Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 11.07.2006
Aktenzeichen: 3 UF 26/06
Rechtsgebiete: RegelbetragsVO, BGB, ZPO


Vorschriften:

RegelbetragsVO § 2
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 2
BGB § 286
BGB § 1613 Abs. 1
BGB § 1613 Abs. 2 Nr. 2 a
BGB § 1615l Abs. 1 Satz 2
BGB § 1615l Abs. 2
ZPO § 516 Abs. 3
Hebammenkosten sind, wenn sie anderweitig nicht ersetzt werden, Teil des Unterhaltsanspruchs. Dies auch dann, wenn sie nicht innerhalb der Zeitgrenze nach Abs. 1 Satz 1 BGB (sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt) angefallen sind.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 UF 26/06 OLG Naumburg

verkündet am: 11.07.2006

In der Familiensache

hat der 3. Zivilsenat - 1. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 27. Juni 2006 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Goerke-Berzau sowie die Richter am Oberlandesgericht Hellriegel und Thole

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin zu 2. wird das Teilanerkenntnis- und Schlussurteil des Amtsgerichts Stendal vom 01.02.2006 (Az.: 5 F 622/03) im Tenor zu Ziffer 5. abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die Klägerin zu 2. 4.805,20 € Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 30. August 2003 zu zahlen.

Die weitergehende Berufung der Klägerin zu 2. wird zurückgewiesen.

Die Berufung der Klägerin zu 1. wird für verlustig erklärt.

Die Gerichtskosten erster Instanz hat die Klägerin zu 1. zu 15 %, die Klägerin zu 2. zu 35 % und der Beklagte zu 50 % zu tragen. Der Beklagte trägt von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1. 85 % und von denen der Klägerin zu 2. 50 %. Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten trägt die Klägerin zu 1. 5 % und die Klägerin zu 2. 40 %. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Kosten der Berufung tragen zu 40 % die Klägerin zu 1. und die Klägerin zu 2. zu 60 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision ist nicht zugelassen.

Der Berufungsstreitwert beträgt 3.309,62 Euro bis zum 26. Juni 2006 und 1.800,54 Euro ab dem 27. Juni 2006.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Unterhaltsansprüche des am 13.09.2002 geborenen Kindes (Klägerin zu 1.) und der Mutter des Kindes (Klägerin zu 2.) sowie um Sonderbedarfsansprüche bei der Geburt der Klägerin zu 1.

Das Amtsgericht hat mit angefochtenem Teilanerkenntnis- und Schlussurteil vom 01.02.2006 unter Abweisung der Widerklage und der Klage im Übrigen den Beklagten unter anderem verurteilt,

a) von der Geburt der Klägerin zu 1. bis zum 30. Juni 2003 monatlich 162,1%

b) vom 01.07.2003 bis zum 28.02.2005 monatlich 163,4% und

c) ab dem 01.03.2005 monatlich 174,3% des Regelbetrags nach § 2 der RegelbetragsVO der jeweiligen Altersstufe unter Anrechnung des hälftigen Kindergelds an die Klägerin zu 1. zu Händen der Klägerin zu 2. zu zahlen.

Ferner wurde der Klägerin zu 1. ein Sonderbedarf von 500,42 € sowie Krankenversicherungskosten von monatlich 22,59 € seit dem 01.09.2002 und der Klägerin zu 2. die Erstattung von Geburtsaufwendungen und Mutterunterhalt zu insgesamt 3.799,57 € zugesprochen.

Auf das angefochtene Urteil vom 01.02.2006 (Bd.II Bl. 113 bis 125 d. A.) wird verwiesen.

Hiergegen richten sich zunächst die Berufungen der Klägerinnen mit der die Klägerin zu 1. die weitere Erstattung von Transportkosten wegen des Umzugs von 186,08€ begehrte und die Klägerin zu 2. neben den vom Beklagten monatlich mit 600,- € befristet anerkannten Unterhalt weiteren Mutterunterhalt von insgesamt 1.700,- € und die Erstattung nichtgedeckter Hebammenkosten von 95,63 € sowie Einschreibekosten von 4,91 € begehren.

Auf die unselbstständige Anschlussberufung des Beklagten, mit der er gegenüber der Klägerin zu 1. die Reduzierung des austitulierten Kindesunterhalts auf den anerkannten Kindesunterhalt in Höhe von 135 % des Regelbetrags nach § 2 der RegelbetragsVO der jeweiligen Altersstufe begehrte, hat die Klägerin zu 1. ihre Berufung zurückgenommen.

Die Klägerin zu 2. beantragt,

das Urteil des Amtsgerichts Stendal vom 01.02.2006 (Az.: 5 F 622/03) wird wie folgt abgeändert:

Ziffer 5 des Urteils wird mit der Maßgabe geändert, dass der Beklagte verurteilt wird an die Klägerin zu 2. einen Betrag von 5.600,11 € zu zahlen (statt 3.799,57 €), nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 30.08.2003.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

II.

Die Berufung der Klägerin zu 2. ist zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511, 513, 517, 519, 520, 524 ZPO). In der Sache hat die Berufung teilweise Erfolg.

Die Klägerin zu 2. kann gemäß § 1615l Abs. 2 BGB für den Zeitraum von November 2002 bis einschließlich April 2003 weiteren Mutterunterhalt von insgesamt 910,- € zu den vom Beklagten bislang insgesamt anerkannten 3.600,-€ beanspruchen.

Ausgehend von der Berechnung der Berufung in der Berufungsbegründung vom 12.04.2006 (Bd. II Bl. 191 d.A.) geht auch der Senat für die Jahre 2002 und 2003 von bereinigten Einkünften des Beklagten unter Einschluss der gesamten Versorgungsbeiträge von 2.153,06 € mithin gerundet 2.153,- € aus. Daneben sind die Mehraufwendungen für die Anmietung der nach Trennung und Geburt des Kindes angemieteten Wohnung nicht zu berücksichtigen. Derartige Wohnaufwendungen werden bereits angemessen vom erhöhten Selbstbehalt kompensiert.

Ferner sind beim Einkommen des Beklagten monatlich die Krankenkassenversicherung mit gerundet 23,- € und der Kindesunterhalt von 282,- € abzusetzen, so dass monatlich 1.848,- € einzustellen sind.

Demgegenüber muss sich die Klägerin zu 2. neben dem anzurechnenden anteiligen Weihnachtsgeld Mieteinnahmen bezüglich zweier vermieteter Objekte zurechnen lassen. Für das Objekt H. erzielte sie im Jahr 2002 Mieteinnahmen von 4.306,- € welchen Darlehenszinsen von 3.931,- € entgegen stehen. Im Jahr 2003 standen Mieteinnahmen von 3.521,- € Zinsaufwendungen von 3.212 € gegenüber. Das Mietobjekt B. betreffend standen 2002 Mieteinnahmen von 5.218,- € Darlehenszinsen von 2.591,- € gegenüber. Im Jahr 2003 ergab sich ein Verhältnis von 4.052,-€ zu 2.479,- €. Das daneben Aufwendungen zum Erhalt der Objekte getätigt werden mussten, ist nicht dargetan. Im Übrigen ist die Notwendigkeit der Tragung der umlagefähigen Kosten nicht dargestellt. Die steuerrechtliche Geltendmachung ist hierbei unbeachtlich. Dementsprechend muss sich die Klägerin für 2002 weitere Einkünfte von [(375,- € + 2.627,- €): 12 Monate] 250,16 € und für 2003 von [(309,- € + 1.573,- €): 12 Monate] 156,83 € neben denen von monatlich 156,45 € zurechnen lassen.

Dem Einkommen des Beklagten von 1.848,- € stehen Einkünfte der Klägerin zu 2. im November und Dezember 2002 von gerundet 407,- € und von Januar bis April 2003 von 314,- € gegenüber.

Die Klägerin zu 2. kann daher im November und Dezember 2002 monatlichen Unterhalt von gerundet [(1848,- € - 407,- €):2] 721,- € und von Januar bis April 2003 mit gerundet [(1848,- € - 314,- €):2] 767,- € beanspruchen, was neben dem anerkannten Unterhalt von 3.600,-€ einen Gesamtunterhalt für die 6 Monate von 4.510,- € ergibt.

Der Klägerin zu 2. stehen die Hebammenkosten von 95,63 €, welche ihr von Dritten nicht erstattetet wurden, gemäß § 1615l Abs.1 Satz 2 BGB zu. Nach dieser Vorschrift können diese Kosten, entgegen der Ansicht des Beklagten "auch" außerhalb des in Satz 1 der vorgenannten Vorschrift genannten Zeitraums beansprucht werden.

Der Klägerin zu 2. stehen die aufgewendeten Kosten für die nach unstreitig vergeblich mündlicher Aufforderung zur Zahlung des Sonderbedarfes und des Unterhalts aufgewandten Kosten für einen eingeschriebenen Brief von 4,91 € nicht als Schadensposition nach §§ 286, 280 Abs. 1 und 2 BGB zu. Denn zum Zeitpunkt der Aufforderung war die Vaterschaft noch nicht festgestellt. Hierfür ergibt sich aus §1613 Abs. 1 und 2 Nr.2 a BGB eine Sonderregelung für die rückwirkende Geltendmachung. Dass die Kosten nach rechtskräftiger Feststellung der Vaterschaft entstanden sind, lässt sich schon nicht feststellen.

Neben den erstinstanzlich zuerkannten unangegriffen gebliebenen diversen Aufwendungen von 199,57 € sind daher vom Beklagten insgesamt (199,57 €+95,63 €+4.510,- €) 4.805,20 € zu zahlen.

III.

Nach Rücknahme der Berufung der Klägerin zu 1. ist nach § 516 Abs. 3 ZPO zwingend der Verlust ihres Rechtsmittels auszusprechen.

Die Kostenentscheidung sowie die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach den §§ 97 Abs.2, 100 Abs. 1, 516 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Dabei berücksichtigt der Senat, dass die Klägerin zu 2. auf Grund des neunen Vorbringens teilweise obsiegte und die Klägerin zu 1. auch die Kosten der wirkungslos gewordenen unselbstständigen Anschlussberufung zu tragen hat.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Sache wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung auf und weder die Fortbildung des Rechts noch die Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erfordern die Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO).

Der Streitwert richtet sich nach den §§ 47 Abs. 1 , 42 Abs. 1 und 5 GKG.

Ende der Entscheidung

Zurück