Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 16.12.2004
Aktenzeichen: 2 U 114/04
Rechtsgebiete: BGB, EGBGB, ZPO, AGBG


Vorschriften:

BGB § 133
BGB § 157
BGB § 607
BGB § 609
EGBGB § 5
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 156 Abs. 1
AGBG § 5
AGBG § 1
Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Kreditinstituts, derzufolge ein die Kündigung eines Darlehens zur sofortigen Rückzahlung rechtfertigender wichtiger Grund insbesondere dann vorliegt, "wenn der mitfinanzierte Betrieb ganz oder in wesentlichen Teilen eingestellt, verkauft, vermietet, verpachtet oder aus den neuen Bundesländern oder Berlin (Ost) verlagert wird oder der Förderzweck - Gründung und Erhaltung einer selbständigen gewerblichen oder freiberuflichen Existenz - auf andere Weise entfällt", ist nicht zweifelsfrei dahin auszulegen, dass der Förderzweck des Darlehens ausschließlich an die Geschäftsführertätigkeit des Darlehensnehmers in dem Betrieb geknüpft ist und mit der Abberufung des Darlehensnehmers als Geschäftsführer des als GmbH betriebenen Betriebs entfällt; die Klausel lässt auch die Auslegung zu, dass der Darlehensgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund nur dann berechtigt sein soll, wenn der Darlehensnehmer nicht nur als Geschäftsführer abberufen wird, sondern auch seine Gesellschaftsbeteiligung als Mehrheitsgesellschafter nicht mehr innehat.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

2 U 114/04 OLG Naumburg

Verkündet am: 16. Dezember 2004

In dem Rechtsstreit

...

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Engel, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Strietzel und die Richterin am Landgericht Göbel auf die mündliche Verhandlung vom 24. November 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 08. Juli 2004 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Beschwer der Klägerin übersteigt 20.000,- Euro.

Gründe:

A.

Die Klägerin nimmt als Rechtsnachfolgerin der Deutschen Ausgleichsbank die Beklagte im Wege der Teilklage auf Rückzahlung eines vorzeitig gekündigten Sonderkredites in Anspruch.

Die Klägerin hat gemäß Artikel 1 § 1 des Gesetzes zur Neustrukturierung der Förderbanken des Bundes vom 15.08.2003 (BGBl. I 2003, S. 1653 ff) das Vermögen der Deutschen Ausgleichsbank einschließlich aller Rechte und Pflichten im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übernommen.

Die Klägerin sowie zuvor ihre Rechtsvorgängerin, die Deutsche Ausgleichbank, sind Förderinstitute des Bundes für den unternehmerischen Mittelstand. Die Klägerin vergibt als Anstalt des öffentlichen Rechts entsprechend ihren Förderrichtlinien auf Antrag unter anderem zweckgebundene Sonderkredite an Existenzgründer mit dem Förderungszweck, die Eigenkapitalbasis für angemessene und erfolgversprechende Vorhaben im Bereich der mittelständischen und gewerblichen Wirtschaft und der freien Berufe in den neuen Bundesländern und Berlin (Ost) zu stärken. Der Darlehensantrag wird dabei jeweils über die Hausbank des Antragsstellers gestellt und im Falle der Bewilligung des Darlehens durch die Hausbank im Namen und für Rechnung des Klägers verwaltet.

Die Beklagte ist mit einem Geschäftsanteil von 52 % neben Herrn W. F. , der den restlichen Anteil von 48 % als Mitgesellschafter der GmbH hält, Gesellschafterin der im Jahre 1990 gegründeten Firma S. Automobile GmbH, zu deren Geschäftsführerin sie gemeinsam mit Herrn W. F. bestellt war. Die im Jahre 1990 gegründete S. Automobilie GmbH betreibt einen Handel mit Pkw und eine Reparaturwerkstatt, wobei sie ursprünglich zu den Vertragshändlern des Automobilherstellers H. gehörte. Daneben hat die Beklagte zusammen mit Herrn W. F. und Frau K. F. eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet, die die Gewerbeimmobilie, auf der sich das Geschäftsgebäude der S. GmbH befindet, mit über die D. Bank AG finanzierte Kreditmitteln zu Eigentum erworben und an die S. Automobile GmbH vermietet hat. Nach den beiden Gesellschaften zugrunde liegenden Konzept sind die GbR einerseits und die GmbH andererseits dergestalt miteinander verbunden, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Besitzgesellschaft fungiert und der GmbH als werbend tätigen Betriebsgesellschaft die Immobilie zum Betrieb des Autohauses mit Werkstatt zur Verfügung stellt.

Mit Darlehensvertrag vom 23.10.1995 gewährte die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die Deutsche Ausgleichsbank, der Beklagten unter Berücksichtigung der entsprechenden Förderrichtlinien des Bundesministeriums für Wirtschaft ein Eigenkapitalhilfedarlehen zu einem Nennbetrag von 563.500,- DM über eine Laufzeit von 20 Jahren, das der Beklagten über deren Hausbank, die D. Bank AG, zur Verfügung gestellt wurde. Unter Ziffer 1.1 des Darlehensvertrages war bestimmt, dass das Eigenkapitalhilfedarlehen zweckgebunden sein sollte und nur zur Finanzierung desjenigen Vorhabens eingesetzt werden durfte, zu dessen Mitfinanzierung die Eigenkapitalhilfe beantragt wurde. Unter Ziffer 5.1. der dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Rechtsvorgängerin der Klägerin wurde dieser das Recht eingeräumt, das Darlehen aus wichtigem Grund zur sofortigen Rückzahlung zu kündigen. Ziffer 5.1. lautet auszugsweise weiter wie folgt:

" dies gilt insbesondere, wenn a) der mitfinanzierte Betrieb ganz oder in wesentlichen Teilen eingestellt, verkauft, vermietet, verpachtet oder aus den neuen Bundesländern oder Berlin (Ost) verlagert wird oder der Förderzweck - Gründung und Erhaltung einer selbständigen gewerblichen oder freiberuflichen Existenz - auf andere Weise entfällt..."

Unter Ziffer 4 des Darlehensvertrages war zu den Informationspflichten des Darlehensnehmers bestimmt, dass dieser die Hausbank unverzüglich über Vorkommnisse, die den Förderzweck oder die ordnungsgemäße Bedienung des Darlehens gefährden könnten, in Kenntnis setzte. Eine Unterrichtungspflicht sollte dabei insbesondere bestehen, wenn der Darlehensnehmer beabsichtigte, aus der Geschäftsführung auszuscheiden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den zwischen der Deutschen Ausgleichsbank und der Beklagten zustande gekommenen Darlehensvertrag vom 23.10.1995 (Anlage K 1, Bl. 20 d. A.) Bezug genommen.

Der Darlehensvertrag kam auf der Grundlage des Darlehensantrages der Beklagten vom 16.06.1995 zustande. In dem Antrag hatte die Beklagte angegeben, dass das EKH-Darlehen als Folgeinvestition in dem am 15. Oktober 1990 gegründeten Geschäftsbetrieb der S. Automobilie GmbH, in der sie - die Beklagte - zur Geschäftsführerin berufen sei, eingesetzt werde. Unter Ziffer 3 des Antrages "Angaben zum Unternehmen" wurde die Firma S. Automobile GmbH aufgeführt und im übrigen unter Ziffer 6 hinsichtlich der Beschreibung des Vorhabens auf das Unternehmenskonzept der GmbH Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Darlehensantrag vom 16.06.1995 (Anlage K 6, Bl. 117 d. A.) verwiesen.

Bestandteil des Darlehensvertrages und mit diesem fest verbunden waren die Programmrichtlinien des Eigenkapitalhilfe-Programms des Bundesministerium für Wirtschaft zur Förderung selbständiger Existenzen in den neuen Bundesländern und Berlin (Ost) (Anlage K 4, Bl. 50 d. A.), auf die wegen der Einzelheiten ebenfalls Bezug genommen wird.

Im Jahre 1999 geriet die S. Automobile GmbH in eine wirtschaftliche Schieflage. Die Verkaufszahlen der Neu- und Gebrauchtwagen der Marke H. gingen so dramatisch zurück, dass die Firma H. den Händlervertrag mit der S. Automobile GmbH kündigte. Um die betriebswirtschaftliche Situation zu analysieren und eine Konsolidierung des Unternehmens zu erreichen, beauftragte die GmbH auf Veranlassung ihrer Hausbank, der D. Bank AG, den Unternehmensberater M. mit der Erstellung eines Sanierungskonzeptes. Das von dem Unternehmensberater erstellte Konzept sah unter anderem vor, dass die Beklagte zum 01.01.2002 aus der Geschäftsführung des Unternehmens ausscheidet. Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 02.04.2002 wurde die Beklagte als Geschäftsführerin abberufen und die Abberufung im Handelsregister des Amtsgerichts Magdeburg eingetragen.

Mit Schreiben vom 14.05.2002 kündigte die Hausbank namens und in Vollmacht der Klägerin - gestützt auf die Kündigungsregelung gemäß Ziffer 5.1. des Darlehensvertrages - das Eigenkapitalhilfedarlehen mit sofortiger Wirkung und stellte die Darlehensvaluta in Höhe von 288.112, 98 Euro (563.500,00 DM) zur Rückzahlung bis zum 15.06.2002 fällig. Da eine Rückzahlung des Darlehens zu dem vorgesehenen Termin unterblieb, nahm die Klägerin das Darlehen in ihre Eigenverwaltung und forderte die Beklagte mit Schreiben vom 20.01.2003 letztmals auf, bis zum 03.03.2003 einen geeigneten Rückführungsvorschlag zu unterbreiten.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass sie zur außerordentlichen Kündigung des EKH-Darlehensvertrages nach Maßgabe der Ziffer 5.1. des Vertrages berechtigt gewesen sei, da aufgrund der Abberufung der Beklagten von deren Amt als Geschäftsführerin der S. Automobile GmbH die Fördervoraussetzungen in Wegfall geraten seien. Voraussetzung für die Bewilligung des EKH-Darlehens sei seinerzeit nämlich gerade die Förderung der selbständige Tätigkeit der Beklagten als Geschäftsführerin der S. Automobile GmbH gewesen, was der Beklagten auch bekannt gewesen sei. Da die Beklagte ihre Geschäftsführertätigkeit nicht mehr ausübe, sei der Förderzweck letztlich entfallen.

Die Klägerin hat im Wege der Teilklage beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 50.000,- Euro nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 24.12.2002 sowie 20,00 Euro an außergerichtlichen Kosten zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Meinung gewesen, dass die Fördervoraussetzungen für das EKH-Darlehen durch ihre Abberufung als Geschäftsführerin der S. Automobile GmbH nicht entfallen seien, zumal sie ihre Gesellschafterstellung sowohl in der Betriebs-GmbH als auch in der Besitz-GbR behalten habe. Weder aus dem Darlehensvertrag und den einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin noch aus den Programmrichtlinien lasse sich zweifelsfrei entnehmen, dass die Bewilligung des EKH-Darlehens von ihrer Geschäftsführerfunktion in der GmbH habe abhängig sein sollen. Im Hinblick auf den Förderzweck sei im übrigen zu berücksichtigen, dass sie - die Beklagte - das Darlehen als Gesellschafterin der Besitz-GbR und nicht der GmbH aufgenommen habe, da über die Darlehensmittel der Erwerb und Ausbau des Geschäftsgrundstückes habe finanziert werden sollen. Die Darlehensvaluta sei auch bestimmungsgemäß verwendet worden. Das Darlehen habe insofern allein dem Zweck gedient, die geförderte selbständige Existenz der Beklagten in Gestalt des Betriebes der S. Besitz-GbR zu erhalten.

Die Beklagte hat zudem die Ansicht vertreten, dass ihre Abberufung als Geschäftsführerin nicht formwirksam zustande gekommen sei, da es an einer notariellen Beurkundung des Gesellschafterbeschlusses fehle. Die Klägerin sei aber jedenfalls nach Treu und Glauben gehindert, sich auf die Rechtswirkungen der außerordentlichen Kündigung zu berufen. Hierzu hat die Beklagte vorgetragen, dass die D. Bank AG, die als Hausbank das Kreditengagement der Klägerin verwaltet habe, sie - die Beklagte - geradezu dazu gedrängt habe, das durch den Unternehmensberater M. entworfene Sanierungs- und Konsolidisierungskonzept umzusetzen und ihre Geschäftsführerposition aufzugeben. Die D. Bank AG habe hierbei versäumt, sie darauf hinzuweisen, dass mit der Beendigung der Geschäftsführertätigkeit zugleich ein Kündigungsgrund für das EKH-Darlehen geschaffen werde. Hätte sie - die Beklagte - gewusst, dass mit dem Ausscheiden aus der Geschäftsführung die Kündigung des EKH- Darlehens verbunden gewesen sei, hätte sie dieser Verfahrensweise nicht zugestimmt und auf einer anderen Lösung beharrt. Es widerstreite daher den Grundsätzen von Treu und Glauben, dass die D. Bank AG sie zunächst zur Aufgabe ihrer Geschäftsführertätigkeit veranlasst habe, um sodann das Eigenkapitalhilfedarlehen fällig zu stellen.

Das Landgericht hat mit dem am 08. Juli 2004 verkündeten Urteil, auf das wegen des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe nach § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, der Teilklage statt gegeben und die Beklagte zur Zahlung von 50.000,- Euro nebst Zinsen verurteilt. Zur Begründung hat das Landgericht im wesentlichen ausgeführt, dass der Darlehensvertrag durch die Kündigung der Klägerin vom 14.05.2002 wirksam beendet worden sei. Denn mit der Abberufung der Beklagten aus dem Geschäftsführeramt in der S. Automobile GmbH sei der in dem Darlehensvertrag vereinbarte Förderzweck, nämlich die Gründung und Erhaltung einer selbstständigen gewerblichen Tätigkeit, entfallen. Die Beklagte habe nicht dargetan, dass dem Darlehensvertrag ein anderer Förderzweck als die Gründung und Erhaltung ihrer Geschäftsführertätigkeit in der S. Automobile GmbH zugrunde gelegen habe. Insbesondere sei die Tatsache, dass die Beklagte daneben noch Gesellschafterin der Besitz-GbR gewesen sei, nicht geeignet, einen eigenen Förderzweck für das Eigenkapitalhilfedarlehen vom 28.09.1995 zu begründen, da ihre Gesellschafterstellung keine selbständige gewerbliche Existenz darstelle.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiter verfolgt.

Sie beanstandet, dass das Landgericht die Darlegungs- und Beweislastverteilung verkannt habe. Es sei nämlich Sache der Klägerin gewesen, die Voraussetzungen für eine wirksame Kündigung des Darlehensvertrags darzulegen. Der pauschale Vortrag der Klägerin zu der formalen Beendigung der Geschäftsführertätigkeit habe insofern jedoch nicht genügt. Das Landgericht habe überdies dem Umstand nicht ausreichend Rechnung getragen, dass das Unternehmen in eine Besitzgesellschaft und eine Betriebsgesellschaft aufgespalten sei. Insofern hat die Beklagte unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vorgetragen, dass sie das Darlehen in ihrer Funktion als Gesellschafterin der Besitz-GbR mit dem Ziel aufgenommen habe, hierdurch den Erwerb des Geschäftsgrundstückes finanzieren zu können. Dementsprechend stehe die Darlehensaufnahme nicht im Zusammenhang mit ihrer Geschäftsführerstellung in der S. Automobile GmbH. Die von dem Landgericht gezogene Schlussfolgerung, Förderzweck bilde allein die Geschäftsführertätigkeit in der S. Automobile GmbH, finde überdies nicht in den Vertragsunterlagen und Förderrichtlinien ihren Niederschlag. Jedenfalls bleibe der tatsächlich vereinbarte Förderzweck unklar und zweifelhaft, was zulasten der Klägerin als Klauselverwenderin gehen müsse.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 08.07.2004 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurück zu weisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung des Landgerichts und vertieft und wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend trägt sie vor, dass aus dem in dem EKH- Darlehensvertrag ausdrücklich in Bezug genommenen Antrag der Beklagten zweifelsfrei hervor gehe, dass sich das Darlehen auf Investitionen der S. Automobile GmbH beziehe, während die GbR mit keinem Wort erwähnt werde. Nicht zutreffend sei daher, dass der Zweck des aufgenommenen Darlehens der Erwerb und Ausbau des Geschäftsgrundstückes gewesen sei.

Wegen des weitergehenden Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

B.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg und führt zu der beantragten Abänderung der angefochtenen Entscheidung.

I.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückzahlung des gewährten EKH-Darlehens aus dem vorzeitig gekündigten Darlehensvertrag vom 28. September 1995 in Verbindung mit §§ 607, 609 BGB in der nach Art. 229 § 5 EGBGB fortgeltenden Fassung (im Folgenden: a. F.; §§ 488 ff BGB n. F.) nicht zu.

1. Zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin, der Deutschen Ausgleichbank, einerseits und der Beklagten andererseits ist auf der Grundlage des Darlehensantrages der Beklagten vom 16.06.1995 unter dem 23.10.1995 ein Darlehensvertrag über ein Eigenkapitalhilfedarlehen zu einem Nennbetrag von 563.500,- DM rechtswirksam zustande gekommen. In den Darlehensvertrag haben die Parteien die Förderrichtlinien des Bundesministeriums für Wirtschaft zum Eigenkapitalhilfeprogramm einbezogen. Die Darlehensvaluta sind der Beklagten unstreitig ausgereicht worden.

2. Aus diesem Darlehensvertrag ist die Klägerin aktiv legitimiert. Denn sie hat gemäß Art. 1 § 1 des Gesetzes zur Neustrukturierung der Förderbanken des Bundes vom 15. August 2003 (BGBl. I 2003, S. 1657) das Vermögen der Deutschen Ausgleichsbank im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übernommen und ist damit auch in deren Rechte und Pflichten aus dem hier streitbefangenen EKH- Darlehensvertrag eingetreten.

3. Mit ihrer Kündigungserklärung vom 14. Mai 2002 hat die Klägerin das EKH-Darlehen jedoch nicht wirksam zur Rückzahlung fällig gestellt. Denn der Klägerin hat ein außerordentliches Kündigungsrecht nicht zur Seite gestanden. Insbesondere hat sie ihre Darlehenskündigung nicht auf Ziffer 5. 1. Buchstabe a) ihrer in den Vertrag einbezogenen Allgemeinen Vertragsbedingungen stützen können.

Nach der unter Ziffer 5.1. Buchstabe a) getroffenen Kündigungsregelung sollte ein wichtiger Kündigungsgrund insbesondere dann vorliegen, wenn der mitfinanzierte Betrieb ganz oder in wesentlichen Teilen eingestellt, verkauft, vermietet, verpachtet oder aus den neuen Bundesländern oder Berlin (Ost) verlagert wird oder der Förderzweck - Gründung und Erhaltung einer selbständigen gewerblichen oder freiberuflichen Existenz - auf andere Weise entfällt. Diese Voraussetzungen haben im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs indessen nicht vorgelegen. Der Senat hat im Ergebnis einer objektiven Auslegung des Inhaltes des Darlehensvertrages unter Berücksichtigung auch der Förderrichtlinien nicht zweifelsfrei feststellen können, dass der Förderzweck des EKH-Darlehens ausschließlich an die Geschäftsführertätigkeit der Beklagten in der S. Automobil GmbH geknüpft sein sollte und mit der Abberufung der Beklagten als Geschäftsführerin der GmbH dementsprechend entfallen ist.

a) Das Landgericht hat der angefochtenen Entscheidung allerdings mit Recht zugrunde gelegt, dass sich der vertraglich vereinbarte Förderzweck auf die Erhaltung und Festigung des Geschäftsbetriebs der S. Automobile GmbH als Grundlage für die selbständige gewerbliche Existenz der Beklagten bezogen hat und nicht auf ihre Gesellschafterfunktion in der daneben gegründeten Besitz-GbR.

aa) Ausgehend von Ziffer 1. 1. des Darlehensvertrages durfte das der Beklagten zur Verfügung gestellte zweckgebundene EKH-Darlehen allein zur Finanzierung des Vorhabens eingesetzt werden, zu dessen Mitfinanzierung die Eigenkapitalhilfe beantragt worden war. Dem in Bezug genommenen Antrag der Beklagten auf Existenzgründung und Existenzförderung vom 16.06.1995 lässt sich dabei unmissverständlich entnehmen, dass das EKH-Darlehen über 563.500,00 DM als Folgeinvestition zur Festigung des am 15.Oktober 1990 eröffneten Geschäftsbetriebes der S. Automobile GmbH dienen sollte. In dem Antragsformular hat die Beklagte nämlich angegeben, dass es sich bei dem Darlehen um eine Folgeinvestition für den am 15.10.1990 eröffneten Geschäftsbetrieb der S. Automobile GmbH handeln sollte. Unter Ziffer 3 des Antrages ist hinsichtlich der erforderten Angaben zum Unternehmen ausschließlich der Betriebsgegenstand und Geschäftsbereich der S. Automobile GmbH beschrieben. Auch die weiteren Angaben zu den Geschäftsanteilen, den Beschäftigungszahlen und Umsätzen verhalten sich ausschließlich über die S. Automobile GmbH, in der die Beklagte - wie sie mit ihrer Unterschrift bestätigt hat - die geförderte selbständige Tätigkeit im Haupterwerb ausübt. Auch das in dem Antrag in Bezug genommene und zur Akte gereichte Unternehmenskonzept hat in erster Linie die Umsatz- und Ertragsplanung der Betriebs- GmbH zum Gegenstand.

Soweit die Beklagte demgegenüber behauptet, die Darlehensgewährung habe in keinem Zusammenhang mit ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit in der S. Automobile GmbH gestanden, das Darlehen sei vielmehr ausschließlich zum Zwecke des Erwerbes und Ausbaus der Immobilie von ihr als Gesellschafterin der Besitz-GbR aufgenommen worden, hat das diesbezügliche Vorbringen in dem vorliegenden Antrag, der gemäß Ziffer 1.1. des EKH- Darlehensvertrages zur Grundlage der vertraglichen Einigung der Parteien gemacht worden ist, keine Stütze gefunden. Der in dem Antrag bezeichnete Verwendungszweck für die beabsichtigten Investitionen ist vielmehr eindeutig auf eine Festigung der in der S. Automobile GmbH ausgeübten selbständigen Tätigkeit der Beklagten ausgerichtet gewesen. Auch der in dem Antrag enthaltene Investitionsplan bezieht sich ausschließlich auf die Betriebstätigkeit der GmbH. Die Besitz-GbR ist in dem Antrag hingegen an keiner Stelle erwähnt. Der Klägerin mag zwar die gesellschaftsrechtliche Konstruktion nämlich die vollzogene Aufspaltung in eine Besitz-Gesellschaft in der Rechtsform der GbR einerseits und eine Betriebs-GmbH andererseits bekannt gewesen sein. Der in dem Antrag aufgeführte Investitionsplan sowie die Beschreibung des Unternehmens haben sich indessen allein auf die im Automobilhandel und Reparaturbetrieb werbend tätige GmbH bezogen.

bb) Der erstmals in der Berufungsinstanz von der Klägerin vorgelegte Darlehensantrag konnte vom Senat berücksichtigt werden. Zwar handelt es sich bei dem Darlehensantrag um neues Tatsachenvorbringen der Klägerin im Sinne der §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO. Dieses ist hier jedoch im Berufungsverfahren zuzulassen. Der Senat kann dahin gestellt sein lassen, ob das Antragsformular bereits deshalb nach §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO Gegenstand des vorliegenden Berufungsurteils sein kann, weil das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin einen Gesichtspunkt betrifft, den das Landgericht erkennbar übersehen bzw. für unerheblich gehalten hat. Der Tatbestand des § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO kommt hier deshalb in Betracht, weil das Landgericht für seine Entscheidung den Inhalt des in dem Vertrag der Parteien in Bezug genommenen Darlehensantrages nicht für maßgeblich erachtet hat. Diese Frage bedarf jedoch keiner abschließenden Entscheidung. Denn die Beklagte hat den Inhalt des Darlehensantrages jedenfalls nicht in Abrede gestellt. Das unbestritten gebliebene Vorbringen der Klägerin zu dem Kreditantrag ist danach aber in jedem Fall zur Erzielung eines materiell gerechten Ergebnisses - auch ungeachtet des Vorliegens der Zulassungsvoraussetzungen der §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO - der Verhandlung und Entscheidung des Senates zugrunde zu legen. Denn das durch die Reform der Zivilprozessordnung im Vordergrund der Präklusionsvorschriften stehende Interesse einer möglichst schonenden Inanspruchnahme der Ressource Recht und der damit verbundenen Zielsetzung, den Tatsachenvortrag grundsätzlich in erster Instanz zu konzentrieren, wird nicht berührt, und eine Verzögerung des Rechtsstreites droht insoweit gleichfalls nicht (vgl. OLG Hamm MDR 2003, 650, 651).

b) Dem Wortlaut der Ziffer 5.1. Buchstabe a) lässt sich jedoch nicht zweifelsfrei entnehmen, dass das alleinige Ausscheiden der Darlehensnehmerin aus der Geschäftsführung des geförderten Unternehmens eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen sollte. Denn die Abberufung als Geschäftsführer ist nicht ausdrücklich als wichtiger Kündigungsgrund bezeichnet worden. Aus der Fassung der Kündigungsregelung in Ziffer 5.1 Buchstabe a) des Darlehensvertrages geht insbesondere nicht sicher hervor, wie es sich verhält, wenn der Darlehensnehmer zwar die Geschäftsführung in dem geförderten Unternehmen aufgibt, aber - wie hier - seine Gesellschafterstellung mit einer Mehrheit der Geschäftsanteile beibehält und als Mehrheitsgesellschafter nach wie vor auf die Geschicke der Gesellschaft entscheidenden Einfluss nehmen kann. Der Senat hat unter Zugrundelegung allgemeiner Auslegungskriterien keinen eindeutigen Sinngehalt der genannten Vertragsbestimmung zu ermitteln vermocht.

aa) Allerdings lassen sich dem Vertragsinhalt Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Eigenkapitalhilfe nach ihrem Sinn und Zweck eine tätige Mitwirkung des Antragsstellers in der Geschäftsleitung voraussetzt. Aus dem dem Darlehensvertrag beigefügten Eigenkapitalhilfeprogramm des Bundesministeriums geht hervor, dass Ziel der Förderung sein soll, die selbständige berufliche Tätigkeit des jeweiligen Antragsstellers im Bereich der mittelständischen gewerblichen Wirtschaft durch eine finanzielle Unterstützung zu festigen. Dies lässt es geboten erscheinen, dass sich der Antragssteller auch in das von ihm mit Fremdmitteln geförderte Unternehmen beruflich einbringt und eine exponierte Position in dem werbend tätigen Betrieb einnimmt, die ihm eine Einflussnahme auf die Geschäftsführung und auf die Betriebsabläufe ermöglicht. Dieser an dem Sinn und Zweck der Förderung orientierte Auslegungsbefund wird auch durch den weiteren Inhalt der Förderrichtlinien gestützt. Denn diese stellen im Hinblick auf die Antragsberechtigung maßgeblich auf eine natürliche Person ab, die die für die Ausübung der geförderten Tätigkeit erforderliche berufliche Qualifikation aufweist. Die Anknüpfung an die fachliche und kaufmännische Qualifikation weist darauf hin, dass das Eigenkapitalhilfeprogramm in erster Linie auf die Förderung der beruflichen Tätigkeit der antragstellenden Person abzielt und dass von dieser eine aktive Beteiligung in dem mit den Kreditmitteln neu gegründeten oder fortgeführten Unternehmen erwartet wird. Dies ist bei einer Geschäftsführertätigkeit der Darlehensnehmerin im Rahmen einer GmbH gewährleistet.

bb) Der objektive Erklärungsgehalt der Vertragsklausel in Ziffer 5.1. Buchstabe a) lässt andererseits aus objektiv verständiger Sicht nach §§ 133, 157 BGB ebenso die Auslegung zu, dass die Klägerin zur Kündigung aus wichtigem Grund nur dann berechtigt sein sollte, wenn der Darlehensnehmer aus dem geförderten Unternehmen insgesamt ausscheidet, mithin nicht nur - wie hier - als Geschäftsführer abberufen wird, sondern auch seiner Gesellschaftsbeteiligung als Mehrheitsgesellschafter verlustig geht.

(1) Soweit der Darlehensvertrag und die Förderrichtlinien die Gründung und Erhaltung der selbständigen gewerblichen Existenz des Darlehennehmers als zentralen Förderzweck herausstellen, ist hiermit weder begrifflich noch nach der wirtschaftlichen Interessenlage zwingend die Übernahme der Geschäftsführung in dem geförderten Unternehmen verbunden. Ist der Darlehensnehmer nämlich in nicht unerheblichem Umfang an einer gewerblich tätigen Gesellschaft beteiligt, kann schon allein diese Gesellschaftsbeteiligung seine gewerbliche Existenz darstellen, auch ohne dass er zum Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt ist. Dies muss insbesondere gelten, wenn der Darlehensnehmer - wie hier die Beklagte - die Mehrheit der Geschäftsanteile an der Gesellschaft hält. Denn in diesem Fall kann der Darlehensnehmer als Mehrheitsgesellschafter auf die Geschicke der Gesellschaft selbst unmittelbaren Einfluss nehmen und die Geschäftspolitik mitbestimmen, so auch Geschäftsführer bestellen oder abberufen. Hält der Darlehensnehmer die Mehrheit der Geschäftsanteile, ist sein eigenes wirtschaftliches Fortkommen auch eng mit dem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens verknüpft.

(2) Dass der Förderzweck der Gründung und Erhaltung der gewerblichen Existenz nicht notwendig eine Geschäftsführerposition des Darlehensnehmers in dem geförderten Betrieb voraussetzt, sondern insoweit vielmehr die Beteiligung an dem geförderten Betrieb im Vordergrund steht, zeigt auch ein systematischer Vergleich mit den weiteren Alternativen des Kündigungstatbestandes der Ziffer 5.1. Buchstabe a), die jeweils betriebsbezogen an die Erhaltung des Unternehmens anknüpfen und eine Kündigung dann rechtfertigen, wenn der mitfinanzierte Betrieb ganz oder in wesentlichen Teilen eingestellt, verkauft, vermietet, verpachtet oder aus den neuen Bundesländern verlagert wird. Soll aber die hier in Rede stehende Kündigungsalternative des Entfallens des Förderzweckes, nämlich der Gründung und Erhaltung einer selbständigen gewerblichen Existenz, in sonstiger Weise eine vergleichbare Qualität aufweisen wie die vorgenannten Kündigungsgründe, liegt es nahe, die selbständige berufliche Existenz nicht an der Geschäftsführungsfunktion des Darlehensnehmers auszurichten, sondern ebenfalls betriebsbezogen die wirtschaftliche Teilhabe des Darlehensnehmers an dem Unternehmen für maßgeblich zu erachten.

(3) Dieser Auslegungsbefund wird zusätzlich gestützt durch das Ergebnis einer systematischen Betrachtung zwischen der hier in Rede stehenden Kündigungsregelung unter Ziffer 5.1. des Darlehensvertrages einerseits und der Vertragsbestimmung über Informationspflichten und Kontrollrechte unter Ziffer 4.1. des Darlehensvertrages andererseits.

Während nämlich Ziffer 5.1. einen wichtigen Kündigungsgrund in der Aufgabe der selbständigen gewerblichen oder freiberuflichen Existenz erblickt, ohne in diesem Zusammenhang das Ausscheiden aus der Geschäftsführung ausdrücklich zu erwähnen, erlegt Ziffer 4.1 des Darlehensvertrages dem Darlehensnehmer eine vertragliche Unterrichtungspflicht für den Fall des Ausscheidens aus der Geschäftsführung auf, weil dies den Förderzweck oder die ordnungsgemäße Bedienung des Darlehens "gefährden" könnte. In Ziffer 4.1. ist die Abberufung als Geschäftsführer mithin lediglich als ein Regelbeispiel aufgeführt, das zu einer Gefährdung des Förderzweckes führen "kann", ohne dass der Fortbestand des Vertrages hierdurch bereits in jedem Fall in Frage gestellt ist. Aus der Formulierung der Ziffer 4.1. ( "...Vorkommnisse, die den Förderungszweck ... gefährden können") geht vielmehr hervor, dass einer Änderung in der Geschäftsführung regelmäßig nicht ein solches Gewicht beigemessen wird, dass dem Darlehensvertrag bereits allein hierdurch automatisch die Grundlage entzogen wird und eine außerordentliche Kündigung des Vertrages gerechtfertigt erscheint.

Darauf, dass nicht schon allein die Beendigung der Geschäftsführertätigkeit den Förderzweck entfallen lassen sollte, weist schließlich auch die in Ziffer 4.1. an das Vorliegen dieses Umstands geknüpfte Rechtsfolge hin. Ziffer 4.1. sieht für diesen Fall eine Informationspflicht des Darlehensnehmers vor. Hiermit sollte aber erkennbar bezweckt werden, dass der Darlehensgeberin durch eine rechtzeitige Unterrichtung die Möglichkeit eröffnet wurde, die möglichen Auswirkungen der Änderung in der Geschäftsführung auf den Förderzweck selbständig zu prüfen und gegebenenfalls Vorsorgemaßnahmen zu ergreifen. Ließe das Ausscheiden aus der Geschäftsführung hingegen den Förderzweck automatisch entfallen, hätte es aus objektiv verständiger Sicht nahe gelegen, an eine entsprechende, den Bestand des Darlehensvertrages in Frage stellende Maßnahme nicht nur Unterrichtungspflichten zu knüpfen. Die Darlehensnehmerin durfte vielmehr erwarten, dass die notwendigen Voraussetzungen für den Fortbestand der Förderung in den Geschäftsbedingungen deutlich und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht wurden, um ihr gegebenenfalls noch die Möglichkeit zur Abhilfe zu geben.

c) Nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden verbleiben danach hinsichtlich der hier in Rede stehenden Vertragsbestimmung in Ziffer 5.1. Buchstabe a) des Darlehensvertrages letztlich unbehebbare Zweifel und Unklarheiten hinsichtlich deren tatsächlichen Regelungsgehaltes. Die vertragliche Regelung gestattet - wie dargestellt - nach ihrem Wortlaut und systematischen Zusammenhang unter Berücksichtigung ihres nach verständiger Auslegung zu ermittelnden Sinn und Zwecks zwei verschiedene Auslegungen zu dem Kündigungstatbestand im Zusammenhang mit dem Ausscheiden des Darlehensnehmers aus der Geschäftsführung, die jede für sich vertretbar erscheint. Ziffer 5.1.Buchstabe a) des Vertrages bleibt hinsichtlich der Regelung eines sonstigen wichtigen Grundes nach alledem unklar und mehrdeutig, und diese Mehrdeutigkeit kann auch nicht durch eine objektive Auslegung nach §§ 133, 157 BGB beseitigt werden. Diese verbleibenden Auslegungszweifel und Unklarheiten gehen nach § 5 AGBG in der nach Art. 229 § 5 EGBGB fortgeltenden Fassung (im Folgenden a. F.; § 305 c BGB n. F.) zulasten der Klägerin als Klauselverwenderin.

Die Unklarheitenregelung des § 5 AGBG a. F. greift ein, denn es handelt sich bei der streitbefangenen Vertragsbestimmung um eine einseitig von der Klägerin gestellte allgemeine Geschäftsbedingung, für die der Gesetzesanwendungsbereich des § 1 AGBG a. F. eröffnet ist, und die Klägerin ist bei Aufstellung der Vertragsklausel des § 8 Abs. 3 ihrer Formulierungsverantwortung als Klauselverwenderin nicht gerecht geworden mit der Folge, dass die der Beklagten als Klauselgegnerin günstigste Auslegung des Kündigungstatbestandes anzunehmen ist.

aa) Auf den Darlehensvertrag der Parteien finden die Bestimmungen des AGB-Gesetzes a. F. Anwendung. Denn die Klausel ist in dem unstreitig von der Klägerin für eine Vielzahl vergleichbarer Vertragskonstellationen entworfenen und vorformulierten Vertragsformular enthalten, das die Klägerin nach einheitlichem Muster bereits in anderen Fällen verwendet hat (§ 1 AGBG a. F.). Die Verwendung des Vertragsvordrucks ist zudem auf Veranlassung der Klägerin erfolgt und damit deren Verantwortungsbereich zuzuordnen. Es ist schließlich auch nichts dafür ersichtlich, dass die Klägerin die von ihr gestellten Vertragsbedingungen ernsthaft zur Disposition der Beklagten gestellt hätte.

bb) Da - wie dargestellt - auch im Ergebnis einer objektiven Auslegung nicht zweifelsfrei geklärt werden kann, ob bereits das Ausscheiden aus der Geschäftsführung des mitfinanzierten Unternehmens den Förderzweck endgültig entfallen lässt und eine auf Ziffer 5.1. Buchstabe a) gestützte außerordentliche Kündigung rechtfertigt oder ob hierfür zusätzlich die Aufgabe der Mehrheitsbeteiligung in der Gesellschaft erforderlich ist, ist die Vertragsklausel unklar im Sinne des § 5 AGBG a.F.. Die nicht behebbaren Zweifel bei der Auslegung der Vertragsbestimmung gehen hier zulasten der Klägerin als Klauselverwenderin. Denn zugunsten des Beklagten als Klauselgegnerin ist von der kundenfreundlichsten, günstigsten Auslegung auszugehen; es hätte nämlich dem sog. Verwender der vorformulierten vertraglichen Bestimmungen oblegen, diese klar und unmissverständlich zu fassen. Misslingt ihm dies, hat er die Folgen zu tragen.

cc) Für die Beklagte als Klauselgegnerin stellt sich die zweite Auslegungsmöglichkeit als die günstigste Variante dar. Dies bedeutet, dass die Abberufung von dem Geschäftsführeramt bei gleichzeitiger Beibehaltung der Mehrheit der Geschäftsanteile nicht geeignet ist, den Förderzweck entfallen zu lassen und damit eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen.

4. Die außerordentliche Kündigung der Klägerin aus dem Schreiben vom 14.05.2002 ist danach nicht zulässig und hat das Darlehensverhältnis der Parteien nicht vorzeitig beendet. Die Beklagte ist nach alledem nicht zur Rückzahlung des über 563.500,- DM valutierenden Eigenkapitalhilfedarlehens aus §§ 607, 609 BGB a. F. verpflichtet.

Das Vorbringen der Klägerin aus dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 13.12.2004 hat dem Senat keine Veranlassung geboten, die geschlossene mündliche Verhandlung nach § 156 Abs. 1 ZPO wieder zu eröffnen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision an den Bundesgerichtshof ist nicht nach § 543 Abs. 1 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).



Ende der Entscheidung

Zurück