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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 31.01.2003
Aktenzeichen: 14 WF 234/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 97 Abs. 2
ZPO § 120 Abs. 4 Satz 2
ZPO § 124 Nr. 2
ZPO § 124 Nr. 2, 2. Alt.
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 570
Die nachträgliche Erteilung der geforderten Auskunft durch Vorlage geeigneter Belege mit der Rechtsmittelschrift vermag das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Aufhebung der Prozesskostenhilfe nicht in Frage zu stellen, da die Aufhebung eine Sanktion für die fehlende Kooperationsbereitschaft der Partei darstellt.
Hinweis: a. A. OLG Naumburg, Bes vom 13.05.2002, 8 WF 95/02

OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

14 WF 234/02 OLG Naumburg

In dem Beschwerdeverfahren

hat der 14. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Deppe-Hilgenberg, den Richter am Amtsgericht Hirsch und den Richter am Oberlandesgericht Materlik am

31. Januar 2003

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Magdeburg vom 10. Oktober 2002, Az.: 212 F 1096/97 S, wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss der Rechtspflegerin des Amtsgerichts Magdeburg vom 10. Oktober 2002 (Bl. 30 PKH-Heft des Antragsgegners), auf Grund dessen die ihm vom Amtsgericht mit Beschluss vom 22. August 1997 (Bl. 18 Rs. d.A.) für das Scheidungsverbundverfahren bewilligte ratenfreie Prozesskostenhilfe aufgehoben worden ist, hat in der Sache keinen Erfolg.

Nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO hat sich eine Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, auf Verlangen des Gerichts darüber zu erklären, ob sich ihre persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse geändert haben. Gibt die Partei diese Erklärung nicht ab, dann kann das Gericht gemäß § 124 Nr. 2, 2. Alt. ZPO die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben.

Der Antragsgegner ist durch die Rechtspflegerin des Amtsgerichts Magdeburg mit Verfügung vom 4.12.2001 (Bl. 25 PKH-Heft) erstmals, allerdings erfolglos, aufgefordert worden, mitzuteilen, ob sich seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse geändert haben. Mit Verfügung vom 12.03.2002 (Bl. 25 Rs. PKH-Heft) wurde der Antragsgegner an die Erledigung der ihm gesetzten gerichtlichen Verfügung erinnert. Da der Antragsgegner hierauf ebenfalls nicht reagierte, wurde ihm mit Verfügung vom 12.08.2002 (Bl. 29 PKH-Heft) unter Hinweis darauf, dass beabsichtigt sei, die ihm bewilligte Prozesskostenhilfe wegen mangelnder Mitwirkung zu "widerrufen" (vgl. Bl. 27 PKH-Heft), rechtliches Gehör gewährt. Diese Gelegenheit ließ der Antragsgegner gleichfalls ungenutzt verstreichen. Mithin hat der Antragsgegner die ihm wiederholt eingeräumte Möglichkeit, der gerichtlichen Verfügung zu genügen, ungenutzt gelassen.

Wenn infolgedessen das Amtsgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 10. Oktober 2002 die dem Antragsgegner für das Scheidungsverbundverfahren bewilligte Prozesskostenhilfe wegen dessen mangelnder Mitwirkung aufgehoben hat, so steht dies im Einklang mit § 124 Nr. 2, 2. Alt. ZPO und ist nicht zu beanstanden.

Eine andere rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes rechtfertigt sich auch nicht deshalb, weil der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren die geforderte Auskunft erteilt hat.

Die nachträgliche Erteilung der geforderten Auskunft durch Vorlage geeigneter Belege mit dem Eingang der Rechtsmittelschrift am 11. November 2002 vermag das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Aufhebung der Prozesskostenhilfe nach der Vorschrift des § 124 Nr. 2, 2. Alt. ZPO, die gerade eine Sanktion für die fehlende Kooperationsbereitschaft der Partei darstellt (vgl. Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl., 1994, Bd. 2, § 124 Rdnr. 16), nicht in Frage zu stellen (OLG Brandenburg, Rpfleger 1998, 205; Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., 2002, § 124 Rdnr. 39; OLG Koblenz Rpfleger 1997, 442; str.; a. A., je m. w. N., Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl., 2002, § 124 Rdnr. 3, und Philippi, in: Zöller, ZPO, 23. Aufl., 2002, § 124 Rdnr. 10 a).

Dies gilt auch in Anbetracht des § 570 ZPO, wonach die Beschwerde grundsätzlich auch auf neues Vorbringen gestützt werden kann. Das neue Vorbringen in Form der nachgereichten Erklärung kann hier nicht mehr berücksichtigt werden, da es nicht dazu führt oder dazu führen kann, worauf es entscheidend ankommt, dass die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung erfüllten gesetzlichen Voraussetzungen für die Aufhebung der Prozesskostenhilfe rückwirkend entfallen. Das hätte nur dann der Fall sein können, wenn der Antragsgegner, wozu er indes nichts vorträgt, ohne Schuld an der Abgabe der angeforderten Erklärung bis zum Zeitpunkt der Beschlussfassung gehindert gewesen wäre (OLG Koblenz und OLG Brandenburg, a.a.O.; a.A. OLG Karlsruhe, FamRZ 1997, 756, und OLG Stuttgart, NJW-RR, 1997, 1026). Anderenfalls bliebe die gesetzliche Sanktion des § 124 Nr. 2 ZPO stets folgenlos, falls es sich um eine weiterhin bedürftige Partei handelt, die mithin stets ohne Bedenken die gerichtliche Aufforderung, sich über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse neu zu erklären, ignorieren könnte und erst im Beschwerdeverfahren ihrer Pflicht zur Abgabe einer neuen Erklärung genügen müsste. Dies widerspricht dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck der auf eine Sanktion der fehlenden Kooperationsbereitschaft abzielenden Gesetzesvorschrift, die generell und just ohne Unterschied zwischen noch bedürftigen oder nicht mehr bedürftigen Parteien die Aufhebung der Prozesskostenhilfe im Falle der Nichtabgabe der Erklärung trotz gerichtlicher Aufforderung anordnet.

Wegen des Sanktionscharakters von § 124 Nr. 2 ZPO vermag auch die Möglichkeit, dem Antragsgegner nach § 97 Abs. 2 ZPO die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, weil er die nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO geschuldete Auskunft erst mit seinem Rechtsmittel erteilt hat, der einmal zu Recht erfolgten Aufhebung der bewilligten Prozesskostenhilfe nicht die Rechtfertigung zu nehmen.

Nach alledem konnte der sofortigen Beschwerde des Antragsgegners kein Erfolg beschieden sein.

II.

Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Gerichtsgebühren des Rechtsmittelverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO bzw. § 49 Satz 1 GKG in Verb. mit § 11 Abs. 1 GKG, Anlage 1, Kostenverzeichnis Nr. 1956.

Die Entscheidung bezüglich der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens findet ihre Grundlage in § 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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