Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 04.08.2004
Aktenzeichen: 14 WF 152/04
Rechtsgebiete: ZPO, FGG, GewSchG


Vorschriften:

ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 13
ZPO § 621 a Abs. 1 Satz 1
ZPO § 620 a
ZPO § 620 b
ZPO § 620 c
ZPO § 620 c Satz 1
ZPO § 620 d
ZPO § 620 e
ZPO § 620 f
ZPO § 620 g
FGG § 64 b Abs. 3 Satz 2
GewSchG § 1
GewSchG § 1 Abs. 1 Satz 1
GewSchG § 1 Abs. 1 Satz 2
GewSchG § 1 Abs. 1 Satz 3
GewSchG § 1 Abs. 2 Nr. 1
GewSchG § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
GewSchG § 2
Ergehen vorläufige Regelungen im Sinne von § 1 GewSchG sind diese zeitlich zu befristen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 GewSchG).
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

14 WF 152/04 OLG Naumburg

In dem Beschwerdeverfahren

...

hat der 14. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch die Richterin am Oberlandesgericht Hahn als Vorsitzende, den Richter am Landgericht Kawa und den Richter am Oberlandesgericht Materlik am

4. August 2004

beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Wittenberg vom 01. Juli 2004, Az.: 4 F 394/04 GS, wird zurückgewiesen.

2. Die Geltungsdauer der in der angefochtenen einstweiligen Anordnung des Amtsgerichts Wittenberg vom 01. Juli 2004 enthaltenen vorläufigen Regelungen wird, vorbehaltlich deren etwaiger Verlängerung, von Amts wegen bis zum 31. Oktober 2004 befristet.

3. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

4. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 500,00 Euro.

Gründe:

I.

Die gemäß §§ 621 Abs. 1 Nr. 13, 621 a Abs. 1 Satz 1 ZPO, 64 b Abs. 3 Satz 2 FGG in Verb. mit § 620 c Satz 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wittenberg vom 01.07.2004 (Bl. 47 - 49 d. A.), aufgrund dessen im Wege der einstweiligen Anordnung bestimmt wurde, dass er es einstweilen zu unterlassen habe, die gemeinsame Ehewohnung der Parteien in der M. straße 60 in W. zu betreten, sich dieser Wohnung im Umkreis von 100 m zu nähern und ohne Rechtsgrund ein Zusammentreffen mit der Antragstellerin herbeizuführen oder unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln Verbindung zur Antragstellerin aufzunehmen, hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Amtsgericht die vorgenannte einstweilige Anordnung mit den entsprechenden Regelungen nach vorangegangener mündlicher Verhandlung vom 25.06.2004 (Bl. 40 - 42 d. A.) erlassen.

Hat eine Person einer anderen mit der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit widerrechtlich gedroht, kann das Gericht auf Antrag der verletzten Person die zur Abwendung weiterer Verletzungen erforderlichen Maßnahmen zu treffen, § 1 Abs. 1 Satz 1 in Verb. mit Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GewSchG. Dabei kann das Gericht nach § 1 Abs. 1 Satz 3 GewSchG insbesondere anordnen, dass der Täter es unterlässt, die Wohnung der verletzten Person zu betreten (Nr. 1), sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung der verletzten Person aufzuhalten (Nr. 2), zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich die verletzte Person regelmäßig aufhält (Nr. 3), Verbindungen zur verletzten Person, auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, aufzunehmen (Nr. 4) und Zusammentreffen mit der verletzten Person herbeizuführen (Nr. 5), soweit dies nicht zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich ist. Gemäß den §§ 621 Abs. 1 Nr. 13, 621 a Abs. 1 Satz 1 ZPO, 64 b Abs. 3 Satz 1 und 2 FGG in Verb. mit den entsprechend anwendbaren §§ 620 a ZPO bis 620 g ZPO kann dabei das Gericht im Falle der Eilbedürftigkeit, so ein Verfahren nach den §§ 1 und 2 GewSchG anhängig ist oder ein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein solches Verfahren eingereicht ist, auf Antrag im Wege einer einstweiligen Anordnung vorläufige Regelungen erlassen.

Der von der Antragstellerin beantragte Erlass der einstweiligen Anordnung des Amtsgerichts hält diesen gesetzlich normierten Anforderungen stand.

Nach den erstinstanzlichen Ermittlungen steht fest, dass der Antragsgegner am 08.06.2004 seiner Ehefrau mit der Zufügung körperlicher Gewalt und damit mit der Schädigung des Körpers und der Gesundheit widerrechtlich gedroht hat.

So hat die Antragstellerin in ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 14.06.2004 (Bl. 14/15 d. A.), die zur Glaubhaftmachung der Geschehnisse genügt, bestätigt, dass der Antragsgegner sie nicht nur mit den Worten "Halt die Schnauze, du alte Schlampe, du blöde Kuh!" bzw. "Du bist das billigste Stück Dreck, dass es gibt" beleidigt hat, sondern sie darüber hinaus, gegen etwa 20:00 Uhr desselben Tages, mit der erhobenen Faust bedroht hat. Hinzu kommt, dass der Antragsgegner - nach der eidesstattlichen Versicherung der Antragstellerin - diese in der Vergangenheit, teilweise unter Einbeziehung von Bekannten und Freunden bespitzelt hat, indem er in ihrer Abwesenheit ihre dienstlichen Sachen durchwühlte, Computer und Handy permanent untersuchte und darüber hinaus mit bis zu 50 Anrufen seine Ehefrau telefonisch belästigt hat (Bl. 14/15 d. A.).

Wenngleich der Antragsgegner mit seiner eidesstattlichen Versicherung vom 24.06.2004 (Bl. 23 d. A.) in Abrede gestellt hat, seine Ehefrau beschimpft oder gar bedroht, geschweige denn Telefonterror ausgeübt zu haben, so werden doch die Angaben der Antragstellerin zur Bedrohung durch die Aussage der erstinstanzlich vernommenen Zeugin B. J. mittelbar bestätigt. So vermochte die Zeugin zu bekunden, dass die Antragstellerin ihr am 08.06.2004 telefonisch mitgeteilt habe, dass sie vom Antragsgegner an diesem Tage per Telefon bedroht worden sei und deshalb völlig aufgelöst gewesen sei, sodass sie, die Zeugin, deshalb am 08.06.2004 die Polizei benachrichtigt habe.

Die von der Antragstellerin eidesstattlich bekräftigte Bedrohung wird auch indiziell durch die Angaben des vom Amtsgericht eingeholten Berichts des Polizeireviers W. vom 08.06.2004, Journalnummer ... (Bl. 45/46 d. A.), gestützt. Danach wusste der Polizeibeamte K. St. in seinen amtlichen Vermerk zu berichten, dass die Antragstellerin ihm gegenüber am 08.06.2004 angegeben habe, von ihrem Ehemann, dem Antragsgegner, mit Worten bedroht worden zu sein. Da der Antragsgegner vor Ort nach Ansicht des Polizeibeamten keine Einsicht zeigte, somit der häusliche Frieden nach Angaben des Polizeibeamten nicht wieder hergestellt werden konnte, wurde durch ihn gegen den Antragsgegner sowohl eine Wegweisungsverfügung, ein Kontaktverbot und ein Annäherungsverbot bis zum 21.06.2004, 24:00 Uhr ausgesprochen, welches in der Folgezeit vom Antragsgegner auch nicht durch verwaltungsgerichtliche Maßnahmen angegriffen worden ist.

Schon die sich aus den polizeilichen Ermittlungen und Verfügungen zwingend zu schlussfolgernde Bedrohung und massive Belästigung der Antragstellerin rechtfertigt den Erlass der angefochtenen einstweiligen Anordnung.

Allerdings war die vorläufige amtsgerichtliche Maßnahme von Amts wegen nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 in Verb. mit Abs. 1 Satz 2 GewSchG nachträglich auf eine Wirksamkeitsdauer von 4 Monaten zu befristen.

Denn nach § 1 Abs. 1 Satz 2 GewSchG, der gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GewSchG entsprechend gilt, sollen die gerichtlichen Anordnungen befristet werden. Diese für die Hauptsacheentscheidung vorgesehene zeitliche Befristung der gerichtlichen Maßnahme hat erst Recht für den Fall einer nur vorläufigen Regelung, wie sie hier gegeben ist, zu erfolgen.

Dies gilt insbesondere im Hinblick auf das gerichtliche Verbot, die Ehewohnung zu betreten oder sich ihr in einem Umkreis von 100 m zu nähern. Denn ausweislich des vom Amtsgericht angeforderten Mietvertrages (Bl. 30 - 36 d. A.) ist nicht nur die Antragstellerin allein Mieterin dieser Wohnung, sondern auch der Antragsgegner. In Anbetracht des damit verbundenen Eingriffs in die materielle Rechtsposition des Antragsgegners war demzufolge eine angemessene Befristung auszusprechen.

II.

Die Entscheidung hinsichtlich der Gerichtskosten beruht auf § 131 Abs. 1 Nr. 1 KostO. Die Entscheidung hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf den §§ 621 Abs 1 Nr. 13, 621 a Abs. 1 Satz 1 ZPO, 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG, wonach dem Antragsgegner als mit seinem Rechtsmittel unterlegener Partei die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzugeben waren.

Da die anwaltliche Tätigkeit auch in der Rechtsmittelinstanz eine einstweilige Anordnung nach § 64 b Abs. 3 FGG betrifft, nämlich hier Maßnahmen nach § 1 des GewSchG, war gemäß § 24 Satz 3 und 1 RVG der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren mit 500,00 Euro festzusetzen.

Ende der Entscheidung

Zurück