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Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 22.12.2005
Aktenzeichen: 14 WF 189/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 114 | |
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2 | |
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 3 | |
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1 | |
ZPO § 568 Satz 2 Nr. 2 | |
ZPO § 569 | |
BGB § 1613 Abs. 2 | |
BGB § 1613 Abs. 2 Nr. 1 |
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS
14 WF 189/05 OLG Naumburg
In der Familiensache
hat der 14. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg, nach Übertragung der Sache vom Einzelrichter auf das Beschwerdegericht gemäß § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO, durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Deppe-Hilgenberg, die Richterin am Oberlandesgericht Hahn und den Richter am Oberlandesgericht Materlik am
22. Dezember 2005
beschlossen:
Tenor:
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Wernigerode vom 15. September 2005, Az.: 11 F 1367/05, abgeändert und der Antragstellerin uneingeschränkt für die beabsichtigte Klage auf Sonderbedarf Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsverpflichtung unter Beiordnung von Rechtsanwalt H. aus W. zu ihrer Vertretung bewilligt.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
I.
Die gemäß den §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 569 ZPO in Verb. mit § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 17. Oktober 2005 (Bl. 43 ff. d. A.) gegen den ihr nur teilweise in Höhe von 416 € statt, wie beantragt, 1.166,05 € für eine Klage auf Sonderbedarf Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschluss des Amtsgerichts Wernigerode vom 15. September dieses Jahres (Bl. 30 bis 32 d. A.) ist in der Sache begründet.
Die objektiven Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 114 ZPO - die dafür subjektiv erforderliche Bedürftigkeit ist bereits bindend vom Amtsgericht festgestellt worden - sind erfüllt. Die nicht mutwillig erscheinende Klage hat vollen Umfanges zum mindesten hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Diese in objektiver Hinsicht gemäß § 114 ZPO für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe entscheidende Voraussetzung ist bereits dann zu bejahen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt der antragstellenden Partei aufgrund ihrer Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest vertretbar hält und, nötigenfalls, in tatsächlicher Hinsicht wenigstens von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Es muss also aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage möglich sein, dass die antragstellende Partei mit ihrem Begehren durchdringen wird, wobei die Anforderungen an die Erfolgsaussicht in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht nicht überspannt werden dürfen. Das Prozesskostenhilfeverfahren dient nämlich nicht dem Zweck, über zweifelhafte Rechtsfragen bereits in diesem Stadium abschließend zu befinden (s. dazu exemplarisch Philippi, in: Zöller, ZPO, 25. Aufl., 2005, § 114, Rdnr. 19 und 21).
Die Antragstellerin hat demnach hinreichend schlüssig dargetan, dass ihr der begehrte Sonderbedarf für die Kommunionsfeier vollen Umfanges zustehen könnte. Denn die Frage, ob es sich bei den Kosten einer Konfirmation oder einer Kommunion um Sonderbedarf eines Kindes im Sinne des § 1613 Abs. 2 BGB handelt, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt (vgl. die Darstellung des Meinungsstandes bei Palandt/Diederichsen, BGB, 64. Aufl., 2005, § 1613, Rdnr. 18 bis 21). Daher wird erst im Hauptsacheverfahren unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls endgültig zu beurteilen sein, in welchem Umfang die geltend gemachten Aufwendungen als Sonderbedarf von dem Beklagten zu erstatten sind oder nicht. Keineswegs kann von vornherein als sicher gelten, dass die kontroversen Bekleidungskosten und die Kosten für den Wein, wovon das Amtsgericht indes auszugehen scheint, nicht dem unterhaltsrechtlichen Sonderbedarf zugerechnet werden können.
Die üblicherweise für eine katholische Kommunion speziell angefertigte oder angeschaffte Bekleidung wie das so genannte Brautkleid für Mädchen wird ob seiner besonderen religiösen Bedeutung in aller Regel, wenn nicht im Extremfall sogar jegliche anderweitige Verwendung ausgeschlossen ist, nicht zu anderen Gelegenheiten getragen. Die gegenteilige Annahme des Amtsgerichts, das Kommunionskleid zähle zum üblichen Bedarf, erscheint daher zum mindesten zweifelhaft und überprüfungsbedürftig.
Auch die anlässlich der Kommunion für die Gäste anfallenden Getränkekosten sind nachgerade zwangsläufig mit der einmaligen Festivität verbunden, die in angemessenem und allgemein üblichem Rahmen zu begehen - für eine gegenteilige Annahme dürfte ein nicht exzessiv erscheinender Konsum von 12 Flaschen Wein nicht ausreichen - das Kind auch unterhaltsrechtlich von den Eltern wird erwarten können. Klärungsbedürftig erscheint nunmehr der mit Schriftsatz vom 22. November 2005 revidierte Vortrag der Antragstellerin (Bl. 52 d. A.), die Teilnehmer an der Kommunionsfeier hätten, entsprechend der dergestalt üblichen Praxis in Süddeutschland, jeweils eine Flasche Wein als Gastgeschenk erhalten.
Schließlich wird auch unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse beider Elternteile im vorliegenden Fall konkret abzuwägen sein, ob der von der Antragstellerin für die Kommunion beanspruchte Bedarf im Verhältnis zum laufenden Unterhalt als außergewöhnlich hoch und damit als Sonderbedarf im Sinne des § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB gelten kann.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf Nr. 1811 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG.
Außergerichtliche Kosten werden, wie aus § 127 Abs. 4 ZPO erhellt, im Beschwerdeverfahren zur Prozesskostenhilfe generell nicht erstattet.
Ende der Entscheidung
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