Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 20.08.2002
Aktenzeichen: 11 U 55/02
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, EGZPO, AusglLeistG


Vorschriften:

BGB § 134
BGB § 242
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 543 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711 Satz 1
EGZPO § 26 Nr. 7
EGZPO § 26 Nr. 8
AusglLeistG § 3
AusglLeistG § 3a
AusglLeistG § 3 a Abs. 1
AusglLeistG § 3 Abs. 7 Satz 1
AusglLeistG § 3 Abs. 7 Satz 2
AusglLeistG § 3 a Abs. 2 Satz 4
AusglLeistG § 3 a Abs. 2 Satz 5
AusglLeistG § 3 Abs. 5 Satz 1
§ 3a AusglLeistG ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Es liegt weder ein Fall unzulässiger Rückwirkung noch ein Einzelfallgestz i. S. v. Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG vor.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 U 55/02 OLG Naumburg

verkündet am: 20.08.2002

In dem Rechtsstreit

wegen Kaufpreiszahlung

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 30.07.2002 durch die Richterin am Oberlandesgericht Goerke-Berzau sowie die Richter am Oberlandesgericht Krause und Baumgarten für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 15.03.2002 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Halle - 9 O 431/01 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für den Berufungsrechtzug wird auf 46.933,37 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Parteien streiten um eine Restkaufpreisforderung für den Erwerb von landwirtschaftlichen Flächen.

Die Klägerin ist die mit der Durchführung des begünstigten Flächenerwerbs nach § 3 Ausgleichsleistungsgesetz (AusglLeistG) vom 27. Sept. 1994 (BGBl. I S. 1628) beauftragte Privatisierungsstelle. Der Beklagte ist berechtigte Person im Sinne dieser Vorschrift. Er gehört nicht zu dem in § 3 Abs. 2 Satz 3 der Vorschrift genannten Personenkreis.

Die Parteien schlossen - auf der Grundlage der genannten Regelung - am 1. September 1997 einen notariellen Kaufvertrag (UR-Nr. 1619/97 der Notarin S. K. in H. ) über mehrere im Vertrag näher bezeichnete Grundstücke. Da der Beklagte die gesetzlichen Voraussetzungen für einen begünstigten Flächenerwerb nach § 3 AusglLeistG erfüllte, hatten die Parteien den Kaufpreis für die vom Beklagten erworbenen Flächen in Höhe von 443.952,00 DM, wovon 420.000,00 DM auf begünstigte erworbene landwirtschaftliche Flächen und 23.952,00 DM auf das zum Verkehrswert erworbene Flurstück 184 entfielen, nach § 2 Ziffer 2 des Kaufvertrages audrücklich "nach den Bestimmungen des AusglLeistG in Verbindung mit denen der FlErwV" ermittelt. Wegen der Einzelheiten des Vertrages wird auf den in Ablichtung zur Akte eingereichten Kaufvertrag vom 1. September 1997 (Bl. 10 bis 28 Bd. I d. A.) verwiesen.

Der Beklagte wurde als Eigentümer der Grundstücke eingetragen, nachdem er den Kaufpreis an die Beklagte gezahlt hatte.

Am 20. Januar 1999 entschied die Europäische Kommission, dass durch Grundstückskaufverträge über landwirtschaftliche Flächen gewährte Beihilfen jedenfalls dann mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar seien, wenn die Gewährung der Beihilfe an die Ortsansässigkeit des Erwerbers zum Stichtag des 3. Oktober 1990 geknüpft sei und wenn die Intensität der Beihilfe die Höchstgrenze von 35 % für landwirtschaftliche Flächen in nicht benachteiligten Gebieten gemäß der EG-Verordnung Nr. 950/97 überschreite. Der Bundesrepublik Deutschland wurde aufgegeben, die Beihilfen zurück zu fordern.

Am 22. September 2000 trat das Vermögensrechtsergänzungsgesetz (VermRErGG vom 15. September 2000 - BGBl. I S. 1382) in Kraft, in dem die Bundesregierung durch Änderung des AusglLeistG und der FlErwV den Flächenerwerb an die Vorgabe der Kommission anpasste. U. a. wurde in § 3 a AusglLeistG geregelt, dass Kaufverträge, die vor dem 28. Januar 1999 aufgrund von § 3 des Gesetzes abgeschlossen wurden, mit der Maßgabe "als bestätigt gelten, dass der Käufer bei Verträgen mit anderen als denen in § 3 Abs. 2 Satz 3 und § 3 Abs. 5 Satz 1 bezeichneten Personen den Kaufpreis nach den Absätzen 2 und 3 neu bestimmt". Die Neubestimmung erfolgt dadurch, dass der Verkäufer den Kaufpreis bei Verträgen über landwirtschaftliche Flächen in den nicht benachteiligten Gebieten im Sinne der Verordnung 950/97 durch einseitige schriftliche Willenserklärung auf den Betrag anhebt, der den Wertersatz in § 3 Abs. 7 Satz 1 und 2 AusglLeistG n.F. entspricht.

Diesen gesetzlichen Bestimmungen entsprechend bestimmte die Klägerin den Kaufpreis für die vom Beklagten begünstigt erworbenen landwirtschaftlichen Flächen neu, und zwar so, dass dieser jetzt statt der 420.000,00 DM 65 % des Verkehrswertes dieser Flächen bzw. 498.443,89 DM zu entrichten hat. Hinzu kommen die auf den Differenzbetrag entfallenden und von der Klägerin nach Maßgabe des § 3 a Abs. 2 Satz 4 und 5 AusglLeistG für den Zeitraum von der Fälligkeit des ursprünglichen Kaufpreises bis zum 15. November 2000 errechneten Zinsen in Höhe von 13.349,81 DM.

Den Gesamtbetrag in Höhe von 91.793,70 DM nebst Zinsen aus 78.443,89 DM in Höhe des bei der Berechnung des Nettosubventionsäquivalenz von Regionalbeihilfen zugrunde gelegten Bezugssatzes gemäß den jeweils geltenden Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung p.a. seit dem 16.11.2000 macht die Klägerin mit der Klage geltend.

Der Beklagte, der Abweisung der Klage beantragt hat, hat die Auffassung vertreten, die Klägerin könne ihren Anspruch nicht auf § 3 a AusglLeistG stützen. Er hält die Norm für verfassungswidrig und regt an, den Rechtsstreit dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen.

Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Landgericht der Klage stattgegeben.

Es hat zur Begründung angeführt, der Anspruch der Klägerin folge aus § 3 a AusglLeistG. Diese Norm sei nicht verfassungswidrig. Ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot liege nicht vor. Zwar sei echte Rückwirkung grundsätzlich verfassungsrechtlich unzulässig. Sie liege dann vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörige Tatbestände eingreife. Das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im Vertrauensschutz habe, trete indessen dann zurück, wenn sich ausnahmsweise kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte. Im vorliegenden Fall sei der Beklagte nicht schutzwürdig. Für den Beklagten sei erkennbar gewesen, dass der Kaufpreis auf der Grundlage des Ausgleichsleistungsgesetzes und der Flächenerwerbsverordnung ermittelt worden sei, also gerade nicht frei ausgehandelt und marktüblich sei. Dem Beklagten sei damit klar gewesen, dass er zu einem bevorzugten Personenkreis gehört habe, dem zu bevorzugten Bedingungen der Erwerb von ehemals als Pächtern bereits bewirtschafteten Flächen habe ermöglicht werden sollen. Als Bürger der Bundesrepublik Deutschland sei der Beklagte der Geltung des Art. 88 Abs. 2 EGV mit dessen immanenten Umgestaltungs- und Rückforderungsgeboten unterworfen gewesen. Die Preisermittlung auf der gesetzlichen Grundlage habe deshalb von Anfang an unter dem Vorbehalt der Verträglichkeit mit dem übernationationalen EG-Recht bestanden. Ein weitergehendes Vertrauen habe der Beklagte nicht entwickeln können. Es wäre auch nicht schutzwürdig gewesen. Gesetzesänderungen, wie sie die Bundesrepublik Deutschland mit Art. 3 a AusglLeistG vorgenommen habe, würden nur den allgemeinen Vorbehalt verwirklichen, unter dem der Vertrag der Parteien sowieso gestanden habe. Ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers habe dadurch nicht verletzt werden können.

Der Beklagte könne sich auch nicht auf einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 GG berufen. Die Regelung des § 3 AusglLeistG greift bereits nicht in den Schutzbereich dieser Grundrechte ein. Diese Grundrechte würden den Bürger nicht vor der Rückforderung rechtswidrig gewährter Beihilfen schützen. § 3 AusglLeistG verstoße auch nicht gegen Art. 19 Abs. 1 GG. Es möge sein, dass von der Regelung des § 3 AusglLeistG nur ein eng umgrenzter Personenkreis betroffen sei, nämlich diejenigen, die landwirtschaftliche Flächen zwischen 1996 und 1998 nach dem Ausgleichsleistungsgesetz gekauft hätten. Die Norm stelle zwar auf einen konkreten Sachverhalt ab. Derartige Normen seien indes durch das Grundgesetz nicht ausgeschlossen und als Übergangsregelung geradezu unvermeidlich. Die Bundesregierung habe aufgrund der Vorgaben der Europäischen Kommission die gewährten Beihilfen zurückzufordern gehabt. Daran sei die Bundesregierung gebunden gewesen. Sie habe die im Ausgleichsleistungsgesetz getroffenen Regelungen zu korrigieren und die entsprechenden gesetzgeberischen Konsequenzen zu ziehen. Die Größe der von dieser in § 3 a AusglLeistG betroffenen Gruppe spiele für die Zulässigkeit der Regelung unter dem Gesichtspunkt des Einzelfallgesetzes grundsätzlich keine Rolle, solange diese Gruppe sachgerecht abgegrenzt und in sich gleichartigen Regeln unterworfen sei. Davon sei im vorliegenden Fall auszugehen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beklagte mit der form- und fristgerecht eingelegten Berufung, mit der weiterhin Klagabweisung begehrt. Er vertritt nach wie vor die Auffassung, die streitentscheidende Norm des § 3 a AusglLeistG verstoße gegen das Grundgesetz. Er wiederholt und vertieft insoweit seinen erstinstanzlichen Vortrag. Im Übrigen vertritt der Beklagte die Auffassung, ein Zahlungsanspruch der Klägerin ergebe sich auch nicht nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Der Beklagte habe davon ausgehen dürfen, dass der mit ihm geschlossene Vertrag unter beihilferechtlichen Gesichtspunkten zulässig gewesen sei.

Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Berufung. Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie vertritt die Auffassung, § 3 a AusglLeistG würde nicht gegen die Verfassung verstoßen. Der Nachzahlungsanspruch der Klägerin ergebe sich im Übrigen aus § 242 BGB nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage.

Wegen des weiteren Sachvortrages wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat der Klage mit zutreffender Begründung zu Recht stattgegeben. Die Klägerin war berechtigt und verpflichtet, einen höheren als den in dem zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrag vom 1. September 1997 vereinbarten Kaufpreis zu verlangen.

Dies folgt aus § 3 a Abs. 1 AusglLeistG (n.F.). Nach dieser Vorschrift gelten Kaufverträge, die vor dem 28. Januar 1999 aufgrund von § 3 AusglLeistG abgeschlossen wurden, mit der Maßgabe als bestätigt, dass der Verkäufer bei Verträgen mit anderen als den in § 3 Abs. 2 Satz 3 oder § 3 Abs. 5 Satz 1 AusglLeistG bezeichneten Personen den Kaufpreis nach den Absätzen 2 und 3 bestimmt. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Beklagte gehörte zu dem in § 3 AusglLeistG bezeichneten Personenkreis. Der ursprünglich vereinbarte Kaufpreis wurde ausweislich des Vertrages auf der Grundlage der Bestimmungen des Ausgleichsleistungsgesetzes in Verbindung mit denen der Flächenerwerbsverordnung ermittelt. Er ist aufgrund der Entscheidung der Europäischen Kommission vom 20. Januar 1999 gem. § 3 a Abs. 1 AusglLeistG von der Klägerin neu bestimmt worden.

Zutreffend hat das Landgericht darauf abgestellt, dass kein hinreichender Anhalt für eine Verfassungswidrigkeit des § 3 a AusglLeistG und damit für eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG besteht.

Es liegt kein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot vor. Die Regelung stellt keine unzulässige Rückwirkung da. Eine so genannte echte Rückwirkung eines Gesetzes liegt dann vor, wenn das Gesetz ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift. Belastende Gesetze, die eine echte Rückwirkung beinhalten, sind wegen Verstoßes gegen das Gebot der Rechtssicherheit grundsätzlich nichtig (vgl. BVerfGE 25, 403). Rechtssicherheit bedeutet dabei für den Bürger in erster Linie Vertrauensschutz. Er soll sich darauf verlassen können, dass der Gesetzgeber an abgeschlossene Tatbestände keine ungünstigeren Folgen knüpft, als im Zeitpunkt der Vollendung dieser Tatbestände voraussehbar war (BVerfGE 15, 324). Bedenken gegen die Rückwirkung eines Gesetzes sind nur dann berechtigt, wenn rückwirkende Eingriffe in Rechte oder Rechtslagen des Staatsbürgers vorgenommen werden, mit denen dieser in dem Zeitpunkt, von dem ab sie gelten sollen, nicht rechnen konnte und die er also bei verständiger Vorrausschau im privaten und beruflichen Bereich nicht berücksichtigen konnte (BVerfGE 8, 304). Vertrauensschutz kommt da nicht in Frage, wo das Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage sachlich nicht gerechtfertigt wäre (BVerfGE 19, 127; 22, 347). Der Staatsbürger kann sich nicht immer auf den durch eine ungültige Norm erzeugten Rechtsschein verlassen. Der Gesetzgeber kann daher u. U. eine nichtige Bestimmung rückwirkend durch eine rechtlich nicht zu beanstandende Norm ersetzen. Dabei können zwingende Gründe des Gemeinwohls, die dem Gebot der Rechtssicherheit übergeordnet sind, eine Rückwirkungsanordnung rechtfertigen (BVerfGE 13, 272; 18, 439; 31, 226). Derartige zwingende Gründe für eine Rückwirkungsanordnung sind vorliegend gegeben. Der Beklagte ist gegenüber den Interessen des Gemeinwohls nicht schutzwürdig. Für den Beklagten war erkennbar, dass der Kaufpreis auf der Grundlage des Ausgleichsleistungsgesetzes und der Flächenerwerbsordnung ermittelt worden war, also gerade nicht frei ausgehandelt und marktüblich war. Für den Beklagten war damit unmissverständlich klar, dass er zu einem bevorzugten Personenkreis gehörte, dem zu bevorzugten Bedingungen der Erwerb der von ihm als Pächter bereits bewirtschafteten Flächen ermöglicht werden sollte. Da der Beklagte als Bürger der Bundesrepublik Deutschland der Geltung des Art. 88 Abs. 2 EGV mit immanenten Umgestaltungs- und Rückforderungsgeboten unterworfen war, stand diese Preisermittlung auf gesetzlicher Grundlage von Anfang an unter dem Vorbehalt der Verträglichkeit mit dem übernationalen EG-Recht. Weitergehendes Vertrauen konnte der Beklagte nicht entwickeln und wäre auch nicht schutzwürdig. Gesetzesänderungen, wie sie die Bundesrepublik Deutschland mit § 3 a AusglLeistG vorgenommen hat und vornehmen musste, verwirklichen nur diesen allgemeinen Vorbehalt unter dem der Vertrag der Parteien sowieso stand und konnten das schutzwürdige Vertrauen des Beklagten nicht verletzten. Der Beklagte durfte und konnte nicht darauf vertrauen, dass die ihm bei Abschluss des Kaufvertrages gewährte Beihilfe Bestand haben würde. Dem Beklagten als Landwirt war bekannt, dass Beihilferegelungen der Überprüfung durch die EU-Kommission unterliegen. Das Vertrauensschutzinteresse eines Begünstigten tritt angesichts des besonderen Gewichts des Rücknahmeinteresses schon dann zurück, wenn die staatliche Beihilfe ohne Beachtung des in Art. 93 EGV zwingend vorgeschriebenen Überwachungsverfahrens, also ohne die Kontrolle der EG-Kommission, gewährt wurde. Eine sichere Grundlage für ein Vertrauen auf die materielle Rechtmäßigkeit der Beihilfe besteht nur, wenn das Überwachungsverfahren als Voraussetzung der Ordnungsmäßigkeit der Beihilfe eingehalten worden ist (vgl. BVerfGE 106, 328, 336; BVerfG NJW 2000, 2015 f.). Dem Beklagten als Landwirt, der sich mit der Gewährung von Beihilfen und der Überprüfung der Beihilfen durch die EU-Kommission auskennen musste, war es möglich, sich zu vergewissern, ob diese Voraussetzungen erfüllt waren. Hätte der Beklagte dies getan, hätte er gewusst, dass das Überwachungsverfahren noch nicht abgeschlossen war. Das Vertrauen des Beklagten auf den Bestand der Beihilfe wäre dann aber nur ausnahmsweise schutzwürdig gewesen, wenn dafür besondere Umstände sprechen würden. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Beklagte kann auch nicht damit gehört werden, der Klägerin sei bekannt gewesen, dass das Überprüfungsverfahren eingeleitet worden sei und habe ihm dies nicht mitgeteilt. Es wäre Aufgabe des Beklagten selbst gewesen, sich zu erkundigen, ob bereits eine Überprüfung der nationalen Vorschriften durch die EU-Kommission vorgenommen war oder bevor stand.

Die Norm des § 3 a AusglLeistG verstößt auch nicht gegen Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG.

Einzelfallgesetze sind als solche nach dem Grundgesetz nicht schlechthin, sondern lediglich unter den Voraussetzungen der genannten Vorschrift als sachwidrige Sonderregelungen unzulässig (vgl. von Münch/Kunich, Grundgesetzkommentar 5. Aufl., Bd. I Art. 19 Rn. 3 m. w. Nachw). Wenn sich aber bei einer Norm wegen der abstrakten Fassung des gesetzlichen Tatbestandes nicht übersehen lässt, auf wieviele und welche Fälle das Gesetz Anwendung findet, hat die Norm den Charakter eines für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen geltenden generellen Rechtssatzes und ist damit kein Einzelfallgesetz (vgl. BVerfG NJW 69, 1203). Mit § 3 AusglLeistG hat der Gesetzgeber eine Heilungsvorschrift für bestimmte Altkaufverträge geschaffen. Die Regelung zielt auf die Umsetzung der Entscheidung der Europäischen Kommission vom 20.01.1999 ab, wonach bei einem Verkauf von landwirtschaftlichen Flächen im Rahmen der Privatisierung ehemals volkseigener landwirtschaftlicher Flächen im Beitrittsgebiet die im europäischen Maßstab zulässigen Beihilfehöchstgrenzen nicht überschritten werden dürfen. Dementsprechend hat der Gesetzgeber mit dem Vermögensrechtsänderungsgesetz vom 15.09.2000 nicht nur § 3 a AusglLeistG eingeführt, sondern gleichzeitig § 3 AusglLeistG grundsätzlich dahingehend geändert, dass in Bezug auf zukünftige nach dem Ausgleichsleistungsgesetz abzuschließende Kaufverträge eine Regelung getroffen wurde, das landwirtschaftliche Flächen einheitlich zum Verkehrswert abzüglich eines Abschlags in Höhe von 35 % veräußert werden. Diese Änderungen sind im Zusammenhang zu sehen. Damit sind aber nicht nur abgeschlossene Kaufverträge, sondern zukünftige und damit noch nicht bestimmbare Fälle erfasst. Selbst wenn man in der Norm des § 3 AusglLeistG ein Einzelfallgesetz sehen würde, wäre dadurch die Verfassungsnorm des Art. 19 Abs. 1 GG noch nicht verletzt. Art. 19 Abs. 1 GG verbietet dem Gesetzgeber lediglich, aus einer Reihe gleichgelagerter Sachverhalte willkürlich einen Fall herauszugreifen und zum Gegenstand einer Ausnahmeregelung zu machen. Dagegen schliesst Art. 19 Abs. 1 GG die gesetzliche Regelung eines Einzelfalles dann nicht aus, wenn der Sachverhalt so beschaffen ist, dass es nur bestimmte Fälle dieser Art gibt und die Regelung dieser Fälle von sachlichen Gründen getragen wird. Diese Voraussetzung ist vorliegend gegeben. Das Landgericht hat zutreffend § 3 a Abs. 2 AusglLeistG als Übergangsregelung angesehen. Die Bundesregierung hatte nach der Entscheidung der EU-Kommission Maßnahmen zu treffen, um die zu Unrecht gewährten Beihilfen zurückfordern zu können. Dabei hat der Gesetzgeber nicht nur eine Regelung hinsichtlich der Grundstückserwerber aus dem Jahre 1996 bis 1998 getroffen, sondern durch die Änderung des § 3 AusglLeistG auch eine Regelung für zukünftige Fälle.

Insgesamt ist deshalb auch unter der Berücksichtigung des Berufungsvorbringens kein hinreichender Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass eine Verfassungswidrigkeit des § 3 a AusglLeistG vorliegt. Die Klägerin kann ihren Restkaufpreisanspruch auf § 3 a AusglLeistG stützen. Auf die Frage, ob der ursprünglich zwischen den Parteien geschlossene Kaufvertrag infolge der Entscheidung der Kommission gem. § 134 BGB nichtig ist (vgl. KG, Urt. vom 31. Mai 2002, 25 O 20/02), kommt es insoweit nicht an.

Soweit der Beklagte meint, er sei durch die Regelung des § 3 a AusglLeistG einseitig benachteiligt, weil ihm auch bei Ausübung des in Abs. 4 dieser Vorschrift gewährten Rücktrittsrechts jedenfalls ein Steuernachteil verbleibt, steht dies dem geltend gemachten Anspruch der Klägerin nicht entgegen. Derartige Ansprüche könnte der Beklagte lediglich als Schadensersatzansprüche unter dem Gesichtspunkt der c.i.c. gegen die Klägerin geltend machen. Dies ist aber nicht Gegenstand des Verfahrens. Der Beklagte hat insoweit seine Hilfsaufrechnung ausdrücklich zurückgenommen.

Selbst wenn man, wovon der Senat nicht ausgeht, die Verfassungsmäßigkeit des § 3 a AusglLeistG nicht annehmen würde, wäre der Anspruch der Klägerin jedenfalls gem. § 242 BGB unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gegeben. Die Voraussetzungen für einen Anspruch aus § 242 BGB sind gegeben. Bei Abschluss des Vertrages wussten beide Parteien, dass der Kaufpreis nicht frei ausgehandelt, sondern vielmehr nach den Vorschriften der Flächenerwerbsverordnung in Verbindung mit dem Ausgleichsleistungsgesetzt ermittelt worden ist. Mit der Kaufpreisermittlung war eine Begünstigung für den Beklagten verbunden, die als Beihilfegewährung der Überprüfung durch die EU-Kommission standzuhalten hatte. Durch die Entscheidung der EU-Kommission ist die von den Parteien bei der Kaufpreisbestimmung zugrunde liegende Geschäftsgrundlage weggefallen. Die Kaufpreisbestimmung nach § 3 AusglLeistG war auf der Überzeugung der Parteien von der Rechtsgültigkeit des § 3 AusglLeistG aufgebaut. Der Kaufvertrag vom 01.09.1997 wäre so nicht geschlossen worden, wenn die Parteien nicht übereinstimmend vom Bestand des § 3 AusglLeistG ausgegangen wären. Durch die Entscheidung der EU-Kommission vom 20.01.1999 hat sich die Rechtslage geändert mit der Folge, dass die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung des geltend gemachten Nachforderungsbetrages hat. Dem Beklagten ist eine Anpassung des Vertrages zuzumuten, da ihm bei Vertragsabschluss bewusst war, dass ihm eine Begünstigung nach § 3 AusglLeistG gewährt wurde und er nicht auf den Bestand dieser Vergünstigung vertrauen durfte. Im Übrigen war dem Beklagten die Möglichkeit des Vertragsrücktritts eingeräumt worden, wovon er keinen Gebrauch gemacht hat. Er ist deshalb auch nach § 242 BGB unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zur Nachzahlung des geforderten Kaufpreises verpflichtet.

Die Berufung des Beklagten war deshalb zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO in Verb. mit § 26 Nr. 7, 8 EGZPO.

Die Entscheidung über die Zulassung der Revision ergibt sich nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Es handelt sich um Rechtsfragen von allgemeiner Bedeutung, die höchstrichterlich noch nicht entschieden sind.

Ende der Entscheidung

Zurück