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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 23.08.2007
Aktenzeichen: 3 WF 257/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, FGB


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 3
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 569
BGB § 138
BGB § 104
BGB § 105
FGB § 40
Die Klage auf Feststellung, dass ein Ehevertrag unwirksam ist (Wirksamkeitskontrolle) ist unzulässig, wenn die Ehe geschieden oder das Scheidungsverfahren noch rechtshängig ist; der Klage fehlt, da die Leistungsklage zulässig ist, das Rechtsschutzinteresse.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

3 WF 257/07 (PKH) OLG Naumburg

In dem Beschwerdeverfahren

hat der 3. Zivilsenat - 1. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Richter am Oberlandesgericht Materlik als Einzelrichter am

23. August 2007

beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Burg vom 23. Mai 2007, Az: 5 F 442/06 GÜ, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Gerichtsgebühr des Beschwerdeverfahrens; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO in Verb. mit § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gem. § 569 ZPO in Verb. mit § 127 Abs.2 Satz 3 ZPO eingelegte sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Burg vom 23. Mai 2007 (Bl. 24/25 PKH-Beiheft), aufgrund dessen sein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines den Zugewinn ausschießenden Ehevertrages abgewiesen worden ist, ist in der Sache unbegründet, bietet doch die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht die hinreichende Aussicht auf Erfolg, deren es nach § 114 ZPO in objektiver Hinsicht für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe bedarf.

Mit seiner am 22. Mai 2006 beim Amtsgericht - Familiengericht - Burg eingereichten Klage, begehrt der Kläger festzustellen, dass der Ehevertrag der Parteien vom 03.07.2001 vor dem Notar A. Z. , der den Zugewinnausgleich zwischen ihm und der Beklagten für den Fall der Beendigung der Ehe durch einen anderen Fall als durch den Tod ausschließt, unwirksam ist.

Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann eine Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung der Echtheit einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis, die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird.

Dieses Rechtsschutzbedürfnis fehlt indes im vorliegenden Falle. Denn die Feststellungsklage ist bereits mangels eines entsprechenden Feststellungsinteresses unzulässig, wenn der Kläger anstatt dessen in zumutbarer Weise eine Leistungsklage erheben könnte (Greger, in: Zöller, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 256 Rdnr. 7 a m.w.N.).

Im Entscheidungsfall ist dem Kläger, der seinen Anspruch auf Zugewinnausgleich gegenüber der Beklagten mit 56.250 € beziffert hat (Bl. 65 d. A.) zumutbar, ggf. durch Vorschaltung einer Stufe zur Auskunft, diesen Anspruch mit der Leistungsklage geltend zu machen. Letzteres gilt um so mehr, als lediglich die Klage auf Leistung, auch als Stufenklage, anders als die Feststellungsklage, die Verjährung des Zugewinnausgleichsanspruchs hindert.

Im Übrigen gibt die amtsgerichtliche Entscheidung Anlass zu folgenden Anmerkungen:

Im Falle der Erhebung einer Klage auf Zugewinnausgleich könnte dem Kläger Prozesskostenhilfe zu bewilligen sein, böte doch diese Rechtsverfolgung zumindest eine hinreichende, wenngleich nicht abschließend gewisse Aussicht auf Erfolg, deren es nach § 114 ZPO in objektiver Hinsicht für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe bedarf.

Mit seiner grundlegenden Entscheidung vom 11. Februar 2004 (BGH, FamRZ 2005, 1444 - 1149 = DNotZ, 2005, 853 - 857 = MDR 2005, 1353 - 1354 = NJW 2005, 2386 - 2390) hat der Bundesgerichtshof Grundsätze für die Inhaltskontrolle von Eheverträgen (Wirksamkeitskontrolle nach § 138 BGB, Ausübungskontrolle nach § 242 BGB) aufgestellt und diese mit der Entscheidung vom 25.05.2005 (BGH, NJW 2005, 2391 - 2393 = FamRZ 2005, 1449 - 1452 = DNotZ 2005, 857 - 860 = MDR 2005, 1355 - 1356) noch einmal ausdrücklich bekräftigt. Danach hat der Tatrichter zunächst - im Rahmen der Wirksamkeitskontrolle - zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass ihr - und zwar losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse - wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, dass an ihre Stelle die gesetzlichen Vorschriften treten. Erforderlich ist dabei eine Gesamtwürdigung, die auf die individuellen Verhältnisse beim Vertragsschluss abgestellt, insbesondere also auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, den geplanten oder bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe sowie auf die Auswirkungen auf die Ehegatten und auf die eventuell vorhandenen oder erhofften Kinder. Subjektiv sind die von den Ehegatten mit der Verabredung verfolgten Zwecke sowie die sonstigen Beweggründe zu berücksichtigen, die den begünstigten Ehegatten zu seinem Verlangen nach der ehevertraglichen Gestaltung veranlasst und den benachteiligten Ehegatten bewogen haben, diesem Verlangen zu entsprechen.

Nach diesen Grundsätzen bestehen Bedenken gegen die Ausgewogenheit des zwischen den Parteien zustande gekommenen Ehevertrages aus dem Jahre 2001 und damit nicht unerhebliche Anhaltspunkte für dessen Sittenwidrigkeit und damit Nichtigkeit nach § 138 BGB.

So fällt bereits auf, dass der am 3. Juli 2001 zwischen den Parteien notariell geschlossene Ehevertrag nur eine kurze Belehrung über das gesetzliche Ehegüter- und Scheidungsfolgenrecht sowie die Möglichkeit seiner vertraglichen Abbedingung und Änderung enthält, und - unter Hinweis auf die am 29.05.1987 in B. geschlossene Ehe der Parteien - sodann lediglich und ausschließlich für den Fall einer anderen als durch den Tod beendeten Ehe sowohl den Zugewinnausgleich als auch den Ausgleich nach § 40 FGB zwischen den Parteien ausschließt. Eine Regelung, wie dieser wechselseitige Verzicht der Parteien u.U. kompensiert werden soll oder weshalb er überhaupt erfolgt ist, lässt sich der notariellen Urkunde nicht entnehmen.

Des Weiteren war im Jahre 2001 auf dem ausschließlich von der Beklagten erworbenen Hausgrundstück mit Mitteln, die beide Ehepartner vor Änderung über die Regelung über den Zugewinnausgleich während der Ehe erwirtschaftet hatten, ein Einfamilienhaus errichtet worden, welches ebenfalls im Alleineigentum der Beklagten stand. Bedenkt man überdies, dass vor Abschluss des Ehevertrages zur Finanzierung des Objektes ein Baudarlehen in Höhe von rund 180.000 DM bei der D. Bank AG aufgenommen worden war, für dessen Rückzahlung nicht nur die allein wirtschaftlich begünstigte Beklagte, sondern auch der Kläger, vermutlich gesamtschuldnerisch, einzustehen hatte, so erscheint der vollständige Ausschluss des Zugewinns zu Lasten des Klägers bereits als unverhältnismäßig und unausgewogen.

Diese steigert sich noch, berücksichtigt man die Tatsache, dass der Kläger während der Ehe der Parteien nach den bis zum Jahre 1996 vorgelegten Kontoauszügen über einen Nettoverdienst verfügte, der weit mehr als 3.000 DM durchschnittlich monatlich ausmachte. Ferner gibt zu Bedenken, dass der Kläger, wenn auch nur durch vereinzelte Kontoauszüge aus dem Jahre 2000, 2001, 2002, 2003 und 2004 vereinzelt und noch lückenhaft nachgewiesen hat, dass er seinerseits an die D. Bank AG in erheblichem Umfange, zuletzt in Höhe von monatlich 542,99 Euro Zahlungen auf das gewährte Hausdarlehen geleistet hat.

Auch die Tatsache, dass die Beklagte ihrerseits für den Fall der Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft auf andere Weise als durch den Tod ebenfalls auf die Zahlung von Zugewinn durch den Kläger verzichtet hat, erlaubt keine abweichende rechtliche Beurteilung der Unausgewogenheit des Ehevertrages. Denn nach dem Vorbringen der Beklagten sei zum damaligen Zeitpunkt aufgrund der angeblich schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers kein Zugewinn und daher kein Ausgleichsanspruch ihrerseits zu erwarten gewesen. Wenn aber, dieser Vortrag als wahr unterstellt, sie in Anbetracht dessen ebenfalls auf einen Zugewinnausgleichsanspruch verzichtet hat, so stellt dies kein reales Äquivalent zu dem erheblichen wirtschaftlichen Verzicht des Klägers dar.

Unbeschadet der sich danach ergebenden Anhaltspunkte für eine Unausgewogenheit des Ehevertrages und der sich hieraus nach § 138 BGB - vorbehaltlich einer abschließenden, detaillierten Bewertung - ergebenden möglichen Nichtigkeit der ehevertraglichen Regelung über den Ausschluss des Zugewinns, kommt auch eine Nichtigkeit derselben wegen einer etwaigen Geschäftsunfähigkeit des Klägers nach § 104 BGB in Verb. mit § 105 BGB in Betracht.

Denn sollte sich das Vorbringen des Klägers bewahrheiten, er sei aufgrund Alkoholsucht zum Zeitpunkt der Beurkundung des Ehevertrages am 3. Juli 2001 nicht in der Lage gewesen, die Tragweite seines Handelns zu erkennen, er sei geschäftsunfähig gewesen, dann wäre der wechselseitige Verzicht der Parteien auf den Zugewinnausgleich ebenfalls nach den o. g. Normen nichtig.

Nach alledem ist dem Kläger zwar für seine Feststellungsklage vom Amtsgericht im Ergebnis zu Recht die begehrte Prozesskostenhilfe versagt worden, sodass die auf eine entsprechende Korrektur gerichtete sofortige Beschwerde keinen Erfolg hat, indes dürfte ein Prozesskostenhilfeantrag für eine etwaige Klage auf Zugewinnausgleich in Anbetracht der doch insoweit zumindest hinreichenden Erfolgsaussicht einer solchen Prozesskostenhilfe zu bewilligen sein.

II.

Die Entscheidung hinsichtlich der Gerichtsgebühr des Beschwerdeverfahrens ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO bzw. § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG in Verb. mit der laufenden Nr. 1812 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG.

Die Entscheidung hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten findet ihre Grundlage in § 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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