Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 23.01.2004
Aktenzeichen: 3 UF 96/03
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, SGB VI, VAÜG


Vorschriften:

ZPO § 621 e
BGB § 1587 b Abs. 2
BGB § 1587 b Abs. 5
SGB VI § 76 Abs. 2 Satz 3
SGB VI § 264 a Abs. 3
VAÜG § 2 Abs. 1 Satz 2
Die Berechnung des Höchstbetrages ist nicht eindeutig im Gesetz geregelt für die Fälle, in denen West- und Ost-Anrechte gleichzeitig vorliegen. Der Senat hat sich der von Dörr im Münchner Kommentar vertretenen Rechtsansicht angeschlossen, jedoch die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

3 UF 96/03 OLG Naumburg

In der Familiensache

hat der 3. Zivilsenat - 1. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Kleist sowie die Richter am Oberlandesgericht Hellriegel und Thole

am 23. Januar 2004

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerden der Beteiligten Versicherungsträger vom 31.07.2003 (Bundesversicherungsanstalt für Angestellte) und vom 14.08.2003 (Oberfinanzdirektion Magdeburg) werden auf ihre Kosten bei einem Beschwerdewert von 3.045,96 Euro zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen (§ 621 e Abs. 2 ZPO).

Gründe:

Die Parteien schlossen am 02.06.1995 vor dem Standesbeamten in G. die Ehe.

Der Scheidungsantrag wurde der Antragsgegnerin am 14.11.2002 zugestellt.

Nachdem das Amtsgericht die Parteien persönlich angehört hat, sprach es mit Urteil vom 25.06.2003 die Scheidung der Ehe der Parteien aus.

Ferner wurde unter Ziffer 2. der Versorgungsausgleich durchgeführt. Das Amtsgericht legte die aktuellen - und nicht bestrittenen - Rentenauskünfte der beteiligten Beschwerdeführer zugrunde. Die Ehefrau hat hiernach in der Ehezeit angleichungsdynamische Rentenanwartschaften in Höhe von 129,76 Euro erworben, der Ehemann angleichungsdynamische beamtenrechtliche Anwartschaften von 681,96 Euro. Das Amtsgericht berechnete einen auszugleichenden Wertunterschied beanstandungsfrei auf 276,10 Euro. Wegen der Schranke des § 1587 b Abs. 5 BGB errechnete das Amtsgericht einen begründungsfähigen Betrag von 253,83 Euro zugunsten des Rentenkontos der Antragsgegnerin. Hinsichtlich des Restbetrags verwies das Amtsgericht auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich.

Die Beschwerdeführer vertreten im wesentlichen die Ansicht, dass der Höchstbetrag falsch, nämlich in Anlehnung an den in den alten Bundesländern geltenden Rentenwert (West) errechnet wurde.

Die nach § 621 e ZPO zulässigen Beschwerden sind unbegründet.

Der Ausgleich erfolgte nach § 1587 b Abs. 2 BGB zutreffend durch Quasisplitting in Höhe von 253,83 Euro. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffende Berechnung des Amtsgerichts im angefochtenen Urteil verwiesen. Grund der Schranke des § 1587 b Abs. 5 BGB ist auch der Grenzbetrag von 383,59 Euro und dementsprechend der auf bei der Übertragung auf das Rentenkonto der Antragsgegnerin zu begrenzende Betrag auf 253,83 Euro berechnet worden. Im Übrigen wurden die Parteien deshalb bezüglich des Betrages von 22,27 Euro zutreffend auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich verwiesen.

Das Amtsgericht hat dementsprechend zutreffend den Rentenwert (West) bei der Multiplikation und Ermittlung des Höchstbetrages nach § 1587 b Abs. 5 BGB herangezogen.

Denn auch der Senat vertritt wie das Vordergericht diese Rechtsauffassung.

Der Gesetzgeber hat zunächst grundsätzlich für die Ermittlung des Höchstbetrages keine spezielle Berechnung eingeführt, wenn zugunsten eines Ausgleichsberechtigten angleichungsdynamische Rentenanwartschaften zu übertragen oder zu begründen sind. Der Gesetzgeber hat ferner bewusst eine einheitliche Höchstbetragsregelung auch unter Bezugnahme auf das Rentenüberleitungsgesetz vom 25. Juli 1991 (BGBl. I, 1606) und des Fortbestehens des § 1587 b Abs. 5 BGB unterlassen.

Deshalb wird in der aktuellen Rechtsprechung die Ansicht vertreten, dass die Multiplikation mit dem aktuellen Rentenwert (Ost) zu erfolgen habe. Insoweit wird im wesentlichen - obwohl wie angesprochen eine ausdrückliche gesetzliche Regelung fehlt - ausgeführt, dass § 264 a Abs. 3 SGB VI bestimmt, dass bei der Anwendung der Vorschriften über den Versorgungsausgleich an die Stelle von Entgeltpunkten die Entgeltpunkte (Ost) treten würden. Da es sich bei der Regelung über den Höchstbetrag gemäß § 76 Abs. 2 Satz 3 SGB VI ebenfalls um eine Vorschrift über den Versorgungsausgleich handeln würde, sei in der genannten Vorschrift das Wort "Entgeltpunkte" durch "Entgeltpunkte (Ost)" zu ersetzen. Gemäß §§ 264 a Abs. 3, 76 Abs. 2 Satz 3 SGB VI habe daher die Multiplikation mit dem bei Ehezeit-ende maßgebenden aktuellen Rentenwert (Ost) zu erfolgen. Bei der Zugrundelegung des Rentenfaktors (West) könnte daher die Beitragsbemessungsgrenze überschritten werden (vgl. u. a. OLG Brandenburg, FamRZ, 2002, 1256; Thüringer Oberlandesgericht FamRZ 2002, 397 f; OLG Dresden, FamRZ 2002, 398 f).

Hiergegen richtet sich die Rechtsansicht des 8. Zivilsenates und zugleich 2. Familiensenats des Oberlandesgerichts Naumburg, welcher in seiner unangegriffenen Entscheidung vom 03.06.2002 (vgl. OLGR Naumburg, 2003, 105) unter Bezugnahme auf die Ausführungen von Dörr im Münchner Kommentar, 4. Auflage 2000, § 1587 b Rz 207, ausgeführt hat, dass bei der Berechnung des zu Grunde zu legenden Höchstbetrages die Anzahl der noch übertragbaren Entgeltpunkte mit dem aktuellen Rentenwert (West) bei Ehezeitende zu multiplizieren ist, dem der Senat beitritt. Denn in den Fällen, in denen sowohl dynamische als auch angleichungsdynamische Anwartschaften in den Versorgungsausgleich einzubeziehen sind und der Versorgungsausgleich nach § 2 Abs. 1 Satz 2 VAÜG nicht auszusetzen wäre, würde die Berechnung des Höchstbetrages nur nach einem einheitlichen Rentenwert, hier dem Rentenwert (West) erfolgen und möglich sein (vgl. auch OLG Dresden, FamRZ 2000, 962 f). Es erscheint daher letztlich billig, wenn bei der Übertragung generell ein einheitlicher Rentenwert, hier der Rentenwert (West), als Multiplikator bei der Berechnung dient, wobei es auch unbillig wäre, den Rentenbeitragszahler in den neuen Bundesländern ohne die dauerhafte Gefahr einer Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenze zu benachteiligen.

Da jedoch, wie auch die Ausführungen von Brudermüller in Palandt, BGB, 63. Auflage, § 1587 b Rz. 49 f zeigen, bislang weiterhin keine einheitliche Rechtsmeinung besteht, ob der Rentenwert (Ost) oder der Rentenwert (West) zu Grunde zu legen ist, erscheint es daher weiterhin im Interesse einer einheitlichen Rechtsprechung angezeigt, eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes zu ermöglichen (§ 621 e Abs. 2 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 93 a, 97 ZPO und die Wertfestsetzung auf § 17 a GKG.

Ende der Entscheidung

Zurück