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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 15.07.2003
Aktenzeichen: 11 Wx 6/03
Rechtsgebiete: GBO, BGB, ZPO, WG LSA, GKG-LSA, BeurkG, KostO


Vorschriften:

GBO § 29
GBO § 29 Abs. 3
GBO § 78
BGB § 129
BGB § 1020 Satz 1
BGB § 1090 Abs. 1
ZPO § 415 Abs. 1
WG LSA § 151 Abs. 1
WG LSA § 157 Abs. 4
WG LSA § 157 Abs. 1 Satz 1
WG LSA § 157 Abs. 1 Satz 3
WG LSA § 157 Abs. 1 Satz 4
GKG-LSA § 7 Satz 1
GKG-LSA § 9 Abs. 1 Satz 1
GKG-LSA § 9 Abs. 1 Satz 2
GKG-LSA § 16 Abs. 1 Satz 1
BeurkG § 63
KostO § 131 Abs. 2, 30 Abs. 1
KostO § 22
Die Bewilligung der Eintragung einer beschränkten, persönlichen Dienstbarkeit (hier eines Schmutzwasserkanalleitungsrechts) obliegt dem Grundstückseigentümer. Sie ist dem Grundbuchamt durch öffentliche oder öffentlich-beglaubigte Urkunde nachzuweisen. Dem genügt ein mit Stempelaufdruck bzw. Siegel sowie Unterschriften des Abwasserzweckverbandes versehener Vertragstext nicht.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

11 Wx 6/03 OLG Naumburg

In der Grundbuchsache

betreffend das Grundbuch des Amtsgerichts Halberstadt von O. Blatt 543

wegen Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit - Schmutzwasserkanalleitungsrecht,

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg am 15. Juli 2003 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am Oberlandesgericht Goerke-Berzau, des Richters am Oberlandesgericht Krause sowie der Richterin am Oberlandesgericht Joost

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 12. Februar 2003 wird zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt 149,50 Euro.

Gründe:

[ A ]

Der Antragsteller hat beim Grundbuchamt die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit zu Lasten des Grundstücks der Gemarkung O. Flur 11 Flurstück 124/49, eingetragen im Grundbuch von O. Blatt 543 beantragt. Hierzu verweist er auf einen "Vertrag über die Einräumung einer Dienstbarkeit" vom 11. Juli 2002 zwischen ihm und den Miterben G. S. und M. U. , im Vertrag als Eigentümer bezeichnet. Unter Ziff. 2. des Vertrages heißt es:

"Der Eigentümer bewilligt und der AVH beantragt die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit mit dem vorgenannten Inhalt zu Lasten des vorstehend aufgeführten Grundeigentums im Grundbuch ...".

Im Rahmen der weiter getroffenen schuldrechtlichen Abreden wurden dem Antragsteller Vollmachten zur Erlangung von Erbnachweisen und vormundschaftsgerichtlicher Genehmigungen (vgl. Ziff. 9 u. 10 des Vertrages) erteilt. Der Vertrag ist vom Geschäftsführer des Antragstellers und den Eigentümern handschriftlich unterzeichnet. Ebenfalls befindet sich ein Stempelaufdruck des Antragstellers neben den Unterschriften.

Den Eintragungsantrag des Antragstellers beanstandete der Rechtspfleger mit Zwischenverfügung vom 05. September 2002, weil nicht klar ersichtlich sei, auf welchen Teil des Grundstücks der zu errichtende Schmutzwasserkanal verlegt werden solle. Hierzu sei eine Flurkarte einzureichen. Die die Flurkarte einschließende Eintragungsbewilligung bedürfe zudem der notariellen Beglaubigung.

Der Antragsteller reichte hiernach eine Flurkarte mit dem Leitungsverlauf zu den Grundakten. Der Rechtspfleger verwies mit Zwischenverfügung vom 14. Oktober 2002 nochmals auf die Zwischenverfügung vom September und verlangte die notarielle Beglaubigung der Erklärungen der Grundstückseigentümer.

Der Antragsteller hat Beschwerde eingelegt. Die 3. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg hat durch Beschluss vom 12. Februar 2003 das gegen die Zwischenverfügungen gerichtete Rechtsmittel zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die weitere Beschwerde.

[ B ]

Die nach § 78 GBO zulässige weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Zwischenverfügungen des Grundbuchamtes sind mit der unbefristeten Beschwerde und die Beschwerdeentscheidung mit der weiteren Beschwerde anfechtbar (§ 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. § 71 Abs. 1, 78 GBO). Wird eine Zwischenverfügung angefochten, beschränkt sich die Nachprüfung durch das Beschwerdegericht auf das vom Grundbuchamt geltend gemachte Eintragungshindernis. Andere, der Eintragung entgegen stehende Umstände können nur wegweisend erörtert werden (BayObLG DNotZ 1986, 497; 1983, 752, 753; KG Rpfleger 1993, 236).

I. Das Landgericht hat ausgeführt, das Grundbuchamt vertrete in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung zu Recht die Auffassung, dass eine Behörde nur die eigenen Willenserklärungen beglaubigen könne. Öffentliche Urkunden könnten nur in eigenen Angelegenheiten errichtet werden, was nicht für fremde Erklärungen gelte, selbst wenn diese kraft erteilter Vollmacht abgegeben würden. Eigene Erklärungen entsprächen nicht den Erklärungen, die vor der Behörde abzugeben seien.

Dem hält die sofortige Beschwerde entgegen, die Bestellung von Grunddienstbarkeiten gehöre zu den öffentlich-rechtlichen Aufgaben eines Abwasserverbandes. Dies gelte insbesondere dann, wenn der Verband in einer von ihm aufgenommenen öffentlichen Urkunde - was der Antragsteller für sich in Anspruch nimmt - zur Erklärung der Eintragungsbewilligung bevollmächtigt sei.

Damit sind Rechtsfehler, auf denen die Entscheidung des Landgerichts beruht, nicht aufgezeigt. Vielmehr erging - wie vom Landgericht zutreffend erkannt - die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes zu Recht.

II. Das Begehren des Antragstellers ist auf eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit i.S.v. § 1090 Abs. 1 BGB gerichtet. Die Dienstbarkeit entsteht durch formfreie Einigung und Eintragung im Grundbuch des benachteiligten Grundstücks (§ 873 Abs. 1 BGB). Eine Eintragung im Grundbuch erfolgt nur dann, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen wird (§ 19 GBO). Dies ist bei der Belastung eines Grundstücks mit einem dinglichen Recht regelmäßig der Grundstückseigentümer als verlierender Teil (Demharter, GBO, 23. Aufl., § 19 Rdn. 44). Die Eintragungsbewilligung wird dem Grundbuchamt durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen (§ 29 Abs. 1 Satz 1 GBO). Ihre Beibringung obliegt im Antragsverfahren (§ 13 Abs. 1 GBO) dem Antragsteller, dem hierzu vom Grundbuchamt zutreffend durch Zwischenverfügung eine Erledigungsfrist gesetzt wurde, weil es bisher an einem ordnungsgemäßen Nachweis der Eintragungsbewilligung fehlt (§ 18 Abs. 1 GBO).

1. Entgegen seiner Auffassung weist der Antragsteller die Eintragungsbewilligung bisher nicht durch eine öffentliche Urkunde nach. Was unter öffentlichen Urkunden zu verstehen ist, folgt auch für den Grundbuchverkehr aus § 415 Abs. 1 ZPO (OLG Zweibrücken Rpfleger 1982, 276, 277; Demharter, § 29 Rdn. 29 m.w.N.; Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, GBO, 5. Aufl., § 29 Rdn. 44). Es handelt sich um von Behörden oder hierfür öffentlich bestellte Personen gefertigte Zeugnisse über privat- oder öffentlich-rechtliche Erklärungen Dritter, über behördliche Erklärungen und Entscheidungen sowie über Wahrnehmungen (Zöller/Geimer, ZPO, 23. Aufl., vor § 415 Rdn. 4). Wird eine Behörde, für die sich der Antragsteller mit Blick auf §§ 151 Abs. 1, 157 Abs. 4, Abs. 1 Satz 1, 3 u. 4 WG LSA i.V.m. §§ 7 Satz 1, 9 Abs. 1 Satz 1 u. 2, 16 Abs. 1 Satz 1 GKG-LSA hält, tätig, muss sie zur Ausstellung der Urkunde sachlich zuständig sein (Demharter, § 29 Rdn. 33). In den Zuständigkeitsbereich einer Behörde fallen regelmäßig rechtsgeschäftliche oder sonstige Erklärungen in ihren eigenen Angelegenheiten, die also ihre Verwaltung und inneren Vorgänge betreffen, mithin von ihren Amtsbefugnissen gedeckt sind (BayObLGZ 1954, 322, 329 f.; Demharter, § 29 Rdn. 34 m.w.N.; Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, § 29 Rdn. 54). Die Bewilligung der Eintragung eines Schmutzwasserkanalleitungsrechts durch den betroffenen Grundstückseigentümer ist in diesem Sinne keine eigene Angelegenheit eines Abwasserzweckverbandes, sondern als fremde Erklärung allein Sache des verlierenden Berechtigten (Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, § 29 Rdn. 55). Lediglich dann, wenn der Antragsteller selbst bewilligungsberechtigt wäre (vgl. BayObLGZ a.a.O.), könnte er eine bewirkende Urkunde nach § 29 Abs. 3 GBO ausstellen (Eigenurkunde, BayObLGZ 1975, 227, 229f.; Demharter, § 29 Rdn. 39). Dies mag man - wie das OLG Celle in der hier viel zitierten Entscheidung (Rpfleger 1984, 61) - selbst im Falle des Handelns einer Behörde als rechtsgeschäftlicher Vertreter des privaten Bewilligungsberechtigten noch annehmen wollen (so auch Demharter, § 29 Rdn. 34; Kuntze/Ertl/Herrmann/Eick-mann, § 29 Rdn. 55; vgl. auch OLG Düsseldorf Rpfleger 1989, 58 für Vollmacht des Notars). Darum geht es hier allerdings nicht, sodass die von der weiteren Beschwerde angegriffene Auseinandersetzung des Landgerichts mit den Gründen des OLG Celle keinerlei Entscheidungsrelevanz besitzt. Nicht der Antragsteller als Bevollmächtigter, sondern der Eigentümer selbst hat die (nicht formgerechte) Eintragungsbewilligung erklärt.

Das Landgericht hat keine ausdrücklichen Feststellungen dazu getroffen, wer die Eintragung bewilligte. Die Ausführungen in den Gründen der angefochtenen Entscheidung könnten darauf hindeuten, dass die Kammer vom Handeln des Antragstellers als Bevollmächtigter ausgegangen ist. Dies wird von der in Bezug genommenen Vertragsurkunde nicht getragen, womit das Landgericht wesentlichen Auslegungsstoff und die heranzuziehenden Auslegungsgrundsätze außer Acht gelassen hat.

Die Eintragungsbewilligung kann auch durch einen Vertreter abgegeben werden. Dies muss nicht ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgen, kann sich vielmehr auch eindeutig aus den Umständen erschließen (Demharter, § 19 Rdn. 7). Es gelten die für Grundbucherklärungen maßgeblichen Auslegungsgrundsätze. Danach darf im Grundbuchverfahren auf die Auslegung nur dann zurückgegriffen werden, wenn diese zu einem zweifelsfreien Ergebnis führt. Es kommt dabei vor allem auf Wortlaut und Sinn der Erklärungen an, wie sie sich für einen unbefangenen Beobachter als nächstliegende Bedeutung ergeben. Das tatsächlich Gewollte ist ohne Belang (Demharter, § 19 Rdn. 28).

Die Auslegung des Vertrages über die Einräumung einer Dienstbarkeit kann der Senat selbst vornehmen, weil weitere Feststellungen hierzu nicht zu erwarten sind. Danach findet sich im Vertrag kein Anhaltspunkt dafür, dass nicht der Eigentümer persönlich, sondern der Antragsteller kraft ihm erteilter Vollmacht die Eintragung des Rechts im Grundbuch bewilligt hat. Unter Ziff. 2. heißt es augenfällig: "Der Eigentümer bewilligt ...". Wer Eigentümer ist und als solcher gehandelt hat, folgt aus dem Eingang des Vertrages. Der Antragsteller ist dort im Gegensatz zum Eigentümer als "AVH" bezeichnet.

Hat nach alledem der Antragsteller keine "eigene" Eintragungsbewilligung abgegeben, kann er durch Unterschrift und Siegel bzw. Stempel lediglich die Bewilligung des Grundstückseigentümers bezeugt haben. Zur Errichtung sog. bezeugender Urkunden ist eine Behörde nur zuständig, wenn und soweit sie dazu ausdrücklich gesetzlich ermächtigt ist (BayObLGZ 1975, 227, 229; Kuntze/Ertl/Herrmann/Eickmann, § 29 Rdn. 57; Demharter, § 29 Rdn. 37; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 12. Aufl., Rdn. 161). Eine solche Ermächtigung der Abwasserzweckverbände gibt es nicht.

Selbst wenn sich ein Vertreterhandeln feststellen ließe, würde sich das vom Grundbuchamt angenommene Eintragungshindernis nur auf die Vollmachtsebene verlagern. Die Vollmacht ist in Form des § 29 GBO nachzuweisen (Demharter, § 19 Rdn. 77; § 29 Rdn. 10).

2. Nicht befasst haben sich das Grundbuchamt und das Landgericht mit der Frage, ob die Eintragungsbewilligung des Eigentümers durch öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen ist. Die Erklärung muss hierzu schriftlich abgefasst und die Unterschrift des Erklärenden von einem Notar beglaubigt sein (§ 129 Abs. 1 Satz 1 BGB; vgl. auch Demharter, § 29 Rdn. 41 ff.). Nach § 63 BeurkG sind die Länder ermächtigt, durch Gesetz die Zuständigkeit für die öffentliche Beglaubigung von Abschriften oder Unterschriften anderen Personen oder Stellen zu übertragen. Davon hat Sachsen-Anhalt keinen Gebrauch gemacht. Die Gemeinden oder anderen Behörden sind hier gerade ausdrücklich nicht befugt, die der öffentlichen Beglaubigung nach § 129 BGB unterfallenden Unterschriften zu beglaubigen (§ 34 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwVfG LSA).

3. Das Grundbuchamt hat noch ein weiteres Eintragungshindernis erkannt, das weder die Beschwerde, das Landgericht noch die weitere Beschwerde aufgreifen. Augenscheinlich ist die Zwischenverfügung in diesem Punkt nicht angegriffen. Der Senat weist jedoch darauf hin, dass die Ausübungsstelle für die Dienstbarkeit nicht immer zum notwendigen Rechtsinhalt gehört, vielmehr von den Parteien der tatsächlichen Ausübung i.S.v. § 1020 Satz 1 BGB überlassen werden kann. Ist die Ausübungsstelle, hier der Kanalverlauf, allerdings von so entscheidender Bedeutung, dass ihn die Parteien geregelt, also in ihre Vereinbarung aufgenommen haben, muss auch die, den Verlauf kennzeichnende Flurkarte, wenn nicht eine wörtliche Beschreibung des Leitungsverlaufs erfolgt, Gegenstand der Eintragungsbewilligung sein (§ 874 BGB; Demharter, § 19 Rdn. 34). Eine dem gerecht werdende Erklärung der Eigentümer ist bisher nicht ersichtlich.

[ C ]

Der Beschwerdewert ergibt sich aus §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1, 22 KostO.

Ende der Entscheidung

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