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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 30.08.2001
Aktenzeichen: 14 WF 106/01
Rechtsgebiete: RPflG, ZPO, GKG


Vorschriften:

RPflG § 20 Nr. 10 lit. a
ZPO § 577 Abs. 2
ZPO § 652 Abs. 2
ZPO § 651 Abs. 5
ZPO § 652 Abs. 1
ZPO §§ 91 ff.
ZPO § 575
ZPO § 649 Abs. 3
ZPO § 650 Satz 2
ZPO § 98
GKG § 8 Abs. 1
Über die Kosten des vereinfachten Verfahrens ist, wenn ein zulässiger Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens gestellt wird, erst im streitigen Verfahren zu entscheiden.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

14 WF 106/01 OLG Naumburg

In dem Beschwerdeverfahren

hat der 14. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Deppe-Hilgenberg, die Richterin am Oberlandesgericht Hahn und den Richter am Landgericht Materlik am

30. August 2001

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der separate Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Wittenberg vom 14. Mai 2001, Az.: 4 FH 124/01, über die Kosten des vereinfachten Verfahrens und den Streitwert einschließlich des ihm zu Grunde liegenden Verfahrens aufgehoben und die Sache zur Entscheidung über die Kosten des vereinfachten Verfahrens, wie auch über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht - Familiengericht - Wittenberg zurückverwiesen.

2. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Gründe:

I.

Mit Formularantrag vom 02. März 2001 (Bl. 1 d.A.) beantragte die Kindesmutter als gesetzliche Vertreterin des Antragstellers gegenüber dem Amtsgericht - Familiengericht - Wittenberg, den von dem Antragsgegner an den Antragsteller zu leistenden Kindesunterhalt im vereinfachten Verfahren für die Zeit ab dem 01. März 2001 auf 100 % des Regelbetrages der geltenden Altersstufe nach der Regelbetrag-Verordnung festzusetzen.

Dem Antragsgegner wurden daraufhin durch das Amtsgericht eine Abschrift des Antrages sowie ein so genannter Vordrucksatz "Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt" übersandt (Bl. 4 - 6 d.A.).

Am 30. April 2001 hat der Antragsgegner mittels amtlichen Formularvordrucks Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt erhoben (Bl. 7 d.A.) und unter Darlegung seiner - auch belegten - Einkommens - und Vermögensverhältnisse sich zugleich bereit erklärt, dem Antragsteller von dem im Festsetzungsantrag genannten Zeitpunkt an, dem 1.03.2001, einen Unterhalt in Höhe von monatlich 100,00 DM, den er ihm nach Anrechnung der anteiligen kindbezogenen Leistungen schulde, zu zahlen, und sich verpflichtet insoweit, den Unterhaltsanspruch für die Zukunft und, soweit noch nicht beglichen, für die Vergangenheit zu erfüllen.

Nach Mitteilung der Einwendungen an die Antragstellerin beantragte diese mit Schriftsatz vom 8. Mai 2001 (Bl. 26/27 d.A.), den Unterhalt in Höhe des anerkannten Umfangs festzusetzen und im Übrigen das streitige Verfahren durchzuführen.

Das Amtsgericht erließ sodann durch die Rechtspflegerin am 14. Mai 2001 einen - durch einen eigenständigen Beschluss gleichen Datums (Bl. 29 d.A.) über die Kostentragungspflicht des Antragsgegners und den Streitwert ergänzten - Unterhaltsfestsetzungsbeschluss (Bl. 28 d.A.), in dem der von dem Antragsgegner zu leistende Unterhalt, entsprechend seinem Teilanerkenntnis, nach § 2 der Regelbetrag-Verordnung auf 100,00 DM monatlich für die 2. Altersstufe ab dem 01. März 2001 festgesetzt wurde.

Der Unterhaltsfestsetzungsbeschluss enthält auf der Rückseite (Bl. 28 Rs. d.A.) folgende Rechtsbehelfsbelehrung:

Rechtsbehelfsbelehrung

Soweit der Festsetzungsbeschluß auf einer Erklärung beruht, mit der sich der als Antragsgegner/Antragsgegnerin in Anspruch genommene Elternteil zur Zahlung des Unterhalts verpflichtet hat, führt das Amtsgericht - Familiengericht - über einen in dem Beschluß nicht festgesetzten Teil des im vereinfachten Verfahren geltend gemachten Anspruchs auf Antrag einer Partei das streitige Verfahren durch. Im übrigen gilt folgendes:

Mit der Beschwerde/Erinnerung, die binnen zwei Wochen seit der Zustellung dieses Beschlusses bei dem Gericht, das ihn erlassen hat, schriftlich oder mündliche zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden muß, kann geltend gemacht werden:

das vereinfachte Verfahren sei nicht zulässig; der Zeitpunkt des Beginns der Unterhaltszahlung sei nicht richtig festgesetzt;

- der Zeitraum oder die Höhe des Unterhalts sei nicht oder nicht dem Antrag entsprechend festgesetzt;

- kindbezogene Leistungen seien nicht oder nicht richtig angerechnet;

- die Kosten seien zu Unrecht auferlegt oder nicht richtig festgesetzt;

- Einwendungen seien zu Unrecht als unzulässig behandelt worden.

Falls die Beschwerde/Erinnerung nicht bei dem Amtsgericht - Familiengericht -, das den Beschluß erlassen hat, sondern bei einem anderen Amtsgericht nicht zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt wird, ist grundsätzlich zu beachten, daß das Protokoll vor Ablauf der Zweiwochenfrist dem Amtsgericht - Familiengericht - zugegangen sein muß, das den Beschluß erlassen hat.

Ab Rechtskraft dieses Beschlusses können die Parteien im Wege einer Klage auf Abänderung des Beschlusses verlangen, daß auf höheren Unterhalt oder auf Herabsetzung des Unterhalts erkannt wird. Die Klage ist auch zulässig, wenn mit ihr nur eine geringfügige Abänderung dieses Beschlusses verlangt wird. Zuständig für die Klage ist das Amtsgericht - Familiengericht, in dessen Bezirk das Kind oder der Elternteil, der es gesetzlich vertritt, seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Auf eine Klage des unterhaltsverpflichteten Elternteils, die nicht innerhalb eines Monats nach Eintritt der Rechtskraft dieses Beschlusses erhoben wird, kann der Unterhalt nur für die Zeit nach ihrer Erhebung herabgesetzt werden. Dies gilt nicht, wenn innerhalb der Monatsfrist eine Abänderungsklage des Kindes auf Erhöhung des Unterhalts anhängig geworden ist. Dann kann der unterhaltsverpflichtete Elternteil auch noch nach Ablauf der Monatsfrist mit Wirkung für die Vergangenheit auf Herabsetzung des Unterhalts klagen, solange das Verfahren über die Abänderungsklage des Kindes nicht beendet ist.

Vor Durchführung eines streitigen Verfahrens oder Erhebung einer Abänderungsklage ist beiden Parteien - auch mit Blick auf die Kostenbelastung der in dem Rechtsstreit unterliegenden Partei - zu empfehlen, sich über die Möglichkeit einer gütlichen außergerichtlichen Einigung sorgfältig beraten zu lassen und um eine solche sich ernsthaft zu bemühen. Kommt eine Einigung zustande, können die Parteien den nach ihr in Abänderung dieses Beschlusses zu zahlenden Unterhalt kostenfrei bei dem Jugendamt oder jedem Amtsgericht in vollstreckbarer Form beurkunden lassen und so einen Rechtsstreit vermeiden.

Der gesonderte Beschluss über die Auferlegung der Kosten des vereinfachten Verfahrens und die Streitwertfestsetzung (Bl. 29 d.A.) enthielt dagegen keine Rechtsbehelfsbelehrung.

Gegen diesen ihm am 18. Mai 2001 zugestellten isolierten Beschluss über die Kostengrundentscheidung hat der Antragsgegner am 31. Mai 2001 beim Amtsgericht per Telefax Beschwerde eingelegt (Bl. 34/35 d. A.).

Er ist der Ansicht, die Kostenentscheidung im angefochtenen Beschluss sei nach Stellung des Antrags auf Durchführung des streitigen Verfahrens unzulässig, da die Kosten des vereinfachten Verfahrens nach § 651 Abs. 5 ZPO als Teil der Kosten des streitigen Verfahrens zu behandeln seien. Genau wie bei einem Teilurteil habe deshalb eine Kostenentscheidung im vereinfachten Verfahren zu unterbleiben.

Der Antragsteller ist dem Vorbringen des Antragsgegners beigetreten.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.

1. Die gemäß § 652 Abs. 1 ZPO in Verb. mit § 11 Abs. 1 und § 20 Nr. 10 lit. a RPflG statthafte sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den isolierten Kostenbeschluss der Rechtspflegerin im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 577 Abs. 2 ZPO eingelegt worden.

Auch gegen die zulässige Anfechtbarkeit der Kostenentscheidung bestehen keine Bedenken.

Wenngleich § 652 Abs. 1 und 2 ZPO zunächst einschränkend bestimmt, dass gegen den im vereinfachten Verfahren ergangenen (Unterhalts-) Festsetzungsbeschluss die sofortige Beschwerde stattfindet, so regelt § 652 Abs. 2 ZPO doch weiter, dass mit der sofortigen Beschwerde auch die Unrichtigkeit der Kostenfestsetzung geltend gemacht werden kann, und zwar auch isoliert (vgl. Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, 23. Aufl., 2001, § 649 Rdnr. 7).

Zwar hat das Amtsgericht hier schon in unzulässiger Weise außerhalb des Festsetzungsbeschlusses in einem gesonderten Beschluss über die Kosten des vereinfachten Verfahrens entschieden, und nicht, wie gesetzlich vorgesehen und prozessual geboten, im Unterhaltsfestsetzungsbeschluss selbst über die Pflicht zur Kostentragung nach Maßgabe der §§ 91 ff. ZPO befunden (vgl. § 649 Abs. 1 Satz 3 ZPO; Hüßtege, a.a.O., § 649 Rdnr. 6). Indes schließt dies die Anfechtbarkeit des Beschlusses nicht aus, da auch er Teil der im vereinfachten Verfahren ergangenen Gesamtentscheidung ist.

Auch wenn § 652 Abs. 2 ZPO lediglich die Unrichtigkeit der Kostenfestsetzung als statthafte Einwendung nennt, ist darunter ebenso und erst recht, mit einem Argumentum a minore ad maius, die der Kostenfestsetzung zu Grunde liegende Kostenentscheidung selbst nach dem Gesetzeszweck zu erfassen (Coester-Waltjen, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 2. Aufl., 2000, § 652 Rdnr. 4, § 655 Rdnr. 17; Zöller/Philippi, ZPO, 22. Aufl., § 655 Rdnr. 22 und § 652 Rdnr. 12), da eine unrichtige Kostengrundentscheidung sachlich zwangsläufig eine unrichtige Kostenfestsetzung zur Folge hat.

2. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners hat auch in der Sache insoweit Erfolg, als der Beschluss des Amtsgerichts Wittenberg vom 14. Mai 2001 (Bl. 29 d.A.) über die Kostentragungspflicht des Antragsgegners einschließlich des ihm zu Grunde liegenden Verfahrens aufzuheben und die Sache gemäß § 575 ZPO zur erneuten Entscheidung, und zwar zur Entscheidung im streitigen Verfahren, an das Amtsgericht zurückzuverweisen war, weil zum einen der Beschluss überhaupt keine und der grundlegende Unterhaltsfestsetzungsbeschluss nur eine unzureichende Rechtsmittelbelehrung enthält (a) und weil zum anderen im vorliegenden Fall keine Kostenentscheidung im vereinfachten Verfahren hätte ergehen dürfen (b).

a) Zwar schreibt § 649 Abs. 3 ZPO ausdrücklich nur für den Unterhaltsfestsetzungsbeschluss eine Pflicht zur Rechtsbehelfsbelehrung vor, indes muss, wenn, wie hier, eine isolierte Kostenentscheidung im Rahmen des vereinfachten Verfahrens ergeht, zumindest auf die Möglichkeit der Anfechtbarkeit dieser Kostenentscheidung hingewiesen werden. Denn anderenfalls würde die nach dem Gesetz zwingend statuierte Pflicht zur Rechtsbehelfsbelehrung durch die Aufspaltung der Entscheidung in einen Unterhaltsfestsetzungsbeschluss und einen Kostenbeschluss in verfahrensrechtlich nicht hinnehmbarer Weise umgangen.

Den zwingenden Anforderungen des § 649 Abs. 3 ZPO an die Rechtsbehelfsbelehrung beim Unterhaltsfestsetzungsbeschluss, die auch im Falle des hier erlassenen Teil-Festsetzungsbeschlusses nach § 650 Satz 2 ZPO entsprechend gelten (Coester-Waltjen, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 2. Aufl., 2000, § 650 Rdnr. 1), genügt weder der überhaupt keine Rechtsbehelfsbelehrung enthaltende angegriffene Beschluss noch der statt seiner womöglich hilfsweise in Erwägung zu ziehende Teil-Unterhaltsfestsetzungsbeschluss selbst, dessen stets identische Rechtsbehelfsbelehrung bei der Unterhaltsfestsetzung seitens des Amtsgerichts Wittenberg bereits in mehreren Beschlüssen des Senats in jüngster Zeit als unzulänglich beanstandet worden ist. Zwecks Meidung unnötiger Wiederholungen wird insoweit auf die Entscheidungsgründe der Beschlüsse vom 27. und 29. Juni 2001 in den Sachen 14 WF 87/01, 14 WF 93/01 und 14 WF 98/01 Bezug genommen.

b) Unbeschadet dessen war der Beschluss über die Kostenentscheidung, wie beide Parteien zu Recht monieren, auch allein deshalb aufzuheben, weil bei einer Teilfestsetzung von Unterhalt im vereinfachten Verfahren durch einen Beschluss nach § 650 Satz 2 ZPO - um den es sich hier handelt - ebenso wie beim Erlass eines Teilurteils grundsätzlich keine selbständige Kostenentscheidung ergehen darf (Philippi, in: Zöller, ZPO, 22. Aufl., 2001, § 650 Rdnr. 7).

Über die Kosten des vereinfachten Verfahrens ist nämlich, wenn, wie hier sogar vor Erlass des Teil-Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses, ein zulässiger Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens gestellt wird, erst im streitigen Verfahren zu entscheiden, wie sich unmissverständlich aus § 651 Abs. 5 ZPO ergibt. Denn danach werden die Kosten des vereinfachten Verfahrens als Teil der Kosten des streitigen Verfahrens behandelt. Lediglich dann, wenn ein streitiges Verfahren nicht stattfindet, kann über die Kosten des vereinfachten Verfahrens auf besonderen Antrag einer Partei, je nach Prozesslage, nach Maßgabe der §§ 92, 91 a oder des § 98 ZPO entschieden werden (vgl. Coester-Waltjen, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 2. Aufl., 2000, § 650 Rdnr. 2 a. E.). Für eine separate Kostenentscheidung im vereinfachten Verfahren durch Beschluss vom 14. Mai 2001 bestand hier allemal von vornherein keine Veranlassung, da der Antragsteller den Antrag auf Erlass eines Teil-Unterhaltsfestsetzungs-beschlusses vom 07. Mai 2001 bereits ausdrücklich mit dem Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens verbunden hatte.

III.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren sind gemäß § 8 Abs. 1 GKG nicht erhoben worden, da diese bei richtiger Sachbehandlung in erster Instanz nicht entstanden wären.

Über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens wird im Rahmen des streitigen Verfahrens in erster Instanz zu befinden sein.

Ende der Entscheidung

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