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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 16.08.2001
Aktenzeichen: 14 UF 46/01
Rechtsgebiete: VAHRG, BGB, ZPO, FGG, VAÜG, SGB VI, RÜG,


Vorschriften:

VAHRG § 1 Abs. 3
VAHRG § 1 Abs. 2
VAHRG § 3 b Abs. 1 Nr. 1
VAHRG § 3 b
BGB § 1587 b Abs. 1
BGB § 1587 b Abs. 2
BGB § 1587 a Abs. 2 Nr. 5 lit. A
BGB § 1587 Abs. 3 Nr. 1
BGB § 1587 b Abs. 4
BGB § 1587 b Abs. 1 Satz 2
BGB § 1587 c Nr. 1
BGB § 1587 b Abs. 6
ZPO § 629 a Abs. 2 Satz 1
ZPO § 621 e Abs. 1 c
ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 6
ZPO § 511 a
ZPO § 621 e Abs. 3 Satz 2
ZPO § 621 a Abs. 1 Satz 1
ZPO § 97 Abs. 1 u. 3
FGG § 20 Abs. 1
FGG § 13 a Abs. 1 Satz 2
VAÜG § 1 Abs. 1
VAÜG § 1 Abs. 2 Nr. 1
VAÜG § 1 Abs. 4
VAÜG § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. B
VAÜG § 3 Abs. 1 Nr. 4 u. 5
VAÜG § 4 Abs. 1 Nr. 1
SGB VI § 264 a
SGB VI § 76
RÜG § 3
GKG § 17 a Nr. 1
GKG § 14 Abs. 1
GKG § 2
GKG § 25 Abs. 2 Satz 1
Lässt die Satzung eines öffentlich-rechtlichen Versorgungsträgers die Realteilung (§ 1 Abs. 2 VAHRG) nur zu, wenn eine Mindestrente erreicht ist, so ist bei Nichterreichen des Betrages der Ausgleich nach § 1 Abs. 3 VAHRG durchzuführen.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS 14 UF 46/01 OLG Naumburg

In dem Familienrechtsstreit

...

hat der 14. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Deppe-Hilgenberg, den Richter am Oberlandesgericht Wiedenlübbert und den Richter am Landgericht Materlik am

16. August 2001

beschlossen:

Tenor:

1. Die befristete Beschwerde der L. gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich im Urteil des Amtsgerichtes - Familiengerichts - Dessau vom 12. Februar 2001, Az.: F 566/99, wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Streitwert von 1.000,00 DM fallen der L. zur Last.

Gründe:

I.

Durch Urteil vom 12. Februar 2001 (Bl. 41 - 45 d.A.) hat das Amtsgericht Dessau die Ehe der Parteien geschieden und zugleich den Versorgungsausgleich zugunsten des Ehemannes (Antragsgegners) zweistufig dergestalt geregelt, dass, jeweils bezogen auf den 31. Januar 2000 als Ende der Ehezeit, zum einen mittels Splittings gemäß § 1587 b Abs. 1 BGB (in Verb. mit § 1 Abs. 2 Nr. 1 VAÜG) von dem Versicherungskonto der Ehefrau (Antragstellerin) bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) auf das ebenfalls dort unterhaltene Versicherungskonto des Ehemannes angleichungsdynamische Rentenanwartschaften in Höhe von 83,40 DM monatlich übertragen wurden und zum anderen im Wege des analogen Quasi-Splittings gemäß § 1 Abs. 3 VAHRG zu Lasten der bei der L. bestehenden Lebensversicherung der Ehefrau auf dem Rentenversicherungskonto des Ehemannes bei der BfA eine nichtangleichungsdynamische Rentenanwartschaft von monatlich 0,22 DM begründet wurde.

Gegen diese Entscheidung zum Versorgungsausgleich richtet sich, in formeller Hinsicht bedenkenfrei, die Beschwerde der L. (Bl. 90 - 91 UA-VA), die meint, der sie betreffende Teil des Versorgungsausgleichs hätte im vorliegenden Fall zunächst im Wege der Realteilung gemäß § 1 Abs. 2 VAHRG erfolgen müssen. Falls dies allerdings wegen des unterhalb der geschäftsplanmäßigen Mindestrente liegenden Ausgleichsbetrages nicht möglich sei, müsse Unwirtschaftlichkeit angenommen werden und der Versorgungsausgleich im Wege des erweiterten Splittings oder in anderer Weise erfolgen.

II.

Die befristete Beschwerde ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

1. Die gemäß den §§ 629 a Abs. 2 Satz 1, 621 e Abs. 1 ZPO in Verb. mit § 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO statthafte befristete Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist auch im Übrigen zulässig.

Auf eine Mindestbeschwer kommt es nicht an, wie schon aus der fehlenden Bezugnahme auf § 511 a ZPO in § 621 e Abs. 3 Satz 2 ZPO erhellt (vgl. OLG Bamberg, FamRZ 1998, 305, Philippi, in: Zöller, ZPO, 22. Aufl., 2001, § 621 e Rdnr. 16; a. A. in Bezug auf das Rechtsschutzbedürfnis minimaler Korrekturen erstrebender Beschwerden OLG München, FamRZ 1982, 187, und OLG Dresden, FamRZ 1996, 742). Die Beschwerdebefugnis ist auch unabhängig von einer finanziellen Mehrbelastung der Beschwerde führenden Versicherung (BGH, NJW 1981, 1274).

Die L. (L. ) ist vielmehr allein auf Grund des nach ihrem Vortrag gesetzeswidrig durchgeführten Versorgungsausgleichs in ihrem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Recht auf Gewährleistung einer gesetzeskonformen Verwaltung beeinträchtigt (s. dazu beispielhaft: Sedemund-Treiber, in: Johannsen/Henrich, Eherecht, 3. Aufl. 1998, § 621 e ZPO Rdnr. 9 m. w. N. nam. aus der Rechtsprechung) und damit gemäß § 20 Abs. 1 FGG, welche Regelung über § 621 a Abs. 1 Satz 1 ZPO Anwendung findet, zur Beschwerde berechtigt.

2. Das Rechtsmittel bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

Zu einer Korrektur des statthafterweise vor der Einkommensangleichung nach grundlegender Maßgabe des § 1 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 VAÜG in Verb. mit § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b, § 3 Abs. 1 Nr. 4 und 5 VAÜG vom Amtsgericht zweigleisig, d. h. getrennt für angleichungsdynamische und andere Anrechte durchgeführten Versorgungsausgleichs besteht kein Anlass.

Namentlich die Durchführung des die Beschwerdeführerin betreffenden Teils des Versorgungsausgleichs für andere Anrechte der Parteien im Wege des analogen Quasi-Splittings gemäß § 1 Abs. 3 VAHRG in Verb. mit einer sinngemäßen Anwendung des § 1587 b Abs. 2 BGB begegnet - ebenso wie die nicht in Frage stehende Bewertung der beiderseitigen Rentenanwartschaften der Parteien auf Grund eines jeweils bei der Beschwerdeführerin abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrages gemäß § 1587 a Abs. 2 Nr. 5 lit. a, Abs. 3 Nr. 1 BGB - keinen durchgreifenden Bedenken.

Die an sich als Ausgleichsform vorrangige Realteilung nach § 1 Abs. 2 VAHRG kommt ungeachtet der entsprechenden Möglichkeit nach § 20 der Allgemeinen Bedingungen für die Rentenversicherung der L. im Scheidungsfall (Bl. 58 UA-VA) hier nicht zum Tragen, da insoweit - bei einem zutreffend zugunsten des Ehemannes ermittelten Ausgleichsbetrag von 0,22 DM (Bl. 82 UA-VA) unter Zugrundelegung fiktiv ermittelter Regelaltersrenten der Parteien in der gesetzlichen Rentenversicherung für das jeweils erreichte Deckungskapital in der Lebensversicherung (Bl. 18/22 UA-VA) - die laut Auskunft der L. (Bl. 84 UA-VA) geschäftsplanmäßig vorgesehene Mindestrente von 100,-- DM nicht erreicht wird.

Eine Realteilung scheidet demnach in concreto aus. Der sodann gemäß § 1 Abs. 3 VAHRG gesetzlich vorgeschriebene Versorgungsausgleich in Form des analogen Quasi-Splittings setzt lediglich voraus, dass sich das auszugleichende Anrecht gegen einen öffentlich-rechtlichen Versorgungsträger richtet, in welchem Falle die Vorschriften über den Ausgleich von Anrechten aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis - und damit die vom Amtsgericht vorgenommene Begründung von Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 1587 b Abs. 2 BGB - sinngemäß Anwendung finden.

Das auszugleichende Anrecht der Antragstellerin aus der privatrechtlichen Lebensversicherung auf Rentenbasis richtet sich gegen die Beschwerde führende L. als einen öffentlich-rechtlichen, da öffentlich-rechtlich organisierten Versorgungsträger. Bereits damit ist § 1 Abs. 3 VAHRG anwendbar. Auf eine öffentlich-rechtliche Eigenschaft des Anrechts kommt es, im Gegensatz zur direkten Anwendung des Quasi-Splittings nach § 1587 b Abs. 2 BGB, gerade nicht an (vgl.: BGH, NJW 1985, 2708, 2710, NJW-RR 1987, 66; Sedemund-Treiber, in: Johannsen/Henrich, Eherecht, 3. Aufl. 1998, § 1 VAHRG, Rdnr. 24/25; Gräper, in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd. 7, 4. Aufl. 2000, § 1 VAHRG, Rdnr. 69; BT-Drs. 9/2296, S. 12). Allein der privatrechtliche Charakter des auszugleichenden Anrechts aus der Lebensversicherung auf Rentenbasis schließt mithin entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin das analoge Quasi-Splitting nicht aus.

Der Versorgungsausgleich in dieser Form ist trotz der geringfügigen Höhe des auszugleichenden Betrages von 0,22 DM nach den Umständen des Falles auch nicht unwirtschaftlich im Sinne des § 1587 b Abs. 4 BGB, der auch im Falle des § 1 Abs. 3 VAHRG gilt (Brudermüller, in: Palandt, BGB, 60. Aufl., 2001, § 1587 b Rdnr. 38 m. w. N.).

Denn der Antragsgegner verfügt bereits über Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung und erhält infolge des Versorgungsausgleichs noch weitere angleichungsdynamische Anwartschaften. Für eine anderweitige Regelung des Versorgungsausgleichs analog § 1587 b Abs. 4 BGB infolge Unwirtschaftlichkeit, die sich auch nicht aus dem hohen und relativ unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand im vorliegenden Fall zu ergeben vermag (vgl. Hahne, in: Johannsen/Henrich, Eherecht, a.a.O., § 1587 b BGB, Rdnr. 46), besteht daher keine Veranlassung, zumal ein, jenseits des einschränkenden Verweises in § 1587 b Abs. 4, letzter Halbsatz BGB auf § 1587 o Abs. 1 Satz 2 BGB, alternativ zu erwägendes Super-Splitting gemäß § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG mangels vergleichbarer Dynamik der in Betracht kommenden Anrechte nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 VAÜG in jedem Fall ausscheidet.

Für einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs im ökonomischen Bagatellbereich wegen grober Unbilligkeit nach § 1587 c Nr. 1 BGB ist in Anbetracht der vorrangigen Regelung des § 1587 b Abs. 4 BGB oder des § 3 b VAHRG kein Raum (so, jeweils m. w. N., auch zur Gegenansicht: Hahne, in: Johannsen/Henrich, Eherecht, a.a.O., § 1587 c BGB, Rdnr. 14; Brudermüller, a.a.O., § 1587 c Rdnr. 20).

3. Der Richtigstellung halber sei noch angemerkt, dass sich die - im Hinblick auf § 264 a und § 76 SGB VI ausgesprochene -Anordnung des Amtsgerichts, den Monatsbetrag der übertragenen angleichungsdynamischen Anrechte in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen, nicht, wie fälschlich im Urteil (S. 4 u. = Bl. 44 d.A.) angegeben, aus § 3 RÜG ergibt.

Vielmehr ist, ausgehend von § 1 Abs. 1 VAÜG, die Regelung des § 3 Abs. 1 Nr. 5 VAÜG als lex specialis zu § 1587 b Abs. 6 BGB einschlägig.

III.

Die Kostenentscheidung zu Lasten der mit ihrer Beschwerde erfolglosen Versicherungsanstalt entspricht sowohl § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG, welche Regelung über § 621 a Abs. 1 Satz 1 ZPO Anwendung findet, wie auch § 97 Abs. 1 und 3 ZPO analog.

Der Beschwerdewert ist gemäß § 17 a Nr. 1 GKG in Verb. mit § 14 Abs. 1, 2 und § 25 Abs. 2 Satz 1 GKG von Amts wegen nach dem gesetzlich vorgesehenen Mindestwert festgesetzt worden.

Ende der Entscheidung

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