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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 21.09.2001
Aktenzeichen: 13 W 166/01
Rechtsgebiete: ZPO, RPflG, BRAGO


Vorschriften:

ZPO § 567
ZPO § 577 Abs. 1
ZPO § 577 Abs. 2
ZPO § 104 Abs. 3
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 104 Abs. 1 Satz 1
RPflG § 11 Abs. 1
BRAGO § 26
BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 1
BRAGO § 11 Abs. 1
BRAGO § 32 Abs. 1
1. Bei einer nicht nur fristwahrend eingelegten Berufung sind nur die Gebühren des Prozessbevollmächtigten des Berufungsbeklagten erstattungsfähig, die sich aus seiner Vertretungsanzeige gegenüber dem Berufungsgericht ergeben, wenn eine Berufungsbegründung nicht eingeht.

2. Einen Gegenantrag kann der Prozessbevollmächtigte des Berufungsbeklagten unter dem Gesichtspunkt der Erstattungsfähigkeit erst nach Eingang der Berufungsbegründung ankündigen.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

13 W 166/01 OLG Naumburg

In dem Rechtsstreit

hier: Kostenfestsetzung

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch die Richterin am Oberlandesgericht Goerke-Berzau als Vorsitzende, den Richter am Oberlandesgericht Krause und die Richterin am Landgericht Lachs

am 21. September 2001

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Magdeburg vom 28.12.2000 - 8 O 2501/99 - teilweise abgeändert:

Die auf Grund des Urteils des Landgerichts Magdeburg vom 18.5.2000 und des Beschlusses des Oberlandesgerichts Naumburg vom 16.10.2000 von dem Kläger an den Beklagten zu erstattenden Kosten werden auf 3.143, 40 DM nebst 4% Zinsen auf 2.591,50 DM seit dem 20.9.2000 und auf 551,90 DM seit dem 6.11.2000 festgesetzt. Im Übrigen wird der Antrag des Beklagten auf Kostenfestsetzung abgewiesen.

Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die von dem Beklagten zu tragenden Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens berechnen sich nach einem Wert von 511,90 DM; die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Beschwerdewert: 1.063,80 DM.

Gründe:

Die gemäß §§ 104 Abs. 3, 567, 577 Abs. 1 und 2 ZPO, § 11 Abs. 1 RPflG zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg. Entgegen den Ausführungen im angefochtenen Beschluss sind die dem Beklagten entstandenen Anwaltskosten für das Berufungsverfahren in Höhe einer 13/20 Prozessgebühr sowie der Auslagenpauschale gemäß § 26 BRAGO erstattungsfähig.

Die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten scheitert hier nicht daran, dass die Berufung des Klägers nicht begründet worden ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des bisher für Kostensachen zuständigen 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg (vgl. Beschluss vom 13.07.2000 - 4 W 338/00 -), der sich der Senat angeschlossen hat (vgl. Beschluss vom 12.03.2001 - 13 W 116/01 -), sind bei einem Rechtsmittel die dem Rechtsmittelgegner für die Beauftragung eines Anwalts entstandenen Kosten regelmäßig nur dann nicht erstattungsfähig, da nicht notwendig im Sinne von § 91 Abs. 1 ZPO, wenn das Rechtsmittel erkennbar lediglich fristwahrend eingelegt worden ist und vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist bzw. vor ihrer Begründung zurückgenommen wird. Beide Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Berufung wurde vom Kläger weder erkennbar nur fristwahrend eingelegt, die Berufungsschrift enthält keinen entsprechenden Hinweis, noch wurde sie zurückgenommen. Vielmehr wurde sie als unzulässig verworfen.

Erstattungsfähig sind an Stelle der geltend gemachten 13/10 Prozessgebühr gemäß §§ 31 Abs. 1 Nr. 1, 11 Abs. 1 BRAGO aus dem Wert der Hauptsache aber nur eine 13/20 Prozessgebühr gemäß §§ 31 Abs. 1 Nr. 1, 32 Abs. 1, 11 BRAGO.

Zwar ist für den Prozessbevollmächtigten des Beklagten eine 13/10 Prozessgebühr entstanden, da er mit Schriftsatz vom 26.7.2000, eingegangen am 28.7. 2000, beantragt hat, die Berufung zurückzuweisen. Erstattungsfähig ist aber nur eine 13/20 Prozessgebühr nach den o. g. Vorschriften, da die Ankündigung bzw. Stellung eines Gegenantrags hier mangels Vorliegens einer Berufungsbegründung zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht notwendig war, § 91 Abs. 1 ZPO. Denn wird lediglich Berufung eingelegt, so ist der Berufungsgegner zwar grundsätzlich, abgesehen von dem Fall einer nur fristwahrenden Berufung, berechtigt, sogleich einen Anwalt für die Berufungsinstanz zu beauftragen und diesen seine Vertretung gegenüber dem Berufungsgericht anzeigen zu lassen, um ggf. Rechtsnachteile zu vermeiden. Es besteht aber kein Anlass vor Eingang der Berufungsbegründung und vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist, die hier nach zweifacher Fristverlängerung erst am 28.9.2000 endete, einen Gegenantrag zu stellen. In einem solchen Fall entsteht deshalb grundsätzlich nur ein Anspruch auf Erstattung der halben Prozessgebühr (13/20 Gebühr gemäß §§ 31 Abs. 1 Nr. 1, 32 Abs. 1, 11 Abs. 1 BRAGO). Dies entspricht der inzwischen wohl überwiegenden Meinung (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 22. Auflage, § 91 Rn 13 Stichwort "Berufung" m.w.N.) und der ständigen Rechtsprechung des OLG Naumburg (vgl. OLG Naumburg JurBüro 1997, 484/485, Beschluss des Senats vom 31.01.2001 - 13 W 41/01 -). Zwar betrifft die Rechtsprechung und überwiegende Meinung in erster Linie die Fälle, in denen die Berufung innerhalb der Berufungsbegründungsfrist zurückgenommen worden ist. Der Umstand, dass hier keine Rücknahme der Berufung erfolgte sondern diese durch Beschluss wegen nicht erfolgter Begründung innerhalb der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen worden ist, rechtfertigt jedenfalls im vorliegenden Fall keine andere Beurteilung. Denn für die Frage, ob die entstandenen Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung notwendig i.S. von § 91 Abs. 1 ZPO waren, ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt der kostenauslösenden Maßnahme, also hier der Stellung des Gegenantrages abzustellen (Zöller/Herget, ZPO, 22. Auflage, § 91 Rn 12). Zu dem Zeitpunkt, als der Beklagte seinen Antrag auf Zurückweisung der Berufung gestellt hat, war ein solcher Gegenantrag aus den bereits genannten Gründen aber nicht geboten. Eine Erstattungsfähigkeit könnte sich deshalb nur unter dem Gesichtspunkt ersparter fiktiver Kosten für einen Antrag auf Verwerfung der Berufung ergeben, der ebenfalls die 13/10 Prozessgebühr ausgelöst hätte, § 32 Abs. 1 BRAGO. Ein solcher Antrag wäre aber hier ebenfalls nicht notwendig gewesen. Denn abgesehen davon, dass die Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist von Amts wegen zu berücksichtigen ist, hatte das Oberlandesgericht bereits mit Verfügung vom 29.9.2000 und damit einen Tag nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist die Parteien auf diesen Umstand hingewiesen und die Verwerfung der Berufung angekündigt, falls diese nicht zurückgenommen werden sollte. Angesichts dessen wäre ein entsprechender Sachantrag des Beklagten nicht geboten gewesen. Offenbar hielt der Beklagte bzw. sein Prozessbevollmächtigter auch einen solchen Antrag nicht für erforderlich, da er nicht gestellt worden ist.

Unter Berücksichtigung der 10%-Ermäßigung für Rechtsanwälte in den neuen Bundesländern berechnen sich die erstattungsfähigen Anwaltskosten des Beklagten für das Berufungsverfahren deshalb wie folgt:

13/20 Prozessgebühr aus dem Wert der Hauptsache, 17.550,00 DM 511,90 DM

Pauschale gemäß § 26 BRAGO 40,00 DM 551,90 DM.

Um diesen Betrag waren die bereits für die erste Instanz festgesetzten Kosten von 2.591,50 DM zu erhöhen, mithin auf insgesamt 3.143,40 DM festzusetzen. Der auf die zusätzlichen erstattungsfähigen Kosten entfallende Zinsanspruch ergibt sich aus § 104 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, 1 GKG i.V. mit Nr. 1953 Kostenverzeichnis GKG.

Ende der Entscheidung

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