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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 14.04.2005
Aktenzeichen: 14 WF 72/05
Rechtsgebiete: ZPO, RPflG


Vorschriften:

ZPO § 120 Abs. 4 Satz 2
ZPO § 124 Nr. 2, 2. Alt.
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 124 Nr. 2
ZPO § 568 Satz 2
ZPO § 571 Abs. 2 Satz 2
RPflG § 11 Abs. 1
RPflG § 20 Nr. 4 lit. c
Zwar ist grundsätzlich neuer Sachvortrag in der Beschwerde zulässig. Der neue Vortrag ist jedoch dann nicht zu berücksichtigen, wenn die Partei erstinstanzlich schuldhaft ihre Mitwirkungspflichten nicht erfüllt hat.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

14 WF 72/05 OLG Naumburg

In dem Beschwerdeverfahren

hat der 14. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg, nach Übertragung der Sache vom Einzelrichter auf das Beschwerdegericht gemäß § 568 Satz 2 ZPO, durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Deppe-Hilgenberg, den Richter am Oberlandesgericht Materlik und den Richter am Landgericht Kawa am 14. April 2005 beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Magdeburg vom 2. Dezember 2004, Az.: 221 F 2024/00 S, wird zurückgewiesen.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Gerichtsgebühr des Beschwerdeverfahrens; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO in Verb. mit den §§ 11 Abs. 1, 20 Nr. 4 lit. c RPflG statthafte und auch sonst zulässige sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg vom 2. Dezember letzten Jahres (Bl. 33 PKH-Beiheft) - dem des Weiteren eingelegten Rechtsmittel gegen die unselbständigen, zum Teil auch entbehrlichen Nichtabhilfe-Beschlüsse vom 28.02.2005 (Bl. 51/51 Rs. PKH-Beiheft) kommt per se keine rechtliche Bedeutung zu - hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht ist die der Antragsgegnerin zuvor bewilligte Prozesskostenhilfe mit dem angefochtenen Beschluss aufgehoben worden. Gemäß § 124 Nr. 2, 2. Alt. ZPO kann das Gericht die Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei absichtlich oder - zumindest davon ist hier auszugehen - aus grober Nachlässigkeit eine nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO verlangte Erklärung über eine Änderung ihrer Verhältnisse nicht abgegeben hat.

Unstreitig ist die Antragsgegnerin der Aufforderung des Amtsgerichts vom 8. bzw. 21.05.2004 (Bl. 27/28 PKH-Beiheft) und 30.06.2004 (Bl. 29 PKH-Beiheft), sich binnen einer Frist von sechs Wochen und dann drei Wochen zu einer etwaigen Änderung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erklären, nicht nachgekommen. Auch von der ihr mit Verfügung vom 05.10.2004 (Bl. 31 PKH-Beiheft) nochmals eingeräumten Gelegenheit, sich binnen 2 Wochen zu der beabsichtigten Aufhebung der Prozesskostenhilfe zu äußern, hat die Antragsgegnerin keinen Gebrauch gemacht. Sie hat demnach in nicht anders denn als grob nachlässig zu qualifizierender Weise ihrer in § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO normierten Pflicht, sich auf Verlangen des Gerichts über eine Änderung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse zu erklären, nicht genügt, weshalb das Amtsgericht berechtigt und gehalten war, gemäß § 124 Nr. 2 ZPO die bewilligte Prozesskostenhilfe aufzuheben.

Die Rechtmäßigkeit der nachträglichen Aufhebung der bewilligten Prozesskostenhilfe entfällt nicht dadurch, dass die Antragsgegnerin mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 9. Januar 2005 (Bl. 36 PKH-Beiheft) eine aktuelle Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst einigen Belegen eingereicht hat.

Zum einen ist die vorgelegte Erklärung bereits deswegen nicht ausreichend, weil sie hinsichtlich der Angaben zum Vermögen (Bl. 37 Rs. PKH-Beiheft) unvollständig ist. Die Höhe des Bausparguthabens bei der D. wird nicht angegeben, ein Beleg dazu nicht vorgelegt. Ein aktueller und kompletter Girokontoauszug fehlt. Der am 10. Januar nachgereichte Girokontoauszug vom 06.12.2004 (Bl. 49 PKH-Beiheft) ist teilweise geschwärzt und lässt den Kontostand nicht erkennen.

Zum anderen vermag oder vermöchte auch allein die nachträgliche Abgabe einer vollständigen Erklärung das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Aufhebung der Prozesskostenhilfe nach Maßgabe des § 124 Nr. 2 ZPO, der gerade in der zweiten Alternative eine Sanktion für die fehlende Kooperationsbereitschaft der Partei darstellt (vgl. Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl., 1994, Bd. 2, § 124 Rdnr. 16), nicht in Frage zu stellen (OLG Brandenburg, Rpfleger 1998, 205; OLG Koblenz Rpfleger 1997, 442, FamRZ 2000, 104; OLG Düsseldorf, MDR 2004, 410; Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., 2002, § 124 Rdnr. 39; str.; a. A., je m. w. N. zum kontroversen Meinungsstand, Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl., 2003, § 124 Rdnr. 3, und Philippi, in: Zöller, ZPO, 25. Aufl., 2005, § 124 Rdnr. 10a).

Dies gilt auch unbeschadet des § 571 Abs. 2 Satz 2 ZPO, wonach die Beschwerde grundsätzlich auch auf neues Vorbringen gestützt werden kann. Denn das neue Vorbringen in Form der nachgereichten Erklärung führt nicht etwa dazu, dass, worauf es hier entscheidend ankommt, die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung erfüllten gesetzlichen Voraussetzungen für die Aufhebung der Prozesskostenhilfe gemäß § 124 Nr. 2 ZPO rückwirkend entfielen oder als nicht gegeben anzusehen wären. Letzteres hätte nur dann der Fall sein können, wenn die Antragsgegnerin, wozu sie indes nichts vorträgt, ohne Schuld an der Abgabe der mehrfach angeforderten Erklärung bis zum Zeitpunkt der Beschlussfassung gehindert gewesen wäre. Anderenfalls bliebe die gesetzliche Sanktion des § 124 Nr. 2 ZPO stets folgenlos, falls es sich um eine weiterhin bedürftige Partei handelt, die mithin stets ohne Bedenken die gerichtliche Aufforderung, sich über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse neu zu erklären, ignorieren könnte und erst im Beschwerdeverfahren ihrer Pflicht zur Abgabe einer neuen Erklärung genügen müsste. Dies widerspricht dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck der auf eine Sanktion der fehlenden Kooperationsbereitschaft abzielenden Gesetzesvorschrift, die generell und just ohne Unterschied zwischen noch bedürftigen oder nicht mehr bedürftigen Parteien die Aufhebung der Prozesskostenhilfe im Falle der Nichtabgabe der Erklärung trotz gerichtlicher Aufforderung anordnet.

II.

Die Entscheidung hinsichtlich der Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO bzw. § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG in Verb. mit Kostenverzeichnis Nr. 1811 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG.

Außergerichtliche Kosten werden, wie aus § 127 Abs. 4 ZPO erhellt, im Beschwerdeverfahren zur Prozesskostenhilfe generell nicht erstattet.

Ende der Entscheidung

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