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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 04.12.2001
Aktenzeichen: 13 W 636/01
Rechtsgebiete: BRAGO, ZPO, GKG


Vorschriften:

BRAGO § 118 Abs. 1 Nr. 1
BRAGO § 118 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1
GKG § 11 Abs. 1
Da die Geschäftsgebühr nicht zu den im Kostenfestsetzungsverfahren erstattungsfähigen Kosten gehört, kann die Erstattung der nicht nach dem Einigungsvertrag gekürzten Rechtsanwaltsgebühren nicht mit der Begründung verlangt werden, dass die Geschäftsgebühr bei der Beauftragung eines anderen Prozessanwalts nicht in der Prozessgebühr aufgegangen wäre.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

13 W 636/01 OLG Naumburg

In dem Rechtsstreit

...

wegen Kostenfestsetzung,

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg am

04. Dezember 2001

unter Mitwirkung der Richterin am Oberlandesgericht Goerke-Berzau, des Richters am Oberlandesgericht Krause sowie der Richterin am Landgericht Lachs

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichts Halle vom 30.10.2001, Geschäftszeichen: 4 O 167/01, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert wird auf 528,00 DM festgesetzt.

Gründe:

Die Parteien haben am 28.08.2001 einen Vergleich geschlossen, wonach die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Die Kosten des Vergleichs wurden gegeneinander aufgehoben. Die Klägerin hat daraufhin im Kostenfestsetzungsverfahren ihre Auslagen u.a. anhand nicht ermäßigter Rechtsanwaltsgebühren und aufgrund von Reisekosten ihres Bevollmächtigten errechnet. Durch Beschluß vom 30.10.2001 hat die Rechtspflegerin die der Klägerin zu erstattenden Kosten auf 1.264,60 DM festgesetzt. Unberücksichtigt blieben 10% der Rechtsanwaltsgebühren sowie die Geschäftsreisekosten. Gegen diese, ihrem Bevollmächtigten am 21.11.2001 zugestellte Entscheidung wendet sich die Klägerin mit der am 26.11.2001 beim Landgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde.

Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die auf Seiten der Klägerin zu berücksichtigenden Kosten richtig bemessen. Die Klägerin kann weder ihre nicht ermäßigten Rechtsanwaltsgebühren noch die Reisekosten ihres Bevollmächtigten von der Beklagten erstattet verlangen (§§ 91 Abs. 2 Satz 1; Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Der Senat vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß durch die unterlegene Partei in der Regel nur die Kosten zu erstatten sind, die im Falle der Beauftragung eines beim Prozeßgericht in den neuen Ländern zugelassenen und ansässigen Rechtsanwalts entstanden wären. Hiervon abzuweichen, bietet der vorliegende Sachverhalt keinen Anlaß. Über die nach den Maßgaben des Einigungsvertrages zur BRAGO in den neuen Ländern (vgl. Anl. I Kap. III Sachgeb. A Abschn. III Nr. 26a) in Verbindung mit § 1 Ermäßigungssatz-Anpassungsverordnung vom 15.06.1996 (BGBl. I S. 604) um 10% ermäßigten Gebühren hinaus handelt es sich um zur Rechtsverfolgung der Klägerin nicht notwendige Kosten, da die Klägerin sogleich einen in Halle ansässigen Rechtsanwalt hätte beauftragen können (Senat OLGR 2001, 280; so auch OLG Brandenburg MDR 2001, 1015, 1016).

Es spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, daß der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin bereits vorprozessual tätig geworden war, die Parteien in Hamburg verhandelten und die Klägerin zur Klageerhebung einen neuen Anwalt in Halle hätten beauftragen müssen, womit die bis dahin entstandene Geschäftsgebühr des Hamburger Rechtsanwalts nicht nach § 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO in der Prozeßgebühr aufgegangen wäre und von der Klägerin zusätzlich hätte aufgebracht werden müssen. Dies mag für die Klägerin neben dem zum Bevollmächtigten bestehenden Vertrauensverhältnis ein Gesichtspunkt gewesen sein, es bei den bisherigen Vertretungsverhältnissen zu belassen. Die hierdurch entstandenen Mehrkosten hat jedoch die andere Prozeßpartei nicht aufzubringen. Die Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO für die vorprozessuale Tätigkeit eines Rechtsanwalts am Sitz der Partei gehört nicht zu den erstattungsfähigen Kosten (OLG Karlsruhe JurBüro 2001, 201 m.w.N.; OLG München JurBüro 2001, 422, 424). Es kommt demnach allein auf das kostensparende Prozessieren an. Dies war allein durch das Befassen eines in Halle ansässigen Rechtsanwalts zu erreichen. Hierdurch wären nur die um 10% ermäßigten Gebühren angefallen. Beauftragt die Klägerin ohne Not einen auswärtigen Rechtsanwalt, muß sie die hierdurch entstandenen Mehrkosten selbst tragen.

Ähnlich verhält es sich mit den begehrten Reisekosten des Prozeßbevollmächtigten zum Termin nach Halle. Ein Erstattungsanspruch für die Reisekosten des bei dem Prozeßgericht nicht zugelassenen und am Sitz des Gerichts auch nicht wohnenden Prozeßbevollmächtigten besteht nur insoweit, als seine Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war (§ 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO). An dieser gesetzlichen Vorgabe hat sich auch nach der am 01.01.2000 eingetretenen Änderung der Postulationsfähigkeit von am Landgericht nicht zugelassenen Rechtsanwälten nichts geändert (OLG Zweibrücken JurBüro 2001, 202; OLG Karlsruhe JurBüro 2001, 201; OLG Hamburg JurBüro 2001, 203; a.A. OLG Düsseldorf JurBüro 2001, 256 f.). Es bleibt daher dabei, daß die Anwaltsreisekosten zum Prozeßgericht grundsätzlich nicht zu erstatten sind (OLG Brandenburg MDR 2001, 1135, 1136; OLG München JurBüro 2001, 422, 423 f.). Die Klägerin kann entstandene Mehrkosten nur in Höhe ersparter eigener und im Rahmen des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO an sich erstattungsfähiger Kosten für eine oder mehrere Informationsreisen nach Halle geltend machen (OLG Brandenburg und München a.a.O.). Aber auch hierfür sieht der Senat keinen Raum, da es der Klägerin möglich und zumutbar war, einen in Halle ansässigen Bevollmächtigten schriftlich oder fernmündlich über die zur Rechtsverfolgung notwendigen Tatsachen zu unterrichten (OLG Koblenz JurBüro 2000, 85; OLG Zweibrücken JurBüro 2001, 202, 203; OLG München JurBüro 2001, 422, 424; OLG Brandenburg a.a.O.).

Bei der Klägerin handelt es sich um eine juristische Person, bei der die Fähigkeit, einen Prozeßbevollmächtigten von einem bestimmten Sachverhalt schriftlich oder fernmündlich zu unterrichten, unterstellt werden kann. Entgegenstehendes zeigt die sofortige Beschwerde nicht auf. Dies konnte vorliegend in zumutbarer Weise geschehen, da die notwendigen Tatsachen überschaubar waren und sich zum Teil aus Unterlagen erschlossen. Auf Rechtskenntnisse im Hause der Klägerin kommt es nicht an. Es obliegt dem Prozeßbevollmächtigten, den übermittelten Sachverhalt einer rechtlichen Würdigung zu unterziehen, und ggf. durch Rückfragen auf eine Ergänzung hinzuwirken.

Abschließend weist der Senat darauf hin, daß er die Auffassung der Beschwerde teilt, daß die vom Landgericht angesetzten 50,00 DM willkürlich erscheinen sowie einer tatsächlichen und vor allem rechtlichen Grundlage entbehren. Dadurch ist die Klägerin allerdings, was sie nicht verkennt, keineswegs beschwert.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1 ZPO; 1, 11 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1953 KV. Der Beschwerdewert entspricht der weiter verfolgten Beschwer der Klägerin.

Ende der Entscheidung

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