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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 16.05.2001
Aktenzeichen: 14 WF 49/01
Rechtsgebiete: GKG, BRAGO, ZPO


Vorschriften:

GKG § 11 Abs. 1
BRAGO § 126 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 567 ff.
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 78 Abs. 2
ZPO § 121 Abs. 3
ZPO § 127
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 127 Abs. 4
Der Prozessbevollmächtigte, der vor allen Familiengerichten in jeder erstinstanzlichen Familiensache, die als Anwaltsprozess zu führen ist, postulationsfähig ist, hat gemäß § 126 Abs. 1 Satz 2 BRAGO keinen Anspruch auf Vergütung der Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass er seinen Wohn- bzw. Kanzleisitz nicht am Sitz des jeweiligen Familiengerichtes hat.

Dem nicht ortsansässigen beigeordneten Anwalt steht damit gegen die Staatskasse unter keinen Umständen eine Reisekostenentschädigung, die über diejenige eines ortsansässigen Anwalts hinausgeht, zu.

Einer ausdrücklichen Einschränkung der Beiordnung mit den Worten " zu den Bedingungen eines ortansässigen Anwalts" bedarf es daher nicht (ebenso OLG Naumburg FamRZ 1999, 1683; OLG Brandenburg FamRZ 2000, 1385).


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

14 WF 49/01 OLG Naumburg 11 F 1015/97 AG Wernigerode

In dem Familienrechtsstreit

hat der 14. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch die Richterin am Oberlandesgericht Hahn als Vorsitzende, den Richter am Oberlandesgericht Wiedenlübbert und den Richter am Landgericht Materlik am

16. Mai 2001

beschlossen:

Tenor:

1. Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wernigerode vom 30.11.2000, Az.: 11 F 1015/97, in der Fassung der Ergänzung vom 28.02.2001 und des Nichtabhilfebeschlusses des Amtsgerichts Wernigerode vom 28.02.2001, Az.: 11 F 1015/97, wird zurückgewiesen.

2. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die Beschwerde der Klägerin, mit welcher sie sich dagegen wendet, dass das Amtsgericht Wernigerode mit dem angefochtenen Prozesskostenhilfebewilligungsbeschluss vom 30.11.2000 ihre Prozessbevollmächtigte nur zu den eingeschränkten "Bedingungen einer ortsansässigen Anwältin" beigeordnet hat, ist gemäß den §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 ff. ZPO zulässig, insbesondere ist die Klägerin - im Übrigen hätte auch die beigeordnete Rechtsanwältin ein eigenes Beschwerderecht gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO - beschwerdebefugt (vgl. hierzu OLG Brandenburg, FamRZ 2000, S. 1385, 1386).

Jedoch ist die Beschwerde nicht begründet. Denn die Beschränkung der Beiordnung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu den Bedingungen einer ortsansässigen Anwältin entspricht dem Gesetz.

Zwar ist zum 01.01.2000 die Vorschrift des bisherigen § 78 Abs. 2 ZPO aufgehoben worden, wonach insbesondere in Scheidungsverfahren nur ein bei dem Prozessgericht zugelassener Anwalt auftreten konnte. Nach dem neuen § 78 Abs. 2 ZPO können jetzt - auch in Familiensachen - alle bei einem Amtsgericht oder Landgericht in irgendeinem Bundesland zugelassenen Anwälte vor jedem Landgericht oder Amts-/Familiengericht im gesamten Bundesgebiet auftreten.

Keine Änderung hingegen haben die Kostenvorschriften erfahren. Nach § 126 Abs. 1 Satz 2 BRAGO kann der Anwalt grundsätzlich keine Fahrtkosten zu dem Gericht abrechnen, bei dem er zugelassen ist. Einem Erstattungsanspruch steht schon der Wortlaut der Vorschrift entgegen, wonach Mehrkosten nicht zu vergüten sind, "die dadurch entstehen, dass der Rechtsanwalt seinen Wohnsitz oder seine Kanzlei nicht an dem Ort hat, an dem sich das Prozessgericht oder eine auswärtige Abteilung dieses Gerichts befindet". Diese Regelung gilt nur dann nicht, wenn ein Rechtsanwalt beigeordnet wird, der weder bei dem Prozessgericht noch bei einem Gericht zugelassen ist, das sich an demselben Ort wie das Prozessgericht befindet (vgl. § 126 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz BRAGO).

Danach hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin, die vor allen Familiengerichten in jeder erstinstanzlichen Familiensache, die als Anwaltsprozess zu führen ist, postulationsfähig ist, gemäß § 126 Abs. 1 Satz 2 BRAGO keinen Anspruch auf Vergütung der Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass sie ihren Wohn- bzw. Kanzleisitz nicht am Sitz des jeweiligen Familiengerichts hat. Die Auslagen und insbesondere die Reisekosten, die sich aus dem Umstand ergeben, dass sie ihren Kanzleisitz in M. und das Prozessgericht - im vorliegenden Fall - seinen Sitz in W. hat, kann sie deshalb grundsätzlich nicht vergütet verlangen (vgl. OLG Naumburg, FamRZ 1999, S. 1683, 1684; OLG Brandenburg, a.a.O., S. 1386).

Der Sinn dieser Vorschrift entspricht dem allgemeinen Grundsatz des Prozessrechts, dass jede Partei bemüht sein muss, die Prozesskosten so gering wie möglich zu halten (vgl. OLG Naumburg, a.a.O., S.1684; OLG Brandenburg, a.a.O., S. 1386).

Dem nicht ortsansässigen beigeordneten Anwalt, hier also der Prozessbevollmächtigten der Klägerin, steht damit gegen die Staatskasse unter keinen Umständen eine Reisekostenentschädigung, die über diejenige eines ortsansässigen Anwalts hinausgeht, zu.

Einer ausdrücklichen Einschränkung der Beiordnung mit den Worten "zu den Bedingungen einer ortsansässigen Rechtsanwältin" hätte es somit schon nicht bedurft. Ein solcher Zusatz ist jedoch grundsätzlich zulässig und nicht zu beanstanden (vgl. OLG Naumburg, a.a.O., S. 1684; OLG Celle, FamRZ 2000, S. 1387).

Das Amtsgericht ist auch nicht verpflichtet gewesen, vor seiner Entscheidung über die eingeschränkte Beiordnung die Zustimmung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin einzuholen.

Zwar wird in der Rechtsprechung und in der Literatur die Auffassung vertreten, dass eine Beschränkung der Beiordnung auf die Bedingungen eines am Gerichtsort ansässigen Anwalts nur mit vorheriger Zustimmung des beigeordneten Anwalts zulässig sei (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 22. Aufl., § 121, Rdnr. 13 mit Darstellung des Meinungsstands).

Dieser Auffassung schließt sich der Senat jedoch nicht an.

Denn es ist zu beachten, dass eine Beiordnung immer nur im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften, die jeder Rechtsanwalt kennen muss, zulässig ist. Als Rechtskundiger bedarf er grundsätzlich keines Hinweises auf den Umfang seines kostenrechtlichen Vergütungsanspruchs (vgl. OLG Brandenburg, a.a.O., S. 1386, 1387). Solange daher nur der Antrag auf Beiordnung ohne sonstige Erweiterung gestellt wird, ist er auch immer nur auf das gesetzlich zulässige Maß, also im Rahmen des § 126 Abs. 1 Satz 2 BRAGO oder des § 121 Abs. 3 ZPO, nicht jedoch auf mehr gerichtet. Eine gesonderten Einwilligung des Rechtsanwalts dahingehend, dass eine Beiordnung nur zu den Bedingungen eines beim Prozessgericht ortsansässigen Anwalts erfolgen soll, ist deshalb nicht erforderlich. Spricht das Gericht die Einschränkung aus, die Beiordnung erfolge nur zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts, so stellt es damit die ohnedies bestehende Rechtslage dar, was nicht zu beanstanden ist, sondern vielmehr der Rechtssicherheit dient (vgl. OLG Celle, a.a.O., S. 1387; OLG Brandenburg, a.a.O., S. 1386).

Nach alledem kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob die Klägerin bereits durch den am 30.11.2000 ohne Begründung im Termin verkündeten Prozeßkostenhilfebewilligungsbeschluss beschwert war und hiergegen Rechtsmittel hätte einlegen können, oder erst durch den Beschluß vom 28.02.2001. Die Beschwerde ist gemäß § 127 ZPO ohnehin nicht fristgebunden.

Abschließend sei angemerkt, dass entgegen der Darstellung der Klägerin im Beschwerdeschriftsatz vom 19.02.2001 sämtliche, im Rahmen des Trennungsunterhaltsverfahrens, Az.: 11 F 1015/97, früher ergangene Prozesskostenhilfebewilligungsbeschlüsse des Amtsgerichts Wernigerode vom 11.07.1997 (Bl. 19 a und 19 b d.A.) und vom 10.10.1997 (= Abhilfeentscheidung, Bl. 68 und 69 d.A.) bereits die Einschränkung der Beiordnung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin "zu den Bedingungen einer ortsansässigen Anwältin" enthalten. Die ursprünglich - u.a. - gegen diese Einschränkung mit Schriftsatz der Klägerin vom 30.07.1997 (Bl. 31 ff. d.A.) eingelegte Beschwerde hat sie jedoch, nachdem das Amtsgericht Wernigerode mit Beschluss vom 10.10.1997 - bis auf die eingeschränkte Beiordnung - im Übrigen der Prozesskostenhilfebeschwerde abgeholfen hat, auf entsprechende gerichtliche Nachfrage nicht mehr aufrechterhalten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 11 Abs. 1 GKG, Anlage 1, KV Nr. 1952 sowie § 127 Abs. 4 ZPO.



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