Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 22.05.2002
Aktenzeichen: 14 WF 101/02
Rechtsgebiete: FGG, BRAGO, ZPO, KostO


Vorschriften:

FGG § 14
BRAGO § 31
BRAGO § 41
BRAGO § 118
BRAGO § 13 Abs. 2
BRAGO § 41 Abs. 1 Satz 1 lit. d
ZPO § 114
ZPO § 115
ZPO § 621 g
ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 3
ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 7
KostO § 131 b Satz 1
KostO § 131 Abs. 1 Satz 2
Aufgrund des Gesetzes zur Verbesserung des zivilrechtlichen Schutzes bei Gewalttaten (GewSchG) ist eine Neuerung im Bereich des einstweiligen Rechtssschutzes eingetreten. Nach dem neu eingefügten § 621 g ZPO kann das Gericht in anhängigen Verfahren nach § 621 Abs. 1 Nr. 1, 2 , 3 oder 7, also auch in den dort aufgeführen selbständigen (isolierten) Familiensachen, Regelungen im Wege der einstweiligen Anordnung treffen.

Gleichzeitig sind gebührenrechtliche Vorschriften eingeführt worden in §§ 8, 41 BRAGO.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

14 WF 101/02 OLG Naumburg

In der Familiensache

...

betreffend die Regelung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für das minderjährige Kind J. W. , geboren am 06.03.1999

hat der 14. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch die Richterin am Oberlandesgericht Hahn und die Richter am Landgericht Materlik und Lentner am

22. Mai 2002

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts W. vom 15.04.2002, Az.: 5 F 97/02, abgeändert.

Der Antragstellerin wird für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Regelung des Aufenthaltsbestimmungsrechts betreffend das minderjährige Kind J. ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin Sch. aus W. zu ihrer Vertretung bewilligt.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die gemäß § 14 FGG in Verb. mit den §§ 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ff., 621 a Abs. 1 Satz 1, 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO (in der ab dem 01.01.2002 geltenden Fassung, vgl. § 26 Nr. 10 EGZPO) zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den ihr Prozesskostenhilfe für das einstweilige Anordnungsverfahren versagenden Beschluss des Amtsgerichts Wittenberg vom 15.04.2002, Az.: 5 F 97/02 (Bl. 22 d. A.), ist begründet.

Denn entgegen der Auffassung des Amtsgerichts Wittenberg liegen die Voraussetzungen gemäß den §§ 114, 115 ZPO, unter welchen einer Partei Prozesskostenhilfe zu gewähren ist, zugunsten der Antragstellerin auch insoweit vor, als sie jene für ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 11.02.2002 (Bl. 1 ff. d. A.) begehrt.

1. An der Bedürftigkeit der Antragstellerin im Sinne des Prozesskostenhilferechts bestehen keine Bedenken, ebensowenig an der sachlichen Erfolgsaussicht ihres Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Nicht zuletzt hat das Amtsgericht bereits mit Beschluss vom 21.02.2002 (Bl. 11 d. A.) der Antragstellerin auch Prozesskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren bewilligt.

2. Die für das einstweilige Anordnungsverfahren gesondert beantragte Prozesskostenhilfe ist entgegen der Auffassung des Amtsgerichts Wittenberg auch nicht aus dem Grund zu versagen, weil neben den in den §§ 118, 31 BRAGO für das Hauptsacheverfahren vorgesehenen Rechtsanwaltsgebühren keine weiteren Gebühren angefallen sein könnten.

Zwar hat das Amtsgericht zunächst in zutreffender Weise darauf hingewiesen, dass lediglich die in § 41 BRAGO aufgeführten besonderen Angelegenheiten eigenständige Gebührentatbestände auslösen und ansonsten grundsätzlich die allgemeine Regelung des § 13 Abs. 2 BRAGO zur Anwendung gelangt, wonach der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern kann, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes gesetzlich, wie in § 41 BRAGO für die dort erwähnten einstweiligen Anordnungen, bestimmt ist.

Für den Rechtsanwalt gelten nämlich nur die in § 41 BRAGO enumerativ und exklusiv, d. h. abschließend, aufgezählten einstweiligen Anordnungen kraft Gesetzes als besondere Angelegenheit (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 28. Aufl., § 41 BRAGO Rdnr. 1, sowie OLG Düsseldorf, FamRZ 1992, 1329). Nach dem bis zum 31.12.2001 geltenden Recht gehörten zu diesen die vorläufigen Anordnungen ohne gesetzliche Grundlage, wie im Falle des selbständig geltend gemachten Sorgerechtes, grundsätzlich nicht.

Allerdings ist nunmehr aufgrund des Art. 4 Nr. 7 des Gesetzes zur Verbesserung des zivilgerichtlichen Schutzes bei Gewalttaten und Nachstellungen sowie zur Erleichterung der Überlassung der Ehewohnung bei Trennung vom 11.12.2001 (Gewaltschutzgesetz - GewSchG, BGBl. I, S. 3513), in Kraft getreten am 01./02.01.2002, die neue Regelung des § 621 g ZPO zu beachten, mit welcher die von der Rechtsprechung u.a. für die Verfahren zur Regelung des elterlichen Sorgerechts entwickelten vorläufigen Anordnungen ersetzt werden (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 621 g, Rdnr. 1). Nach dem neu eingefügten § 621 g ZPO kann das Gericht in anhängigen Verfahren nach § 621 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 oder 7 ZPO, also auch in den dort aufgeführten selbständigen (isolierten) Familiensachen, Regelungen im Wege der einstweiligen Anordnung treffen.

Gleichzeitig mit der Einfügung des § 621 g ZPO infolge des Gesetzes vom 11.12.2001 ist auch § 41 BRAGO geändert worden, wonach nunmehr gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 lit. d BRAGO das Verfahren gemäß § 621 g ZPO als besondere Angelegenheit gilt (Art. 9 Nr. 2 a, aa GewSchG).

Bei dem Antrag der Antragstellerin vom 11.02.2002 (Bl. 1 d. A.) auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Regelung des Aufenthaltsbestimmungsrecht als Teilbereich der elterlichen Sorge betreffend die gemeinsame minderjährige Tochter der Parteien hat es sich ohne Zweifel um einen solchen gemäß den §§ 621 g, 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gehandelt mit der Folge, dass dieser, da das einstweilige Anordnungsverfahren gemäß § 621 g ZPO nunmehr in den "Numerus Clausus" der Tatbestände des § 41 BRAGO aufgenommen worden ist, als eine besondere Angelegenheit gilt und gesonderte Rechtsanwaltsgebühren auslöst.

Nach alledem war der Antragstellerin für das einstweilige Anordnungsverfahren gemäß § 621 g ZPO, für welches sie einen eigenständigen Prozesskostenhilfeantrag gestellt hat (vgl. Zöller/Philippi, a.a.O., § 114, Rdnr. 48), Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 131 b Satz 1, 131 Abs. 1 Satz 2 KostO. Außergerichtliche Kosten werden im Beschwerdeverfahren wegen nicht bewilligter Prozesskostenhilfe generell nicht erstattet ( § 127 Abs. 4 ZPO in Verb. mit § 14 FGG).

Ende der Entscheidung

Zurück