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Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 05.02.2004
Aktenzeichen: 3 WF 199/03
Rechtsgebiete: Regelbetrag-VO, BGB, ZPO
Vorschriften:
Regelbetrag-VO § 1 | |
Regelbetrag-VO § 2 | |
BGB § 1612b Abs. 5 | |
ZPO § 655 | |
ZPO § 655 Abs. 3 | |
ZPO § 655 Abs. 5 | |
ZPO § 569 Abs. 1 | |
ZPO § 569 Abs. 2 |
Die Rechtsbeschwerde wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, nachdem gegen die Entscheidung des 2. Familiensenates - trotz Zulassung - keine Revision eingelegt worden war.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS
3 WF 199/03 OLG Naumburg
In der Familiensache
hat das Oberlandesgericht Naumburg 3. Zivilsenat, 1. Senat für Familiensachen, durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Kleist, den Richter am Oberlandesgericht Thole und den Richter am Amtsgericht Harms am 05.02.2004 beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 04.12.2003 wird der Unterhaltsfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Halle-Saalkreis vom 18.11.2003 (Az.: 28 FH 241/03) in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 15.12.2003 dahingehend geändert, dass in Abänderung der Urkunde des Jugendamts der Stadt Halle (Saale) vom 16.12.1999 zu Beurk.-Reg.-Nr. ... für die Zeit nach Antragstellung am 07.08.2003 bis zum 30.09.2005 sich der festgesetzte Unterhalt um anzurechnendes staatliches Kindergeld in monatlicher Höhe von 12,-- € vermindert, und dass ab 01.10.2005 eine Anrechnung von Kindergeld auf den Unterhalt nicht mehr erfolgt.
Die weitergehende sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; im Übrigen trägt die Antragstellerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Beschwerdewert: 766,92 €..
Gründe:
Mit o.g. Beschluss hat das Amtsgericht im vereinfachten Verfahren nach § 2 Unterhaltstitelanpassungsgesetz in Verbindung mit § 655 ZPO auf Antrag der minderjährigen Antragstellerin die im Beschlusstenor genannte Jugendamtsurkunde dahingehend abgeändert, dass sich ab dem Tag nach Antragseingang der vom Antragsgegner zu zahlende Unterhalt um das hälftige Kindergeld vermindert, soweit es zusammen mit dem Unterhalt 135 % des jeweiligen Regelbetrags übersteigt.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde. Sie macht einerseits geltend, die vom Amtsgericht titulierte "dynamisierte Kindergeldverrechnung" genüge dem Bestimmtheitserfordernis nicht, so dass das anzurechnende Kindergeld mit einem konkret bezifferten Betrag auszuweisen sei. Andererseits sei Bezugsgröße für die Kindergeldanrechnung gemäß § 1612b Abs. 5 BGB bundeseinheitlich 135 % des Regelbetrags nach § 1 RegelbetragVO, so dass ein Kindergeldausgleich zu Gunsten des Antragsgegners vorliegend ohnehin nicht in Betracht komme.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 655 Abs. 3 und 5, 569 Abs. 1 und 2 ZPO zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt worden. In der Sache führt sie jedoch nur zum Teil zu der von der Antragstellerin begehrten Änderung des angefochtenen Beschlusses.
Soweit mit der Beschwerde begehrt wird, die Jugendamtsurkunde vom 16.12.1999 dahingehend abzuändern, dass eine Kindergeldanrechnung ganz unterbleibt, bleibt dem Rechtsmittel der Erfolg versagt. Entgegen der Auffassung des 8. Zivilsenats und 2. Senats für Familiensachen im rechtskräftigen Urteil vom 23.10.2003 zu Az. 8 UF 100/03 vertritt der erkennende Senat nämlich die Ansicht, dass im Beitrittsgebiet für die Kindergeldanrechnung auf § 2 RegelbetragVO abzustellen ist, weil der Gesetzeswortlaut weder in § 2 des Unterhaltstitelanpassungsgesetzes noch in § 1612b Abs. 5 BGB eine Festlegung auf § 1 RegelbetragVO enthält. Dies hätte jedoch nahegelegen, wenn der Gesetzgeber insoweit eine Einebnung der Differenzierung von Unterhaltsfällen in den alten und in den neuen Bundesländern beabsichtigt hätte. In beiden Vorschriften ist aber von "...135 % des Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung" die Rede. Der Senat legt diese Formulierung dahingehend aus, dass auf 135 % des im konkreten Einzelfall jeweils maßgebenden Regelbetrags nach der RegelbetragVO abzustellen ist, vorliegend mithin auf 135 % des Regelbetrags gemäß § 2 RegelbetragVO, was im vorliegenden Fall zu einer teilweisen Kindergeldanrechnung in Höhe von 12,-- € ab Antragseingang bis zum 30.09.2005 führt. Für die Antragstellerin streitet auch nicht, dass § 1612b Abs. 5 BGB die Sicherung des Barexistenzminimums von Kindern bezweckt und deshalb nicht an die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners anknüpft (BVerfG FuR 2003, 535, 542). Es ergibt sich aus der Vorschrift nämlich nicht, dass das Barexistenzminimum minderjähriger Kinder bei 135 % des jeweiligen Regelbetrags nach § 1 RegelbetragVO liegt. Vielmehr legt die Tatsache, dass der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht hat, das Existenzminimum lasse sich mit 135 % der Regelbeträge nach der jeweiligen RegelbetragVO beschreiben (vgl. BT-Drucks. 14/3781, S. 7 f.), nicht zwingend den Schluss nahe, dass er von einem bundeseinheitlichen Existenzminimum minderjähriger Kinder in Höhe von 135 % des jeweiligen Regelbetrags (West) ausgeht, also insoweit - anders als bei der Festlegung der Regelbeträge - keine Unterscheidung in Ost und West vornimmt. Auf eine "autonome Definition des Barexistenzminimums" in § 1612b Abs. 5 BGB - die aber nahegelegen hätte, hätte er eine einheitliche Bezugsgröße für die Anrechnung von Kindergeld schaffen wollen - hat der Gesetzgeber dagegen bewusst verzichtet (BverfG FuR 2003, 535, 544).
Weil der Senat in der Beurteilung dieser Frage von der Rechtsauffassung des 8. Zivilsenats und 2. Familiensenats des Oberlandesgerichts Naumburg abweicht, hat er die Rechtsbeschwerde zugelassen, denn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 3 S. 1, Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Darüber hinaus hat die Rechtssache auch grundsätzliche Bedeutung (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 3 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
Das Rechtsmittel der Antragstellerin war aber insoweit erfolgreich, als im angefochtenen Beschluss das anzurechnende Kindergeld nicht konkret beziffert wurde, denn dadurch wurde ein nicht vollstreckungsfähiger Titel geschaffen. Insoweit teilt der Senat die Auffassung des 8. Zivilsenats und 2. Familiensenats des Oberlandesgerichts Naumburg im angeführten Urteil vom 23.10.2003 (vgl. insoweit auch OLG Naumburg, Beschlüsse vom 04.07.2001 [Az. 8 WF 103/01] und vom 23.07.2001 [Az. 8 WF 104/01]). Diesbezüglich war der angefochtene Beschluss zu ändern.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, § 8 GKG.
Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf §§ 14 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 und 2; 17 Abs. 1 GKG. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass die Antragstellerin mit ihrem Antrag aus der Beschwerdeschrift, eine Kindergeldanrechnung vollständig in Wegfall geraten zu lassen, den Streitgegenstand der ersten Instanz erweitert hat.
Ende der Entscheidung
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