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Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 11.07.2002
Aktenzeichen: 2 U 125/01
Rechtsgebiete: VerbrKrG, HWiG, BGB, ZPO
Vorschriften:
VerbrKrG § 9 | |
VerbrKrG § 3 Abs. 2 | |
VerbrKrG § 7 Abs. 2 | |
VerbrKrG § 3 Abs. 2 Nr. 2 | |
VerbrKrG § 7 Abs. 2 Satz 3 | |
HWiG § 1 | |
HWiG § 2 | |
HWiG § 5 Abs. 2 | |
HWiG § 1 Abs. 1 a. F. | |
HWiG § 1 Abs. 1 Nr. 1 | |
HWiG § 3 Abs. 1 Satz 1 | |
BGB § 242 | |
BGB § 346 | |
BGB § 818 Abs. 3 | |
ZPO § 263 | |
ZPO § 319 | |
ZPO § 711 | |
ZPO § 92 Abs. 2 | |
ZPO § 708 Nr. 10 |
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
verbunden mit dem Berichtigungsbeschluss vom 31.07.2002
2 U 125/01 OLG Naumburg
verkündet am: 11. Juli 2002
In dem Rechtsstreit
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Engel als Vorsitzenden, den Richter am Oberlandesgericht Grimm und den Richter am Landgericht Hachtmann auf die mündliche Verhandlung vom 17. April 2002
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 27. August 2001 abgeändert und wie folgt neu gefasst :
Es wird festgestellt, dass der Beklagten gegen die Klägerin aus dem Darlehensvertrag Nummer 2 488 954 43 vom 02.06.1998/ 08.06.1998 keine Ansprüche mehr zustehen.
Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 EUR abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision an den Bundesgerichtshof wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um den Widerruf eines von der Beklagten zur Finanzierung des Erwerbs einer Steuersparimmobilie gewährten Darlehens.
Mit notarieller Urkunde vom 26. Mai 1998 des Notars M. L. mit Amtssitz in N. , UR-Nr. A 709/98, erwarb die Klägerin von der Firma I. mbH zu einem Kaufpreis von DM 205.320,00 einen 84/1.000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück Flur Nr. 377/33 B. Straße 71 in N. , verbunden mit dem Sondereigentum an der mit der Nr. 7 bezeichneten Wohnung. Im Notartermin wurde die Klägerin durch Herrn L. Sch. , einen Mitarbeiter der Firma S. GmbH , auf Grund notariell beglaubigter Vollmacht vom 19.05.1998 vertreten. Zur Finanzierung des Kaufpreises schloss die Klägerin mit der Beklagten einen Darlehensvertrag über einen Nominalbetrag von DM 200.000,00. Diesen unterschriftsreif vorgelegten Darlehensvertrag unterzeichnete die Klägerin in den Geschäftsräumen der Firma T. GmbH in H. . Am selben Tag unterzeichnete die Klägerin auf einem gesonderten Formular eine Widerrufsbelehrung zum Darlehensvertrag nach dem Haustürwiderrufsgesetz, wobei das vorgedruckte Datum der Unterschriftenzeile auf den 02.06.1998 lautete. Für den genauen Inhalt der Widerrufsbelehrung wird auf die zur Akte gereichte Ablichtung Bd. I Bl. 32 d. A., verwiesen. Das Darlehen wurde unmittelbar an die Verkäuferin des Miteigentumsanteils und der Eigentumswohnung überwiesen. Durch eine auf der erworbenen Immobilie lastenden Grundschuld wurde der Kredit abgesichert.
Seither leistet die Klägerin die vereinbarten Zins- und Tilgungsraten für das Darlehen. Mit Schreiben vom 15.08.1998 wandte sich die Klägerin mit der Frage an die Beklagte, ob irgendeine Möglichkeit bestehe, den Vertrag rückgängig zu machen. Demgegenüber erklärte sie mit einer mit "Erklärung an Eides statt" überschriebenen Erklärung vom 02. September 1998, dass sie überzeugt sei, bei dem Immobilienerwerb eine vernünftige Entscheidung getroffen zu haben und deshalb unwiderruflich alle Rücktrittsverfügungen zurücknehme. Zum genauen Wortlaut dieses Schreibens wird auf die zur Akte gereichte Kopie, (Bd. I, Bl. 69 d. A.), verwiesen. Mit Schreiben vom 12.07.2000 bat die Klägerin um eine Anpassung der von ihr zu zahlenden Monatsraten. Schließlich widerrief die Klägerin unter dem Datum des 27.10.2000 ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Erklärung gegenüber der Beklagten. Gleichzeitig forderte sie die Beklagte auf, die bisher gezahlten Darlehensraten bis zum 30.11.2000 zurückzuzahlen.
Die Klägerin hat behauptet, dass es wie folgt zum Abschluss des Darlehensvertrages gekommen sei:
Im März 1998 habe erstmals eine Mitarbeiterin der Firma T. GmbH mit Sitz in H. , die Zeugin C. Sr. , bei ihr zu Hause angerufen. Mit dem Hinweis, man ihr - der Klägerin - günstige Möglichkeiten zum Steuernsparen und gleichzeitig zur Altersvorsorge machen, habe die Zeugin angeboten, sie zu einer persönlichen Beratung in der Privatwohnung aufzusuchen. Einige Tage später sei die Zeugin Sr. auch tatsächlich in ihrer Privatwohnung erschienen. In diesem Gespräch habe sie - die Klägerin - auf Befragen Auskunft über ihre Vermögens- und Einkommensverhältnisse gegeben. Am 14.05.1998 habe sie dann erneut ein Mitarbeiter der Firma T. GmbH , der Zeuge H. St. , in der Privatwohnung aufgesucht. Er habe ihr ein Schriftstück übergeben, in dem sich die Firma T. GmbH u.a. als Spezialist auf dem Fachgebiet des Finanzmarktes vorgestellt habe. In dem Gespräch habe Herr St. sie - die Klägerin - gefragt, ob sie durch die Nutzung der staatlichen Förderung zur Vermögensbildung in Ostdeutschland Steuern sparen wolle. Der Staat habe zu diesem Zweck Fördermittel zur Verfügung gestellt. Er selbst verfüge über ein Treuhandkonto und habe ein Finanzierungsmodell mit der Bank, mit dem Finanzamt und mit der Wohnungsgesellschaft entwickelt. Sein Schwiegervater sei im Übrigen Chef der Bank. Für dieses Finanzierungsmodell suche er Partner, die eine relativ hohe Einkommenssteuer zahlten. Sie - die Klägerin - könne hierdurch monatlich etwa 500,00 DM an Steuern sparen. Sämtliche Zahlungen liefen über sein "Baukonto". Vom Konto der Mandantin würden keine Abzüge erfolgen. Ein Ausscheiden aus dem Modell sei bei Arbeitslosigkeit oder bei einer Änderung der Steuerverhältnisse nach zwei Jahren möglich. Aber auch ein früheres Ausscheiden komme in Betracht, dann müssten jedoch die ersparten Steuern zurückgezahlt werden. Bei den Wohnungen handele es sich um solche aus Zwangsversteigerungen, die besonders preiswert seien.
Der Zeuge St. habe sie - die Klägerin - dann, "um weiteres in die Wege leiten zu können", am 19.05.1998 gegen 15:00 Uhr in sein Büro in die A. straße 3 in H. bestellt. In dem Gespräch habe der Zeuge nicht deutlich dargelegt, dass sie eine Wohnung habe kaufen und hierzu ein Darlehen habe aufnehmen sollen. Sie habe die Ausführungen des Zeugen St. lediglich dahingehend verstanden, dass die Firma T. GmbH bzw. der Zeuge St. Namen von Personen mit hohem Einkommen benötigte, um damit arbeiten zu können. Am 19.05.1998 sei sie - die Klägerin - wie verabredet in den Geschäftsräumen der Firma T. GmbH erschienen. Dort habe ihr der Zeuge St. mitgeteilt, sie müsse beim Notar etwas unterzeichnen. Sie sei dann umgehend von der Zeugin Sr. mit dem Pkw zu der Notarin Frau K. in H. gefahren worden. Bei der Notarin unterzeichnete die Klägerin dann - unstreitig - eine beglaubigte Vollmacht, in der sie Herrn L. Sch. als Geschäftsführer der Firma S. GmbH mit Sitz in N. bevollmächtigte, für sie die Eigentumswohnung zu kaufen und alle zum Erwerb und dessen Vollzug notwendigen Erklärungen abzugeben.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Umstand, dass der Darlehensvertrag später in den Geschäftsräumen der Firma T. GmbH abgeschlossen worden sei, stehe dem Fortwirken der Haustürsituation nicht entgegen. Der streitgegenständliche Darlehensvertrag unterfalle dem Haustürwiderrufsgesetz. Zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung am 27.10.2000 sei die Widerrufsfrist noch nicht abgelaufen gewesen. Diese Frist habe mit der Unterzeichnung der Widerrufserklärung vom 08.06.1998 nicht zu laufen begonnen, da die Widerrufsbelehrung insbesondere wegen der unrichtigen Datumsangabe den inhaltlichen Vorgaben des § 2 HWiG nicht entsprochen habe. Darlehens- und Grundstückskaufvertrag seien als wirtschaftliche Einheit anzusehen. Daher könne die Klägerin von der Beklagten die Rückzahlung der von ihr auf den Darlehensvertrag geleisteten Zahlungen verlangen, ohne ihrerseits die Darlehensvaluta an die Beklagte rückerstatten zu müssen. Die Beklagte habe insoweit lediglich einen Bereicherungsanspruch gegen die Verkäuferin der Wohnung.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 46.276,67 DM nebst 5 % Zinsen p. a. über dem jeweiligen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank aus 37.351,67 DM seit dem 01.12.2000, aus jeweils 1.275,00 DM seit dem 01.01.2001, seit dem 01.02.2001, seit dem 01.03.2001, seit dem 01.04.2001, seit dem 01.05.2001, seit dem 01.06.2001 und seit dem 01.07.2001 zu zahlen.
Hilfsweise hat die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 46.276,67 DM nebst 5 % Zinsen p. a. über dem Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank aus 37.351,67 DM seit dem 01.12.2000 aus jeweils 1.275,00 DM seit dem 01.01.2001, seit dem 01.02.2001, seit dem 01.03.2001, seit dem 01.04.2001, seit dem 01.05.2001, seit dem 01.06.2001 und seit dem 01.07.2001 Zug um Zug gegen Übertragung des 84/1.000 Miteigentumsanteils an dem Grundstück Flur Nr. 377/33 B. Straße 71 in N. , verbunden mit dem Sondereigentum an der mit der Nr. 7 bezeichneten Wohnung zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Widerruf der Klägerin sei verspätet erfolgt. Die erteilte Widerrufsbelehrung sei wirksam gewesen, auch sei die im Falle der Unwirksamkeit der Widerrufsbelehrung maßgebliche Jahresfrist analog § 7 Abs. 2 VerbrKrG abgelaufen. Zumindest sei das Widerrufsrecht der Klägerin verwirkt. Selbst dann, wenn die Klägerin ihre auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Erklärung wirksam widerrufen hätte, so ergebe sich darüber hinaus doch nicht ein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Annuitäten. Kreditaufnahme und finanzierter Wohnungseigentumskauf bildeten keine wirtschaftliche Einheit im Sinne des § 9 VerbrKrG, es handele sich damit nicht um ein verbundenes Geschäft, bei dem der Darlehensnehmer Rückzahlung der Annuitäten verlangen könne, ohne seinerseits zur Rückzahlung der Darlehensvaluta verpflichtet zu sein.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Klägerin den streitgegenständlichen Darlehensvertrag nicht innerhalb der Widerrufsfrist widerrufen habe, sodass mit deren Ablauf die auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung der Klägerin wirksam geworden sei. In entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens des § 7 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG ende das Widerrufsrecht der Klägerin spätestens ein Jahr nach Abgabe der auf den Abschluss des Kreditvertrages gerichteten Willenserklärung. Zum Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs sei diese Jahresfrist bereits abgelaufen gewesen.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Ergänzend trägt sie vor, dass sie am 31. März 1998 erstmalig von einem Mitarbeiter der Firma T. GmbH zu Hause aufgesucht worden sei. Bei diesem Gespräch habe sie ausschließlich Auskunft über ihre Vermögens- und Einkommensverhältnisse gegeben. Nachdem sie dann sechs Wochen lang von der Firma T. GmbH nichts gehört habe, sei sie kurz vor dem 14.05.1998 wieder von einem Mitarbeiter, entweder der Zeugin Sr. oder dem Zeugen St. , angerufen worden. Ihr sei mitgeteilt worden, man verfüge jetzt über einen Vorschlag, wie sie Steuern sparen könne, und wolle sie zwecks Vorstellung des Produktes in ihrer Wohnung aufsuchen. Es sei dann der Besprechungstermin am 14.05.1998 vereinbart worden. Entweder am Freitag, dem 15.05.1998 oder am Montag, dem 18.05.1998 habe die Zeugin Sr. wieder bei ihr - der Klägerin - angerufen und erklärt, man brauche nun, um in ihrem Interesse handeln zu können, noch eine Vollmacht. Die Zeugin habe ihr angeboten, sie der einfachheithalber am 19.05.1998 von zu Hause abzuholen und sie zum Notar zu fahren. So sei es dann auch am 19.05.1998 geschehen. Entweder am 04. oder am 05. Juni 1998 habe sie - die Klägerin - wiederum von der Firma T. GmbH einen Telefonanruf erhalten, in dem man ihr mitgeteilt habe, sie müsse noch einmal in das Büro der Firma T. GmbH kommen. Der Grund, weshalb sie in die Büroräume kommen sollte, sei ihr nicht mitgeteilt worden. Ihr sei nicht klar gewesen, dass sie dort den Darlehensvertrag mit der Beklagten habe unterzeichnen sollen. Als sie dann am 08.06.1998 im Büro der Firma T. GmbH in H. erschienen sei, sei ihr unter anderem der hier streitgegenständliche Darlehensvertrag vorgelegt worden.
Hilfsweise für den Fall, dass der Widerruf des Darlehensvertrages verfristet sein sollte, macht die Klägerin einen Schadensersatzanspruch aus einer vorvertraglichen Pflichtverletzung der Beklagten geltend. Die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses 52-jährige allein stehende Klägerin ist, wie zwischen den Parteien unstreitig ist, geschäftlich völlig unerfahren. Ihr fehlte die Sachkenntnis hinsichtlich der steuerlichen und finanzierungstechnischen Beurteilung der Werthaltigkeit und damit der Rentabilität der Geldanlage. Sie behauptet, sie habe auch den für die Beklagte tätigen Vermittler ausführlich über ihre persönliche Situation informiert. Sie habe dem Vermittler erklärt, dass ihre Arbeitsstelle aus Fördermitteln befristet auf zwei Jahre bezahlt werde und dass sie nach dem Ende der Förderzeit etwa Ende 1999 mit ihrer Entlassung rechnen müsse. Sie habe den Vermittler außerdem davon unterrichtet, dass ihr volljähriger Sohn unheilbar krank sei und sie für dessen Lebensunterhalt aufkommen müsse. Der Zeuge St. habe ihr gegenüber im Termin am 19.05.1998 unrichtige Angaben gemacht. So habe er angegeben, dass sie monatlich etwa 500,00 DM sparen würde. Von ihrem Konto würden - so der Zeuge damals - keine Abzüge erfolgen, hierbei gäbe es kein Risiko. Ein Aussteigen aus dem Modell sei bei Arbeitslosigkeit oder Änderung der Steuerverhältnisse in jedem Fall nach zwei Jahren möglich. Bei einem früheren Ausscheiden müsse sie - die Klägerin - nur die ersparten Steuern zurückzahlen. Nach den Angaben des Zeugen St. hätten ihr weder Umstände noch Kosten oder Risiken, sondern nur finanzielle Vorteile entstehen dürfen.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, der Beklagten habe bereits auf Grund ihres Alters und der ihr drohenden Arbeitslosigkeit klar gewesen sein müssen, dass sich die Investition für sie in keinem Fall rechne. Der auch für die Beklagte tätige Vermittler habe sie darüber aufklären müssen, dass die Wohnung - wenn überhaupt - in keinem Fall zu einem Preis von 200.000,00 DM habe verkauft werden können, da der tatsächliche Wert der Wohnung bei höchstens 143.100,00 DM gelegen habe.
Die Klägerin beantragt,
1. unter Abänderung des am 27.08.2001 verkündeten Urteils des Landgerichts Halle die Beklagte zu verurteilen, hilfsweise Zug um Zug gegen Übertragung des 84/1.000 Miteigentumsanteils an dem Grundstück Flur Nr. 377/33 B. Straße 71 in N. verbunden mit dem Sondereigentum an der mit Nr. 7 bezeichneten Wohnung, an die Klägerin 27.572,27 Euro (53.926,67 DM) nebst 5 % Zinsen per anno über dem Basiszinssatz aus 19.097,61 Euro (37.351,67 DM) seit 01.12.2000 sowie aus jeweils 651,90 Euro (1.275,00 DM) seit 01.01.2001, 01.02.2001, 01.03.2001, 10.04.2001, 01.05.2001, 01.06.2001, 01.07.2001, 01.08.2001, 01.09.2001, 01.10.2001, 01.11.2001, 01.12.2001, 01.01.2002 zu zahlen.
hilfsweise:
unter Abänderung des am 27.08.2001 verkündeten Urteils des Landgerichts Halle die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Zug um Zug gegen Übertragung des 84/1.000 Miteigentumsanteils an dem Grundstück Flur Nr. 377/33 B. Straße 71 in N. verbunden mit dem Sondereigentum an der mit Nr. 7 bezeichneten Wohnung 10.083,42 Euro (19.721,46 DM) zu zahlen.
2. festzustellen, dass der Beklagten gegen die Klägerin aus dem Darlehensvertrag Nr. 248895443 vom 02.06.1998/08.06.1998 irgendwelche Ansprüche nicht mehr zustehen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Sie vertritt die Auffassung, dass selbst dann, wenn der Widerruf der Klägerin wirksam sei, sie nicht verpflichtet sei, die von der Klägerin verlangten Beträge zurückzuzahlen. Selbst wenn man grundsätzlich eine Anwendung der Vorschriften über verbundene Geschäfte (§ 9 VerbrKrG) auf einen Widerruf nach dem Haustürwiderrufsgesetz bejahen würde, fehle es bei finanzierten Immobilienkaufverträgen an der erforderlichen wirtschaftlichen Einheit zwischen Kaufvertrag und Kreditvertrag, da selbst der rechtsunkundige Laie wisse, dass die kreditgebende Bank und der Grundstücksveräußerer verschiedene Rechtsträger seien, die ihre eigenen, jeweils verschiedenen Interessen wahrnähmen. Sie - die Beklagte - habe vorliegend in keiner Weise Aufgaben des Verkäufers wahrgenommen. Selbst wenn die Klägerin subjektiv den Eindruck gehabt habe, dass die beiden Verträge wirtschaftlich irgendwie zusammengehören würden, sei dies nach ständiger Rechtsprechung nicht ausreichend. Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin aus c.i.c. bestehe ebenfalls nicht. Es falle nicht in den Aufgabenbereich der Bank, die Angaben des Vertriebsunternehmens über den Wert der Immobilie, über deren Wertsteigerungspotenzial und über deren Risikofreiheit zu überprüfen.
Wegen des weiteren Vortrages der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat durch Vernehmung der Zeugen St. und Sr. Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung des Senats vom 17. April 2002, Bd. II Bl. 104 ff. d.A., verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber nur hinsichtlich des Feststellungsantrages begründet.
Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der Darlehensraten steht ihr nicht mehr zu, er ist durch die von der Beklagten erklärte Aufrechnung erloschen. Ebensowenig muss sich die Beklagte eine etwaige Pflichtverletzung des Mitarbeiters der Firma T. GmbH im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs wegen Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen zurechnen lassen.
I.
Der Klägerin stand zunächst ein Anspruch auf die von ihr an die Beklagte geleisteten Zahlungen aus § 3 Abs. 1 Satz 1 des HWiG zu. Sie hat ihre auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Erklärung gemäß § 1 HWiG wirksam widerrufen.
1. Auf den hier streitgegenständlichen Darlehensvertrag findet das Haustürwiderrufsgesetz Anwendung. Dessen Anwendbarkeit wird auch nicht durch die Regelung in § 5 Abs. 2 HWiG i. V. m. § 3 Abs. 2 VerbrKrG ausgeschlossen. Zwar entsprach es der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH WM 2000, 28), dass ein Widerrufsrecht gemäß § 1 Abs. 1 HWiG a. F. wegen der Subsidiaritätsklausel in § 5 Abs. 2 HWiG auf Kreditverträge, in denen der Kredit von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht wurde, keine Anwendung findet. In seiner Entscheidung vom 09.04.2002 ( ZIP 2002, 1075 ff.) legt der Bundesgerichtshof §§ 1, 5 Abs. 2 HWiG jedoch nunmehr unter Berücksichtigung der Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 13.12.2002 (ZIP 2002,31 ff.) richtlinienkonform dahingehend aus, dass § 1 HWiG a. F. durch § 5 Abs. 2 HWiG nur dann verdrängt wird, wenn das vorrangig anzuwendende Verbraucherkreditgesetz einen gleich effektiven Schutz bietet. Dies gilt auch dann, wenn der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 des deutschen Haustürwiderrufsgesetzes eröffnet ist, ohne dass der Sachverhalt zugleich der enger gefassten Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20.12.1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von ausserhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (Haustürgeschäfterichtlinie) unterfällt (BGH a.a.O). Dieser Auffassung schließt sich der Senat aus den vom Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung im Einzelnen genannten Gründen an. Der Wirksamkeit des Widerrufes steht daher die Regelung in § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG nicht entgegen, ansonsten würde dies zu einer Verkürzung der der Klägerin im HWiG eingeräumten Rechtsposition führen.
2. Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme eines Widerrufsrechts gemäß § 1 HWiG sind im vorliegenden Fall gegeben. Die Klägerin wurde durch mündliche Verhandlungen im Bereich ihrer Privatwohnung zur Abgabe ihrer auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Erklärung bestimmt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG).
a) Nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass die Klägerin zunächst von der Zeugin Sr. im März 1998 angerufen wurde und daraufhin am 31.03.1998 ein erstes Kundengespräch in ihrer Privatwohnung stattgefunden hat. Am 14.05.1998 wurde die Klägerin - nach erneuter telefonischer Kontaktaufnahme durch die Fa. T. GmbH - sodann von deren Mitarbeiter St. aufgesucht; möglicherweise hatte bereits zuvor ein Gespräch am 07.05.1998 stattgefunden. Bei diesen zweiten Gespräch in ihrer Privatwohnung entschloss sich die Klägerin, eine kreditfinanzierte Eigentumswohnung zu erwerben. Am 19.05.1998 wurde sie von der Zeugin Sr. abgeholt und zum Notar gefahren, wo sie in notariell beglaubigter Form die Vollmachtsurkunde unterzeichnete.
b) Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den - glaubhaften - Aussagen der Zeugen St. und Sr. , die insoweit den Vortrag der Klägerin bestätigt haben. Weder die Zeugen noch deren Arbeitgeberin haben an sich ein erkennbares Interesse daran, die Position der Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit zu fördern. Der Aussage des Zeugen St. lässt sich insbesondere entnehmen, dass die zur Erteilung der notariell beglaubigten Vollmacht am 19.05.1998 führenden Vertragsverhandlungen im Bereich der Privatwohnung der Klägerin stattfanden. Der Zeuge verfügte zwar über kein ausgeprägtes Erinnerungsvermögen an die Besprechungen mit der Klägerin mehr, er konnte seinen Unterlagen indessen entnehmen, dass am 07.05.1998 und am 14.05.1998 Besprechungen mit ihr stattfanden, wobei er außerdem angegeben hat, er gehe davon aus, dass auch der Termin am 14.05.1998 in der Privatwohnung der Klägerin abgehalten worden sei. In nachvollziehbarer Weise konnte der Zeuge aus dem Umstand, dass am 14.05.1998 die Selbstauskunft der Klägerin aufgenommen wurde, den Rückschluss ziehen, dass der Besprechungstermin an diesem Tage in der Privatwohnung der Klägerin stattgefunden haben müsse. Die Zeugin Sr. hat wiederum bestätigt, dass am 31.03.1998 ein Vorgespräch zwischen ihr und der Klägerin stattgefunden habe, dem eine unaufgeforderte telefonische Kontaktaufnahme durch die Zeugin vorangegangen sei.
c) Damit sind die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG erfüllt. Auch zu der Unterzeichnung des Darlehensvertrages am 08.06.1998 wurde die Klägerin durch die Hausbesuche der Mitarbeiter der Firma T. GmbH , insbesondere durch denjenigen am 14.05.1998 "bestimmt".
aa) Zum Vertragsschluss durch die Haustürwiderrufssituation bestimmt wird der Kunde dann, wenn er im entscheidenden Beweggrund durch die besonderen tatsächlichen Umstände zur Abgabe der zum Vertrag führenden Willenserklärung veranlasst wurde (Putzo in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 59. Aufl., Rdn. 5 zu § 1 HWiG). Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Vertragsverhandlung und Abgabe der zum Vertragsschluss führenden Willenserklärung ist dabei nicht erforderlich (BGHZ 131, 385; BGH NJW 94, 262). Maßgebend ist, ob die Überraschungswirkung noch fortdauert und der Kunde in seiner Entschließungsfreiheit beeinträchtigt ist (Putzo a.a.O. m. w. N.).
bb) Davon muss hier ausgegangen werden. So lässt sich die Unterzeichnung der Vollmachtserklärung zu Gunsten des Herrn L. Sch. unmittelbar auf die in der Privatwohnung der Klägerin am 14.05.1998, möglicherweise auch am 07.05.1998 stattgefundenen Vertragsverhandlungen zurückführen. Dass weitere Vertragsverhandlungen an anderen Orten stattgefunden haben, lässt sich weder dem Vortrag der Parteien noch den Bekundungen der Zeugen entnehmen. Die daraufhin ohne unmittelbare Mitwirkung der Klägerin vorgenommenen Rechtsgeschäfte, insbesondere der Erwerb der Eigentumswohnung auf der Grundlage der von ihr erteilten Vollmacht, begründeten sodann am 08.06.1998 eine Zwangslage der Klägerin, da sie, um die in ihrem Namen eingegangene Kaufpreisschuld zu erfüllen, der Einräumung des Kredits durch die Beklagte bedurfte. Insofern wirkte auch zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kreditvertrages die ursprüngliche, dem Haustürwiderufsgesetz unterfallende Verhandlungssituation fort mit der Folge, dass der Darlehensvertrag gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG widerruflich war.
II.
3. Der am 27.10.2000 erklärte Widerruf war auch nicht verfristet. Die Widerrufsfrist von einer Woche begann gemäß § 2 HWiG a. F. erst dann zu laufen, wenn die andere Vertragspartei dem Kunden eine drucktechnisch deutlich gestaltete schriftliche Belehrung über sein Recht zum Widerruf ausgehändigt hatte.
a) Zwar wurde der Klägerin am 08.06.1998 eine Widerrufsbelehrung ausgehändigt und von ihr auch unterzeichnet. Die Widerrufsfrist begann durch die Unterzeichnung dieser Erklärung aber nicht zu laufen, da die Belehrung nicht in ordnungsgemäßer Form erfolgt ist. Der Inhalt einer Widerrufsbelehrung muss grundsätzlich nicht nur zutreffend, sondern auch unmissverständlich sein, um den Käufer über sein Widerrufsrecht klar und eindeutig zu belehren (BGHZ 121, 52, 55; BGHZ 126, 56). Dazu gehört auch die Belehrung über den Zeitpunkt des Fristbeginns (BGHZ 126, 56). Hier war in dem Belehrungsformular an drei Stellen ein unrichtiges Erklärungsdatum, nämlich der 02.06.1998 angegeben, obwohl die Klägerin die Belehrung erst am 08.06.1998 unterzeichnet hat. Die Belehrung wurde hierdurch missverständlich und die Einfügung des unrichtigen Datums war geeignet, die Klägerin in der Ausübung ihres Widerrufsrechts zu behindern. Eine Widerrufsbelehrung, die auf einen falschen Zeitpunkt - insbesondere einen Zeitpunkt mehrere Tage vor dem tatsächlichen Vertragsschluss - datiert ist, löst beim Kunden möglicherweise Unsicherheit über den Zeitpunkt des tatsächlichen Beginns der Widerrufsfrist aus. Darüber hinaus führt die Vordatierung der Widerrufsbelehrung aber auch zu einer für den Kunden ungünstigen Beweislage. Zwar ist nach allgemeinen Grundsätzen der Vertragspartner für den Beginn des Laufs der Widerrufsfrist beweispflichtig. Doch muss der Kunde nach Unterzeichnung einer vordatierten Widerrufsbelehrung befürchten, dass ihm der Inhalt der von ihm unterzeichneten Urkunde entgegengehalten und ein an sich fristgerechter Widerruf nicht akzeptiert wird. Bereits diese Gefahr ist geeignet, einen widerrufswilligen Kunden bei laufender Widerrufsfrist von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten.
b) Das Widerrufsrecht der Klägerin ist auch nicht in entsprechender Anwendung des § 7 Abs. 2 VerbrKrG ein Jahr nach Abgabe der auf den Abschluss des Kreditvertrages gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers erloschen. Auch insoweit verbietet die EG-Haustürgeschäfterichtlinie eine Auslegung, bei der die Befristung in § 7 Abs. 2 VerbrKrG auf den Widerruf gemäß § 1 HWiG anwendbar wäre (vgl. BGH ZIP 2002, 1075, 1078).
c) Die Klägerin hat auch nicht auf ihr Widerrufsrecht verzichtet. Zwar hat die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 27.08.1998 den Kreditvertrag mittelbar bestätigt, nachdem sie zuvor noch mit Schreiben vom 15.08.1998 um die Rückabwicklung der Verträge gebeten hatte. Ein Verzicht auf das ihr zustehende Widerrufsrecht lässt sich dem Schreiben der Klägerin vom 27.08.1998 gleichwohl nicht entnehmen. Denn die beiden Schreiben vom 15.08.1998 vom 27.08.1998 belegen eindeutig, dass der Klägerin nicht bewusst war, das Vertragsverhältnis durch die einseitige Ausübung eines Widerrufsrechts noch beseitigen zu können. Unter diesen Umständen kann den Erklärungen der Klägerin dann aber auch nicht der Wille entnommen werden, auf ein solches Recht zu verzichten.
d) Die Klägerin hat ihr Widerrufsrecht schließlich auch nicht verwirkt. Zwar waren zum Zeitpunkt der Abgabe der Widerrufserklärung seit dem Vertragsschluss bereits mehr als zwei Jahre vergangen. Selbst wenn man aber deshalb das für den Tatbestand der Verwirkung erforderliche "Zeitmoment" bejahen würde, so fehlte es hier jedenfalls am sogenannten "Umstandsmoment". Voraussetzung für die Verwirkung eines Rechts ist, dass der Verpflichtete sich auf Grund des Verhaltens des Berechtigten darauf eingerichtet hat, dieser werde sein (vermeintliches) Recht nicht mehr geltend machen. Wegen des geschaffenen Vertrauenstatbestandes muss die verspätete Geltendmachung des Rechts als eine mit Treu und Glauben unvereinbare Härte erscheinen (BGHZ 25, 52; 67, 68; NJW-RR 95, 109; Heinrichs in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 61. Aufl., Rn. 95 zu § 242 BGB). Dass die Beklagte hier im Vertrauen auf die Nichtausübung des Widerrufsrechts in schützenswerter Weise Vermögensdispositionen getroffen hat, lässt sich ihrem Vortrag aber nicht entnehmen.
II.
Der sich danach ergebende Anspruch der Klägerin auf Rückgewähr der an die Beklagte gezahlten Zins- und Tilgungsbeträge (§ 3 Abs. 1 HWiG) ist indessen durch die Aufrechnung der Beklagten untergegangen. Der Beklagten steht ein fälliger und zur Aufrechnung geeigneter Gegenanspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta zu, der die Klageforderung übersteigt.
1. Die unmittelbare Zahlung der Beklagten an die Verkäuferin der Eigentumswohnung stellt sich auch im Rahmen des § 3 HWiG als eine Leistung der Beklagten an die Klägerin dar. Der an die Ausübung des Widerrufsrechtes geknüpfte Rückgewähranspruch gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 HWiG gestaltet den - bereits nach allgemeinen Grundsätzen bestehenden - Anspruch auf Rückgewähr grundloser Leistungen besonders kundenfreundlich aus und trägt den auf den Vorschriften des HWiG beruhenden Besonderheiten Rechnung. Der Sache nach ist dieser Anspruch nichts anderes als ein Anspruch auf Herausgabe der rechtsgrundlos erlangten Leistung; § 3 HWiG ist daher als lex specialis zu §§ 812 ff. BGB anzusehen (BGHZ 131, 82, 87). Bei der Bestimmung des Leistenden und des Leistungsempfängers kann daher auch im Rahmen des § 3 Abs. 1 HWiG auf die zur Leistungskondiktion entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden. Wenn die von den Vertragspartnern ausbedungene Leistung - wie hier - aufgrund der fehlerfreien Anweisung eines der Beteiligten sogleich an einen Dritten erbracht worden ist, so findet im Falle der Nichtigkeit des Vertrages der notwendige Bereicherungsausgleich grundsätzlich allein zwischen den Vertragspartnern statt. Der Anweisende muss sich so behandeln lassen, als habe er die Leistung zunächst empfangen und sodann selbst an den Dritten weitergeleitet (OLG Hamm WM 1986, 1216, 1217; Sprau in : Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 61. Aufl., Rdnr. 54 zu § 812 BGB). Der Widerruf des Darlehensvertrages berührt dabei die Wirksamkeit der Anweisung der Klägerin, die Darlehenssumme an die Grundstücksverkäuferin auszuzahlen, nicht. Die Auszahlung der Darlehenssumme ist daher im Rahmen der Abwicklung gemäß § 3 Abs. 1 HWiG als von der Beklagten erbrachte Leistung durch die Klägerin zu erstatten.
2. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung zur Rückabwicklung von verbundenen Geschäften im Sinne des § 9 VerbrKrG.
a) Der Widerruf der Darlehensvertragserklärung gemäß § 1 HWiG führt zwar dann, wenn Darlehensvertrag und finanziertes Geschäft als wirtschaftliche Einheit anzusehen sind, auch zur Unwirksamkeit des finanzierten Geschäfts. Dem Darlehensgeber steht in diesem Fall kein Anspruch gegen den Darlehensnehmer aus § 3 HWiG auf Rückzahlung des dem Partner des finanzierten Geschäfts zugeflossenen Darlehensbetrages zu, sondern er kann einen unmittelbaren Bereicherungsanspruch gegen den Geschäftspartner des Darlehensnehmers geltend machen (BGH NJW 1996, 3414).
b) Indessen stellen der zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits geschlossene Darlehensvertrag und der Grundstückskaufvertrag keine wirtschaftliche Einheit im vorgenannten Sinne dar. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Realkreditvertrag und das hierdurch finanzierte Grundstücksgeschäft grundsätzlich nicht als zu einer wirtschaftlichen Einheit verbundene Geschäfte anzusehen (BGH WM 1970, 1362, 1363; WM 1979, 1054; WM 1980, 1446, 1447 f.; WM 1986, 1561, 1562; WM 1992, 901, 905; WM 2000, 1287, 1288, sowie ZIP 2002,1075 ). Denn bei einem Immobilienkauf weiß auch der rechtsunkundige und geschäftsunerfahrene Laie, dass Kreditgeber und Immobilienverkäufer in der Regel verschiedene Personen sind. Dem hat der Gesetzgeber Rechnung getragen, indem er in § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG ausdrücklich bestimmt hat, dass die Regelung über verbundene Geschäfte (§ 9 VerbrKrG) auf Realkredite im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG keine Anwendung finden (BGH ZIP 2002, 1075).
c) Offen bleiben kann hier die Frage, ob etwas anderes dann gilt, wenn eine besonders enge Verbindung zwischen Realkredit und Immobiliengeschäft besteht, etwa auf Unternehmerseite beide Geschäfte wirtschaftlich gesehen in einer Hand liegen ( so Ulmer, ZIP 2002, 1080, 1083). Dass hier eine solche Konstellation vorliegt, lässt sich dem Vortrag der Parteien aber nicht entnehmen.
3. Die Klägerin kann dem Anspruch der Beklagten auf Rückzahlung der Darlehensvaluta auch nicht den Einwand des Wegfalls der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) entgegenhalten, etwa mit dem Argument, dass der Wert der erworbenen Immobilie hinter dem ausgezahlten Darlehensbetrag zurückbleibe. Es kann dabei offen bleiben, ob § 818 Abs. 3 BGB überhaupt auf den Rückgewährsanspruch gemäß § 3 Abs. 1 HWiG Anwendung findet oder ob die Vorschrift durch die Regelung des § 3 Abs. 1 S. 2 HWiG a. F. als Spezialgesetz verdrängt wird. Ist Gegenstand des Haustürgeschäfts ein vom Verbraucherkreditgesetz nicht erfasstes Darlehen, so ist der Kunde zur Rückzahlung eines entsprechenden Geldbetrages unabhängig davon verpflichtet, ob sich die von der anderen Vertragspartei übereigneten Geldbeträge noch unterscheidbar in seinem Vermögen befinden; "empfangen" im Sinne des § 3 Abs. 1 S. 1 HWiG hat der Kunde in diesem Fall nicht das von der anderen Vertragspartei übereignete Geld, sondern eine seinem Nominalwert entsprechende Geldsumme (Ulmer in : Münchener Kommentar zum BGB, 3. Aufl. , Rdnr. 8 zu § 3 HWiG).
4. Die Klageforderung und der Rückzahlungsanspruch der Beklagten haben sich danach aufrechenbar gegenüberstanden.
5. Die Beklagte hat mit ihrem Gegenanspruch die Aufrechnung erklärt. Zwar hat sie keine ausdrückliche Aufrechnungserklärung abgegeben, ihrem Vorbringen im jetzigen Rechtsstreit lässt sich aber entnehmen, dass sie hilfsweise die Verrechnung des von der Klägerin geltend gemachten Rückzahlungsanspruchs mit dem ihr zustehenden Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta vornehmen will. So hat die Beklagte in der Berufungserwiderung sowie in ihrem Schriftsatz vom 19.02.2002 jeweils ausgeführt, dass sie im Falle eines wirksamen Widerrufs nicht verpflichtet sei, die von der Klägerin geleisteten Zahlungen zurückzuerstatten, vielmehr die Klägerin ihrerseits die Darlehensvaluta zurückzuerstatten habe, während sie - die Beklagte - die bereits erhaltenen Tilgungen zurück- oder gegenrechnen müsste. Dieser Vortrag lässt erkennen, dass für den Fall, dass der Senat von einem wirksamen Widerruf ausgehen sollte, die Beklagte entweder ein auf den Rückzahlungsanspruch gestütztes Zurückbehaltungsrecht geltend machen oder aber die Aufrechnung erklären wollte. Ein Zurückbehaltungsrecht kommt bei gleichartigen, etwa jeweils auf Geldzahlung gerichteten Ansprüchen allerdings nicht in Betracht, vielmehr ist das Vorbringen der Beklagten ist vielmehr als Aufrechnung zu würdigen (vgl. Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 61. Aufl., Rn. 14 zu § 273 BGB). Die Aufrechnungserklärung braucht regelmäßig nicht ausdrücklich abgegeben zu werden, es genügt - wie im vorliegenden Fall - eine klare Erkennbarkeit des Aufrechnungswillens (BGHZ 26, 241; Heinrichs in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 61. Aufl., Rn. 1 zu § 388 BGB m. w. N.). Da der Gegenanspruch der Beklagten auf Rückzahlung der Darlehensvaluta im Übrigen die Summe der von der Klägerin geleisteten Zahlungen weit übersteigt, ist die Klageforderung durch Aufrechnung erloschen.
III.
Die Klägerin kann dem Anspruch auf Rückzahlung der Darlehensvaluta auch keinen Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss (c.i.c.) gegen die Beklagte wegen der angeblich unrichtigen Angaben der Vertreter der Firma T. GmbH entgegenhalten. Auch dann, wenn der Vertreter dieses Unternehmens gegenüber der Klägerin unrichtige Angaben über die zu erwartende Steuerersparnis und über das Anlagerisiko getätigt haben sollte, so hätte die Beklagte hierfür nicht einzustehen.
Übernimmt ein Vermittler, gleichgültig ob selbstständig oder nicht, mit Wissen und Wollen einer der späteren Vertragsparteien Aufgaben, die typischerweise ihr obliegen, so wird er allerdings in ihrem Pflichtenkreis tätig und ist zugleich als ihre Hilfsperson zu betrachten. Wann eine solche Einschätzung gerechtfertigt ist, lässt sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur auf Grund einer die Interessen beider Parteien berücksichtigenden Betrachtung der Umstände des Einzelfalls entscheiden (BGH WM 1996, 315, 316 sowie BGH NJW 2001, 358, 359).
Hier wäre der Zeuge St. selbst unter Zugrundelegung der von der Klägerin behaupteten Äußerungen nicht im Pflichtenkreis der Beklagten, sondern im eigenen Pflichtenkreis der T. GmbH tätig geworden. Denn der Beklagten oblag keine Pflicht, die Klägerin über die Risiken der von ihr beabsichtigten Verwendung des Darlehensbetrages aufzuklären und vor dem Vertragsschluss zu warnen. Insbesondere ist die Bank nicht gehalten, den allgemeinen Hinweis zu geben, Risiken seien nicht auszuschließen (BGH NJW 1996, 663; BGH NJW 1997, 1361; BGH ZIP 1999, 574). Eine Aufklärungspflicht besteht vielmehr nur in engen und begrenzten Ausnahmefällen, wenn im Einzelfall ein besonderes Aufklärungs- und Schutzbedürfnis des Darlehensnehmers besteht und nach Treu und Glauben ein Hinweis der Bank geboten ist. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Bank einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (BGH ZIP 1999, 574). Ein etwaiger Wissensvorsprung hinsichtlich der mangelnden Rentabilität oder des übersetzten Kaufpreises eines Objekts begründet aber keine Aufklärungspflicht (BGH a.a.O.). Für das Vorliegen eines der weiteren, von der Rechtsprechung entwickelten Ausnahmefälle, wie etwa der Schaffung eines Gefährdungstatbestandes durch die Bank, eines schwerwiegenden Interessenkonflikts oder der Überschreitung der Kreditgeberrolle, liegen hier ebenfalls keine Anhaltspunkt vor.
Soweit der Zeuge St. sich zu den steuerlichen Ersparnissen im Zusammenhang mit dem von der Beklagten finanzierten Immobiliengeschäft geäußert oder unrichtige Angaben zu dem Wert der Immobilie gemacht haben sollte, handelte er deshalb nicht im Pflichtenkreis der Beklagten mit der Folge, dass die Bank sich die Erklärungen des Vermittlers auch nicht zurechnen lassen muss.
IV.
Der von der Klägerin gestellte Feststellungsantrag ist dagegen zulässig und begründet.
1. Der Antrag ist zulässig.
a) Zwar handelt es sich bei der Feststellung um eine Klageerweiterung, die erstmals in der Berufungsinstanz beantragt worden und gemäß § 263 ZPO nur dann zulässig ist, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet. Letzteres ist hier der Fall. Die Frage, ob zwischen den Parteien ein wirksamer Darlehensvertrag besteht oder sich die gegenseitigen Rechte und Pflichten nach § 3 HWiG richten, ist eine Vorfrage, mit der sich der Senat im Rahmen des Zahlungsanspruchs und der zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung ohnehin befassen muss. Ihre Zulassung führt daher auch zu keiner Verzögerung des Rechtsstreits.
b) Für den Feststellungsantrag besteht auch das erforderliche besondere Feststellungsinteresse der Klägerin. Von dem Bestand des Darlehensvertrages hängen die gegenseitigen Ansprüche der Parteien in verschiedener Hinsicht ab. Die sich aus der begehrten Feststellung ergebenden Konsequenzen für die gegenseitigen Ansprüche der Parteien gehen über die in diesem Rechtsstreit geltend gemachten Ansprüche hinaus. So hängt etwa ein etwaiger Anspruch der Klägerin auf Rückübertragung der zu Gunsten der Beklagten bestellten Grundschuld ebenso wie der Anspruch der Beklagten auf Rückzahlung der - nach Verrechnung mit der Klageforderung noch offenstehenden - Darlehensvaluta maßgeblich von der Frage ab, ob zwischen den Parteien ein Darlehensvertrag besteht.
2. Der Antrag ist auch begründet.
Die auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Erklärung der Klägerin hat zu keinem Zeitpunkt Wirksamkeit erlangt. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 1 HwiG, in der hier maßgeblichen vor dem 01.10.2000 geltenden Fassung, hat die nicht ordnungsgemäße Belehrung über das Widerrufsrecht zur Folge, dass der zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag zu keinem Zeitpunkt wirksam wurde. Die gegenseitigen Rechte und Pflichten sind - anders als beim Rücktritt gemäß § 346 BGB - nicht Ausfluss eines in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelten Darlehensvertrages, sie bestimmen sich vielmehr allein nach der gesetzlichen Vorschrift des § 3 HWiG (vgl. auch OLG München WM 2002, 694,696).
V.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO. Zwar hat die Klägerin mit ihrem Feststellungsantrag obsiegt, der Senat bewertet jedoch das maßgebliche Interesse der Klägerin an diesem Feststellungsantrag lediglich mit 1.000,00 Euro, so dass sich der Obsiegensanteil der Klägerin als lediglich geringfügig darstellt.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Zulassung der Revision erfolgt im Hinblick auf die bislang noch nicht vollständig geklärte Rechtslage bei der Rückabwicklung von Realkrediten nach einem Widerruf gemäß § 1 HwiG (s. § 543 Abs.2 Nr. 1 ZPO n.F.).
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG
Berichtigungsbeschluss
2 U 125/01 OLG Naumburg 3 O 55/01 LG Halle
In dem Rechtsstreit
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. Engel, den Richter am Landgericht Reichel und den Richter am Landgericht Hachtmann am 31. Juli 2002 beschlossen :
Tenor:
Der Tenor des Urteils vom 11. Juli 2002 wird im Kostenpunkt wegen offenbarer Unrichtigkeit (§ 319 ZPO) berichtigt und wie folgt neu gefasst :
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Gründe:
Der Tenor des Urteils vom 04.07.2002 war von Amts wegen offenbarer Unrichtigkeit gemäß § 319 ZPO zu berichtigen. Mit der Kostenentscheidung beabsichtigte der Senat ersichtlich den jeweiligen Unterliegens- bzw. Obsiegensanteilen Rechnung zu tragen. Hierbei wurde versehentlich unberücksichtigt gelassen, dass die Beklagte nur infolge der hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung obsiegt hat, und die Parteien daher im Wesentlichen zu gleichen Teilen erfolgreich waren. Dass der Senat von einer hilfsweise erklärten Aufrechnung ausgegangen ist, ergibt sich aus II. 5. der Urteilsgründe.
Ende der Entscheidung
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