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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 05.11.2001
Aktenzeichen: 14 UF 161/01
Rechtsgebiete: FGG, VAGÜ, BGB, ZPO, GKG


Vorschriften:

FGG § 19 Abs. 1
FGG § 20 Abs. 1
FGG § 13 a Abs. 1 Satz 1
VAÜG § 1 Abs. 1
VAÜG § 1 Abs. 4
VAÜG § 1 Abs. 2 Nr. 1
VAÜG § 2 Abs. 1 Satz 2
VAÜG § 1 Abs. 2 Nr. 1 lit. a
VAÜG § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a
VAÜG § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b
BGB § 1587 Abs. 2
BGB § 1587 b Abs. 2
BGB § 1587 a Abs. 2 Nr. 1
BGB § 1587 a Abs. 2 Nr. 2
BGB § 1587 a Abs. 1 Satz 1
BGB § 1587 a Abs. 1 Satz 2
ZPO § 97 Abs. 3
ZPO § 97 Abs. 2
ZPO § 628 Nr. 3
ZPO § 621 e Abs. 1
ZPO § 93 a Abs. 1 Satz 1
ZPO § 621 a Abs. 1 Satz 1
GKG § 17 a Nr. 1
GKG § 25 Abs. 2 Satz 1
GKG § 25 Abs. 2 Satz 2
Erteilt ein Versorgungsträger eine unrichtige Auskunft und hätte er sie unschwer bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt sogleich richtig erteilen können, so sind ihm die Kosten des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

14 UF 161/01 OLG Naumburg

In der Familiensache

hat der 14. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Deppe-Hilgenberg, die Richterin am Oberlandesgericht Hahn und den Richter am Landgericht Materlik am

5. November 2001

beschlossen:

Tenor:

I. Auf die Beschwerde des Regierungspräsidiums M. wird das Beschluss des Amtsgerichts, Familiengerichts, Wittenberg vom 30. August 2001, Az.: 4 F 210/98, aufgehoben und der Versorgungsausgleich wie folgt geregelt:

1. Zu Lasten der Beamtenversorgung der Antragsgegnerin beim Land Sachsen-Anhalt, Regierungspräsidium Magdeburg, Az.: 14.2.11-03718-116/1998, werden, bezogen auf den 31. Mai 1998 als Ende der Ehezeit, angleichungsdynamische Anwartschaften in Höhe von 165,49 DM auf dem Rentenversicherungskonto des Antragstellers bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Vers.-Nr.: ... , begründet.

2. Der Monatsbetrag der zu begründenden Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte (0st) umzurechnen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Regierungspräsidium M. zur Last.

Im Übrigen werden die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben und außergerichtliche Kosten der Beteiligten nicht erstattet.

III. Der Streitwert für das abgetrennte Verfahren über den Versorgungsausgleich in erster und zweiter Instanz wird auf 1.985,88 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Durch Urteil des Amtsgerichts Wittenberg vom 20. Oktober 1998 (Bl. 17 - 18 d.A.), rechtskräftig seit dem 15. Dezember 1998, wurde die Ehe der Parteien geschieden und zugleich der Versorgungsausgleich gemäß § 628 Nr. 3 ZPO abgetrennt.

Mit Beschluss vom 30. August 2001 (Bl. 33 a - 34 a UA-VA) hat das Amtsgericht, ausgehend von den Auskünften der Versorgungsträger, wonach während der Ehezeit (1.8.1988 bis 31.5.1998 gemäß § 1587 Abs. 2 BGB) der Ehemann (Antragsteller) angleichungsdynamische Rentenanwartschaften in Höhe von 534,85 DM bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) und die Ehefrau (Antragsgegnerin) sowohl angleichungsdynamische Rentenanwartschaften, ebenfalls bei der BfA, in Höhe von 369,01 DM als auch - angeblich - nichtangleichungsdynamische Versorgungsanwartschaften in Höhe von 496,82 DM gegenüber dem Land Sachsen-Anhalt (Bl. 23 a UA-VA) erworben habe, die Entscheidung über den Versorgungsausgleich gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 VAÜG ausgesetzt.

Die Voraussetzungen für eine Durchführung des Versorgungsausgleichs lägen nicht vor, so die Begründung, weil, entgegen den Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b VAÜG, der Ehegatte mit den werthöheren angleichungsdynamischen Anrechten nicht zugleich auch, wie gesetzlich vonnöten, die werthöheren nichtangleichungsdynamischen Anrechte erworben habe.

Gegen die Aussetzung des Versorgungsausgleichs richtet sich die Beschwerde des Regierungspräsidiums M. vom 19. September 2001 (Bl. 40/41 UA-VA), das meint, der Versorgungsausgleich sei durchzuführen und gemäß § 1587 b Abs. 2 BGB durch Quasi-Splitting zu regeln; denn entgegen der zuvor am 27. August 2001 vom Regierungspräsidium erteilten Auskunft handele es sich bei der beamtenrechtlichen Versorgungsanwartschaft der Antragsgegnerin um eine angleichungsdynamische Anwartschaft.

II.

Das Rechtsmittel ist gemäß § 621 a Abs. 1 Satz 1 in Verb. mit § 19 Abs. 1 FGG als einfache Beschwerde statthaft, da eine notwendige Endentscheidung über den Versorgungsausgleich als Familiensache, deren es für die Anwendbarkeit des § 621 e Abs. 1 ZPO und damit für die Statthaftigkeit einer befristeten Beschwerde bedurft hätte, mit dem Aussetzungsbeschluss des Amtsgerichts als rein dilatorischer Zwischenentscheidung nicht vorliegt. Die auch sonst zulässige Beschwerde des gemäß § 20 Abs. 1 FGG beschwerdeberechtigten Regierungspräsidiums M. als Versorgungsträgers hat in der Sache Erfolg.

Der gemäß § 1 Abs. 1 VAÜG den besonderen Vorschriften des Versorgungsausgleichs-Überleitungsgesetzes (VAÜG) unterliegende Versorgungsausgleich - die Ehezeit ist vor der noch nicht eingetretenen Einkommensangleichung im Sinne des § 1 Abs. 4 VAÜG zu Ende gegangen, und beide Ehegatten haben angleichungsdynamische Anrechte gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 VAÜG erworben - ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a VAÜG vor der Einkommensangleichung durchzuführen, weil nunmehr, nach der korrigierten Auskunft des Beschwerdeführers, davon auszugehen ist, dass nur angleichungsdynamische Anrechte beider Ehegatten zu berücksichtigen sind.

Ausgleichspflichtig gemäß § 1587 a Abs. 1 Satz 1 BGB - nach der Bilanz der in der Ehezeit vom 1. August 1988 bis zum 31. Mai 1998 gemäß § 1587 Abs. 2 BGB erworbenen Versorgungsanwartschaften der Parteien, deren Bewertung den Vorschriften des § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB in Verb. mit § 1 Abs. 2 Nr. 1 lit. a VAÜG entspricht - ist die Ehefrau mit den insgesamt werthöheren Versorgungsanrechten der Parteien, und zwar gemäß § 1587 a Abs. 1 Satz 2 BGB in Höhe der wie folgt ermittelten Hälfte der Wertdifferenz von 165,49 DM:

a) Ehefrau

1) Rentenanwartschaften Ost 369,01 DM 2) Versorgungsanwartschaften Ost 496,82 DM Summe der Anwartschaften 865,83 DM 865,83 DM

b) Ehemann

Rentenanwartschaften Ost - 534,85 DM

Wertunterschied der Anwartschaften (a - b) 330,98 DM Hälfte des Wertunterschiedes (330,98 DM : 2 =) 165,49 DM

In Höhe der Hälfte des Wertunterschiedes waren gemäß § 1587 b Abs. 2 BGB (in Verb. mit § 1 Abs. 2 Nr. 1 VAÜG) zu Lasten der Beamtenversorgung der Ehefrau Rentenanwartschaften auf dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte zu begründen.

Die Anordnung, den Monatsbetrag der begründeten Rentenanwartschaften in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen, folgt - im Hinblick auf die Regelung der §§ 76, 264 a SGB VI - aus § 3 Abs. 1 Nr. 5 VAÜG.

III.

Die zweitinstanzliche Kostenentscheidung zu Lasten des mit seinem Rechtsmittel erfolgreichen Regierungspräsidiums M. findet, über § 97 Abs. 3 ZPO, ihre Grundlage in einer entsprechenden Anwendung des § 97 Abs. 2 ZPO (vgl. Kuntze, in: Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 14. Aufl., § 64 Rdnr. 131 m. w. N.).

Denn erst die nach dem Erlass des angefochtenen Beschlusses korrigierte Auskunft des Beschwerdeführers hat die Durchführung des Versorgungsausgleichs ermöglicht und hätte bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt unschwer sogleich erteilt werden können. Eines Rechtsmittels hätte es daher nicht bedurft.

Die Kostenentscheidung beruht im Übrigen, in Bezug auf die erste Instanz, einerseits, hinsichtlich der Parteien, auf § 93 a Abs. 1 Satz 1 ZPO und andererseits, für die am Verfahren beteiligten Versorgungsträger, auf der Regelung des § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG, die über § 621 a Abs. 1 Satz 1 ZPO Anwendung findet.

Der Streit- und Beschwerdewert ist von Amts wegen nach dem Jahresbetrag der begründeten Rentenanwartschaften festgesetzt worden, § 17 a Nr. 1 GKG in Verb. mit § 14 Abs. 1, 2 und § 25 Abs. 2 Satz 1 und 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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