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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 13.11.2003
Aktenzeichen: 4 U 122/03
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 232
BGB § 232 Abs. 2
ZPO § 421
ZPO § 708 Nr. 2
ZPO § 719
ZPO § 845
Zu den Voraussetzungen, unter denen die kontoführende Bank eines Schuldners dessen Gläubiger gegenüber zur Gestellung einer Sicherheitsleistung zur Sicherung einer titulierten Forderung verpflichtet ist.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 122/03 OLG Naumburg

verkündet am: 13.11.2003

In dem Berufungsrechtsstreit

wegen Einziehung

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 16. Oktober 2003 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Klußmann, des Richters am Oberlandesgericht Feldmann und der Richterin am Oberlandesgericht Mertens

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 13. Juni 2003 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Halle wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 130 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 130 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Wert der Beschwer der Klägerin übersteigt 20.000,00 Euro.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 58.151,34 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.

Die Klägerin macht gegen die Beklagte als Drittschuldnerin auf der Grundlage eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses die Einziehung einer Forderung ihrer Schuldnerin geltend.

Die Klägerin führte im Auftrag von M. St. , seinerzeit Sch. , im Folgenden Schuldnerin genannt, Werkleistungen an dem in ihrem Eigentum stehenden Bauvorhaben Hotel S. durch. Sie erwirkte wegen ihrer restlichen Werklohnforderung bei dem Landgericht Halle in dem unter dem Geschäftszeichen 7 O 323/00 geführten Rechtsstreit unter dem 7. September 2000 ein Versäumnisurteil, durch das die Schuldnerin verurteilt wurde, an sie 121.901,23 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 14. Januar 2000 zu zahlen. Nach Einspruch der Schuldnerin wurde das Versäumnisurteil durch das zwischenzeitlich rechtskräftige Urteil des Landgerichts Halle aufrechterhalten, soweit die Schuldnerin verurteilt worden war, an die Klägerin 58.151,34 Euro nebst 5 % Zinsen seit dem 14. Januar 2000 zu zahlen. Wegen des Urteils wird auf Bl. 13 ff. d. A. Bezug genommen.

Am 5. Februar 2001 betrug die Forderung der Klägerin gegen die Schuldnerin nebst Kosten und Auslagen insgesamt 130.130,81 DM (66.534,83 Euro).

Die Schuldnerin unterhielt mehrere Konten bei der Beklagten; die Beklagte kündigte die Geschäftsverbindung unter dem 12. Juli 2001. Aus dem Versäumnisurteil vom 7. September 2000 betrieb die Klägerin gegen sie die Zwangsvollstreckung. Sie ließ an die Beklagte unter dem 7. Februar 2001 ein vorläufiges Zahlungsverbot gemäß § 845 ZPO zustellen (Bl. 23 f. d. A.). Ferner erwirkte sie bei dem Amtsgericht Merseburg unter dem 14. Februar 2001 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss. Dieser betraf alle Forderungen der Schuldnerin gegen die Beklagte als Drittschuldnerin auf Zahlungen und Leistungen jeglicher Art aus der laufenden Geschäftsverbindung, insbesondere gegenwärtig und zukünftig entstehende Guthaben bzw. gegenwärtig und zukünftig zu ihren Gunsten entstehenden Salden, sowie Auszahlung des bei einem Rechnungsabschluss zu ihren Gunsten ergebenden Guthabens. Wegen des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wird auf Bl. 21 d. A. Bezug genommen. Dieser wurde der Beklagten als Drittschuldnerin am 20. Februar 2001 zugestellt.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 13. März 2001 forderte die Klägerin die Beklagte auf, bis zum 19. März 2001 eine Drittschuldnererklärung zu übergeben. Die Beklagte erklärte unter dem 13. März 2001, dass sie die gepfändete Forderung zwar als begründet anerkenne, indes zu Zahlungen nicht bereit sei, da zur Zeit der Zustellung pfändbare Ansprüche nicht bestanden hätten.

In der Folge kam es zwischen der Klägerin und der Schuldnerin zu Verhandlungen über die Einstellung der Zwangsvollstreckung durch die Klägerin. Mit anwaltlichem Schreiben vom 19. April 2001 gab die Klägerin der Schuldnerin Gelegenheit, binnen einer Woche eine kooperative Lösung vorzuschlagen, mindestens aber eine Sicherheitsleistung zu erbringen.

Die Schuldnerin wandte sich daraufhin, an die Beklagte, die ihr mit Schreiben vom 23. April 2001 bestätigte, dass sie bei Eingang des Steuererstattungsanspruchs des Finanzamts Merseburg die Sicherheitsleistung zu Gunsten der Klägerin in Höhe der offenen Forderungen in Höhe von 121.901,23 DM vornehmen werde. Wegen des Schreibens der Beklagten wird auf Bl. 31 d. A. Bezug genommen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 26. April 2001 teilte die Schuldnerin der Klägerin unter Beifügung des Schreibens der Beklagten vom 23. April 2001 mit, dass sie nunmehr bereit und in der Lage sei, eine Sicherheit in Höhe der Klageforderung durch Prozessbürgschaft der Beklagten zu erbringen. Sie mache die Erteilung der Bürgschaft von der Löschung der unter der laufenden Nummer 9 der dritten Abteilung des Grundbuchs eingetragenen Vormerkung zur Eintragung einer Sicherungshypothek abhängig. Wegen des weiteren Inhalts des Schreibens wird auf Bl. 67 f. d. A. Bezug genommen.

Mit anwaltlichem Schreiben an die Beklagte vom 4. Juli 2001 führte die Klägerin aus, dass sie von Auszahlungen an die Schuldnerin in Höhe von mindestens 130.130,81 DM ausgehe. Sie forderte die Beklagte auf, bis zum 11. Juli 2001 entweder Zahlung aufgrund der Pfändung zu leisten, oder mindestens die Sicherheitsleistung zu erbringen. Mit Schreiben vom 10. Juli 2001 führte die Beklagte nochmals aus, dass die Pfändung bislang ins Leere gegangen sei. Unter dem 7. August 2001 erklärte die Beklagte, dass die Geschäftsverbindung mit der Schuldnerin am 12. Juli 2001 gekündigt worden sei. Pfändbares Guthaben sei zwischenzeitlich nicht entstanden. Unter dem 7. Januar 2002 erklärte die Beklagte, dass Auszahlungen an die Schuldnerin nach Eingang des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht erfolgt seien. Ein pfändbares Guthaben sei nicht entstanden.

Unter dem 9. Januar 2002 erwirkte die Klägerin einen weiteren Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, mit dem die Forderung der Schuldnerin gegen die Beklagte auf Leistung einer Sicherheit in Höhe von 121.901,23 DM gepfändet wurde. Wegen des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wird auf Bl. 34 d. A. Bezug genommen.

Die Klägerin hat behauptet,

die Beklagte habe nach Zustellung des vorläufigen Zahlungsverbots und des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses noch Auszahlungen an die Schuldnerin im Rahmen der Kreditabrede vorgenommen. Noch vor Beendigung der Geschäftsverbindung habe das Finanzamt Merseburg eine Steuererstattung auf das Konto der Schuldnerin vorgenommen. Sie gehe davon aus, dass diese bis Mai 2001 bei der Beklagten eingegangen sei und die Beklagte an die Schuldnerin Auszahlungen mindestens in Höhe der Klageforderung vorgenommen habe.

Sie hat die Auffassung vertreten, der Beklagten sei gemäß § 421 ZPO aufzugeben, die Konten der Schuldnerin nebst Kontobewegungen ab dem 7. Februar 2001 vorzulegen.

Hilfsweise habe sie Anspruch auf Gestellung einer Sicherheitsleistung durch die Beklagte.

Die Beklagte sei ausweislich ihres Schreibens vom 23. April 2001 an die Schuldnerin verpflichtet gewesen, eine Sicherheit zu leisten.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 66.534,83 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 12. Juli 2001 zu zahlen und hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, eine Sicherheitsleistung zugunsten der Klägerin auf das Urteil des Landgerichts Halle, 7 U 323/00, vom 7. September 2000 zu bewirken.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet,

ihre Drittschuldnererklärung sei inhaltlich richtig erfolgt. Es seien keine Auszahlungen im Rahmen eines Dispositionskredits oder einer offenen Kreditlinie erfolgt. Ein pfändbares Guthaben sei nicht entstanden.

Sie hat die Auffassung vertreten, die von der Klägerin zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29. März 2001 sei ohne Belang, da im dortigen Fall auch Gutschriften und Überweisungen aus Kreditmitteln gepfändet worden seien. Weiterhin habe der Entscheidung des Bundesgerichtshofs ein vereinbarter Dispositionskredit zugrunde gelegen. Vorliegend sei der Schuldnerin indes eine Kontokorrentlinie gerade nicht eingeräumt worden. Eine offene Kreditlinie habe nicht bestanden. Die Klage sei vollständig unsubstantiiert, da die Klägerin nicht vortrage, welche Auszahlungen, von welchem Konto, zu welcher Zeit und in welcher Höhe erfolgt seien.

Auch der Hilfsanspruch sei unbegründet. Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, einen Anspruch auf eine etwaig zu erbringende Sicherheitsleistung gepfändet zu haben. Die Geschäftsverbindung mit der Schuldnerin sei am 12. Juli 2001 gekündigt worden. Ein Anspruch auf eine Sicherheitsleistung habe ohnehin nicht bestanden. Auch begründe ihr Schreiben vom 23. April 2001 einen solchen Anspruch nicht.

Die 7. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Halle hat die Klage mit dem am 13. Juni 2003 verkündeten Urteil abgewiesen. Die Klage sei sowohl im Hinblick auf den Haupt-, also auch im Hinblick auf den Hilfsanspruch unbegründet, da die Klägerin nicht habe darlegen können, dass eine gepfändete Forderung tatsächlich bestanden habe. Die Klägerin habe nicht ausreichend dargelegt, dass eine von ihr gepfändete Forderung der Sache nach bestehe. Dabei sei nach ständiger Rechtsprechung unerheblich, dass etwaige Ansprüche bereits bei Erlass der Pfändungs- und Überweisungsverfügung bestanden hätten. Pfändbar seien auch künftige Forderungen, wenn bereits Rechtsbeziehungen zwischen dem Schuldner und dem Drittschuldner bestanden hätten. Dies sei hier der Fall gewesen. Damit habe sich die Pfändung auf im Zusammenhang mit dem Girovertrag eingeräumte, erst später entstehende oder fällige Auszahlungsansprüche der Schuldnerin gegen die Beklagte erstreckt. Auch hege das Gericht keine Zweifel an der Pfändbarkeit eines Dispositionskredits. Die Klägerin habe jedoch keine ausreichenden Angaben zu einer Forderung der Vollstreckungsschuldnerin gemacht, die mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Merseburg vom 12. Februar 2001 gepfändet worden seien. Die Behauptungen der Klägerin seien ins Blaue hinein erfolgt.

Auch habe die Klägerin nicht dargelegt, dass durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ein Anspruch der Schuldnerin gegen die Beklagte auf Gestellung einer Sicherheitsleistung gepfändet worden sei. Insbesondere handele es sich bei der Zusage der Beklagten vom 23. April 2001 nicht um einen pfändbaren Anspruch. Ein solcher liege nur vor, wenn es sich bei der Erklärung der Beklagten um ein selbständiges Schuldversprechen handele. Die Beklagte habe die Erklärung aber im Rahmen der bestehenden Geschäftsbeziehungen abgegeben und damit keinen selbständigen Verpflichtungsgrund schaffen wollen. Außerdem habe die Erklärung unter der aufschiebenden Bedingung des Eingangs des Steuererstattungsanspruchs gestanden. Zu dem Eintritt der Bedingung habe die Klägerin indes keine Angaben gemacht.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung und legt dar, ihre weiteren Ermittlungen hätten ergeben, dass möglicherweise entsprechend der Behauptung der Beklagten nach Zustellung des ersten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses keine Auszahlungen an die Schuldnerin oder in ihrem Auftrag an Dritte erfolgt seien. Insofern verfolge sie den Rechtsstreit nicht weiter. Sie stelle indessen den aus ihrer Sicht gegebenen Anspruch auf Gestellung der Sicherheit durch die Beklagte zur weiteren Entscheidungsfindung. Nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens gegen die Schuldnerin beziffere sie ihren Anspruch niedriger als in dem Versäumnisurteil. Der Höhe nach ergebe sich im Hinblick auf das Urteil in der Hauptsache ein Anspruch auf Zahlung von 58.151,34 Euro nebst 5 % Zinsen seit dem 14. Januar 2000. Die, auch unter Einschluss der Zinsen, Reduzierung des bisherigen Anspruchs der Klägerin rechtfertige sich daraus, dass nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens gegen die Schuldnerin eine die Urteilsforderung übersteigende Sicherheitsleistung nicht mehr verlangt werden könne. Soweit das Landgericht diesem Anspruch nicht stattgegeben habe, rüge sie die Verletzung materiellen Rechts. Das Landgericht habe durch die Klageabweisung die vertragliche Beziehung zwischen der Schuldnerin und der Beklagten völlig übersehen. Ferner habe es die Tragweite beider Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse übersehen.

Das Landgericht habe ausgeführt, das Schreiben der Beklagten vom 23. April 2001 stelle kein selbständiges Schuldversprechen dar. Dem könne nicht gefolgt werden, weil ungeachtet der Geschäftsbeziehung zwischen der Beklagten und der Schuldnerin zwischen diesen eine Vereinbarung bestanden habe, wonach sich die Beklagte verpflichtet habe, nach Erhalt der Steuererstattung die Sicherheitsleistung zu erbringen. Die Schuldnerin habe diese Vereinbarung ihr gegenüber bestätigt, was sie mit Schriftsatz vom 19. März 2003, Seite 4, vorgetragen habe. Die Schuldnerin habe das Schreiben ihres Rechtsanwalts im Anschluss an den landgerichtlichen Termin vom 18. April 2001 erhalten. Unter dem Eindruck der mangelnden Einwendungen habe ihr Rechtsanwalt der Schuldnerin auch mit der Einleitung des Insolvenzverfahrens und weiterer Vollstreckungsmaßnahmen gedroht und der Schuldnerin eine Frist von einer Woche gesetzt, um mindestens eine Sicherheitsleistung zu erbringen. Am 20. April 2001 habe die Schuldnerin die Beklagte von diesem Schreiben in Kenntnis gesetzt und gebeten, eine Sicherheit zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil bzw. des Insolvenzantrags zu stellen. Diese Zusage begründe einen Vertrag. Irgendwelche Einschränkungen oder das Erfordernis einer weiteren Anforderung - nach Erhalt der Steuererstattung - seien von der Beklagten nicht gestellt worden. Die Schuldnerin habe ihr mitgeteilt, dass für sie außer Frage gestanden habe, dass die Beklagte die Sicherheitsleistung erbringe, sobald die Steuererstattung auf ihrem Konto bei der Beklagten eingehen werde. Es sei nicht davon die Rede gewesen, dass sie noch einen Antrag auf Sicherheitsleistung stellen müsse. Es gebe somit eine Vereinbarung zwischen der Beklagten und der Schuldnerin auf Gestellung der Sicherheit. Ferner habe die Beklagte nicht bestritten, dass die Steuererstattung bis Mai 2001 bei der Beklagten eingegangen sei. Die Bedingung sei demnach eingetreten, was sich auch aus dem jetzt übermittelten Bescheid des Finanzamts vom 18. Mai 2001 ergebe. Die Beklagte hätte also nach Erhalt des Geldes zahlen müssen. Zu dieser Zeit sei die Geschäftsbeziehung zu der Schuldnerin auch noch nicht beendet gewesen. Ferner komme es auf die Frage der Beendigung der Geschäftsbeziehung nur an, wenn sich aus der Erklärung der Beklagten vom 23. April 2001, die gezielt für sie gedacht gewesen sei, kein eigener Anspruch für sie ergebe. Die Beklagte habe jedoch ihr Schreiben vom 23. April 2001 in Umlauf gebracht, um die Klägerin von Maßnahmen gegen die Schuldnerin abzuhalten. Dieser Vertrauenstatbestand könne nicht nach Belieben aufgehoben werden.

Die Klägerin beantragt,

das am 13. Juni 2003 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Halle abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 58.151,34 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 14. Januar 2000 zu zahlen,

hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, eine Sicherheitsleistung in gleicher Höhe zugunsten der Klägerin im Hinblick auf das Urteil des Landgerichts Halle zum Az.: 7 O 323/00 vom 7. September 2000 zu leisten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO in ihrer seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung), in der Sache aber nicht begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung des durch das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 26. April 2002 titulierten Betrags in Höhe von 58.151,34 Euro und auch keinen Anspruch auf Gestellung einer Sicherheit in gleicher Höhe.

Insbesondere ergibt sich ein aus einem Anspruch auf Gestellung einer Sicherheit folgender Zahlungsanspruch der Klägerin weder aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 12. Februar 2001 noch aus dem vom 9. Januar 2002. Es kann dahinstehen, ob die mit diesen gepfändeten und an die Klägerin zur Einziehung überwiesenen Ansprüche der Schuldnerin gegen die Beklagte als Drittschuldnerin überhaupt einen Anspruch der Schuldnerin gegen die Beklagte auf Gestellung einer Sicherheit umfasst haben. Es kann nämlich auch nach dem Klägervorbringen bereits nicht davon ausgegangen werden, dass die Schuldnerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erbringung einer Sicherheitsleistung zugunsten der Klägerin hat.

Die Klägerin verkennt, dass ein Rechtsgrund für die Gestellung einer Sicherheit zugunsten eines Gläubigers als Dritten, etwa durch Eingehung einer Bürgschaft, grundsätzlich in einem Auftrag oder Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen dem Hauptschuldner und dem Sicherheitsgeber liegt. Insofern müsste vorliegend festgestellt werden, dass sich die Beklagte ihrer Kundin, nämlich der Schuldnerin, gegenüber vertraglich verpflichtet hat, für die Ansprüche der Klägerin gegen die Schuldnerin eine Sicherheit zu leisten. Dies ist indes nicht der Fall.

Vorliegend hat die Klägerin bereits nicht substantiiert dargelegt, dass sich die Schuldnerin mit der Beklagten im Hinblick auf eine Sicherheitsleistung im Sinne eines Vertragsschlusses geeinigt hat.

Dabei ist festzuhalten, dass die Klägerin mit der Beklagten keine vertraglichen Beziehungen unterhalten hat, so dass sie ihr Recht, die Beklagte auf Zahlung eines Sicherheitsbetrags oder auf Gestellung einer Bürgschaft in Anspruch zu nehmen, ausschließlich von ihrer Schuldnerin hätte ableiten können.

Vorliegend kann indes bereits nicht davon ausgegangen werden, dass die Schuldnerin mit der Klägerin eine entsprechende bindende vertragliche Abrede zur Leistung einer Sicherheit getroffen hat, die sie wiederum dazu hätte veranlassen können, mit der Beklagten im Hinblick auf die Sicherheitsleistung einen entsprechenden Vertrag zu schließen.

Eine Sicherheitsleistung hat den Zweck, den Sicherungsnehmer vor drohenden Rechtsnachteilen zu schützen. Die Verpflichtung zur Sicherheitsleistung kann sich aus Gesetz, richterlicher Anordnung oder Rechtsgeschäft ergeben. Insofern ist aber bereits nicht davon auszugehen, dass die Schuldnerin aus irgendeinem Rechtsgrund heraus verpflichtet war, zu Gunsten der Klägerin eine Sicherheit zu leisten.

Dabei kann nach der Auffassung des erkennenden Senats zunächst dahinstehen, welche rechtliche Qualität das Schreiben der Beklagten vom 23. April 2001 hat, durch das diese der Schuldnerin gegenüber erklärte, bei Eingang des Steuerrückerstattungsbetrags eine Sicherheit zu Gunsten der Klägerin in Höhe von 121.901,23 DM zu erbringen.

Es ist nämlich bereits fraglich, in welcher Form die Beklagte auf der Grundlage des Schreibens vom 23. April 2001 zur Gestellung einer Sicherheit verpflichtet gewesen wäre. In Ermangelung einer konkreten Erklärung ist insoweit auf § 232 BGB zurückzugreifen, der die Möglichkeiten zur Bewirkung einer Sicherheit enthält. Selbst wenn die Erklärung der Beklagten so auszulegen wäre, dass banküblich abweichend von § 232 Abs. 2 BGB die Gestellung einer Bürgschaft möglich wäre, kommt vorliegend indes ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung eines etwaigen Sicherheitsbetrags oder hilfsweise auf Gestellung einer Bürgschaft nicht in Betracht.

Auch nach dem Vorbringen der Klägerin diente die Sicherheitsleistung, die die Beklagte auf Wunsch der Schuldnerin zu Gunsten der Klägerin erbringen sollte, zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil des Landgerichts Halle vom 7. September 2000. Die Klägerin führt in diesem Zusammenhang aus, im Anschluss an einen Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 18. April 2001 in dem in Rede stehenden Rechtstreit mit der Schuldnerin, vertreten durch ihren seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten, Verhandlungen über die Nichtfortführung der Zwangsvollstreckung und die Nichtstellung eines Insolvenzantrags zu Lasten der Schuldnerin geführt zu haben. In der Tat hat der seinerzeitige Prozessbevollmächtigte der Schuldnerin die Klägerin sodann mit Schreiben vom 26. April 2001 darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Schuldnerin nunmehr in der Lage sei, entsprechend dem Schreiben der Beklagtren vom 23. April 2001 eine Sicherheit zu Gunsten der Klägerin zu erbringen. Indes machte die Schuldnerin, was sich aus dem eindeutigen Wortlaut des genannten Schreibens ergibt, worauf die Klägerin im Berufungsrechtszug indes nicht eingeht, die Gestellung der Sicherheit davon abhängig, dass die zu Gunsten der Klägerin im Grundbuch eingetragene Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs der Klägerin auf Eintragung einer Sicherungshypothek und die Sicherungshypothek gelöscht werden würden. Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass die Schuldnerin also nicht vorbehaltlos zur Sicherheitsleistung willens und in der Lage war, sondern diese von einer weiteren Bedingung abhängig gemacht hat. In Ermangelung eines abweichenden Vortrags der Klägerin ist indes davon auszugehen, dass sie mit der Löschung der zu ihren Gunsten im Grundbuch eingetragenen Vormerkung nicht einverstanden war. Letztlich kann demnach in Ermangelung eines entsprechenden Vortrags der Klägerin nicht angenommen werden, dass diese sich mit der Schuldnerin zum Zwecke der Nichtfortführung der Zwangsvollstreckung auf eine Sicherheitsleistung geeinigt hat. Auf diesen Umstand hat erstinstanzlich auch bereits die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 15. Mai 2003 hingewiesen. Ergänzender Vortrag der Klägerin erfolgte indes nicht.

Auch ergibt sich kein anderer Rechtsgrund, den die Schuldnerin zu einer Sicherheitsleistung zu Gunsten der Klägerin hätte veranlassen können. Das Versäumnisurteil sah eine Abwendungsbefugnis nicht vor; es war - wie § 708 Nr. 2 ZPO ausdrücklich bestimmt - für die Klägerin ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dafür, dass die Schuldnerin nach ihrem Einspruch gegen das Versäumnisurteil auf der Grundlage von § 719 ZPO einen Beschluss des Landgerichts erwirkt hat, wonach die Einstellung der Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung der Schuldnerin eingestellt worden ist, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich oder von der Klägerin dargelegt worden.

In Ermangelung einer Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Schuldnerin über die Gestellung einer Sicherheit zu Gunsten der Klägerin kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Schuldnerin mit der Beklagten eine für beide Seiten bindende Absprache zur Sicherheitsleistung der Beklagten zu Gunsten der Klägerin getroffen hat. Der von der Klägerin in den Rechtsstreit eingeführte Schriftverkehr dokumentiert vielmehr, dass die Schuldnerin letztlich zur Sicherheitsleistung zum Zwecke der Einstellung der Zwangsvollstreckung kein Interesse mehr hatte. Dass die Schuldnerin die Beklagte nach den mit der Klägerin im April 2001 geführten Verhandlungen zu irgendeiner Zeit aufgefordert hat, eine Sicherheit zu Gunsten der Klägerin zu leisten, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Soweit sich die Klägerin im Rahmen der Berufung unter Beweisantritt darauf beruft, die Schuldnerin sei davon ausgegangen, dass die Beklagte der Klägerin eine Sicherheit leisten werde, ist dieser Vortrag unerheblich, weil unsubstantiiert. Es mag sein, dass die Schuldnerin dieser Auffassung war. Indes ist zu berücksichtigen, dass sie im Rahmen der Verhandlungen mit der Klägerin im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen das Versäumnisurteil anwaltlich vertreten war. Entsprechend den obigen Darlegungen ergibt sich aber zweifelsfrei, dass ihr seinerzeitiger Prozessbevollmächtigter, der für sie die Verhandlungen mit der Klägerin geführt hat, keine Veranlassung hatte, zu Gunsten der Klägerin eine Sicherheit zu erwirken. Dass die Verhandlungen abweichend von dem Verlauf, der sich aus dem unstreitigen Parteivorbringen ergibt, zu dem Ergebnis geführt haben, dass die Schuldnerin doch zu einer Sicherheitsleistung zu Gunsten der Klägerin willens und bereit war, ergibt sich indes aus dem Vorbringen der Klägerin nicht.

Letztlich ist - wie ausgeführt - demnach davon auszugehen, dass eine entsprechende Abrede mit der Klägerin nicht zustande gekommen ist. Dass die Klägerin schließlich das Verhalten der Klägerin anders verstehen konnte, lässt sich ihrem Vorbringen ebenfalls nicht entnehmen. Dass sie mit der Schuldnerin nach dem eindeutigen Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 26. April 2001 etwa noch erfolgreiche Verhandlungen im Hinblick auf eine Sicherheitsleistung geführt hat, hat die Klägerin nicht dargelegt.

Nach alledem dokumentiert das Schreiben der Beklagten vom 23. April 2001 lediglich ihre Bereitschaft, der Schuldnerin eine Sicherheit zu Gunsten der Klägerin überlassen zu wollen. Solange die Schuldnerin indes nicht willens war, der Klägerin eine Sicherheit zu leisten, war die Beklagte auf der Grundlage ihrer genannten Erklärung nicht verpflichtet, der Klägerin im Auftrag der Schuldnerin eine Sicherheit auch tatsächlich zu leisten. Diesbezüglich war sie vielmehr gehalten, den Weisungen ihrer Vertragspartnerin, also der Schuldnerin, Folge zu leisten. Dass diese aber im Ergebnis der Verhandlungen mit der Klägerin nicht zur Sicherheitsleistung bereit war, ergibt sich zwanglos aus dem von der Klägerin selbst vorgetragenen Sachverhalt und aus den Erklärungen des Schreibens des für sie tätigen Rechtsanwalts vom 26. April 2001. Dafür, dass die Schuldnerin in der Folgezeit eine von den Ausführungen in dem genannten Schreiben abweichende Erklärung abgegeben hat, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich oder von der Klägerin dargelegt worden.

Insofern war durch das Schreiben der Beklagten vom 23. April 2001 eine Forderung der Schuldnerin gegen die Beklagte, die im Wege des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 12. Februar 2001 der Klägerin zur Einziehung hätte überwiesen worden sein können, nicht begründet worden.

Ungeachtet der erfolgten Pfändung, die im Hinblick auf die von der Klägerin geltend gemachte Forderung in Ermangelung des Bestehens einer Forderung ins Leere geht, ist aber auch sonst kein Rechtsgrund für die Inanspruchnahme der Beklagten durch die Klägerin ersichtlich. Insbesondere kann nicht angenommen werden, dass die Beklagte mit der Schuldnerin durch das in Rede stehende Schreiben vom 23. April 2001 einen Vertrag zugunsten eines Dritten, nämlich der Klägerin, abgeschlossen hat. Ungeachtet des etwaigen Bindungswillens der Beklagten scheitert die Annahme eines solchen ebenfalls daran, dass die Schuldnerin zu dieser Zeit noch in Verhandlung mit der Klägerin über die Frage der Leistung einer Sicherheit zur Abwendung der Zwangsvollstreckung gestanden hat. Demnach kann jedenfalls ein Bindungswille der Schuldnerin in dem dargelegten Sinne nicht angenommen werden.

Überdies ist zu bedenken, dass Banken wie die Klägerin Sicherheiten in erster Linie durch die Übernahme von Bürgschaften übernehmen. Verbürgt sich eine Bank für die Verbindlichkeit eines Kunden gegenüber einem Dritten, liegt dem regelmäßig ein Avalkreditvertrag zugrunde, also ein entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der Bank und ihrem Kunden, durch den die Bank es gegen Zahlung einer Avalprovision übernimmt, sich zu Gunsten ihres Kunden gegenüber dessen Gläubiger zu verbürgen. Dieser Vertrag begründet Verpflichtungen lediglich zwischen der Bank und ihrem Kunden, nicht aber zugunsten des Dritten, dem gegenüber sich die Bank verbürgen soll. Dieser erwirbt erst dann Rechte gegen die Bank als Bürgin, wenn in Ausführung des Avalkreditvertrags der Bürgschaftsvertrag abgeschlossen wird (BGH, NJW 1984, 2088, 2089). Vorliegend fehlen in Ermangelung eines Klagevortrags bereits jegliche Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Schuldnerin mit der Beklagten einen Avalkreditvertrag geschlossen hat. Auch ist nicht dargelegt oder ersichtlich, dass die Schuldnerin und die Beklagte darüber hinaus eine Bürgschaftsverpflichtung der Beklagten gegenüber der Klägerin begründen wollten. Ein solcher Vertragswille hätte sich in eindeutigen Erklärungen oder aber zumindest in schlüssigen Verhaltensweisen äußern müssen. Hiervon kann vorliegend indes nicht ausgegangen werden, wobei auf die obigen Ausführungen Bezug zu nehmen ist. Gegen die Annahme, die Beklagte habe bereits durch das Schreiben vom 23. April 2001 einen Avalkreditvertrag mit der Schuldnerin geschlossen spricht, dass in der Folgezeit weder die Schuldnerin noch ihr seinerzeitiger Prozessbevollmächtigter an sie herangetreten sind, um den Vollzug des etwaigen Vertrags zu fordern.

Nach alledem hat das Landgericht die Klage rechtsfehlerfrei abgewiesen. Ferner bieten auch die Ausführungen der Klägerin in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 10. November 2003 keinen Anlass zur Wiederöffnung der mündlichen Verhandlung.

Sonstige Gründe, welche der Berufung der Klägerin zum Erfolg verhelfen könnten, sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Wertfestsetzung ergibt sich aus §§ 2, 3 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO; Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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