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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 28.03.2002
Aktenzeichen: 14 UF 8/02
Rechtsgebiete: FGG, EGZPO, ZPO, VAÜG, BGB, SGB VI, GKG


Vorschriften:

FGG § 20 Abs. 1
EGZPO § 26 Nr. 10
ZPO § 97 Abs. 2
ZPO § 97 Abs. 3
ZPO § 511 a a. F.
ZPO § 621 e Abs. 1
ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 6
ZPO § 621 a Abs. 1 Satz 1
ZPO § 629 a Abs. 2 Satz 1
ZPO § 621 e Abs. 3 Satz 2 a. F.
VAÜG § 1 Abs. 1
VAÜG § 1 Abs. 4
VAÜG § 1 Abs. 2 Nr. 1
VAÜG § 3 Abs. 1 Nr. 5
VAÜG § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a
BGB § 1587 a Abs. 1
BGB § 1587 b Abs. 5
BGB § 1587 b Abs. 1 Satz 1
SGB VI § 76
SGB VI § 76 Abs. 2 Satz 3
GKG § 17 a Nr. 1
GKG § 73 Abs. 1 Satz 2
GKG § 25 Abs. 2 Satz 1
Der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung hat die Kosten eines Rechtsmittelverfahrens dann zu tragen, wenn aufgrund einer neuen Rentenauskunft die Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung erfolgt, die korrigierte Rentenauskunft bei Anwendung der im Rechtsverkehr erforderlichen Sorgfalt jedoch unschwer sofort hätte erteilt werden können und es dann eines Rechtsmittels nicht bedurft hätte.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

14 UF 8/02 OLG Naumburg

In der Familiensache

hat der 14. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Deppe-Hilgenberg, die Richterin am Oberlandesgericht Hahn und den Richter am Landgericht Lentner am

28. März 2002

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die befristete Beschwerde der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte wird das Urteil des Amtsgerichtes - Familiengerichts - Magdeburg vom 20. November 2001, Az.: 272 F 65/01, hinsichtlich Ziffer 2 und 3 der Entscheidungsformel aufgehoben und der Versorgungsausgleich insgesamt wie folgt neu geregelt:

a) Von dem Versicherungskonto der Ehefrau bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Vers.-Nr.: ... , werden, bezogen auf den 30. Juni 2001 als Ende der Ehezeit, angleichungsdynamische Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 11,81 DM (= 6,04 Euro) auf das Versicherungskonto des Ehemannes bei der Landesversicherungsanstalt Sachsen-Anhalt, Vers.-Nr.: ... , übertragen.

b) Der Monatsbetrag der übertragenen Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte zur Last.

3. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 500,-- Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Durch Urteil vom 20. November 2001 (Bl. 27 - 30 d. A.) hat das Amtsgericht Magdeburg die Ehe der Parteien geschieden und unter Ziffer 2 und 3 des Tenors den Versorgungsausgleich zweigleisig zu Gunsten des Ehemannes (Antragsgegners) geregelt.

Von dem Versicherungskonto der Ehefrau (Antragstellerin) bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) sind dabei, ausgehend von den am 25. September und 11. Oktober 2001 erteilten Auskünften der Versorgungsträger (Bl. 15, 30 UA-VA), wonach während der Ehezeit (1.4.1995 bis 30.6.2001 gemäß § 1587 Abs. 2 BGB) der Ehemann angleichungsdynamische Rentenanwartschaften in Höhe von 234,51 DM bei der Landesversicherungsanstalt Sachsen-Anhalt (LVA) und die Ehefrau bei der BfA sowohl angleichungsdynamische in Höhe von 245,46 DM als auch nichtangleichungsdynamische Rentenanwartschaften in Höhe von 21,10 DM erworben habe, im Wege des Splittings Rentenanwartschaften in Höhe von 5,48 DM Ost und 10,55 DM West auf das Versicherungskonto des Ehemannes bei der LVA übertragen worden.

Gegen die Entscheidung zum Versorgungsausgleich richtet sich, in formeller Hinsicht bedenkenfrei, die Beschwerde der BfA (Bl. 39 d. A.), die, unter Hinweis auf eine nach Erlass des Urteils ihrerseits neu erstellte Auskunft vom 18. Dezember 2001 (Bl. 40 UA-VA), zur Begründung ausführt, die Ehefrau habe während der Ehezeit, wie sich bei einer Überprüfung des Versicherungsverlaufs herausgestellt habe, nur angleichungsdynamische Rentenanwartschaften in Höhe von 258,12 DM erworben.

II.

1. Die gemäß den §§ 629 a Abs. 2 Satz 1, 621 e Abs. 1 ZPO in Verb. mit § 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO statthafte befristete Beschwerde der BfA ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist auch im Übrigen zulässig.

Auf eine - hier nicht erreichte - Mindestbeschwer kommt es, im Gegensatz zur Berufung, nicht an, wie schon, nach Maßgabe der Übergangsvorschrift des § 26 Nr. 10 EGZPO, aus der fehlenden Bezugnahme auf § 511 a ZPO a. F. in § 621 e Abs. 3 Satz 2 ZPO a. F. erhellt (vgl.: OLG Bamberg, FamRZ 1998, 305; Philippi, in: Zöller, ZPO, 22. Aufl., 2001, § 621 e Rdnr. 16; a. A. in Bezug auf das Rechtsschutzbedürfnis minimaler Korrekturen erstrebender Beschwerden: OLG München, FamRZ 1982, 187, und OLG Dresden, FamRZ 1996, 742). Die Beschwerdebefugnis ist auch unabhängig von einer finanziellen Mehrbelastung der Beschwerde führenden Versicherungsanstalt (BGH, NJW 1981, 1274).

Die BfA ist vielmehr allein auf Grund des nach ihrem Vortrag gesetzeswidrig durchgeführten Versorgungsausgleichs in ihrem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Recht auf Gewährleistung einer gesetzeskonformen Verwaltung beeinträchtigt (s. dazu beispielhaft: Sedemund-Treiber, in: Johannsen/Henrich, Eherecht, 3. Aufl., 1998, § 621 e ZPO Rdnr. 9 m. w. N. nam. aus der Rechtsprechung) und damit gemäß § 20 Abs. 1 FGG, welche Regelung über § 621 a Abs. 1 Satz 1 ZPO Anwendung findet, zur Beschwerde berechtigt.

2. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache, allerdings lediglich auf Grund der korrigierten Rentenauskunft der Beschwerdeführerin, Erfolg.

Die Durchführung des Versorgungsausgleichs unterliegt gemäß § 1 Abs. 1 VAÜG den besonderen Bestimmungen des Versorgungsausgleichs-Überleitungsgesetzes (VAÜG), weil die Ehezeit vor der so genannten Einkommensangleichung nach § 1 Abs. 4 VAÜG geendet hat und beide Ehegatten, was zugleich nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. a VAÜG die Durchführung des Versorgungsausgleichs bereits vor der Einkommensangleichung ermöglicht, lediglich angleichungsdynamische Rentenanwartschaften im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1 VAÜG in der Ehezeit erworben haben.

Dementsprechend sind hier, ausgehend von der Ausgleichspflicht der über die höheren Anwartschaften verfügenden Ehefrau in Höhe der Hälfte der Wertdifferenz der beiderseitigen Anrechte nach § 1587 a Abs. 1 BGB, im Wege des Splittings gemäß § 1587 b Abs. 1 Satz 1 BGB (in Verb. mit § 1 Abs. 2 Nr. 1 VAÜG) angleichungsdynamische Rentenanwartschaften der Ehefrau in Höhe von (258,12 DM - 234,51 DM = 23,61 DM : 2 = aufgerundet nach § 121 Abs. 2 in Verb. mit § 123 Abs. 1 SGB VI) 11,81 DM (= 6,04 Euro) monatlich von ihrem Rentenversicherungskonto bei der BfA auf das Rentenversicherungskonto des Ehemannes bei der LVA zu übertragen.

Dabei war - im Hinblick auf § 264 a Abs. 1 und § 76 SGB VI - gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 5 VAÜG die Umrechnung des Monatsbetrags der zu übertragenden Rentenanwartschaft in Entgeltpunkte (Ost) anzuordnen.

Der nach § 1587 b Abs. 5 BGB in Verb. mit § 76 Abs. 2 Satz 3 SGB VI geltende Höchstbetrag für die Übertragung von Rentenanwartschaften wird im vorliegenden Fall nicht überschritten.

III.

Die Kostenentscheidung zu Lasten der mit ihrem Rechtsmittel erfolgreichen BfA findet, über § 97 Abs. 3 ZPO, ihre Grundlage in einer entsprechenden Anwendung des § 97 Abs. 2 ZPO (vgl. Kuntze, in: Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 14. Aufl., § 64 Rdnr. 131 m. w. N.).

Denn erst die nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens durch Urteil vom 20. November 2001 aufgrund einer Überprüfung des Versicherungsverlaufs am 18. Dezember 2001 korrigierte Rentenauskunft der BfA für die Ehefrau hätte bei Anwendung der im Rechtsverkehr erforderlichen Sorgfalt unschwer sogleich erteilt werden können. Eines Rechtsmittels hätte es daher nicht bedurft.

Der Beschwerdewert ist gemäß den §§ 17 a Nr. 1, 73 Abs. 1 Satz 2 GKG in Verb. mit § 14 Abs. 1, 2 und § 25 Abs. 2 Satz 1 GKG von Amts wegen nach dem gesetzlich vorgesehenen Mindestwert festgesetzt worden.

Ende der Entscheidung

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