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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 29.05.2006
Aktenzeichen: 14 WF 52/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 41
Dass der für die Beschwerdeentscheidung (mit-)verantwortlich zeichnende Richter in einem anderen Zivilverfahren mit Beteiligung des Antragsgegners wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden ist, begründet nach § 41 ZPO keinen gesetzlichen Ausschluß von der Ausübung des Richteramtes noch vermag daraus eine Befangenheit des Richters für die hier in einem gänzlich anderen Verfahrenskontext getroffene Entscheidung abgeleitet werden.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

14 WF 52/06 OLG Naumburg

In der Familiensache

hat der 14. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg, nach Übertragung der Sache vom Einzelrichter auf das Beschwerdegericht gemäß § 14 Abs. 7 Satz 2 KostO, durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Deppe-Hilgenberg, die Richterin am Oberlandesgericht Hahn und die Richterin am Amtsgericht Meier am

29. Mai 2006

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts Bernburg vom 23. Februar 2006, Az.: 3 F 6/02, aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung über die Erinnerung des Antragsgegners gegen den Kostenansatz des Amtsgerichts Bernburg vom 02. Dezember 2004 - Kostenrechnung A 711 J - mit der Maßgabe an das Amtsgericht Bernburg zurückverwiesen, dass bei dem Kostenansatz eine Erhöhung der für den Sachverständigen angefallenen Entschädigung gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 lit. b ZSEG nicht vorzunehmen ist.

Gründe:

I.

Die gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 KostO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Antragsgegners gegen den seine Erinnerung wider den Kostenansatz vom 02. Dezember 2004 (Bl. VII Bd. I d. A.) zurückweisenden Beschluss des Amtsgerichts Bernburg vom 23. Februar dieses Jahres (Bl. 144 Bd. III d. A.) hat in der Sache Erfolg.

Dass der für die Beschwerdeentscheidung verantwortlich zeichnende Richter in einem anderen Zivilverfahren mit Beteiligung des Antragsgegners erfolgreich wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden ist (Bl. 154/155 Bd. III d. A.), begründet gemäß § 41 ZPO in Verb. mit den §§ 621 a Abs. 1 Satz 1 und 2, 621 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZPO keinen gesetzlichen Ausschluss von der Ausübung des Richteramtes, noch vermag daraus, mit welchen Konsequenzen immer, eine Befangenheit des Richters für die hier in einem gänzlich anderen Verfahrenskontext getroffene Entscheidung abgeleitet zu werden.

Zu Recht beanstandet der Antragsgegner allerdings, dass in der fraglichen Kostenrechnung ohne hinreichende gesetzliche Grundlage für den erstinstanzlich tätig gewordenen Sachverständigen dessen Entschädigung gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 lit. b ZSEG - welches Gesetz gemäß § 24 Satz 1 JVEG auf das streitgegenständliche Verfahren weiterhin Anwendung findet - um 50 % erhöht worden ist.

Selbst wenn die nach jener Vorschrift an den Sachverständigen im maximal erhöhten Umfang von 50 % aus der Staatskasse gewährte Entschädigung gerichtlich gemäß § 16 Abs. 1 ZSEG festgesetzt worden wäre, was nicht geschehen ist, hätte eine derartige Entscheidung nach § 16 Abs. 4 ZSEG - das Gleiche gilt gemäß § 4 Abs. 9 JVEG - nicht zu Lasten des Kostenschuldners gewirkt. Die rein faktische Zahlung einer Erhöhung entfaltet mithin erst recht keinerlei Wirkung für den Ansatz der entsprechenden Gerichtskosten, und der dafür in Anspruch genommene Kostenschuldner kann stets verlangen, dass ihm gegenüber die Voraussetzungen für eine ermessensfehlerfreie Erhöhung der dem Sachverständigen gewährten Entschädigung im Einzelfall dargelegt und nachgewiesen werden.

Der Stellungnahme des Sachverständigen vom 07. Juli 2005 (Bl. 112 - 114 Bd. III d. A.) lässt sich nicht einmal entnehmen, dass, worauf der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 30. Januar 2006 (Bl. 139 - 141 Bd. III d. A.) korrekt hinweist, überhaupt die grundlegenden Voraussetzungen für eine Erhöhung der Entschädigung gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 lit. b ZSEG erfüllt sein könnten. Durch die Häufigkeit der Heranziehung als gerichtlicher Sachverständiger könnte diesem nur dann ein - für die erste Alternative der Vorschrift maßgeblicher - nicht zumutbarer Erwerbsverlust entstehen, wenn zum einen überhaupt und in spezifizierter Weise Klarheit über dessen Einkommensverhältnisse bestünde, zum anderen bei der Wahrnehmung von stets nur singulär, wenn überhaupt anfallenden Gerichtsterminen seitens des Sachverständigen in concreto keine Ausweichmöglichkeit für etwaige Patienten bestanden hätte und schließlich, zum dritten, jederzeit auch in hinreichendem Maße gleichsam ersatzweise Patienten zur Verfügung stünden. All dies bleibt ebenso wie im Dunkeln wie, mangels jeglicher Angaben des Sachverständigen zu seinen konkret erzielten Einkünften, die für die zweite Alternative der Vorschrift grundlegende Voraussetzung, ob der Sachverständige gerade aus dieser gutachterlichen Tätigkeit zu mindestens 70 vom Hundert seine Berufseinkünfte erzielt.

Erst recht fehlt es bei Festsetzung der gerichtlichen Entschädigung an einer nach Maßgabe der konkreten Umstände des Einzelfalles ermessensfehlerfrei vorzunehmenden Abwägung, ob und in welchem Maße, sofern die grundlegenden Voraussetzungen jener Vorschrift gegeben sein sollten, die Entschädigung bis zu 50 vom Hundert überschritten werden könnte. Allein der Umstand, dass dem Sachverständigen in einer Vielzahl gerichtlicher Verfahren ohne weiteres der maximale Erhöhungsbetrag zugebilligt worden sein soll (Bl. 116 - 130 Bd. III d. A.), besagt nichts über die Rechtmäßigkeit dieser offensichtlich habituell verfestigten Verfahrensweise und enthebt das Gericht nicht einer gehörigen Prüfung im Einzelfall. Allein die Vorschrift des § 16 Abs. 4 ZSEG verdeutlicht nachdrücklich, dass auf jeden Fall im Verhältnis zum Kostenschuldner, der an dem Festsetzungsverfahren selbst nicht beteiligt ist, stets eine gesonderte und penible Prüfung von Amts wegen stattzufinden hat, die hier indes nicht einmal ansatzweise nach den Entscheidungen festgestellt werden kann.

Bemerkenswerterweise hat auch die Bezirksrevisorin bei dem Landgericht Dessau in ihrer ersten Stellungnahme vom 09. Mai 2005 (Bl. 105 - 108 Bd. III d. A.) nur einen Zuschlag auf die Entschädigung von höchstens 20 % für gerechtfertigt gehalten, dann jedoch, aus nicht erläuterten noch sonst nachvollziehbaren Gründen, in ihrer zweiten Stellungnahme vom 23. September 2005 (Bl. 131 - 132 Bd. III d. A.) aufgrund der Einlassung des Sachverständigen ihre Auffassung kurzerhand revidiert und den zuvor gestellten Antrag auf gerichtliche Festsetzung einer verminderten Vergütung zurückgenommen.

Da keine weiteren Erkenntnisse in Bezug auf die auch erstinstanzlich als abgeschlossen zu betrachtenden Ermittlungen zur Höhe der Sachverständigenentschädigung zu erwarten sind, war und ist nach alledem jedenfalls zugunsten des an jenem Verfahren nicht beteiligten Schuldners davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für eine Erhöhung der dem Sachverständigen zustehenden Entschädigung nach § 3 Abs. 3 Satz 1 lit. b ZSEG nicht erfüllt sind.

Dementsprechend war analog § 572 Abs. 3 ZPO in Verb. mit § 621 a Abs. 1 Satz 1 ZPO aufgrund der Beschwerde die Sache zur abschließenden Entscheidung über die Erinnerung des Antragsgegners gegen den Kostenansatz an die erste Instanz mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass bei der Kostenrechnung ihm gegenüber die Entschädigung des Sachverständigen nicht gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 lit. b ZSEG zu erhöhen ist.

II.

Eine Kostenentscheidung ist gemäß § 14 Abs. 9 KostO nicht veranlasst.

Denn das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei, und Kosten werden nicht erstattet.

Ende der Entscheidung

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