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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 22.07.2002
Aktenzeichen: 11 W 173/02
Rechtsgebiete: ZPO, ZSEG


Vorschriften:

ZPO § 91 Abs. 1 Satz 2
ZSEG § 2 Abs. 2 Satz 1
1. Auch der Zeitverlust gesetzlicher Vertreter einer juristischen Person ist nach § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO durch die unterlegene Partei zu erstatten.

2. Im Zweifel beschränkt sich der Anspruch auf den Mindestsatz des § 2 Abs. 2 Satz 1 ZSEG.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

11 W 173/02 OLG Naumburg

In dem Beschwerdeverfahren

wegen Kostenfestsetzung

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Grubert

am 22. Juli 2002

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Verfügungsbeklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Magdeburg vom 4- April 2002 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die auf Grund des Urteils des Landgerichts Magdeburg vom 1. Oktober 2001 von der Verfügungsklägerin an die Verfügungsbeklagte zu erstattenden Kosten werden auf Euro festgesetzt zuzüglich 4 % Zinsen aus diesem Betrag seit dem 4. Oktober 2001.

Das weiter gehende Rechtsmittel der Verfügungsbeklagten wird zurückgewiesen.

Von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Verfügungsbeklagten 9/10 und der Verfügungsklägerin 1/10 auferlegt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Gegenstandswert für die von der Verfügungsbeklagten zu tragenden Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens wird auf 167,70 Euro festgesetzt, der Gegenstandswert für die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens auf 188,16 Euro.

Gründe:

I.

Die zulässige sofortige Beschwerde der Verfügungsbeklagten hat in der Sache nur in geringem Umfang Erfolg.

1. Wie das Landgericht bereits in seinem Hinweis vom 2. Mai 2002 ausgeführt hat, hat es die Fahrtkosten ihres Geschäftsführers im Rahmen der vorgenommenen Kostenfestsetzung bereits berücksichtigt.

2. Dass das Rechtsmittel dennoch in geringem Umfang Erfolg hat, beruht darauf, dass nach der ganz herrschenden Auffassung (OLG Köln, JurBüro 2000, 84 f.; OLG Hamm, MDR 1997, 206 f.; OLG Saarbrücken, JurBüro 1981, 1078, 1079; OLG Koblenz, JurBüro 1982, 1056, 1057; KG, JurBüro 1986, 278, 279; OLG Frankfurt, JurBüro 1987, 908, 909; OLG Hamburg, JurBüro 1991, 1090; OLG Schleswig, SchlHA 1992, 84; OLG Karlsruhe, RPfl 1993, 484; OLG Brandenburg, OLGR 1997, 15 f.; OLG Rostock, OLGR 2000, 237 f.; OLG Stuttgart, JurBüro 2001, 484; Herget, in: Zöller, ZPO, 23. Aufl., § 91 Rn. 13 Stichwort "Zeitversäumnis"; von Eicken, in: von Eicken/Lappe/Madert, Kostenfestsetzung, 17. Aufl., B 454; Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 91 Rn. 295), der sich auch der Senat angeschlossen hat (Beschluss vom 18. Juli 2002, 11 W 113/01), der Zeitverlust der gesetzlichen Vertreter juristischer Personen grundsätzlich ersatzfähig ist.

§ 91 Absatz 1 Satz 2 ZPO verweist allgemein für die Entschädigung "des Gegners" auf die entsprechende Anwendung der Regelungen im ZSEG, und zwar unabhängig davon, ob dieser Gegner eine natürliche oder juristische Person ist. Dass bei unmittelbarer Anwendung des ZSEG für Zeugen nur die Entschädigung natürlicher Personen geregelt ist, beruht darauf, dass nur diese Zeugen sein können. Der in § 91 Absatz 1 Satz 2 ZPO aufgegebenen entsprechenden Anwendung auch für juristische Personen steht dies nicht entgegen.

Auch § 2 Absatz 3 Satz 5 ZSEG steht nach der zutreffenden Begründung der zitierten ganz herrschenden Auffassung nicht etwa deshalb einer Anrechnung entgegen, weil eine juristische Person durch den Zeitaufwand ihres gesetzlichen Vertreters ersichtlich keinen Nachteil erlitten hätte. § 2 Absatz 3 ZSEG differenziert zwischen dem Fall, dass ein Verdienstausfall nicht eingetreten ist (§ 2 Absatz 3 Satz 1 ZSEG), und dem Fall, dass ersichtlich kein Nachteil eingetreten ist (§ 2 Absatz 3 Satz 5 ZSEG). Dafür, dass überhaupt eine Entschädigung zu leisten ist, ist daher kein Verdienstausfall erforderlich. Dass eine juristische Person für den Zeitausfall ihres gesetzlichen Vertreter keine zusätzliche Gehaltszahlungen aufbringen muss, steht infolgedessen der Berücksichtigung dieses Zeitverlustes nicht entgegen, ebensowenig, dass der Vertreter durch eine Terminswahrnehmung im Innenverhältnis zu der juristischen Person ihm obliegende Tätigkeiten wahrnimmt und Gehaltszahlungen für den Zeitraum der Terminswahrnehmung insoweit nicht ohne Gegenleistung gewährt werden. Es genügt ein rein faktischer Nachteil der juristischen Person. Dieser liegt nach der zutreffenden ganz herrschenden Auffassung bereits darin, dass der gesetzliche Vertreter im fraglichen Zeitraum nicht für andere Aufgaben der juristischen Person zur Verfügung steht, denen er sich sonst widmen könnte.

Zur Höhe der Entschädigung sieht der Senat anders als ein Teil der Rechtsprechung (so etwa OLG Saarbrücken, JurBüro 1981, 1078, 1079; OLG Brandenburg, OLGR 1997, 15, 16; OLG Köln, JurBüro 2000, 84, 85; OLG Rostock, OLGR 2000, 237, 238; OLG Stuttgart, JurBüro 2001, 484) keine hinreichende Grundlage für eine Schätzung des Verdienstausfalles der juristischen Person auf der Grundlage des Gehalts des Geschäftsführers auf mindestens den Höchstsatz in § 2 Absatz 2 Satz 1 ZSEG.

Da auch eine abweichende Höhe nicht dargelegt und belegt wurde, verbleibt es bei der Berücksichtigung des Mindestsatzes nach dieser Norm (ebenso: OLG Koblenz, JurBüro 1982, 1056, 1057; KG, JurBüro 1986, 278, 279; OLG Schleswig, SchlHA 1992, 84; OLG Hamm, MDR 1997, 206, 207).

Nach § 2 Absatz 5 Satz 1 ZSEG sind höchstens zehn Stunden zu entschädigen. Die zu berücksichtigende Entschädigung beträgt infolgedessen 40 DM, also umgerechnet 20,45 Euro.

In dieser Höhe hat die sofortige Beschwerde Erfolg, da dieser Betrag vom Landgericht (wohl im Hinblick auf die Rechtsprechung der früheren Kostensenate des Oberlandesgerichts) nicht berücksichtigt wurde.

3. Im Übrigen ist der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts nicht zu beanstanden.

Insbesondere hat das Landgericht den Ansatz der Verfügungsbeklagten für deren Prozess- und Verhandlungsgebühr zu Recht auf jeweils 2.125 DM gekürzt, nachdem die Verfügungsbeklagte den in ihrem Schriftsatz vom 2. Oktober 2001 aufgenommenen höheren Betrag offensichtlich auf Grund eines Versehens aus einem Streitwert von 130.000 DM errechnet hat, obgleich der Streitwert im erstinstanzlichen Urteil auf 100.000 DM festgesetzt worden war.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Absatz 1 Satz 1, 92 Absatz 1 Satz 1 und 97 Absatz 1 ZPO.

III.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukommt beziehungsweise die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordern (§ 574 Absätze 3 und 4 ZPO). Insbesondere ergibt sich dies nicht daraus, dass andere Oberlandesgerichte die Möglichkeit der Schätzung eines Verdienstausfalles von Geschäftsführern auf den Höchstsatz sehen, auch da insoweit regionale Unterschiede denkbar sind.

IV.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes für die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht darauf, dass die Verfügungsbeklagte ausweislich der Begründung ihres Rechtsmittels den Ansatz weiterer 368 DM begehrt, also umgerechnet 188,16 Euro.

Der Gegenstandswert für die nach den §§ 1 und 11 GKG sowie Nr. 1957 des Kostenverzeichnisses zum GKG von der Verfügungsbeklagten zu tragenden Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens entspricht dem Umfang, in dem die sofortige Beschwerde keinen Erfolg hatte, also 328 DM (368 DM -40 DM) und umgerechnet 167,70 Euro.

Ende der Entscheidung

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