erbbaurecht und einer Dienstbarkeit darstellt (vgl. etwa RGRK/Räfle, BGB 12. Aufl. Vor § 1 ErbbVO Rn. 7). Anhaltspunkte dafür, daß es den Parteien gerade um die selbständige Übertragbarkeit der von ihnen ausdrücklich so bezeichneten "Dienstbarkeit" gehen sollte, finden sich in dem Vertrag jedoch nicht. Übertragbar sollten außerdem nur die durch den Vertrag begründeten schuldrechtlichen Rechte und Pflichten inbesondere des Verfügungsklägers sein, nicht jedoch die Dienstbarkeit. Ob der schuldrechtliche Anspruch auf Einräumung einer Dienstbarkeit übertragbar ist, ist zwar ebenfalls umstritten (vgl. BGHZ 28, 99, 102 f und RGRK/Rothe, BGB 12. Aufl. § 1092 Rn. 1 einerseits, Soergel/Stürner, BGB 12. Aufl. § 1092 Rn. 2; MünchKomm/Joost, BGB 3. Aufl. § 1092 Rn. 3; Staudinger/Ring, BGB 13. Aufl. § 1092 Rn. 1; Palandt/Bassenge, BGB 60. Aufl. § 1092 Rn. 2 andererseits). In § 11 Abs.2 des Vertrages heißt es jedoch ausdrücklich, die Gültigkeit des Vertrages insgesamt solle unberührt bleiben, wenn einzelne Vertragsbestimmungen unwirksam oder nichtig seien (vgl. § 139 BGB). Danach soll der Verfügungskläger das Grundstück zum Zwecke der Errichtung und des Betriebes der Windkraftanlage nutzen können, auch wenn etwa die zur Rechtsnachfolge oder zum Bestimmungsrecht der finanzierenden Bank getroffenen Regelungen rechtlich bedenklich sein sollten. Dieses Recht sollte Gegenstand der persönlichen Dienstbarkeit sein, um deren Vormerkung es hier geht.

d) Ebenso unerheblich ist, ob das, was die Parteien vereinbart haben, auch als Erbbaurecht hätte vereinbart werden können. Ein Erbbaurecht ist die Belastung eines Grundstücks in der Weise, daß demjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, das veräußerliche und vererbliche Recht zusteht, auf oder unter der Oberfläche des Grundstücks ein Grundstück zu haben (§ 1 ErbbauVO). Das Recht, ein Bauwerk auf einem fremden Grundstück zu haben, kann also sowohl durch die Bestellung einer Dienstbarkeit als auch durch die Vereinbarung eines Erbbaurechtes begründet werden (vgl. etwa KG JFG 39 (1910) A 215, 217; Soergel/Stürner, BGB 12. Aufl. § 1018 Rn. 13). Im vorliegenden Fall haben sich die Parteien - wie gezeigt, in rechtlich zulässiger Weise - für eine Dienstbarkeit entschieden. Eine Auslegung der getroffenen Vereinbarungen gegen den erklärten Willen der Parteien und mit der Folge der Formnichtigkeit des Vereinbarten widerspricht dem Grundsatz des § 133 BGB, daß bei der Auslegung einer Willenserklärung in erster Linie der wirkliche Wille der Parteien zu erforschen ist (BGHZ 19, 269, 273; RGRK/Krüger-Nieland/Zöller, BGB 12. Aufl. § 133 Rn. 9). Eine Vertragsauslegung hat in erster Linie den von den Parteien gewählten Wortlaut der Vereinbarungen und den diesem zu entnehmenden objektiv erklärten Parteiwillen zu berücksichtigen (BGHZ 121, 13, 16; BGH LM § 133 (B) Nr. 40 = NJW 1995, 1212). Außerdem sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern (§ 157 BGB). Daher kann ein Vertrag in aller Regel nicht im Wege der Auslegung um Bestimmungen ergänzt werden, die ihrerseits erst den im übrigen rechtlich einwandfreien Vertrag zu einer insgesamt nichtigen Vereinbarung machen würden (BGH NJW 1970, 468; MünchKomm/Mayer-Maly/Busch, BGB, 4. Aufl., § 157 Rn. 47; Staudinger/Roth, BGB, 13. Aufl., § 157 Rn. 38). Im Zweifel gebührt vielmehr derjenigen Auslegung der Vorrang, die die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts vermeidet (BGH NJW 1971, 1034, 1035; Palandt/Heinrichs, BGB 60. Aufl. § 133 Rn. 24; MünchKomm/Mayer-Maly/Busch, BGB, 4. Aufl., § 133 Rn. 56).

2. Auch die weiteren Einwände des Verfügungsbeklagten gegen die Wirksamkeit des Nutzungsvertrages greifen nicht durch.

a) Der Verfügungsbeklagte hat die tatsächlichen Voraussetzungen einer Nichtigkeit nach § 138 Abs.1 BGB wegen eines besonders groben Mißverhältnisses von Leistungen und Gegenleistung nicht glaubhaft gemacht. Das gilt insbesondere für die Behauptungen, dem Vertrage nach seien zwei Windkraftanlagen geplant, und die ortsübliche Entschädigung liege pro Windkraftanlage bei 40.000,00 DM im Jahr. Der Anlage 1 zum Nutzungsvertrag zufolge ist nur eine Anlage vorgesehen. Daß eine Entschädigung von 40.000,00 DM ortsüblich sei, hat der Verfügungskläger ebenfalls bestritten. Der Verfügungsbeklagte hat keinerlei präsente Beweismittel angeboten.

b) Der Verfügungsbeklagte hat weiter die tatsächlichen Vorausetzungen eines Anfechtungsrechtes nach § 123 BGB nicht glaubhaft gemacht. Der Verfügungsbeklagte hat bestritten, eine arglistige Täuschung verübt und insbesondere den Verlauf des Prozesses gegen die Mitbewerberin des Verfügungsklägers, der der Verfügungsbeklagte ebenfalls die Errichtung und den Betrieb einer Windkraftanlage auf seinem Grundstück gestattet hat, unrichtig dargestellt zu haben. Auch insoweit fehlte jegliches Angebot präsenter Beweismittel.

c) Gleiches gilt auch für die tatsächlichen Voraussetzungen des § 1365 BGB, zu denen bereits nichts vorgetragen worden ist. Selbst wenn das Grundstück, um das es hier geht, jedoch das wesentliche Vermögen des Verfügungsbeklagten darstellte, läge in dem Abschluß des Nutzungsvertrages keine Verfügung über dieses Vermögen. Die Bewilligung der Dienstbarkeit stellte keine wertausschöpfende Belastung dar.

d) Der Verfügungsbeklagte hat sich auch nicht zu einer rechtlich unmöglichen Leistung verpflichtet (§ 306 BGB). Er hat weder schlüssig vorgetragen noch glaubhaft gemacht, daß die in Abteilung II unter der laufenden Nummer 2 eingetragene Dienstbarkeit zugunsten der Elektrischen Überlandzentrale S. eGmbH zu H. , die zum Aufstellen und zum Betrieb elektrischer Leitungen berechtigt, nicht neben der dem Verfügungskläger einzuräumenden Dienstbarkeit, die zum Bau und Betrieb einer Windkraftanlage berechtigt, bestehen kann, zumal beide Berechtigten gemäß §§ 1090 Abs.2, 1020 BGB zur tunlichsten Schonung des Eigentums des Verfügungsbeklagten verpflichtet sind.

e) Unter welchem tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkt Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes oder des Haustürwiderrufsgesetzes auf den vorliegenden Fall anwendbar sein könnten, ergibt sich aus dem Vorbringen des Verfügungsbeklagten schließlich ebenfalls nicht.

II. Gemäß § 883 Abs.1 S.2 BGB in Verbindung mit § 10 Ziff.3 des Nutzungsvertrages hat der Verfügungskläger außerdem Anspruch auf Eintragung einer Vormerkung zugunsten etwaiger Rechtsnachfolger. Gemäß § 10 Ziff.3 des Nutzungsvertrages sollten Rechte und Pflichten der Vertragsparteien auch zugunsten etwaiger Rechtsnachfolger gelten. Damit haben die Parteien (auch) einen Vertrag zugunsten Dritter im Sinne von § 328 BGB geschlossen. Der Verfügungskläger kann die Eintragung einer Dienstbarkeit des vereinbarten Inhaltes für seine noch unbekannten Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolger fordern. Ein Vertrag zugunsten Dritter dieses Inhaltes ist rechtlich zulässig (ausf. BGHZ 28, 99 ff.). Wenn der schuldrechtliche Anspruch auf Einräumung der Dienstbarkeit von vornherein eine andere Person als den ursprünglichen Gläubiger begünstigen will, ist die Dienstbarkeit nach dem Willen der Vertragsparteien gerade nicht an die Person des ursprünglichen Gläubigers gebunden. Daß Person und Anzahl der Begünstigten derzeit weder bestimmt noch bestimmbar sind, hindert die Eintragung einer Vormerkung nicht; denn der Inhaber des Anspruchs - der Verfügungskläger als derjenige, demgegenüber der Verfügungsbeklagte die Einräumung der Dienstbarkeit zugunsten etwaiger Rechtsnachfolger versprochen hat - steht jedenfalls fest.

III. Die Kostenentscheidung ergeht nach § 91 Abs.1 ZPO. Weitere Nebenentscheidungen waren nicht veranlaßt. Gegen Urteile, durch die über die Anordnung einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig (§ 545 Abs. 2 S. 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

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