Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 26.10.2007
Aktenzeichen: 3 WF 309/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1601 ff.
BGB § 1612 b Abs. 1
BGB § 1612 b Abs. 5
BGB § 1603 Abs. 2 Satz 1
Werden steuerfreie Verpflegungszuschüsse gezahlt, ist hiervon ein Drittel als Einkommen zu behandeln.

Einem Unterhaltsschuldner ist bei erhöhter Erwerbsobliegenheit ein fiktives Zusatzeinkommen in Höhe von 200 Euro monatlich zuzurechnen, wenn sein Einkommen aus der Haupterwerbstätigkeit nicht ausreicht, den Mindestunterhalt zu zahlen. Dass der Unterhaltspflichtige an der Aufnahme einer solchen Tätigkeit gehindert ist, wurde weder dargetan noch ist es ersichtlich.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG

BESCHLUSS

3 WF 309/07 (PKH) OLG Naumburg

In dem Beschwerdeverfahren

hat der 3. Zivilsenat - 1. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Richter am Oberlandesgericht Materlik als Einzelrichter am 26. Oktober 2007 beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Dessau vom 13. September 2007, Az.: 3 F 317/07 UK, abgeändert und dem Antragsteller für die erste Instanz ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt T. aus D. zu seiner Vertretung bewilligt.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO in Verb. mit § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den ihm für seine Unterhaltsklage die begehrte Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Dessau vom 13. September 2007 (Bl. 41, 42 d. A.) ist auch in der Sache begründet, denn die Rechtsverfolgung des Antragstellers bietet - entgegen der Rechtsauffassung des Amtsgerichts - sehr wohl die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 114 ZPO in objektiver Hinsicht notwendige hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Der minderjährige Kläger kann vom Beklagten, seinem Vater, gemäß §§ 1601 ff. BGB die Zahlung des geforderten laufenden Kindesunterhaltes in Höhe von monatlich 100 % des Regelbetrages der 3. Altersstufe für die Zeit ab Juli 2007 nach Abzug des etwaig anrechenbaren staatlichen Kindergeldes gem. § 1612 b Abs. 1 und Abs. 5 BGB sowie darüber hinaus den rückständigen Kindesunterhalt für den Zeitraum von April bis Juni 2007 in Höhe der geforderten 807,00 € (3 Monate x 269 €) verlangen.

Denn nach seinem eigenen Vorbringen ist der Antragsgegner ausreichend leistungsfähig, den vom Antragsteller geforderten Mindestunterhalt zu zahlen.

Ausweislich der vorliegenden Verdienstbescheinigungen für die Monate Oktober, November 2006 und Januar 2007 hat der Antragsgegner ein Gesamtnettoeinkommen von 2.876,00 €, mithin monatlich umgerechnet Erwerbseinkünfte von durchschnittlich 958,67 € erzielt.

Dem hinzuzurechnen ist ein Drittel der an ihn steuerfrei gezahlten Verpflegungszuschüsse in Höhe von insgesamt 384,00 €, mithin weitere 128,00 € monatlich, sodass sich ein Gesamtnettoeinkommen des Antragsgegners von monatlich durchschnittlich 1.086,67 € ermittelt.

Des Weiteren ist dem Antragsgegner ein fiktives Zusatzeinkommen von monatlich 200,00 € netto zuzurechnen. Denn nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB ist er im Rahmen seiner gesteigerten Erwerbsverpflichtung gegenüber seinem minderjährigen Kinde gehalten, einer zumutbaren entgeltlichen Nebentätigkeit zur Absicherung dessen Mindestunterhalts in Höhe des Regelbetrages nachzugehen, wenn sein Einkommen aus der Haupterwerbstätigkeit hierfür nicht ausreicht. Dass der Antragsgegner an der Aufnahme einer solchen zusätzlichen Tätigkeit gehindert wäre, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Der Antragsgegner ist vielmehr sogar ganz besonders verpflichtet, sich durch eine weitere Arbeit ein zusätzliches Einkommen zu verschaffen, schuldet er doch nach eigenen Angaben neben dem Antragsteller zwei weiteren minderjährigen Kindern Unterhalt.

Von dem sich danach ergebenden Einkommen in Höhe von insgesamt 1.286,67 € monatlich sind pauschal 5 % berufsbedingte Aufwendungen, mithin 64,33 € abzuziehen. Somit ergibt sich ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen des Antragsgegners von 1.222,34 €. Damit ist dieser aber ohne weiteres unter Berücksichtigung des ihm zustehenden notwendigen Selbstbehaltes von monatlich 820,00 Euro in der Lage, den vom Kläger für die Zeit von April bis einschließlich Juni 2007 geforderten monatlichen Kindesunterhalt von 269,00 € bzw. für die Zeit ab Juli 2007 in Höhe von 267,00 € zu zahlen. Denn seinen beiden weiteren minderjährigen Kindern zahlt der Antragsgegner - wie sich seinem eigenhändig verfassten Schriftsatz vom 21.07.2007 (Bl. 15 d. A.) entnehmen lässt, lediglich monatlich 60,00 € Unterhalt.

Da des Weiteren keine Bedenken hinsichtlich der für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe in subjektiver Hinsicht erforderlichen Bedürftigkeit des Antragstellers bestehen (§§ 114, 115 ZPO), war diesem auf seine Beschwerde hin unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung für die erste Instanz die begehrte ratenfreie Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

II.

Die Entscheidung hinsichtlich der Gerichtsgebührenfreiheit des Beschwerdeverfahrens hat ihre Grundlage in § 1 GKG bzw. der Nr. 1812 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG.

Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten findet im Beschwerdeverfahren wegen versagter Prozesskostenhilfe - wie aus § 127 Abs. 4 ZPO folgt - grundsätzlich nicht statt.



Ende der Entscheidung

Zurück