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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 09.07.2007
Aktenzeichen: 3 UF 134/07
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, RpflG, FGG, KostO


Vorschriften:

BGB §§ 1601 ff.
BGB § 1632 Abs. 1
BGB § 1909 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 51 Abs. 1
RpflG § 3 Nr. 2 a
FGG § 13a Abs. 1 Satz 1
KostO § 30 Abs. 2
KostO § 30 Abs. 3 Satz 1
KostO § 131 Abs. 2
Ist der beklagte Elternteil an der Vertretung gehindert (§ 1693 BGB), kommt kein teilweiser Entzug der elterlichen Sorge in Betracht sondern nur die Bestellung eines Verfahrenspflegers.

Für das Verfahren ist insoweit der Rechtspfleger des Amtsgerichtes zuständig, der ggf. zu prüfen hat, ob auch eine Ergänzungspflegschaft erforderlich ist.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

3 UF 134/07 OLG Naumburg

In der Familiensache

hat der 3. 1. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg am 09. Juli 2007 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Goerke-Berzau, den Richter am Oberlandesgericht Hellriegel und den Richter am Oberlandesgericht Thole beschlossen:

Tenor:

Auf die befristete Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts -Familiengerichts- Burg vom 02.05.2007 (Az.: 5 F 645/06) nebst dem ihm zugrunde liegenden Verfahren aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht - hier Rechtspfleger- zurückverwiesen.

Gerichtkosten werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 3.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die am 07.04.1990 geborene Antragstellerin ist das Kind des Antragsgegners, der das Sorgerecht nach dem Tod der Mutter inne hat. Sie wohnt seither mit weitestgehender Zustimmung des Antragsgegners im Haushalt der Familie W. und beansprucht im Verfahren 5 F 652/06 vor dem Amtsgericht -Familiengericht- Burg Kindesunterhalt und erstrebt im vorliegenden Verfahren letztlich die Bestellung eines Ergänzungspflegers, wogegen sich der Antragsgegner wendet.

Das Amtsgericht hat, nachdem die mit der Sache befasste Rechtspflegerin die ursprünglich und immer noch begehrte Ergänzungspflegerbestellung als Verfahren betreffend den teilweisen Sorgerechtsentzug angesehen und das Verfahren seinen Fortgang vor dem Familienrichter gefunden hat, mit dem angefochtenen Beschluss (Bl. 87 f d.A.) den teilweisen Sorgerechtsentzug für das Unterhaltsverfahren und die Beiordnung einer Ergänzungspflegschaft abgelehnt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.

Das zulässige Rechtsmittel der Antragstellerin ist begründet. Die Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses sowie des diesem zugrundeliegenden Verfahrens und zur Zurückweisung der Sache an das Amtsgericht.

Vorliegend ist der Antragsgegner im Rahmen des von der Antragstellerin anhängig gemachten Unterhaltsverfahrens verhindert, die elterliche Sorge auszuüben (§ 1693 BGB).

Da der Antragsgegner der Gegner des von der Antragstellerin gerichtlich geltend gemachten Unterhaltsanspruchs gemäß §§ 1601 ff. BGB ist, stünde er - einerseits als Beklagter und andererseits als gesetzlicher Vertreter des klagenden Kindes - auf beiden Seiten des Rechtsstreits. Diese Situation ist mit der eines entsprechenden Rechtsgeschäfts (vgl. § 1629 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. §§ 1795 Abs. 2, 181 BGB) vergleichbar. Dieser offenkundige Interessenkonflikt schließt bereits von Gesetzes wegen die Vertretungsbefugnis des Antragsgegners aus (BGH NJW 1996,658). Zur Behebung des Mangels der gesetzlichen Vertretung im Unterhaltsprozess als Prozessvoraussetzung gemäß § 51 Abs. 1 ZPO bedarf es deshalb der Bestellung eines Ergänzungspflegers (§ 1909 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts kommt vorliegend jedoch kein partielles Sorgerechtsentziehungsverfahren sondern nur ein sich nach § 1909 Abs. 1 Satz 1 BGB richtendes Verfahren zur Bestellung eines Ergänzungspflegers in Betracht, für das nach § 3 Nr. 2 a RpflG originär der Rechtspfleger des Amtsgerichts zuständig ist.

Es wäre sodann unter Verweis auf den ursprünglichen zutreffenden Antrag vom 13.11.2006 (Bl. 1 d.A.) bei entsprechender Antragstellung erneut zu prüfen, ob vorliegend auch ein Bedürfnis für die Einrichtung einer Ergänzungspflegschaft besteht.

Nach dem bisherigen Vorbringen ist hier zu prüfen, ob davon ausgegangen werden kann, dass die Unterhaltsklage der Antragstellerin völlig aussichtslos oder gar mutwillig erhoben ist. Nur dann scheidet die Einrichtung einer Ergänzungspflegschaft aus.

Nach dem bisher geführten Verfahren ist streitig, welche rechtliche Konsequenz sich daraus ergibt, dass der Antragsgegner, der seit dem Wohnsitzwechsel und der wirksamen Inverzugsetzung im Grundsatz zum Barunterhalt verpflichtet ist, nunmehr der Antragstellerin die Rückkehr in seinen Haushalt angeboten hat. Damit könnte er das ihm als Inhaber des alleinigen Sorgerechts grundsätzlich auch allein zustehende Unterhaltsbestimmungsrecht wirksam mit der Folge ausgeübt haben, dass der Anspruch auf Bar-unterhalt entfiele (BGH NJW 1983,2198; 1985,1339). Andererseits hat der Antragsgegner den Wechsel der Antragstellerin in den Haushalt der Familie W. hingenommen, im Besonderen auch auf eine weitere Durchsetzung seines Aufenthaltsbestimmungsrechts gemäß § 1632 Abs. 1 BGB, sofern dies auf Grund des Alters der Antragstellerin noch durchsetzbar erscheinen würde, abgesehen. Ob sich dann ferner im Rahmen des gegenwärtigen Aufenthalts der Antragstellerin neben der Halbwaisenrente und dem Kindergeld nach den sonstigen Leistungen des Antragsgegners noch ein Barbedarf ergibt, bedarf gegebenenfalls im Unterhaltsverfahren der näheren Erörterung.

Im vorliegenden Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit können jedenfalls diese streitigen Fragen, die bislang wohl nicht die Annahme eines völlig aussichtslosen oder gar mutwilligen Unterhaltsverfahrens rechtfertigen können nicht geklärt werden.

Die Auswahl eines Ergänzungspflegers ist im Fall der Einrichtung einer Ergänzungspflegschaft ebenfalls dem Rechtspfleger des Amtsgerichts zu überlassen (§ 1779 i.V.m. §§ 1915 Abs. 1, 1916; 1697 BGB).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG, wobei von der Erhebung der Gerichtskosten abgesehen wurde; die Entscheidung über den Gegenstandswert der Beschwerde beruht auf §§ 30 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1; 131 Abs. 2 KostO.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zugelassen. (§§ 621 e Abs. 1 Saatz 1; 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

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