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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 15.04.2005
Aktenzeichen: 14 UF 167/04
Rechtsgebiete: VAÜG, ZPO, EGZPO, FGG, BGB


Vorschriften:

VAÜG § 1 Abs. 3
VAÜG § 1 Abs. 4
VAÜG § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
VAÜG § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
VAÜG § 2 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 187 Satz 2 a. F.
ZPO § 189
ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 511 a a. F.
ZPO § 516 a. F.
ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 6
ZPO § 621 a Abs. 1 Satz 1
ZPO § 629 a Abs. 2 Satz 1
ZPO § 621 e Abs. 1
ZPO § 621 e Abs. 3 Satz 2 a. F.
ZPO § 629 a Abs. 3
EGZPO § 26 Nr. 5
EGZPO § 26 Nr. 10
FGG § 20 Abs. 1
BGB § 1587 Abs. 2
BGB § 1587 a Abs. 2 Nr. 1
Wird der Versorgungsausgleich ausgesetzt, verbleibt es dennoch bei der erstinstanzlichen Kostenentscheidung (stg. Rspr. des 14. Senates, vgl. 14 UF 72/04; a. A. der 8. Senat vgl. NJ 2000, 495).
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

14 UF 167/04 OLG Naumburg

In der Familiensache

hat der 14. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Deppe-Hilgenberg, den Richter am Oberlandesgericht Materlik und den Richter am Landgericht Kawa

am 15. April 2005

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die befristete Beschwerde der Oberfinanzdirektion Magdeburg wird das Urteil des Amtsgerichtes - Familiengerichts - Magdeburg vom 13. Oktober 2000, Az.: 21 F 1112/99, hinsichtlich Ziffer 2 der Entscheidungsformel aufgehoben und das Verfahren zum Versorgungsausgleich ausgesetzt.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Durch Urteil vom 13. Oktober 2000 (Bl. 17 - 19 d. A.) hat das Amtsgericht Magdeburg die Ehe der Parteien geschieden und in Entgeltpunkte umzurechnende Rentenanwartschaften in Höhe von 125,16 DM auf dem Versicherungskonto des Ehemannes (Antragsgegners) bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) zu Lasten der Beamtenversorgung der Ehefrau (Antragstellerin) begründet.

Am 29. September 2004 (Bl. 43 UA-VA) hat die Oberfinanzdirektion Magdeburg als Versorgungsträger der Ehefrau gegen die ihr nicht zugestellte Entscheidung zum Versorgungsausgleich wegen der ihres Erachtens unzutreffend angeordneten Umrechnung in Entgeltpunkte statt Entgeltpunkte (Ost) Beschwerde erhoben und zwischenzeitlich am 20. Januar dieses Jahres (Bl. 68 - 72 UA-VA) für die Ehefrau eine neue Auskunft erteilt ebenso wie bereits zuvor am 25. November 2004 (Bl. 58 - 65 UA-VA) die BfA für den Ehemann.

II.

Die befristete Beschwerde ist gleichermaßen zulässig (1) wie begründet (2). Die danach gebotene Aussetzung des Versorgungsausgleichs gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 VAÜG bleibt ohne Einfluss auf die in erster Instanz korrekt ergangene Kostenentscheidung (3).

1. Die gemäß § 629 a Abs. 2 Satz 1 in Verb. mit den §§ 621 e Abs. 1, 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO statthafte befristete Beschwerde der Oberfinanzdirektion Magdeburg ist zulässig.

a) Die Beschwerde ist fristgerecht eingelegt worden.

Nach § 516 ZPO a. F. in Verb. mit § 621 e Abs. 3 Satz 2 ZPO a. F. - welche Vorschriften über § 26 Nr. 5 und 10 EGZPO hinsichtlich des angefochtenen Urteils vom 13. Oktober 2000 nach wie vor Anwendung finden - beginnt die gesetzlich als Notfrist bezeichnete einmonatige Rechtsmittelfrist für die sog. befristete Beschwerde grundsätzlich mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Mangels Zustellung der angefochtenen Entscheidung an die bereits seinerzeit am Verfahren beteiligte Oberfinanzdirektion Magdeburg kann allerdings für diese - ohne Auswirkung auf die Rechtskraft des Scheidungsausspruchs für die Parteien, § 629 a Abs. 3 ZPO ist insoweit methodisch in einzig sachgerechter Weise teleologisch zu reduzieren (s. dazu grundlegend Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl., Kapitel 5, 2 c, S. 391 ff.) - die absolute Fünf-Monats-Frist im vorliegenden Fall bei der ohnehin nur entsprechenden Anwendung des § 516 ZPO a. F. über § 621 e Abs. 3 Satz 2 ZPO a. F. keine Geltung entfalten (im Ergebnis ebenso: BGH, FamRZ 1988, 827; OLG Naumburg, FamRZ 2001, 1542; OLG Stuttgart, FamRZ 2001, 549; a. A.: Philippi, in: Zöller, ZPO, 23. Aufl., 2002, § 621 e Rdnr. 43 m. w. N. zum Meinungsstand). Eine Zustellung an die am Verfahren beteiligte Oberfinanzdirektion Magdeburg hat bis dato nicht stattgefunden, sodass die Notfrist für die befristete Beschwerde auch insoweit nicht zu laufen begonnen hat. Bei einer Notfrist kann nach § 187 Satz 2 ZPO a. F. - im Gegensatz zu dem gemäß Art. 4 Zustellungsreformgesetz vom 25. Juni 2001 (BGBl. I, S. 1206, 1213) im vorliegenden Fall noch nicht Anwendung findenden § 189 ZPO - die Zustellung auch nicht in dem Zeitpunkt als bewirkt angesehen werden, in dem das Schriftstück bzw. die Entscheidung dem Beteiligten letztlich zugegangen ist.

b) Die Oberfinanzdirektion Magdeburg ist auch zur Beschwerde befugt.

Auf eine - hier fragliche - Mindestbeschwer kommt es, im Gegensatz zur Berufung, bei der befristeten Beschwerde nicht an, wie schon aus der fehlenden Bezugnahme auf § 511 a ZPO a. F. in § 621 e Abs. 3 Satz 2 ZPO a. F. - ebenso § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO in Verb. mit § 621 e Abs. 3 Satz 2 ZPO nach neuem Recht - erhellt (vgl.: OLG Bamberg, FamRZ 1998, 305; Philippi, in: Zöller, ZPO, 22. Aufl., 2001, § 621 e Rdnr. 16; a. A. in Bezug auf das Rechtsschutzbedürfnis minimaler Korrekturen erstrebender Beschwerden: OLG München, FamRZ 1982, 187, und OLG Dresden, FamRZ 1996, 742). Die Beschwerdebefugnis ist auch unabhängig von einer finanziellen Mehrbelastung des Beschwerde führenden Versorgungsträgers (BGH, NJW 1981, 1274).

Die Oberfinanzdirektion Magdeburg ist vielmehr allein auf Grund des nach ihrem Vortrag gesetzeswidrig durchgeführten Versorgungsausgleichs in ihrem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Recht auf Gewährleistung einer gesetzeskonformen Verwaltung beeinträchtigt (s. dazu beispielhaft: Sedemund-Treiber, in: Johannsen/Henrich, Eherecht, 4. Aufl., 2003, § 621 e ZPO Rdnr. 9 m. w. N. nam. aus der Rechtsprechung) und damit gemäß § 20 Abs. 1 FGG, welche Regelung über § 621 a Abs. 1 Satz 1 ZPO Anwendung findet, zur Beschwerde berechtigt.

2. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache insoweit Erfolg, als eine Aussetzung der angefochtenen Entscheidung zum Versorgungsausgleich kraft Gesetzes geboten ist.

Der Versorgungsausgleich hätte nach Maßgabe des Versorgungsausgleichs-Überleitungsgesetzes (VAÜG) nicht durchgeführt werden dürfen, sondern, wie nunmehr aufgrund der Beschwerde geschehen, nach § 2 Abs. 1 Satz 2 VAÜG ausgesetzt werden müssen. Denn die in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 VAÜG geregelten Voraussetzungen für eine Durchführung des Versorgungsausgleichs vor der so genannten Einkommensangleichung im Sinne des § 1 Abs. 4 VAÜG - auf die es ob des Erwerbs angleichungsdynamischer Rentenanwartschaften seitens des Ehemannes während der gemäß § 1587 Abs. 2 BGB bestimmten Ehezeit vom 1. Juni 1992 bis zum 31. August 1999 (Bl. 6/7 d. A.) ankommt - sind nicht gegeben.

Der Versorgungsausgleich hätte gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VAÜG nur durchgeführt werden können, wenn, was der Fall ist, die Ehegatten in der Ehezeit keine angleichungsdynamischen Anrechte minderer Art im Sinne des § 1 Abs. 3 VAÜG erworben haben und, was beides offenkundig nicht der Fall ist, entweder nur angleichungsdynamische Anrechte zu berücksichtigen sind (lit. a) oder der Ehegatte mit den werthöheren angleichungsdynamischen Anrechten - das ist hier der Ehemann mit Anrechten (Ost) in Höhe von 56,96 Euro monatlich (Bl. 40 58-VA), da die Ehefrau nach der neuen Auskunft der Beschwerdeführerin (Bl. 68 UA-VA) keine derartigen Rechte erworben hat - auch die werthöheren nichtangleichungsdynamischen Anrechte erworben hätte (lit. b), die hier allerdings der Ehefrau zustehen. Denn sie allein verfügt über entsprechende Anrechte aus der Beamtenversorgung gemäß § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 BGB in Höhe von 197,97 Euro monatlich (Bl. 68 UA-VA).

Da mangels Rentenbezugs einer der beiden Parteien auch nicht, wie für eine vorzeitige Durchführung des Versorgungsausgleichs nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VAÜG geboten, aus einem im Versorgungsausgleich zu berücksichtigenden Anrecht aufgrund des Versorgungsausgleichs Leistungen zu erbringen oder zu kürzen wären, war gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 VAÜG der Versorgungsausgleich auszusetzen.

3. Ungeachtet der Aussetzung des Versorgungsausgleichs hat es sein Bewenden mit der zutreffend gemäß § 93 a Abs. 1 Satz 1 ZPO getroffenen Kostenentscheidung im Scheidungsverbundurteil (ständige Rechtsprechung des Senats; eingehend dazu nam. Beschluss v. 11.06.04, Az.: 14 UF 72/04, betr. AG Magdeburg, Az.: 222 F 3/03).

III.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren konnten wegen der unrichtigen Sachbehandlung in erster Instanz gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG a. F. bzw. § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG n. F. nicht erhoben werden.

Die Entscheidung zu den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht einerseits, hinsichtlich der Parteien, auf einer entsprechenden Anwendung des § 93 a Abs. 1 Satz 1 ZPO und andererseits, bezüglich der am Verfahren beteiligten Versorgungsträger, auf der Regelung des § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG in Verb. mit § 621 a Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 621 e Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO fehlt es an den gesetzlich definierten Voraussetzungen.

Ende der Entscheidung

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