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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 23.04.2002
Aktenzeichen: 11 W 58/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 252
ZPO § 149 Abs. 1
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 569 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 569 Abs. 1 Satz 2
Zu den Voraussetzungen der Aussetzung der Verhandlung bei Verdacht einer Straftat nach § 149 Abs. 1 ZPO.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

11 W 58/02 OLG Naumburg

In dem Rechtsstreit

...

wegen Aussetzung der Verhandlung,

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg am

23. April 2002

unter Mitwirkung der Richterin am Oberlandesgericht Goerke-Berzau sowie der Richter am Oberlandesgericht Dr. Grubert und Krause

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluß der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dessau vom 25.01.2002, Geschäftszeichen: 2 O 91/01, zu Ziff. II aufgehoben.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Bewilligung der Löschung einer zu seinen Gunsten im Grundbuch eingetragenen Auflassungsvormerkung in Anspruch, da der zugrunde liegende Grundstückskaufvertrag nichtig, hilfsweise rückabzuwickeln sei. Der Beklagte tritt dem u.a. mit Hinweis auf einen Gemeinderatsbeschluß vom 04.03.1997 entgegen, von dem die Klägerin wiederum behauptet, daß er zu keinem Zeitpunkt gefaßt worden sei.

Das Landgericht hat durch Beschluß vom 25.01.2002 (Ziff. II.) die mündliche Verhandlung ausgesetzt, weil sich der Verdacht einer Straftat ergeben habe. Die Ermittlung der Straftat sei von Einfluß auf den Rechtsstreit und daher abzuwarten. Die Kammer sehe sich mit keiner klaren Sachlage oder einfacher Beweisbarkeit konfrontiert. Der Zivilprozeß sei zudem infolge der Verhandlungsmaxime zur Wahrheitsermittlung nur bedingt geeignet, so daß die besseren Erkenntnismöglichkeiten des Strafverfahrens zu nutzen seien.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die am 18.02.2002 beim Landgericht eingegangene sofortige Beschwerde des Beklagten, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.

Die gemäß §§ 252, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 Abs. 1 Satz 1 u. 2, Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Das Landgericht hat die Voraussetzungen für die Aussetzung bei Verdacht einer Straftat zu Unrecht angenommen (§ 149 Abs. 1 ZPO).

Das Gericht kann, wenn sich im Laufe eines Rechtsstreits der Verdacht einer Straftat ergibt, deren Ermittlung auf die Entscheidung von Einfluß ist, die Aussetzung der Verhandlung bis zur Erledigung des Strafverfahrens anordnen. Der Senat muß nicht prüfen, ob hier tatsächlich von einem hinreichenden Verdacht und mit Blick auf das Nichtigkeitsargument der Klägerin ohne weiteres von einem Einfluß auf den Rechtsstreit ausgegangen werden kann. Zumindest setzt die im Rahmen des § 149 Abs. 1 ZPO zu treffende Ermessensentscheidung die gründliche Abwägung zwischen den Geboten der Prozeßwirtschaftlichkeit und der Beschleunigung des Verfahrens voraus. Dabei müssen die Umstände, die eine Auswertung der Erkenntnismöglichkeiten des Strafverfahrens für den konkreten Fall als geboten erscheinen lassen, den Stillstand des Verfahrens rechtfertigen (OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 1531; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 149 Rdn. 2; Peters, in: MünchKomm.-ZPO, 2. Aufl., § 149 Rdn. 9). Diese Abwägung ist in den Gründen der Aussetzungsentscheidung nachvollziehbar darzustellen (OLG München OLGR 1997, 9 <10>; OLG Düsseldorf a.a.O.; Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, § 149 Rdn. 7; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 149 Rdn. 2; Peters, § 149 Rdn. 10). Bereits dies läßt die angefochtene Entscheidung vermissen. Dem Beschluß vom 25.02.2002 kann nicht entnommen werden, daß sich das Landgericht mit dem Für und Wider der Aussetzung befaßt, geschweige denn auseinander gesetzt hat. Allein dieser formelle Mangel müßte zur Aufhebung und Zurückverweisung führen (OLG München a.a.O.; OLG Düsseldorf a.a.O.; Zöller/Greger, § 149 Rdn. 4). Davon kann der Senat vorliegend allerdings absehen, da nur die Fortsetzung der mündlichen Verhandlung und keinesfalls die Aussetzung als einzig ermessensfehlerfreie Entscheidung in Betracht kommt.

Bereits der Ausgangspunkt des Landgerichts ist unzutreffend. Einzig im Rahmen des § 149 Abs. 1 ZPO relevanter Punkt ist die Frage, ob der Gemeinderatsbeschluß vom 04.03.1997, wie ihn der Beklagte in Form eines Protokolls vorgelegt hat, tatsächlich gefaßt worden ist. Dies entspricht, entgegen der Auffassung des Landgerichts, einer einfachen Sachlage. Aufklärung ist problemlos möglich, wenn man die Ratsmitglieder als Zeugen hört. Etwas anderes wird auch die Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren nicht tun bzw. veranlassen. Insoweit ist kein für ein Abwarten des Strafverfahrens sprechender Vorteil auszumachen. Gleich wie die Kammer die Beweislastverteilung beurteilt, haben die Parteien zu diesem Punkt Beweis angetreten. Wird den Beweisangeboten nachgegangen bzw. wirkt das Landgericht pflichtgemäß auf geeignete Beweisantritte hin (§ 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO), kann sehr schnell Beweis erhoben, der Sachverhalt geklärt und die Sache entschieden werden. Ist der Zivilrichter jedoch in der Lage, sich selbst ohne Schwierigkeiten Klarheit zu verschaffen und spricht nichts dafür, daß die streitigen Punkte im Strafverfahren besser aufgeklärt werden können, ist kein Grund dafür erkennbar, den Rechtsstreit durch Aussetzung auf die lange Bank zu schieben (vgl. auch Peters, § 149 Rdn. 9).

Gerichtskosten fallen nicht an (vgl. §§ 1, 11 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1957 KV). Die Auslagen zählen zu den Kosten des Rechtsstreits (Zöller/Greger, § 252 Rdn. 3; a.A. Feiber, in: MünchKomm.-ZPO, 2. Aufl., § 252 Rdn. 28).

Die Rechtsbeschwerde läßt der Senat nicht zu, da die Sache nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist und weder die Fortbildung des Rechts noch die Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern (§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO).

Ende der Entscheidung

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