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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 10.02.2004
Aktenzeichen: 11 Wx 15/03
Rechtsgebiete: BGB, BoSoG, BauGB, VwGO


Vorschriften:

BGB § 919
BGB § 920
BoSoG § 1 Nr. 1
BoSoG § 12 Satz 1
BoSoG § 17 Satz 3
BoSoG § 18 Abs. 1 Satz 1
BoSoG § 18 Abs. 1 Satz 2
BauGB § 47
BauGB § 217 Abs. 1 Satz 2
VwGO § 44a
VwGO § 44a Satz 1
VwGO § 44a Satz 2
VwGO § 80
VwGO § 80a
VwGO § 123
VwGO § 123 Abs. 5
Die Festlegung des Plangebietes und die Entschließung der Sonderungsbehörde, ein Bodensonderungsverfahren durchzuführen, sind Bescheide i. S. v. § 18 Abs 1 Satz 1 BoSoG, die von den Planbetroffenen mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung angefochten werden können. Der Widerspruch im obligatorischen Vorverfahren hat aufschiebende Wirkung, sodass es einer einstweiligen Regelung z. B. durch gerichtliche Verfahrensaussetzung nicht bedarf.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

11 Wx 15/03 OLG Naumburg

In dem Bodensonderungsverfahren

betreffend die ungetrennten Hofräume der Gemarkung ...

wegen einstweiliger Verfahrensaussetzung,

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg am

10. Februar 2004

unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am Oberlandesgericht Goerke-Berzau, des Richters am Oberlandesgericht Krause sowie der Richterin am Oberlandesgericht Joost

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 28. Oktober 2003 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt 26.250,00 Euro.

Der Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 28. Oktober 2003 wird hinsichtlich des in Ziff. 3. festgesetzten Streitwertes abgeändert:

Der Gegenstandswert des Antrags auf gerichtliche Entscheidung wird auf 26.250,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

[ A ]

Die Antragsteller sind Eigentümer von Grundstücken, die im Plangebiet des durch den Antragsgegner nach § 1 Nr. 1 BoSoG von Amts wegen eingeleiteten Bodensonderungsverfahrens liegen. Sie vertreten die Auffassung, das Sonderungsverfahren sei zu Unrecht begonnen, da von ihnen eine amtliche Vermessung veranlasst werde, die ebenso zur Klärung der Eigentumsverhältnisse führe. Die Bodensonderung sei unnötig und verursache nur zusätzliche Kosten.

Die Antragsteller haben den Erlass einer einstweiligen Anordnung, gerichtet auf die vorläufige Aussetzung des Verfahrens, erstrebt. Hiermit blieben sie in erster Instanz erfolglos. Zunächst hat das ursprünglich angerufene Verwaltungsgericht Halle durch Beschluss vom 25. Juli 2003 (5 B 54/03 HAL) den Verwaltungsrechtsweg für unzulässig erklärt und die Sache an das Landgericht Halle verwiesen; sodann hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Halle den Antrag mit Beschluss vom 28.Oktober 2003 als unzulässig zurückgewiesen. Gegen diese, ihrem Bevollmächtigten am 3. oder 4. November 2003 zugestellte Entscheidung wenden sich die Antragsteller mit der am 17. November 2003 beim Oberlandesgericht eingegangenen Beschwerde und beantragen,

den Beschluss des Landgerichts Halle vom 28.Oktober 2003 abzuändern und dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, für die Grundstücke der Gemeinde R. , Ortsteil L. , Flur 1, H. straße 9, 13, 14, 15, 16, 18, 28, 31, 32, 33, 36, 51, 54, 55, 61, 63, D. platz 37, 39, 40, 41 und 43 das Bodensonderungsverfahren vorläufig auszusetzen und festzustellen, dass die Eigentümer der Grundstücke nicht Beteiligte des Bodensonderungsverfahrens sind.

[ B ]

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat im Ergebnis den auf einstweiligen Rechtsschutz gerichteten Antrag der Grundstückseigentümer zutreffend als unzulässig angesehen.

I. Gegen Entscheidungen des Landgerichts im Bodensonderungsverfahren ist die innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Entscheidung beim Oberlandesgericht einzulegende Rechtsbeschwerde statthaft (§ 19 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BoSoG). Dieses Rechtsmittel führen die Antragsteller, weil ihnen eine andere Möglichkeit der Anfechtung nicht zur Verfügung steht. Deshalb müssen sie auch die weitere Zulässigkeitsvoraussetzung, den Beschwerdegegenstandswert von mehr als 5.000 € belegen (§ 19 Abs. 1 Satz 1 BoSoG). Für die Wertberechnung ist auf die Vorschriften der ZPO abzustellen (§§ 19 Abs. 1 Satz 2, 18 Abs. 5 Satz 2 BoSoG analog). Bestimmend ist das Interesse der Antragsteller am einstweiligen Rechtsschutz, wobei die durch mehrere Eigentümer begründete Interessenmehrheit zur Wertaddition führt <subjektive Klagenhäufung>. Hinzu tritt eigentlich der Wert des jeweiligen Feststellungsantrages <objektive Klagenhäufung> (§§ 3, 5 ZPO); diesbezüglich nimmt der Senat allerdings einen additionsausschließenden Fall wirtschaftlicher Identität (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl., § 5 Rdn. 8 m.w.N.) an (vgl. Ziff. II.3.).

Zu dem von ihnen verfolgten Interesse haben die Antragsteller auf einen Hinweis des Senats ergänzend vorgetragen. Danach geht es ihnen um die Abwendung zusätzlicher Kosten pro Grundstück von mehr als 5.000,00 Euro. Betroffen sind 21 Grundstücke, was einer ungefähren Kostenbelastung von 105.000,00 Euro entspricht. Hiervon ist im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur ein Bruchteil wertbestimmend, den der Senat mit 1/4 (= 26.250,00 Euro) ansetzt.

II. Die angefochtene Entscheidung beruht auf keiner Verletzung des Rechts (§ 19 Abs. 1 BoSoG i.V.m. §§ 546, 561 ZPO).

1. Das Landgericht hat sich zunächst mit dem Rechtsschutzziel der Antragsteller auseinander gesetzt.

a) Hierzu hat die Kammer ausgeführt, die Antragsteller würden nach der Antragsschrift die Aussetzung des Bodensonderungsverfahrens und die Feststellung, nicht Verfahrensbeteiligte zu sein, begehren. Gemäß § 12 Satz 1 BoSoG stehe es im Ermessen des Antragsgegners, das Verfahren auszusetzen. Dementsprechend gehe es um eine einstweilige Verpflichtung und Feststellung, womit in der Hauptsache jedenfalls keine Anfechtungsklage zu erheben und eine einstweilige Anordnung grundsätzlich möglich sei.

b) Bereits diese Ansicht des Landgerichts vermag der Senat nicht zu teilen.

Bei der Auslegung prozessualer Erklärungen, insbesondere mit Blick auf den begehrten Rechtsschutz ist das Beschwerdegericht nicht an die Feststellungen des Landgerichts gebunden (Zöller/Gummer, § 546 Rdn. 11). Es kann den Antragstellern nicht um eine Aussetzung nach § 12 Satz 1 BoSoG gehen, weil diese Norm mit ihrem Vorbringen nicht auszufüllen ist. Die Antragsteller machen nicht geltend, eines der in § 12 Satz 1 BoSoG genannten Verfahren sei eingeleitet oder stehe unmittelbar bevor. Sie nehmen vielmehr für sich in Anspruch, selbst darüber entscheiden zu können, welchen Mittels sie sich zur Klärung der Eigentumsverhältnisse an den unvermessenen Hofräumen bedienen. In der Hauptsache greifen sie die grundstücksbezogene Einleitung des Bodensonderungsverfahrens an, was bereits aus dem Feststellungsantrag (hierzu unten Ziff. 3.) deutlich wird. Den in diesem Zusammenhang vorgetragenen Widerspruch, wie er aus der Antragsschrift hervor geht, hat das Landgericht völlig falsch gedeutet. Dieser ist in der Hauptsache bei dem Antragsgegner eingelegt (und möglicherweise schon abschlägig entschieden). Bei der Fertigung der Antragsschrift an das Verwaltungsgericht vom 14. Juli 2003 und des an den Antragsgegner gerichteten Schreibens gleichen Datums <Anlage A 3> ist den Bevollmächtigten der Antragsteller ersichtlich ein Fehler unterlaufen, indem sie die Texte vertauschten. Der Widerspruch war für die Sonderungsbehörde und die Anlage A 3 für das Gericht bestimmt. Unter Berücksichtigung dessen, besteht kein Raum für die Annahme, die Antragsteller wollten die Sonderungsbehörde zur Aussetzung verpflichten. Auch bei der Auslegung von Prozesshandlungen ist nicht allein der Wortlaut entscheidend. Verlangt wird eine interessengerechte Ermittlung des vernünftigerweise Gewollten. Danach ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung darauf gerichtet, das Bodensonderungsverfahren für die Zeit seiner Anfechtung durch die Antragsteller zu stoppen. Dies und nicht § 12 Satz 1 BoSoG ist gemeint. Die Antragsteller wollen nicht im einstweiligen Rechtsschutz die Hauptsache vorwegnehmen, sondern während des Verfahrens über die Hauptsache, nämlich der Anfechtung der Einleitung des Bodensonderungsverfahrens bzw. ihrer Beteiligung hieran bzw. des Umfangs des festgelegten Plangebiets, einstweilen einen Zustand geregelt wissen.

2. Auch mit dem in Ziff. 1. Bst. b) dargestellten Inhalt ist der Antrag auf einstweilige Aussetzung des Bodensonderungsverfahrens unzulässig, weil es an einem Rechtsschutzbedürfnis der Antragsteller fehlt.

a) Das Landgericht gelangt über § 44a Satz 1 VwGO zu diesem Ergebnis. Danach seien selbständige Verfahrenshandlungen nur mit der hierauf ergangenen Sachentscheidung anzufechten, womit auch einstweilige Maßnahmen nach § 123 VwGO ausgeschlossen seien. Soweit sich die Antragsteller auf § 44a Satz 2 VwGO beriefen, begründe allein die Befürchtung, mit Verfahrenskosten belastet zu werden, kein Bedürfnis zur Vorabklärung. Die Kostenentscheidung sei mit der Entscheidung in der Sache anfechtbar. Eine Umdeutung in einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung komme nicht in Betracht, weil ein Bescheid nicht ergangen sei und kein Widerspruchsverfahren stattgefunden habe.

b) Dies ist nicht frei von Rechtsfehlern.

aa) Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Landgerichts, wonach im Falle unzulässiger Anfechtung der behördlichen Verfahrenshandlung nach § 44a Satz 1 VwGO keine diesbezügliche einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO in Betracht kommt (BVerwG, Beschluss vom 21. März 1997, 11 VR 2/97 = NVwZ-RR 1997, 663-664; Verwaltungsgerichtshof München, Beschluss vom 1. Februar 2001, 22 AE 00.40055 = NVwZ-RR 2001, 373-374). Insbesondere der Verfahrenseinleitung fehlt regelmäßig die Regelungswirkung, sodass sie nicht selbständig angefochten werden kann.

bb) Es dürfte viel dafür sprechen, § 44a VwGO bei der Bodensonderung zumindest analog anzuwenden. Die Norm betrifft auch das Widerspruchsverfahren auf das § 18 Abs. 1 Satz 2 BoSoG verweist. Abschließend klären muss der Senat die Frage nicht, weil jedenfalls hier § 44a Satz 1 VwGO, entgegen der Auffassung des Landgerichts, nicht zum Tragen kommt (§ 44a Satz 2 VwGO).

Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen sind zulässig, wenn hieraus vollstreckt werden kann oder wenn sie gegen einen Nichtbeteiligten ergehen. Wenden sich die Antragsteller gegen ihre Hinzuziehung im Bodensonderungsverfahren, sind sie grundsätzlich noch als Nichtbeteiligte zu behandeln (BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2000, 3 C 2/00 = NVwZ 2000, 1179-1181; Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 9. September 1999, 8 UE 656/95 = NVwZ 2000, 828-829). Da sie aber als Planbetroffene die Möglichkeit der Anfechtung des Sonderungsbescheides haben, soll ihnen trotzdem die Rechtsbehelfsmöglichkeit gegen die Verfahrenseinleitung bzw. die Reichweite des Verfahrens nicht eingeräumt sein (BVerwG, Beschluss vom 21. März 1997, 11 VR 2/97 = NVwZ-RR 1997, 663-664; Beschluss vom 29. Juli 1998, 11 VR 5/98 = NVwZ-RR 1999, 208-209). Über den Wortlaut des § 44a Satz 2 VwGO sind aber auch diejenigen Verfahrenshandlungen anzufechten, die selbst über das Verfahren hinausgehende, unmittelbare Rechtswirkungen zu Lasten des Betroffenen entfalten, ohne dass es darauf ankommt, ob sie zwangsweise durchzusetzen sind. Dies trifft namentlich auf Verfahrenshandlungen mit eigenständigen materiell-rechtlichen Folgen oder Eingriffen in materiell-rechtliche Positionen zu, welche nachfolgend mit der Anfechtung der Sachentscheidung nicht mehr zu korrigieren sind. Derartiges geschieht im Falle der Antragsteller im Bodensonderungsverfahren zumindest in zweifacher Hinsicht.

Hat die Sonderungsbehörde von Amts wegen ein Verfahren nach § 1 Nr. 1 BoSoG eingeleitet (§ 6 Abs. 1 Satz 2 BoSoG), bestimmt sie das Gebiet, auf welches sich der zu erarbeitende Sonderungsplan bezieht, nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 6 Abs. 2 Satz 1 BoSoG). Für die Erarbeitung des Entwurfs des Sonderungsplanes (§ 8 Abs. 1 Satz 1 BoSoG) hat die Behörde Ermittlungen zu führen und Unterlagen zusammenzutragen (§§ 8 Abs. 2 Satz 1 u. 2, Abs. 3 Satz 1; 2 Abs. 2 BoSoG). Hierzu ist sie berechtigt, die betroffenen Grundstücke zu betreten (§ 8 Abs. 1 Satz 3 BoSoG i.V.m. § 4 Abs. 1 des Vermessungs- und Katastergesetzes des Landes Sachsen-Anhalt vom 22. Mai 1992). Der Eigentümer wird gestört, ohne dass er sich zur Wehr setzen und das Betreten untersagen kann. Er ist außerdem im Falle der Geltendmachung von Ansprüchen aus § 919 oder 920 BGB der Einrede der Sonderung ausgesetzt. Gleiches gilt für das Betreiben der Feststellung seines Eigentums (§ 16 BoSoG). Beides führt zur unmittelbaren Rechtsbeeinträchtigung, bei der es trotz Anfechtung des Sonderungsbescheides verbleibt. Die Verfahrenseinleitung ist so nicht mehr nur unselbständige Verfahrenshandlung, sondern Verfahrensentscheidung mit Regelungsgehalt.

cc) Nicht unberücksichtigt bleiben darf das Bodensonderungsgesetz selbst. Gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 BoSoG sind nicht nur Sonderungs-, sondern auch sonstige Bescheide mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung anzufechten. Als solche lassen sich die Entscheidungen über außerhalb des Sonderungsbescheides begründete Entschädigungs- und Ausgleichspflichten (§ 15 Abs. 6 BoSoG) sowie möglicherweise die Kostenregelung nach § 17 Satz 3 BoSoG ausmachen. Hierher gehört aber auch der Entschluss, ob und in welchem Umfang ein Bodensonderungsverfahren durchgeführt wird.

Das Bodensonderungsverfahren ist vor allen Dingen durch die Erarbeitung des Sonderungsplans gekennzeichnet. Dessen Umfang richtet sich nach dem von der Behörde festgelegten Plangebiet. Mit der Festlegung des Plangebiets wird darüber bestimmt, welche Grundstücke in die Bodensonderung einbezogen werden, also auch, dass insoweit überhaupt ein Bodensonderungsverfahren stattfindet. Dies kann von Amts wegen geschehen. Gleichwohl ist die Sonderungsbehörde zur pflichtgemäßen Ermessensausübung angehalten (§ 6 Abs. 2 Satz 1 BoSoG). An dieser Stelle wird der Entscheidungscharakter mit Regelungswirkung für die Planbetroffenen vorausgesetzt. Die Festlegung des Plangebietes und die Entschließung, ein Bodensonderungsverfahren für dieses Gebiet durchzuführen sind demnach Bescheide i.S.v. § 18 Abs. 1 Satz 1 BoSoG, die mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung angefochten werden können. Der Hinweis auf das pflichtgemäße Ermessen macht nur Sinn, wenn dieses Ermessen auch in einem Rechtsbehelfs- oder Rechtsmittelverfahren zu überprüfen ist (vgl. zur Ermessensausübung gerade mit Blick auf den Einwand der Antragsteller BGH, Beschluss vom 25. Oktober 1990, III ZR 7/90 - zitiert in Juris).

Dieses Ergebnis wird von der Sachnähe zum Umlegungsverfahren (vgl. hierzu Thöne, in: Eickmann, Sachenrechtsbereinigung, Stand: April 2003, § 18 BoSoG Rdn. 2) und damit zum Verfahren vor den Kammern für Baulandsachen (§§ 217 ff. BauGB) getragen. Gemäß § 217 Abs. 1 Satz 2 BauGB sind Umlegungsbeschlüsse nach § 47 BauGB als Verwaltungsakte ggf. nach einem Verwaltungsvorverfahren (§ 212 BauGB) mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung anfechtbar. Die Rechtsprechung geht einhellig von der gesonderten Überprüfbarkeit des Umlegungsbeschlusses aus (vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 2002, III ZR 212/01 = BauR 2002, 348-350; OLG Nürnberg Senat für Baulandsachen, Urteil vom 6. Juli 2001, 44 U 3207/00 = ZfIR 2002, 307-311). Die Umlegung ist inhaltlich mit der Bodensonderung vergleichbar. Für sie ist der ausdrücklich zu fassende Umlegungsbeschluss zur Verfahrenseinleitung vorgesehen, mit dem auch das Umlegungsgebiet bestimmt wird (§ 47 BauGB). Nichts anderes entscheidet die Sonderungsbehörde, wenn sie sich entschließt, ein Bodensonderungsverfahren durchzuführen. Diese Entscheidung ist nicht als gesonderter Beschluss oder Bescheid geregelt. Sie wird vielmehr unterstellt und gegenüber den Planbetroffenen konkludent zum Ausdruck gebracht, indem die Sonderungsbehörde die Grundstückseigentümer zur Erarbeitung des Sonderungsplanes hinzu zieht.

Dass die Entscheidung der Sonderungsbehörde anders als diejenige der Umlegungsstelle zu behandeln wäre, ist nicht ersichtlich. Vielmehr sprechen die Verfahrensökonomie und die Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) dafür, sie als sonstiger Bescheid i.S.v. § 18 Satz 1 BoSoG zumindest in Analogie zum Umlegungsbeschluss zu behandeln. Besteht von vornherein Streit über die Rechtmäßigkeit der Verfahrenseinleitung oder die Reichweite des Plangebietes, muss dies vor weitergehenden, kostenträchtigen Ermittlungen und Verfahrensabschnitten geklärt werden. Ansonsten würde diese Unklarheit alle weiteren, im Bodensonderungsverfahren zu treffenden Entscheidungen nach §§ 6 Abs. 1 Satz 1; 7 Abs. 1 Satz 1 u. 2; 9 Abs. 1 Satz 1 u. 2; 15 Abs. 5 Satz 3, Abs. 6; 17 BoSoG überlagern und immer wieder Anträge auf gerichtliche Entscheidung mit gegebenenfalls unterschiedlichem Ausgang provozieren. Dies ist keinem der Beteiligten zuzumuten, zumal die Justiz immer wieder die gleiche Vorfrage zu klären hätte. Die Anfechtbarkeit der verfahrenseinleitenden Entscheidungen der Sonderungsbehörde hat in diesem Sinne die befriedende Konsequenz, dass die Planbetroffenheit später nicht mehr in Frage gestellt werden kann (BGH, Beschluss vom 20. Dezember 1990, III ZR 130/89 - zitiert in Juris).

dd) Das Landgericht geht selbstverständlich davon aus, dass § 123 VwGO auch im Bodensonderungsverfahren Anwendung findet. Eine ausdrückliche Verweisung im 4. Abschnitt des Bodensonderungsgesetzes "Rechtsschutz, Verhältnis zu anderen Verfahren" findet sich nicht. Im gerichtlichen Verfahren sind im Wesentlichen die für Klagen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden (§ 18 Abs. 5 BoSoG). Die Verwaltungsgerichtsordnung findet nur in Bezug auf das obligatorische Vorverfahren und damit mit den §§ 68 bis 80b VwGO Erwähnung. Klargestellt ist hierdurch die unmittelbare Geltung der §§ 80 und 80a VwGO, die eine Anwendung von § 123 VwGO gerade ausschließen (§ 123 Abs. 5 VwGO).

c) Den Antragstellern fehlt es trotz Anfechtbarkeit der angegriffenen Verfahrenshandlungen der Sonderungsbehörde (b bb u. cc) am Bedürfnis einstweiligen Rechtsschutzes.

Es besteht kein Anlass, das Verfahren einstweilen auszusetzen, weil sich diese Folge bereits aus dem Rechtsbehelf- bzw. Rechtsmittel in der Hauptsache von selbst ergibt.

Gemäß § 18 Abs. 1 Satz 2 BoSoG i.V.m. § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat der Widerspruch - im Unterschied zum Umlegungsverfahren (vgl. § 212 Abs. 2 Satz 1 BauGB) - aufschiebende Wirkung. Diese Wirkung setzt sich mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§ 18 Abs. 3 Satz 1 BoSoG) und der Beschwerde (§ 19 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 BoSoG) fort.

3. Der Feststellungsantrag, den die Beschwerde wiederum stellt, ist einer einstweiligen Regelung nicht zugänglich. Es handelt sich um einen Antrag zur Hauptsache, für den es bisher am notwendigen Vorverfahren fehlt.

Sollte der Antrag der Eigentümer so auszulegen sein, dass die Feststellung einstweilen begehrt wird, wie es der Senat zur Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstandes getan hat, besteht kein Feststellungsinteresse, da sich diese Rechtsfolge aus der aufschiebenden Wirkung von selbst ergibt und nicht ersichtlich ist, dass hierüber Streit oder Unklarheit bestünde. Überhaupt ist die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses als einstweilige Maßnahme regelmäßig unzulässig, da allein die Feststellung zur Abwendung von Nachteilen ungeeignet ist. Ihr fehlt es an der notwendigen Sicherungs- oder Regelungswirkung.

[ C ]

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 18 Abs. 5 Satz 2 BoSoG analog.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes folgt aus §§ 14 Abs. 1 Satz 1, 19 Abs. 1 Satz 1 u. 3; 12 Abs. 1 Satz 1 GKG, 3, 5 ZPO.

Ende der Entscheidung

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