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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 04.03.2002
Aktenzeichen: 14 WF 12/02
Rechtsgebiete: FGG, BGB, KostO


Vorschriften:

FGG § 13 a Abs. 1 Satz 2
FGG § 19
FGG § 20 Abs. 1
FGG § 50
ZPO § 621 a Abs. 1 Satz 1
ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 2
BGB § 1909
BGB § 1626 a Abs. 1 Nr. 1
BGB § 1626 a Abs. 2
KostO § 16 Abs. 1
KostO § 30 Abs. 3
KostO § 30 Abs. 2 Satz 2 a. F.
KostO § 30 Abs. 2 Satz 1 a. F.
KostO § 131 Abs. 1 Nr. 1
KostO § 131 Abs. 2
KostO § 161 Satz 2
1. Ob die Bestellung eines Verfahrenspflegers anfechtbar ist, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (m. ausführlichen Nachweisen).

2. Im konkreten Fall bedarf dies keiner Entscheidung, denn der (nichteheliche) Kindesvater ist durch die Bestellung des Verfahrenspflegers nicht beschwert (§ 20 FGG).


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

14 WF 12/02 OLG Naumburg

In der Familiensache

hat der 14. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Deppe-Hilgenberg, die Richterin am Oberlandesgericht Hahn und den Richter am Landgericht Materlik am

4. März 2002

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Kindesvaters gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Magdeburg vom 2. März 2001, Az.: 22 F 2060/01, wird als unzulässig verworfen.

Der Kindesvater trägt die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Geschäftswert von 1.000,00 DM.

Gründe:

I.

Die am 19.07.1992 geborene A. H. ist die nichteheliche Tochter des Antragstellers aus dessen Beziehung zur Antragsgegnerin.

Am 10.02.2000 schlossen die Kindeseltern vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Magdeburg im Verfahren 22 F 2240/99 einen Vergleich, mit dem sie den Umgang des Kindesvaters mit seiner Tochter A. regelten (vgl. Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg vom 06.02.2000, Bl. 78 der Beiakte 22 F 2188/00 AG Magdeburg).

Mit Beschluss vom 06.02.2001, Az.: 22 F 2188/00 (Bl. 77 - 81 der Beiakte), genehmigte das Amtsgericht Magdeburg den Umgangsrechtsvergleich und drohte der Kindesmutter - unter Abweisung weitergehender Anträge des Kindesvaters - für den Fall der Zuwiderhandlung gegen den Vergleich ein Zwangsgeld bis zu 5.000,00 DM an.

Mit eigenhändig verfasstem Schriftsatz vom 26.02.2001 (Bl. 3 ff. d. A.) beantragte der Kindesvater, der Kindesmutter wegen wiederholter Umgangsvereitelung ein Zwangsgeld von 5.000,00 DM aufzuerlegen (Bl. 3 d. A.).

Mit Beschluss vom 02.03.2001 (Bl. 10 d. A.) bestellte das Amtsgericht - Familiengericht - Magdeburg für das Kind A. H. eine Verfahrenspflegerin.

Hiergegen hat sich der Kindesvater mit Schriftsatz vom 03.07.2001 gewandt (Bl. 99 ff. d. A.).

Er beantragt, die Verfahrenspflegerin M. S. von ihrem Amt zu entbinden und statt ihrer einen anderen, möglichst männlichen Verfahrenspfleger zu bestellen, weil die Verfahrenspflegerin ungeeignet sei und seine fundamentalen Verfahrensinteressen, insbesondere seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs, verletzt habe.

II.

Der Antrag des Kindesvaters, die Verfahrenspflegerin M. S. von ihrem Amt zu entbinden und einen anderen Verfahrenspfleger zu bestellen, ist als unbefristete Beschwerde gemäß § 19 FGG gegen den Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg vom 02.03.2001 (Bl. 10 d. A.) aufzufassen und nicht - wie der Kindesvater meint - nur als ein an das Amtsgericht gerichteter Erstantrag. Denn der Kindesvater erstrebt eine Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses über die Bestellung der Verfahrenspflegerin.

Sofern ein separates Rechtsmittel gegen eine derartige Entscheidung allerdings überhaupt statthaft sein sollte, was mangels Entscheidungserheblichkeit dahinstehen mag (1), fehlt es für die Zulässigkeit des Rechtsmittels jedenfalls im vorliegenden Fall an der Beschwerdebefugnis des Kindesvaters (2).

1. Die streitige Frage, ob die Entscheidung über die Bestellung eines Verfahrenspflegers überhaupt der eigenständigen Anfechtung unterliegt, bedarf keiner abschließenden Klärung im vorliegenden Fall.

Zum Teil wird die Auffassung vertreten, der Beschluss über die Auswahl und Bestellung eines Verfahrenspflegers sei nicht mit der einfachen Beschwerde nach § 19 FGG anfechtbar (Engelhardt, in: Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 14. Aufl., § 50 Rdnr. 26; OLG Brandenburg, FamRZ 2000, 1295; OLG Celle, FGPrax 1999, 180; OLG Naumburg, 8. Zivilsenat, MDR 2000, 1322 mit abl. Anm. Marquardt, MDR 2000, 1323; OLG Stuttgart, OLGR 2001, 88), weil die die Bestellung oder die Auswahl eines Verfahrenspflegers einleitende Verfügung des Gerichts keine die Instanz abschließende Entscheidung im Sinne des § 19 FGG sei, sondern nur eine sie vorbereitende (Engelhardt, a.a.O., § 50 Rdnr. 26; OLG Celle, FGPrax 1999, 180; OLG Brandenburg, FamRZ 2000, 1295), die Entscheidung keinen rechtlich beachtenswerten bzw. schwerwiegenden Eingriff in die Elternrechte darstelle (OLG Stuttgart, OLGR 2001, 88; OLG Celle, FGPrax 180; OLG Brandenburg, FamRZ 2000, 1295) und die Möglichkeit der isolierten Anfechtung der Verfahrenspflegerbestellung zu einer unnötigen Verfahrensverzögerung führe (OLG Stuttgart, OLGR 2001, 88; OLG Celle, FGPrax 1999, 180), sodass eine Beschwerde gegen die Bestellung oder Auswahl eines Verfahrenspflegers nur mit dem Rechtsmittel gegen die den Rechtszug abschließende Entscheidung möglich sei.

Dagegen soll nach anderer Ansicht die Zwischenentscheidung über die Bestellung eines Verfahrenspflegers mit der unbefristeten Beschwerde nach § 19 FGG anfechtbar sein (Bumiller/ Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 7. Aufl., § 19 Rdnr. 6; OLG Karlsruhe, FamRZ 2000, 1296; OLG Dresden, FamRZ 2000, 1296; Kammergericht, FamRZ 2000, 1298; OLG Düsseldorf, FamRZ 2000, 1298; OLG Hamburg, FamRZ 2001, 34: Beschwerderecht nach § 57 Abs. 1 Nr. 9 FGG; OLG München, FamRZ 1999, 667; OLG Köln, FamRZ 2000, 487; OLG Frankfurt, FamRZ 1999, 1293; OLG Hamm, FamRZ 1999, 41), weil die Entscheidung über die Bestellung eines Verfahrenspflegers in schwerwiegendem Maße in die Rechte der sorgeberechtigten Eltern eingreife bzw. diese beschränke (OLG Dresden, FamRZ 2000, 1296; Kammergericht, FamRZ 2000, 1298; OLG Frankfurt, FamRZ 1999, 1293; OLG Hamm, FamRZ 1999, 41) und die Verfahrenspflegerbestellung wegen der mit ihr verbundenen Kosten, die im Zweifel die Eltern zu tragen hätten, anfechtbar sein müsse (Kammergericht, FamRZ 2000, 1298; OLG Hamburg, FamRZ 2001, 34).

2. Es kann im Entscheidungsfall im Ergebnis offenbleiben, welcher Auffassung der Vorzug gebührt.

Denn selbst wenn man zu Gunsten des Kindesvaters entsprechend der letztgenannten Ansicht prinzipiell davon ausginge, die Verfahrenspflegerbestellung wäre gemäß § 19 FGG in Verb. mit den §§ 621 a Abs. 1 Satz 1, 621 Ab. 1 Nr. 2 ZPO mit der einfachen Beschwerde anfechtbar, dann fehlte es vorliegend für die Zulässigkeit des Rechtsmittels jedenfalls an einer Beschwerdebefugnis des Kindesvaters im Sinne von § 20 Abs. 1 FGG.

Denn nach jener Vorschrift steht die Beschwerde nur demjenigen zu, dessen Recht durch die Verfügung beeinträchtigt ist. Der Kindesvater ist aber durch die Bestellung der Verfahrenspflegerin S. gerade nicht in seinem Recht verletzt.

Die Bestellung eines Verfahrenspflegers nach § 50 FGG bewirkt, dass eine Interessenwahrnehmung für das Kind im Sinne einer Parteivertretung stattfindet (Anmerkung Weychardt zu OLG Frankfurt, FamRZ 1999, 1293, in: FamRZ 2000, 844; BVerfG, FamRZ 1999, 85, 87). Das heißt, vergleichbar mit der Vertretung des Kindes durch einen gemäß § 1909 BGB bestellten Ergänzungspfleger im Verfahren vor dem Familiengericht findet dann, wenn eine für die Zukunft des Kindes bedeutsame Entscheidung wegen des zu treffen ist, jedoch Interessenkonflikts zwischen Eltern und Kind dessen Interessen nicht hinreichend durch die Eltern wahrgenommen werden können, eine Vertretung des Kindes durch den Verfahrenspfleger statt (BVerfG, FamRZ 1999, 85, 87). Dies stellt aber grundsätzlich eine schwerwiegende Beeinträchtigung eines Teilbereichs der elterlichen Sorge dar, da nämlich die Interessenvertretung des eigenen Kindes im Verfahren nicht mehr von dem alleinvertretungsberechtigten Elternteil bzw. den alleinvertretungsberechtigten Eltern wahrgenommen werden kann (OLG Hamm, FamRZ 1999, 41). Der Verfahrenspfleger tritt also an die Stelle des gesetzlichen Vertreters des Kindes, sodass das Recht und die Pflicht der elterlichen Sorge eingeschränkt wird (OLG Frankfurt, FamRZ 1999, 1293, 1294).

Im Entscheidungsfall fehlt es jedoch an einer solchen Beeinträchtigung der elterlichen Sorge des Kindesvaters.

Denn A. ist - ausweislich der vom Senat zu Informationszwecken beigezogenen Akte des Amtsgerichts Magdeburg, Az.: 22 F 2188/00 - die nichtehelich geborene Tochter des Kindesvaters aus seiner Beziehung zur Kindesmutter (vgl. Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg vom 06.02.2001, Bl. 78 d. BA), sodass die elterliche Sorge für das Kind - mangels einer gemeinsamen Sorgeerklärung der Eltern nach § 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB - gemäß § 1626 a Abs. 2 BGB ausschließlich der Kindesmutter zusteht und nicht dem Kindesvater.

Damit fehlt es aber, soweit das Amtsgericht für A. eine Verfahrenspflegerin bestellt hat, an einem Eingriff in das Elternrecht des Beschwerde führenden Kindesvaters, mit der Folge, dass es an einer für eine Beschwerdebefugnis nach § 20 Abs. 1 FGG notwendigen Beeinträchtigung seiner Rechtsposition mangelt. Der allenfalls mittelbare Einfluss, den die Bestellung der Verfahrenspflegerin auf das Umgangsrecht des Kindesvaters zu zeitigen vermag, genügt für eine Beeinträchtigung seiner Rechtsposition im Sinne jener Vorschrift nicht (ebenso: Kahl, in: Keidel/Kuntze/Winkler, a.a.O., § 20 Rdnr. 12).

Eine Beschwerdebefugnis des Kindesvaters lässt sich schließlich ebenso wenig daraus ableiten, dass durch eine ungerechtfertigte Verfahrenspflegerbestellung Kosten entstehen könnten, die er unter Umständen im Falle des prozessualen Unterliegens zu tragen hätte (Kahl, a.a.O.). Denn ungerechtfertigt von Seiten des Amtsgerichts veranlasste Verfahrenskosten, zu denen auch die Kosten einer unberechtigten Verfahrenspflegerbestellung gehören, wären gegebenenfalls ohnedies gemäß § 16 Abs. 1 KostO niederzuschlagen.

Nach alledem fehlt dem Kindesvater die notwendige Beschwerdebefugnis im Sinne von § 20 Abs. 1 FGG, sodass seine Beschwerde als unzulässig zu verwerfen war.

III.

Die Entscheidung über die Gerichtsgebühren folgt aus § 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO, diejenige über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG in Verb. mit § 621 a Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Die Festsetzung der Geschäftsgebühr für das Beschwerdeverfahren entspricht § 131 Abs. 2 KostO in Verb. mit § 161 Satz 2 KostO, § 30 Abs. 3 in Verb. mit Abs. 2 Satz 2 KostO a. F., wobei der Senat den Geschäftswert zu Gunsten des Kindesvaters - abweichend vom Regelfall des § 30 Abs. 2 Satz 1 KostO a. F. - auf 1.000,00 DM veranschlagt hat.

Ende der Entscheidung

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