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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 30.08.2005
Aktenzeichen: 3 UF 59/05
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, VAÜG


Vorschriften:

ZPO § 621 e
ZPO § 629 a
BGB § 1587 b Abs. 1
BGB § 1587 b Abs. 6
BGB § 1587 c Nr. 1
VAÜG § 3 Abs. 2 Nr. 2 a
Vereinbaren die Ehegatten in einer Urkunde (§ 1587 o BGB), dass z.B. aufgrund langjähriger Trennung die Anwartschaften nach einem bestimmten Zeitpunkt nicht berücksichtigt werden sollen, ist diese Vereinbarung zulässig und genehmigungsfähig.

Der Senat folgt in der Durchführung der Entscheidung des BGH, Beschluss vom 23.2.2005 - XII ZB 198/01 in FamRZ 2004, 256.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

3 UF 59/05 OLG Naumburg

In der Familiensache

wegen Ehescheidung

hier: Durchführung des Versorgungsausgleichs

hat der - 1. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Kleist sowie die Richter am Oberlandesgericht Hellriegel und Thole

am 30. August 2005

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Zerbst vom 23. März 2005 bezüglich des Ausspruchs zum Versorgungsausgleich (Ziff. 2 des Urteilstenors) geändert:

Von dem Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Nr.: ... werden Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 59,32 Euro, bezogen auf den 31. Juli 2004 auf das Rentenkonto der Antragstellerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Nr.: ... übertragen, die in Entgeltpunkte umzurechnen sind.

Außerdem werden angleichungsdynamische Rentenanwartschaften in Höhe von 11,23 Euro übertragen, die in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen sind.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den Parteien gegeneinander aufgehoben.

Beschwerdewert: 1.000,00 Euro.

Den Parteien wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt.

Der Antragstellerin wird Rechtsanwältin R. , dem Antragsgegner Rechtsanwältin T. beigeordnet.

Gründe:

Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht auf den am 14. August 2004 zugestellten Scheidungsantrag die am 09. Juni 1979 geschlossene Ehe der Parteien geschieden sowie den Versorgungsausgleich in der Weise geregelt, dass es vom Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Rentenanwartschaften in Höhe von 92,75 Euro (West) und 60,27 Euro (Ost), bezogen auf den 31. Juli 2004, auf das Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte übertragen hat. Dabei ist es nach den vorliegenden Auskünften davon ausgegangen, dass die Antragstellerin während der Ehezeit monatliche Rentenanwartschaften von 185,50 Euro (West) und 433,38 Euro (Ost) und der Antragsgegner angleichungsdynamische Anrechte von 312,85 Euro (Ost) erworben hat.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners, mit der er geltend macht, das Amtsgericht habe die von den Parteien zum Versorgungsausgleich getroffene notarielle Vereinbarung vom 24. August 1998 nicht berücksichtigt, die die Nichtberücksichtigung der nach dem 30. November 1995 erworbenen Versorgungsanwartschaften vorsehe.

Diese gemäß §§ 629 a, 621 e ZPO zulässige Beschwerde hat Erfolg. Die amtsgerichtliche Entscheidung ist zu korrigieren, da das Amtsgericht die von den Parteien getroffene notarielle Vereinbarung vom 24. August 1998 nicht berücksichtigt hat. Diese Vereinbarung sieht unter § 2 einen teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs in der Weise vor, dass lediglich die Versicherungszeiten vom 01. Juni 1979 bis zum 30. November 1995 berücksichtigt werden sollen und für die Zeit danach ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs erfolgen solle. Dieser Vereinbarung kann die Wirksamkeit nicht versagt werden. Grundgedanke der Regelungen zum Versorgungsausgleich ist, dass jede Ehe in Folge der auf Lebenszeit angelegten Lebensgemeinschaft während der Erwerbstätigkeit des oder der Ehegatten auch eine Versorgungsgemeinschaft ist, sodass der Versorgungsausgleich seiner Zielrichtung nach als ein vorweg genommener Altersunterhalt verstanden werden kann. Aus diesem Grund werden die während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften gemäß dem ursprünglichen gemeinsamen Zweck der beiderseitigen Alterssicherung aufgeteilt. Daher fehlt für den Versorgungsausgleich die eigentlich rechtfertigende Grundlage, so lange die eheliche Lebensgemeinschaft durch Trennung der Eheleute aufgehoben ist. Zwar ist der Ausgleich nach der gesetzlichen Regelung nicht auf die Zeit der ehelichen Lebensgemeinschaft beschränkt, sondern grundsätzlich für die gesamte Ehezeit vorgeschrieben. Das beruht jedoch in erster Linie auf Zweckmäßigkeitserwägungen. Insbesondere sollte dem Ausgleichsverpflichteten die Möglichkeit genommen werden, den Ausgleichsanspruch durch Trennung von dem Ehegatten zu manipulieren. Nach dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs als beiderseitige Alterssicherung kann daher eine lange Trennungszeit mit einer wirtschaftlichen Verselbstständigung von - wie hier - rund 9 Jahren schon für sich genommen den (teilweisen) Ausschluss des Versorgungsausgleichs rechtfertigen, sodass insoweit auch ein Ausschluss gemäß § 1587 c Nr. 1 BGB in Betracht gekommen wäre (vgl. zu dieser Problematik BGH, FamRZ 2004, 1181 f. m. w. N.).

Lässt man die Zeit nach dem 30. November 1995 außer Betracht, haben die Parteien nach den vom Senat eingeholten Auskünften, gegen deren Richtigkeit Bedenken nicht zu erheben sind, folgende Versorgungsanwartschaften erworben:

Die Antragstellerin in Höhe von 216,74 Euro, angleichungsdynamisch, und der Antragsgegner von 239,20 Euro, angleichungsdynamisch und 118,64 Euro nichtangleichungsdynamisch. Die Hälfte der Differenz, mithin 59,32 Euro (West) und 11,23 Euro (Ost) sind im Wege des sogenannten Rentensplittings gemäß § 1587 b Abs. 1 BGB vom Rentenkonto des Antragsgegners auf dasjenige der Antragstellerin zu übertragen. Dabei war gemäß §§ 1587 b Abs. 6 BGB, § 3 Abs. 2 Nr. 2 a VAÜG die Umrechnung der übertragenen Versorgungsanwartschaften in Entgeltpunkte, bzw. Entgeltpunkte (Ost) anzurechnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 93 a ZPO.

Ende der Entscheidung

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