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Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 18.09.2003
Aktenzeichen: 3 WF 153/03
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 227 Abs. 4 | |
ZPO § 252 |
Die Rechtsprechung erkennt analog § 252 ZPO ein Rechtsmittel nur dann an, wenn die Entscheidung gegen Grundprinzipien des fairen Verfahrens oder das verfassungsrechtlich geschützte Recht auf rechtliches Gehör verstößt oder die Entscheidung sich als Rechtsverweigerung darstellt.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS
3 WF 153/03 OLG Naumburg
In der Familiensache
hat der 3. Zivilsenat - 1. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Richter am Oberlandesgericht Hellriegel als Einzelrichter am 18.09.2003
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Stendal vom 3.9.2003 wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten der Beschwerde trägt der Beklagte.
Gründe:
In dem von der Klägerin gegen den Beklagten durch Klage vom 21.3.2003 eingeleiteten Unterhaltsverfahren hat das Amtsgericht den Beklagten durch Beschluss vom 21.3.2003 im Wege der einstweiligen Anordnung zunächst antragsgemäß verpflichtet, einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 255,65 EUR ab 1.4.2003 zu zahlen.
Unter dem 11.7.2003 meldete sich für den Beklagten Rechtsanwalt Sch. und zeigte Verteidigungsabsicht an; mit weiterem Schriftsatz vom 31.7.2003 ließ der Beklagte mitteilen, dass er im Hinblick auf eine vorläufig geschlossene Vereinbarung Unterhaltszahlungen ab 1.4.2003 in Höhe von 255,65 EUR vorläufig, bis zur Entscheidung in der Hauptsache anerkenne.
Unter dem 27.8.2003 hat das Amtsgericht Termin zur Güteverhandlung und anschließenden mündlichen Verhandlung auf den 25.9.2003, 10.30 Uhr anberaumt.
Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den Antrag des Rechtsanwalts des Beklagten auf Verlegung des Termins wegen weiterer Termine an diesem Tage abgelehnt und der hiergegen eingelegten Beschwerde durch Beschluss vom 12.9.2003 nicht abgeholfen.
Das Rechtsmittel ist unzulässig und daher zu verwerfen.
Nach § 227 Abs. 4 ZPO ist eine die Verlegung des anberaumten Termins ablehnende Entscheidung des Vorsitzenden grundsätzlich unanfechtbar.
Anerkannt ist allerdings, dass ein Rechtsmittel ausnahmsweise dennoch in analoger Anwendung von § 252 ZPO zulässig ist, wenn die Entscheidung gegen Grundprinzipien des fairen Verfahrens oder das verfassungsrechtlich geschützte Recht auf rechtliches Gehör verstößt oder sich die Entscheidung als Rechtsverweigerung darstellt ( vgl. BverfG MDR 1981, 470; BverfGE 5,9; OVG Magdeburg, Beschluss vom 8.5.1996, A 2 S 71/ 96; VHG Kassel MDR 1996, 638; BSG MDR 1996, 637, Zöller/ Greger, ZPO, 23.Auflage, § 227 Rn 28).
Die Verletzung solcher Grundprinzipien und grundlegender Rechte vermag der Senat ist hier nicht erkennen.
Die Leitung des Verfahrens einschließlich der Entscheidung einer Terminsverlegung obliegt allein dem Vorsitzenden im Rahmen des im vom Gesetz eingeräumten Ermessens unter Berücksichtigung des allgemeinen Gebotes, ein Verfahren im Interesse der Beteiligten zügig zu führen und zu bescheiden und dabei die grundlegenden Rechte der Parteien zu wahren.
Eine Verletzung rechtlichen Gehörs bei der Ablehnung eines Verlegungsantrages setzt aber voraus, dass substantiiert darlegt wird, was im Falle einer Vertagung der mündlichen Verhandlung noch vorgetragen worden wäre und Ausführungen dazu, dass der weitere Vortrag zur Klärung der Sache auch geeignet gewesen wäre ( vgl. OVG Magdeburg a.a.O.). Denn das reine Anwesenheitsinteresse eines Verfahrensbeteiligten wird durch das Recht auf rechtliches Gehör nicht geschützt (BVerwG Beschl.v. 26.10.1989 - BVerwG 8 B 36/89, - NJW 1990, 2079; Beschl.v. 25.11.1991 - BVerwG 5 B 129/91 -, NJW 1992, 852)..."
Wie das Bundesverfassungsgericht auch noch ausführt, kann sich auf Artikel 103 Abs. 1 GG nur berufen, "... wer die prozessualen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um sich das rechtliche Gehör zu verschaffen (BVerfGE 5, 9 (10); dahingehend auch VGH Kassel a.a.O).
Der Beklagte hatte hier ausreichend Zeit, umfassend in der Sache bis zum Termin vorzutragen, was dem Zivilprozess eigen ist, und die Terminsvertretung des Mandanten durch einen anderen Anwalt zu gewährleisten. Dabei ist nicht unbeachtlich, dass es sich hier einerseits um keinen Anwaltsprozess handelt und andererseits die Sache nicht mit erheblichen Schwierigkeiten behaftet ist. Im übrigen war das Begehren der Klägerin nicht erst seit der Ladung zum Termin am 25.9.2003 bekannt, und der Beklagte konnte sich darauf einstellen.
Dass das Bundessozialgericht allein in einer Terminskollision einen stets absoluten Verlegungsgrund gesehen hat, trifft nach Auffassung des Senats nicht zu. Denn es führt aus:
"Die Nichtverlegung der mündlichen Verhandlung verletzt nicht nur das rechtliche Gehör. Auch die Effektivität des Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) ist betroffen, wenn formale Strenge im Prozess ohne erkennbar schutzwürdigen Zweck praktiziert wird (vgl auch: Feiber aaO). Die verfassungsrechtlichen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des fairen Verfahrens sind damit berührt. Der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz wird verletzt, wenn die Gestaltung des Verfahrens nicht in angemessenem Verhältnis zu dem auf Sachverhaltsklärung und Verwirklichung des materiellen Rechts gerichteten Verfahrensziel steht (zB: BVerfGE 88, 118, 124, 126 ff). Das allgemeine Prozessgrundrecht auf faires Verfahren verlangt u.a. Rücksichtnahme auf Verfahrensbeteiligte in konkreter Situation (zB: BVerfGE 78, 123, 126). Diese war hier durch die kurzfristige Ladung des Prozessbevollmächtigten zur Fortsetzung der Hauptverhandlung vor der Großen Strafkammer geboten" ( vgl. BSG a.a.O).
Das ist hier aber, weil die Verteidigung ausreichend vorbereitet werden konnte und auch musste ( vgl. dazu BVerfG MDR 1981, 470) und auch die Terminsvertretung gesichert werden konnte, nicht der Fall.
Ende der Entscheidung
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