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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 11.10.2001
Aktenzeichen: 2 U (Lw) 14/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 985
BGB § 554 a
BGB § 594 e Abs. 2
BGB § 594 e Abs. 1
BGB § 594 e Abs. 2 Satz 4
ZPO § 711
ZPO § 713
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 543 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 546 Abs. 2
Wiederholter Zahlungsverzug mit geringen Beträgen kann zwar nicht zu einer Kündigung nach § 594 e Abs. 2 BGB, wohl aber zur fristlosen Kündigung nach § 594 e Abs. 1 i. V. m. § 554 a BGB führen.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 U (Lw) 14/01 OLG Naumburg

verkündet am: 11.10.2001

In der Landwirtschaftssache

hat der Senat für Landwirtschaftssachen des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Engel als Vorsitzenden, den Richter am Amtsgericht Grimm und den Richter am Landgericht Hachtmann sowie die Landwirtin Osterland und den Landwirt Busche als ehrenamtliche Richter auf die mündliche Verhandlung vom 26. September 2001 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 15.02.2001 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgerichts - Stendal wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer der Beklagten übersteigt 60.000,00 DM nicht.

Von der Darstellung des

Tatbestand:

wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Wie das Landwirtschaftsgericht zu Recht festgestellt hat, kann der Kläger von der Beklagten gemäß §§ 596 Abs. 1, 985 BGB die Herausgabe der streitgegenständlichen Pachtgrundstücke verlangen, denn das zwischen den Parteien mit Vertrag vom 02.06.1991 begründete Pachtverhältnis ist auf Grund einer wirksamen außerordentlichen Kündigung des Klägers zum 31.10.2000 beendet worden.

I.

Der Kläger war auf Grund des mehrfachen Verzuges der Beklagten mit der Zahlung des Pachtzinses, der auch nach einer hierauf gerichteten Abmahnung durch den Kläger wiederholt vorgekommen ist, gemäß § 13 des Pachtvertrages vom 02.06.1991 i. V. m. §§ 594 e Abs. 1, 554 a BGB zur außerordentlichen Kündigung berechtigt. Gemäß § 13 des bis zum 31.10.2003 befristeten Pachtvertrages, den der Kläger mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten am 02.06.1991 abgeschlossen hat, kann eine Vertragspartei das Pachtverhältnis fristlos oder spätestens zum Ende des laufenden Pachtjahres kündigen, wenn die andere Partei schwer oder wiederholt ihr obliegende Vertragspflichten erheblich verletzt. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

1. Die Beklagte hat unstreitig den am 01.02.1999 fälligen Pachtzins erst am 03.03.1999, die am 01.05.1999 fällige Rate erst am 31.05.1999 und den zum 01.08.1999 zu leistenden Quartalsbetrag erst am 21.09.1999 bezahlt. Obgleich der Kläger das Pachtverhältnis mit Schreiben vom 01.12.1999 im Hinblick auf den mehrfachen Zahlungsverzug gekündigt hatte, erfolgte auch die Zahlung der letzten Quartalsrate, die am 01.11.1999 zu begleichen gewesen war, wiederum verspätet, nämlich erst am 25.01.2000. Im Anschluss an zwei pünktliche Pachtzahlungen hat die Beklagte die am 01.11.2000 fällige Quartalsrate zum Teil am 14.11.2000 und zur Gänze erst am 28.12.2000 beglichen (s. die unbestrittene Aufstellung des Klägers in der Berufungserwiderung vom 25.06.2001, S. 2, 3).

2. Der Zahlungsverzug der Beklagten stellt allerdings im Einzelfall keine schwere Vertragsverletzung im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 des Pachtvertrages dar. Denn gemäß § 3 Abs. 3 des Vertrages liegt eine schwere Vertragsverletzung wegen Zahlungsverzuges im Einzelfall nur dann vor, wenn der Pächter mit der Zahlung des Pachtzinses in Höhe eines Betrages, der ein Viertel des Jahrespachtpreises übersteigt, länger als einen Monat in Verzug ist. Die Beklagte war zwar mit mehreren Zahlungen stets länger als einen Monat in Verzug, nicht aber mit mehr als einem Viertel der Jahrespachtzahlungen. Selbst wenn man dennoch eine einzelne schwere Vertragspflichtverletzung bejahen würde, wäre die hierauf gestützte, am 01.12.1999 ausgesprochene Kündigung jedenfalls gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 unwirksam, weil der zu diesem Zeitpunkt bestehende Zahlungsverzug vor Ablauf eines Monats nach Zugang der Kündigung durch die Zahlung vom 15.12.1999 beseitigt wurde. Eine schwere Vertragspflichtverletzung, die eine Kündigung ohne vorausgehende Abmahnung rechtfertigen könnte (§ 554 a, § 594 e Abs. 2 BGB), liegt deshalb nicht vor.

3. Gleichwohl rechtfertigt das Zahlungsverhalten der Beklagten insgesamt eine außerordentliche Kündigung durch den Kläger, denn sie hat ihre Vertragspflichten wiederholt verletzt und sich auch auf eine Abmahnung des Klägers uneinsichtig gezeigt.

a) Auch wenn die Voraussetzungen des § 594 e Abs. 2 BGB nicht vorliegen, kommt eine außerordentliche Kündigung wegen Zahlungsunregelmäßigkeiten in Betracht. Wiederholter Zahlungsverzug mit geringen Beträgen kann zwar nicht zu einer Kündigung nach § 594 e Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 BGB, wohl aber zur fristlosen Kündigung nach § 594 e Abs. 1 i. V. m. § 554 a BGB führen (vgl. Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, Landpachtrecht, 4. Aufl. 1997, § 594 e, Rn. 26, 32, 34). Zwar darf die Ausübung des allgemeinen Kündigungsrechtes aus wichtigem Grund nicht dazu führen, die strengeren Tatbestandsvoraussetzungen anderer Vorschriften über die fristlose Kündigung zu umgehen. Dies soll jedoch nicht dazu führen, dass eine Kündigung immer dann ausgeschlossen ist, wenn der zahlungsunwillige Pächter sich zwar fortwährend im Zahlungsverzug befindet, es aber vermeidet, die strengen Voraussetzungen des § 594 e Abs. 2 BGB eintreten zu lassen. Eine fortdauernde unpünktliche Zahlung kann deshalb ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung sein, auch wenn die Voraussetzungen einer schweren Pflichtverletzung im Sinne des § 594 e Abs. 2 BGB nicht vorliegen (vgl. BGH, NJW-RR 1988, 77 zum Mietrecht; BGH, NJW-RR 1997, 203 zum Pachtrecht).

b) Dies gilt auch vor dem Hintergrund der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung. § 13 des Vertrages unterscheidet zwischen schweren Vertragspflichtverletzungen und der wiederholten erheblichen Verletzung von Vertragspflichten. Beide Alternativen können unabhängig voneinander die vorzeitige Beendigung des Vertrages rechtfertigen. Einer außerordentlichen Kündigung wegen fortdauernder unpünktlicher Zahlung steht § 13 Abs. 1 Satz 2 nicht entgegen, denn diese einschränkende Klausel, die die Unwirksamkeit der Kündigung im Falle nachträglicher Zahlung zur Folge hat, entspricht dem Grundsatz der Ausnahmeregelung des § 594 e Abs. 2 Satz 4 BGB und erstreckt sich ausdrücklich nur auf den Fall einer Kündigung wegen schwerer Vertragsverletzung im Sinne des § 3 Abs. 3 des Vertrages, nicht aber auf den Fall des wiederholten oder anhaltenden Zahlungsverzuges.

c) Ein Festhalten an dem Vertrag bis zum Ende der Laufzeit ist für den Kläger nicht zumutbar, denn die Beklagte hat ihre unregelmäßige Zahlungspraxis trotz Abmahnung durch den Verpächter fortsetzt.

aa) Dabei kann offen bleiben, ob die Beklagte die Abmahnung vom 16.09.1999 erhalten hat, was sie im Berufungsverfahren erstmals bestreitet. Fehlte es an dem Zugang dieser Abmahnung, so wäre die Kündigung vom 01.12.1999 als solche zwar unwirksam. Gleichwohl ergibt sich aus dem Kündigungsschreiben, dass der Kläger die weitere Unregelmäßigkeiten der Pachtzahlungen nicht dulden wollte. In der Kündigung liegt daher nach dem Grundsatz "de maiore ad minus" inhaltlich eine Abmahnung (vgl. hierzu BGH ZMR 1972, 306, 307). Dessen ungeachtet hat die Beklagte auch danach - bereits zum vierten Mal in Folge - die offene Quartalszahlung verspätet, nämlich erst am 25.01.2000 geleistet. Auch die Quartalsrate per 01.11.2000 hat sie verspätet überwiesen.

bb) Der Kläger musste deshalb davon ausgehen, dass die Beklagte trotz erfolgter Abmahnung nicht bereit war, die Pachtzinszahlungen künftig pünktlich zu leisten. Unter diesen Umständen durfte er das Vertragsverhältnis vorzeitig beenden, wobei die Kündigung zum Ablauf des nächsten Pachtjahres, mithin zu einem angemessenen Zeitpunkt erklärt werden musste. Eine solche - konkludente - Kündigungserklärung liegt in der Erhebung der vorliegenden Klage.

4. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Kläger sich bei Vertragsschluss gegenüber der Rechtsvorgängerin der Beklagten damit einverstanden erklärt hat, "es mit den Zahlungsterminen des Pachtvertrages großzügig zu handhaben und Zahlungen der Pächterin, die noch innerhalb eines Zeitraums von bis zu drei Monaten (...) erfolgten, als rechtzeitig zu akzeptieren," wie die Beklagte - erstmals im Berufungsverfahren - behauptet hat. In einer solchen Erklärung könnte allenfalls ein einseitiges Entgegenkommen des Klägers zu sehen sein, das seiner Disposition nicht entzogen wäre. Denn die behauptete mündliche Billigung verspäteter Zahlungen ist im Gegensatz zu anderen Zusatzvereinbarungen in keiner Weise im Vertrag erwähnt oder angedeutet worden, obgleich sie bei Vertragsschluss vereinbart worden sein soll. Vielmehr haben die Vertragspartner trotz und in Kenntnis dieses behaupteten Zugeständnisses § 3 des Vertrages nicht ergänzt oder eingeschränkt, sondern an den vertraglichen Zahlungsfristen festgehalten. Vor diesem Hintergrund hat das behauptete mündliche Zugeständnis des Klägers neben den vertraglichen Regelungen allenfalls den Charakter eines von ihm jederzeit kündbaren, einseitigen Entgegenkommens. Dass er mit der unpünktlichen Zahlung zukünftig nicht (mehr) einverstanden war, konnte die Beklagte seinem Kündigungsschreiben vom 01.12.1999 entnehmen. Gleichwohl hat sie weiterhin die Quartalszahlungen nicht pünktlich überwiesen. Unstreitig sind selbst nach Rechtshängigkeit der vorliegenden Klage die Quartalszahlungen nicht ordnungsgemäß geleistet worden. Zuletzt gingen die zum 01.02.2001 und zum 01.05.2001 fälligen Zahlungen verspätet ein.

II.

Da der Kläger bereits auf Grund der anhaltenden unpünktlichen Zahlungen der Beklagten zur außerordentlichen Kündigung berechtigt war, kommt es nicht darauf an, ob die weiteren, gegenüber der Beklagten erhobenen Vorwürfe zutreffend sind, sie insbesondere eine weitere Vertragsverletzung durch unsachgemäße Behandlung der Pachtsache begangen hat.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713, 546 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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