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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 11.11.2008
Aktenzeichen: 3 UF 39/08
Rechtsgebiete: Regelbetrag-VO, BGB, UVG


Vorschriften:

Regelbetrag-VO § 2
Regelbetrag-VO § 2 Nr. 2
Regelbetrag-VO § 2 Nr. 3
BGB § 286 Abs. 1
BGB § 286 Abs. 2 Nr. 2
BGB § 288
BGB § 362
BGB § 362 Abs. 1
BGB §§ 1601 ff.
BGB § 1603 Abs. 2 Satz 1
BGB § 1612 a
BGB § 1612 b
BGB § 1612 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
BGB § 1629 Abs. 3 Satz 1
UVG § 7
UVG § 7 Abs. 1 Satz 1
Die gesteigerte Erwerbsobliegenheit gegenüber einem minderjährigen Kind macht es erforderlich, dass der Unterhaltsverpflichtete, der den Mindestunterhalt nicht leisten kann, sich bundesweit um eine besser bezahlte Stelle bemüht, wenn er derzeit eine Tätigkeit ausübt, die seinem Ausbildungsstand nicht entspricht.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 UF 39/08 OLG Naumburg

Verkündet am 11.11.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat - 1. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am Oberlandesgericht Goerke-Berzau und der Richter am Oberlandesgericht Hellriegel und Materlik auf die mündliche Verhandlung vom 21. Oktober 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Wittenberg vom 31. Januar 2008, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses des Amtsgerichts vom 25. Februar 2008, Az. 4 F 195/07 UK, unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die minderjährigen Kinder J. R. , geb. am 26.05.1995, und N. R. , geb. am. 08.08.1998, monatlich zum Ersten eines jeden Monats fällig folgenden Kindesunterhalt zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab jeweiliger Fälligkeit zu zahlen:

1. Rückständigen Kindesunterhalt

für die Zeit von Februar bis März 2007 in Höhe von 104,00 Euro je Kind,

2. Laufenden Kindesunterhalt

a) für J.

für den Monat April 2007 100 % des Regelbetrags der 2. Altersstufe nach § 2 Nr. 2 Regelbetrag-VO abzüglich 151,00 Euro,

für den Monat Mai 2007 100 % des Regelbetrags der 3. Altersstufe nach § 2 Nr. 3 Regelbetrag-VO abzüglich 126,00 Euro,

für die Monate Juni 2007 bis Dezember 2007 monatlich 100 % des Regelbetrags der 3. Altersstufe nach § 2 Nr. 3 Regelbetrag-VO,

für die Zeit ab dem 1. Januar 2008 monatlich 100 % des Mindestunterhalts nach § 1612 a BGB, abzüglich des nach § 1612 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB hälftig anrechenbaren Kindergeldes für ein erstes Kind (derzeit monatlich 77,00 Euro),

abzüglich folgender vom Beklagten zum jeweiligen Stichtag erbrachter Unterhaltszahlungen:

06.09.2007 120,00 Euro

24.10.2007 60,00 Euro

27.11.2007 60,00 Euro

12.12.2007 60,00 Euro

04.03.2008 107,00 Euro

11.04.2008 54,00 Euro

Mai 2008 54,00 Euro

Juni 2008 54,00 Euro

Juli 2008 54,00 Euro

August 2008 54,00 Euro

September 2008 54,00 Euro

b) für N.

für die Monate April bis Dezember 2007 monatlich 100 % des Regelbetrags der 2. Altersstufe nach § 2 Nr. 2 Regelbetrag-VO und

für die Zeit ab dem 1. Januar 2008 monatlich 100 % des gesetzlichen Mindestunterhaltes nach § 1612 a BGB abzüglich des bedarfsdeckend nach § 1612 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB anzurechnenden hälftigen Kindergelds für ein zweites Kind (derzeit monatlich 77,00 Euro),

abzüglich folgender von N. bezogener Unterhaltsvorschussleistungen:

für die Zeit von April bis Juni 2007 monatlich jeweils 151,00 Euro,

für die Zeit von Juli bis Dezember 2007 monatlich jeweils 149,00 Euro,

für die Zeit von Januar bis Mai 2008 monatlich jeweils 168,00 Euro,

für die Zeit von Jun i bis September 2008 monatlich jeweils 122,00 Euro,

und unter Anrechnung der ab Oktober 2008 laufenden Unterhaltsvorschussleistungen

sowie

abzüglich der vom Beklagten für N. erbrachten Kindesunterhaltszahlungen für die Monate Juni bis September 2008 von jeweils monatlich 46,00 Euro.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision gegen diese Entscheidung wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien sind getrenntlebende Eheleute. Aus ihrer Ehe sind die gemeinsamen Kinder J. R. , geboren am 26.05.1995 und N. R. , geboren am 08.08.1998 hervorgegangen. Beide Kinder leben seit der Trennung der Parteien in der Obhut der Klägerin, welche die Kinder versorgt und betreut. Für die Kinder erhielt bzw. erhält die Klägerin Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.

Die Klägerin hat mit vorprozessualem Anwaltschreiben vom 12.02.2007 den Beklagten aufgefordert, für beide Kinder Unterhalt in Höhe von 100 % des Regelbetrages nach § 2 Regelbetrag-VO zu zahlen und eine Titulierung des Unterhalts für beide Kinder durch Erstellung entsprechender Jugendamtsurkunden vorzunehmen. Mit der Klage begehrt die Klägerin für beide Kinder jeweils den Differenzbetrag zwischen den Unterhaltsvorschussleistungen und 100 % Regelbetrag bzw. 100 % Kindesunterhalt.

Mit Urteil vom 31.01.2008 (Bl. 105 ff. d. A.) hat das Amtsgericht - Familiengericht - Wittenberg sodann den Beklagten verurteilt,

1. an die Klägerin Unterhalt für die minderjährigen Kinder J. R. , geboren am 26.05.1995, und N. R. , geboren am 08.08.1998, monatlich jeweils zum 1. eines jeden Monats fällig, Kindesunterhalt zuzüglich 5 % Verzugszinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz ab jeweiliger Fälligkeit als Verzugszinsen wie folgt zu zahlen:

a) einen Unterhaltsrückstand für die Monate Februar und März 2007 in Höhe von je 104,00 Euro zuzüglich Verzugszinsen ab dem 01.03.2007,

b) für J.

für April 2007 100 % des Regelbetrages der 2. Altersstufe nach § 2 Regelbetrag-VO, für den Zeitraum vom 01.05.2007 bis 31.12.2007 je 100 % des Regelbetrages der 3. Altersstufe nach § 2 Regelbetrag-VO und

ab 01.01.2008 monatlichen Mindestunterhalt nach § 1612 a BGB unter Abzug eines Kindergeldanteiles gemäß § 1612 b BGB, mithin einem Zahlbetrag von je 288,00 Euro,

c) für N.

für den Zeitraum vom 01.04.2007 bis 31.12.2007 je 100 % des Regelbetrages der 2. Altersstufe nach § 2 der Regelbetrag-VO und

ab 01.01.2008 (monatlichen) Mindestunterhalt gemäß § 1612 a BGB unter Abzug des Kindergeldanteiles nach § 1612 b BGB, mithin einen Zahlbetrag von jeweils 245,00 Euro

abzüglich folgender geleisteter Beträge:

22.02.2007 insgesamt 100,00 Euro

14.03.2007 insgesamt 100,00 Euro

07.09.2007 insgesamt 120,00 Euro

24.10.2007 insgesamt 60,00 Euro

28.12.2007 insgesamt 60,00 Euro.

Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass der Beklagte im Ergebnis der gerichtlichen Ermittlungen entgegen seinen tatsächlichen Einkünften als ausreichend leistungsfähig anzusehen sei, denn er sei seinen Kindern gegenüber zur gesteigerten Erwerbsobliegenheit verpflichtet. Für die Erfüllung dieser gesetzlichen Verpflichtung habe aber der Beklagte als darlegungs- und beweisbelastete Partei nicht ausreichend vorgetragen. Der Beklagte sei auch nicht, wie von ihm behauptet, krankheitsbedingt eingeschränkt einer (gesteigerten) Erwerbsfähigkeit nachzugehen, denn nach der eingeholten hautärztlichen gutachterlichen Stellungnahme sei die vormals vorhandene gesundheitliche Einschränkung des Beklagten auf dessen Nikotinabusus als Ursache zurückzuführen gewesen, der allerdings längst nicht mehr seine Erwerbsfähigkeit einschränke. Den Nachweis der geschuldeten gesteigerten Erwerbsbemühungen habe der Beklagte auch nicht durch die Vorlage von 10 Bewerbungsschreiben aus dem Jahr 2007 genügt. Zudem sei nicht erkennbar, dass der Beklagte als Tischlermeister kein höheres Einkommen als ein derzeitiges von rund 1.000,00 Euro monatlich erzielen könne. Gerichtsbekannterweise seien in diesem Arbeitsbereich Stundenlöhne von bis zu 10,00 Euro für Tischlerarbeiten erzielbar. Des Weiteren könne nicht außer Acht bleiben, dass der Beklagte mietfrei im elterlichen Hause wohne und demzufolge erhebliche Kostenersparnisse habe, die er zur Bedarfsdeckung seiner Kinder zu nutzen habe. Schließlich könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Beklagte nicht einmal vollständige und aussagekräftige Nachweise über seine Einnahmen und Ausgaben in den letzten 12 Monaten vorgelegt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten der vorbezeichneten Entscheidung wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des amtsgerichtlichen Urteils vom 31.01.2008 (Bl. 106 ff. d. A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung.

Er Beklagte ist der Auffassung,

er sei lediglich eingeschränkt leistungsfähig. So könne er auch nicht mehr als das von ihm erzielte durchschnittliche monatliche Einkommen von rund 1.088,00 Euro netto in seinem erlernten Beruf als Tischlermeister erzielen. Im Übrigen sei die Klage auf Zahlung von Kindesunterhalt bereits deshalb teilweise abzuweisen gewesen, weil die Klägerin infolge der für beide Kinder geleisteten Unterhaltsvorschussleistungen nach dem UVG nicht mehr aktivlegitimiert sei. Außerdem habe er, der Beklagte, weitere, vom Amtsgericht nicht berücksichtigte Zahlungen geleistet, die zum Erlöschen der Klageforderung geführt hätten.

Der Beklagte beantragt daher,

das angefochtene amtsgerichtliche Urteil (teilweise) abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen, als der Klägerin ein (monatlicher) Unterhaltsbetrag von mehr als 40,00 Euro für N. und von mehr als 60,00 Euro für J. zuerkannt worden ist.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Sie vertritt die Auffassung, dass der Beklagte ausreichend leistungsfähig sei, den vollen Kindesunterhalt zu zahlen, wobei zuzugestehen sei, dass infolge geleisteter Unterhaltsvorschusszahlungen für beide Kinder und infolge geleisteten Barunterhaltes teilweise Abzüge von den erstinstanzlich ausgeurteilten monatlichen Unterhaltsrenten gerechtfertigt seien. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten, insbesondere die jeweils geleisteten Unterhaltszahlungen des Beklagten und der von der Klägerin für die beiden Kinder jeweils bezogenen Unterhaltsvorschussleistungen, wird auf die Details des Klägerschriftsatzes vom 30.09.2008 (Bl. 210 ff. d. A.) nebst der darin in Bezug genommenen und zur Gerichtsakte gereichten Anlagen (Bl. 217 ff. d. A.) verwiesen.

II.

Die statthafte und zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache dahin teilweise Erfolg, dass der Tenor des angefochtenen Urteils wegen der Unterhaltsvorschussleistungen und der während des laufenden Verfahrens gezahlten Unterhaltsleistungen ergänzend zu korrigieren war.

Zwar ist der Beklagte - entgegen seiner Ansicht - grundsätzlich als ausreichend leistungsfähig anzusehen, seinen beiden minderjährigen und unverheirateten Kindern den gesetzlichen Kindesunterhalt in Höhe des jeweils geltenden Regelbetrags bzw. den jeweiligen Mindestunterhalt der jeweils maßgeblichen Altersstufe zu zahlen (1), indes ist zum einen ein Teil der vom Amtsgericht mit dem angefochtenen Urteil der Klägerin als gesetzlicher Prozessstandschafterin im Sinne von § 1629 Abs. 3 Satz 1 BGB zuerkannten Kindesunterhaltsansprüche, wie aus dem Tenor ersichtlich, infolge seitens des Landkreises für die beiden Kinder geleisteten Unterhaltsvorschüsse gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 UVG kraft Gesetzes in Höhe der jeweils geleisteten staatlichen Vorschüsse auf das Land übergegangen (2) und zum anderen zum Teil infolge erbrachter Unterhaltszahlungen des Beklagten nach § 362 Abs. 1 BGB erloschen (3).

Im Einzelnen ist hierzu Folgendes auszuführen:

1. Entgegen seiner Ansicht ist der Beklagte ausreichend leistungsfähig, den Kindesunterhalt in Höhe des jeweiligen Regelbetrags bzw. in Höhe des Mindestunterhalts aufzubringen.

So verfügt der Beklagte über einen hochqualifizierten Ausbildungsberuf. Er arbeitet nämlich als gelernter Tischlermeister bei der Fa. S. GmbH . Der Beklagte ist auch nicht, wie das Amtsgericht nach Einholung eines Sachverständigengutachtens des Hautarztes H. H. vom 19.02.2007 (Bl. 88 d. A.) festgestellt hat, krankheitsbedingt - wie von ihm behauptet - eingeschränkt in seinem Erwerbsvermögen.

Soweit der Beklagte - von der Klägerin bestritten - ferner behauptet, er verdiene bei Vollerwerbstätigkeit lediglich ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 1.087,96 Euro, von dem noch berufsbedingte Fahrtkosten in Höhe von monatlich 326,25 Euro in Abzug zu bringen seien, kann auch dies nicht für seine angeblich eingeschränkte Leistungsfähigkeit oder gar seine Leistungsunfähigkeit streiten.

Denn zum einen hat der Beklagte, obgleich vom Amtsgericht hierzu ausdrücklich wiederholt beauflagt, bis zum heutigen Tage nicht vollständig seine Einkommensverhältnisse durch Vorlage sämtlicher Monatsverdienstbescheinigungen für ein Jahr nachgewiesen. Es liegen lediglich für einen Teil der Monate Verdienstnachweise vor.

In diesem Zusammenhang weist das Amtsgericht auch zutreffend auf die gesteigerte Erwerbspflicht des Beklagten gegenüber seinen minderjährigen und unverheirateten Kindern aus § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB hin, wonach der Beklagte nämlich gehalten gewesen wäre, soweit sein Erwerbseinkommen aus der Haupttätigkeit nicht ausreicht, um den Mindestunterhalt seiner Kinder abzudecken, sich bundesweit um eine besser dotierte Anstellung zu bemühen.

Zu Recht merkt das Amtsgericht in diesem Zusammenhang weiter an, dass die diesbezüglich nachgewiesenen, von der Klägerin bestrittenen Erwerbsbemühungen des Beklagten unzureichend sind.

Soweit der Beklagte hierzu behauptet, er könne in seinem Beruf keinen höheren Stundenlohn als 7,00 bis 8,00 Euro erzielen und zum Nachweis dessen ein Stellenangebot der Agentur für Arbeit vorlegt, vermag auch dies nicht zu überzeugen. Denn der Beklagte ist nicht - wie im vorgelegten Stellenangebot gesucht - nur Tischlergeselle, sondern Tischlermeister. Ferner kommt hinzu, dass der Beklagte nach eigenen unbestrittenen Angaben noch mehrere Semester Architektur an der Fachhochschule studiert hat, sodass er damit eine besonders hohe berufliche Qualifikation als Handwerksmeister, noch dazu mit Auslandsberufserfahrungen, verfügt.

Überdies zeigt bereits ein Blick ins Internet, z. B. auf die Seite www.nettolohn.de, dass in anderen Bereichen Deutschlands, z. B. im Ruhrgebiet oder im Sauerland, Tischlermeister weit höhere Einkünfte erzielen können, als dies der Beklagte derzeit tut. Die Löhne sind teilweise derart hoch, dass weit mehr als nur zwei minderjährige Kinder, wie hier, ohne Gefährdung des eigenen notwendigen Selbstbehaltes, unterhalten werden könnten.

Im Übrigen wäre dem Beklagten nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB auch zuzumuten, einer entgeltlichen Nebentätigkeit nachzugehen, wenn sein Haupterwerbseinkommen nicht ausreicht, den Mindestunterhalt seiner minderjährigen Kinder abzudecken. Auch zu solchen Bemühungen des Beklagten fehlt jeder Vortrag.

Nach alledem ist aber davon auszugehen, dass der Beklagte bei gehörig intensiven bundesweiten Erwerbsbemühungen eine deutlich besser dotierte Anstellung als Tischlermeister hätte finden können. Mit einer Nebentätigkeit zusammen hätte er auf jeden Fall ein ausreichend hohes monatliches Nettoeinkommen erzielen können, um den ausgeurteilten Unterhalt an seine Kinder zahlen zu können.

Demzufolge vermag der Einwand des Beklagten, er sei nicht ausreichend leistungsfähig, seine Berufung nicht zu tragen.

2. Allerdings hat das Rechtsmittel des Beklagten insoweit teilweise Erfolg, als nämlich die Kindesunterhaltsansprüche nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UVG teilweise auf den Landkreis Wittenberg übergegangen sind und dies entsprechend dem Klageantrag im Tenor hätte ausgewiesen werden müssen.

Hierzu ist im Detail Folgendes zu bemerken:

a) Unterhaltsansprüche J.

J. konnte für die Monate Februar bis April 2007 nach den §§ 1601 ff. BGB in Verb. mit § 2 Nr. 2 Regelbetrag-VO einen monatlichen Kindesunterhalt von 228,00 Euro beanspruchen. Allerdings hat die Klägerin für J. in der Zeit von Februar bis April 2007 monatlich 151,00 Euro Unterhaltsvorschuss erhalten, sodass die Klägerin hinsichtlich des vorgenannten Zeitraums infolge des teilweisen Forderungsübergangs nach § 7 UVG auf das Land nur noch betreffend einer monatlichen (restlichen) Unterhaltsrente von (228,00 Euro - 151,00 Euro =) 77,00 Euro forderungsberechtigt ist. Zuerkannt worden sind der Klägerin für die Monate Februar bis März 2007 für ihren Sohn monatliche Unterhaltsrenten von jeweils 52,00 Euro (insgesamt 104,00 Euro) und für den Monat April 2007 228,00 Euro. Demnach hat das Amtsgericht der Klägerin für den Monat April 2007 einen Betrag von 151,00 Euro mehr zuerkannt als beantragt. Für den Monat Mai 2007 hat die Klägerin für J. einen Unterhaltsvorschuss in Höhe eines anteiligen Betrages von 126,00 Euro erhalten. Danach hat J. wegen Erreichens des 12. Lebensjahres keinen Unterhaltsvorschuss mehr erhalten.

Das Amtsgericht hat aber der Klägerin, obgleich der Kindesunterhaltsanspruch für J. nach der dritten Altersstufe gemäß § 2 Nr. 3 Regelbetrag-VO in Höhe des Teilbetrags von 126,00 Euro auf den Landkreis nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UVG übergegangen war, gleichwohl zur Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von vollen 269,00 Euro verurteilt, also der Klägerin für April 2007 einen Betrag von 126,00 Euro mehr zuerkannt als beantragt.

b) Unterhaltsansprüche N.

N. hat folgende Unterhaltsvorschussleistungen bezogen:

ba) 02-06/07: 5 x 151,00 Euro = 755,00 Euro

bb) 07-12/07: 6 x 149,00 Euro = 894,00 Euro

bc) 01-05/08: 5 x 168,00 Euro = 840,00 Euro

bd) 06-09/08: 4 x 122,00 Euro = 488,00 Euro

Gesamt: 2.977,00 Euro

Zuerkannt hat das Amtsgericht der Klägerin für N. für den Zeitraum von Februar bis März 2007 einen monatlichen Restunterhaltsbetrag von monatlich jeweils 52,00 Euro. Tatsächlich hätte die Klägerin für ihre Tochter im vorgenannten Zeitraum einen restlichen monatlichen Kindesunterhalt von sogar (228,00 Euro - 151,00 Euro =) 77,00 Euro beanspruchen können. Demnach hat das Amtsgericht der Klägerin für die Monate Februar und März 2007 sogar, allerdings antragsgemäß, weniger zuerkannt, als den Kindern eigentlich noch als restlicher Unterhalt gebührte.

Soweit das Amtsgericht jedoch der Klägerin für die Zeit ab April 2007 für N. monatlich den vollen Kindesunterhalt in Höhe des jeweils geltenden Regelbetrags nach § 2 Regelbetrag-VO bzw. ab Januar 2008 den vollen Mindestunterhalt gemäß § 1612 a BGB, letzteren nach Abzug des nach § 1612 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB bedarfsdeckend anzurechnenden Kindergeldanteils, zuerkannt hat, hat das Vordergericht, vom Beklagten zu Recht gerügt, die oben genannten Zahlungen von Unterhaltsvorschuss und damit den entsprechenden Forderungsübergang auf das Land gemäß § 7 UVG in entsprechender Zahlungshöhe bei seiner erstinstanzlichen Entscheidung entgegen dem Klageantrag außer Betracht gelassen, was auf die Berufung des Beklagten hin in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu korrigieren war. 3. Hinzu kommt, dass die der Klägerin für die beiden minderjährigen Kinder zuerkannten Unterhaltsansprüche infolge weiterer Zahlungen während des laufenden Verfahrens in größerem Umfang, als vom Amtsgericht berücksichtigt nach § 362 BGB erloschen sind.

Der Beklagte hat - nach Vergleich mit den Angaben der Klägerin - folgende Unterhaltszahlungen für die Kinder erbracht:

a) für J. :

aa) 06.09.07 120,00 Euro

ab) 24.10.07 60,00 Euro

ac) 27.11.07 60,00 Euro

ad) 12.12.07 60,00 Euro

ae) 04.03.08 (200,00 Euro - 93,00 Euro UVG =) 107,00 Euro

af) 11.04.08 54,00 Euro

ag) 05-09/08 5 x 54,00 Euro 270,00 Euro

Gesamt: 731,00 Euro

b) für N. :

ba) 06-09/08 4 x 46,00 Euro = 184,00 Euro

Soweit die Kindesmutter im März 2008 auch 93,00 Euro anteilig für 2 Monate und im April und Mai 2008 vom Kindesvater erhalten hat, sind diese Beträge nach dem Vortrag der Klägerin vom Jugendamt - Unterhaltsvorschusskasse - zurückgefordert worden, sodass sie in der vorgenannten Aufstellung nicht aufgeführt sind.

Weitere Zahlungen hat der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht nachgewiesen.

Soweit der Beklagte mit den geschuldeten Unterhaltsansprüchen in Verzug gekommen ist oder kommt, hat er überdies den rückständigen Unterhalt, wie aus den §§ 286 Abs. 1 bzw. Abs. 2 Nr. 2, 288 BGB folgt, auch zu verzinsen.

Nach alledem hatte die Berufung des Beklagten nur teilweise geringfügig Erfolg, nämlich lediglich im Sinne einer Korrektur des erstinstanzlichen Tenors bzgl. der Unterhaltsvorschussleistungen gemäß den bereits erstinstanzlich gestellten Klageanträgen und der zusätzlich erfolgten Zahlungen nach Rechtshängigkeit.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 92 ZPO. Danach waren die Kosten des Rechtsstreits entsprechend dem jeweiligen Obsiegen und Unterliegen der Prozessparteien zu verteilen, wobei hierzu zu berücksichtigen war, dass das Obsiegen des Beklagten im Berufungsverfahren nur in einer Korrektur/Ergänzung bestand. Dies rechtfertigt es, ihm auch die Kosten des Berufungsverfahrens in vollem Umfange aufzuerlegen.

IV.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 8 und Nr. 10, 711, 713 ZPO.

V.

Die in § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO gesetzlich definierten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision waren nicht erfüllt.

Ende der Entscheidung

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