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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 19.02.2004
Aktenzeichen: 4 U 146/03
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, PflVG, StVG


Vorschriften:

BGB § 271
BGB § 249
BGB § 254 Abs. 2
BGB § 242
ZPO § 287
PflVG § 3
StVG § 7
StVG § 17
StVG § 18
Zu den Voraussetzungen eines Anspruches auf Nutzungsentschädigung für ein beschädigtes Fahrzeug über die gewöhnliche Reparatur- und Wiederbeschaffungszeit hinaus gehört es, dass sich der Geschädigte die erforderlichen Mittel weder als Kredit, noch aus seiner Vollkaskoversicherung hätte beschaffen können.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 146/03

verkündet am: 19. Februar 2004

In dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatzes

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 22. Januar 2004 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Klußmann, des Richters am Oberlandesgericht Feldmann und der Richterin am Oberlandesgericht Mertens

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das am 15. August 2003 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Stendal abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer des Klägers und der Streitwert für den Berufungsrechtszug werden auf 11.742,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.

Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung nach der Beschädigung seines PKW infolge eines Unfalls, der allein durch den Fahrer eines bei der Beklagten haftpflichtversicherten PKW verursacht worden war, geltend. Der Unfall ereignete sich am 12. Juli 2002 gegen 0.15 Uhr. Dabei wurde der PKW des Klägers erheblich beschädigt. Ausweislich des Gutachtens des Ingenieurbüros H. vom 16. Juli 2002 beliefen sich die Reparaturkosten auf 21.785,32 Euro brutto, der Restwert auf 800,00 Euro und der Wiederbeschaffungswert auf 8.650,00 Euro brutto. Die Wiederbeschaffungszeit wurde mit 10 bis 12 Wochentagen angegeben.

Mit Schreiben vom 23. Juli 2002 zeigte der Kläger den Unfall bei der Beklagten an und wies darauf hin, dass eine Vollkaskoversicherung mit einer Selbstbeteiligung von 650,00 Euro bestehe. Mit anwaltlichem Schreiben vom 23. September 2002 unterrichtete der Kläger die Beklagte darüber, dass er nicht über die nötigen finanziellen Mittel verfüge, um sich ein Ersatzfahrzeug anzuschaffen und legte eine Bestätigung seiner Hausbank vor.

Unter dem 8. November 2002 erhob der Kläger wegen der Unfallschäden Klage vor dem Landgericht Stendal. Der Rechtsstreit wurde dort unter dem Geschäftszeichen 24 O 270/02 geführt. In diesem machte der Kläger gegen die Beklagte eine Nutzungsausfallentschädigung für zunächst 12 Tage zu je 50,00 Euro (12. bis 24. Juli 2002 - 600,00 Euro) und sodann für weitere 46 Tage (1. Oktober bis 15. Dezember 2002 - 2.300,00 Euro) geltend. Die 4. Zivilkammer des Landgerichts Stendal hat die Beklagte mit Urteil vom 14. März 2003 verurteilt, an den Kläger 10.930,00 Euro zu zahlen (Bl. 114 f. d. A.).

Noch am 3. Dezember 2002 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie bereit sei, berechtigte Ansprüche zu 50 % zu übernehmen.

Am 4. April 2003 zahlte die Beklagte nach der Beendigung des oben genannten Rechtsstreits 11.282,00 Euro an den Kläger. Am 9. April 2003 erwarb der Kläger ein Ersatzfahrzeug.

Der Kläger hat behauptet,

zu der Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs nicht in der Lage gewesen zu sein.

Er hat die Auffassung vertreten, für die Zeit vom 15. August 2002 bis zum 9. April 2003, also für 238 Tage, von der Beklagten jeweils 59,00 Euro Nutzungsausfall beanspruchen zu können. Von dem Gesamtbetrag von 14.042,00 Euro seien 2.300,00 Euro in Abzug zu bringen. Das Landgericht habe in dem Ursprungsverfahren zwar Nutzungsentschädigung von 2.900,00 Euro zuerkannt, 12 Tage vom 12. bis zum 24. Juli 2002 seien jedoch in den berechneten 238 Tagen nicht enthalten.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 11.742,00 Euro nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27. Juni 2003 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten,

der Kläger sei verpflichtet gewesen, seine Vollkaskoversicherung in Anspruch zu nehmen. Auch hätte er sich ein Interimsfahrzeug anschaffen können, um die besonders lange Nutzungsausfalldauer zu verkürzen.

Die 4. Zivilkammer des Landgerichts Stendal hat die Beklagte mit dem am 15. August 2003 verkündeten Urteil verurteilt, an den Kläger 1.920,00 Euro nebst 5 % Zinsen seit dem 27. Juni 2003 zu zahlen und die weitergehende Klage abgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Klage stehe nicht entgegen, dass es sich bei dem Vorgängerrechtsstreit um eine verdeckte Teilklage gehandelt habe. Die Rechtskraft des einer verdeckten Teilklage in vollem Umfang stattgebenden Urteils schließe Mehr- und Nachforderungen grundsätzlich nicht aus. Etwas anderes gelte nur, wenn im Hinblick auf Mehr- und Nachforderungen ein wirksamer Verzicht oder eine Verwirkung angenommen werden könne. Dies sei aber vorliegend nicht der Fall.

Der Kläger habe Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung für 192 Tage zu je 10,00 Euro. Soweit die Beklagte Nutzungswille und -möglichkeit pauschal bestritten habe, sei der Vortrag unsubstantiiert. Der Kläger habe vorgetragen, nutzungswillig und -fähig gewesen zu sein. Er habe vor dem Unfall und auch nach der Schadensregulierung einen PKW unterhalten, so dass es Sache der Beklagten gewesen sei, einzelne Umstände vorzutragen, die gegen eine Nutzung eines PKW durch den Kläger sprechen würden.

Der Kläger habe auch nicht gegen seine Schadensgeringhaltungspflicht verstoßen, denn er sei zur Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs nicht in der Lage gewesen. Der Kläger habe die Beklagte darauf hingewiesen, dass er nicht leistungsfähig sei. Deshalb sei es Sache der Beklagten gewesen, Überlegungen darüber anzustellen, wie eine Ausweitung des Schadens vermieden werden könne. So hätte die Beklagte dem Kläger einen Vorschuss zur Verfügung stellen können, der durch den zu erwerbenden PKW hätte abgesichert werden können. Ferner sei gemäß § 271 BGB zu beachten, dass der Gläubiger die Leistung sofort verlangen könne. Zweifel an der Erstattungspflicht gingen zu Lasten des Schuldners.

Soweit die Beklagte die Leistungs- und Kreditwürdigkeit des Klägers bestritten habe, sei ihr Vortrag unsubstantiiert, denn sie hätte seine Vermögensverhältnisse ermitteln müssen.

Allerdings sei der Nutzungsausfallschaden der Höhe nach begrenzt. Bei der Bestimmung eines wie hier gelagerten Nutzungsausfalls könne nicht auf die Tagessätze von Sanden/ Danner zurückgegriffen werden. In solchen Fällen komme als gerechte Bewertungsmethode die Orientierung an den Vorhaltekosten im Wege der 10-jährigen Altersabschreibung in Betracht. Zu berücksichtigen sei, dass der Wiederbeschaffungswert des klägerischen Fahrzeugs abzüglich des Restwerts 7.850,00 Euro betragen habe, und der Kläger nunmehr Nutzungsausfall von 14.042,00 Euro begehre. Sein Fahrzeug sei im Juli 1995 erstmals zugelassen worden. Der Unfall habe sich am 12. Juli 2002 ereignet. Zu dieser Zeit habe der Restwert 7.850,00 Euro und die Restnutzungszeit 3 Jahre betragen, was zu einem Satz von 7,16 Euro pro Tag führe. Im Wege der Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO sei eine Erhöhung auf 10,00 Euro pro Tag vorzunehmen.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung. Auch wenn sich der Nutzungsausfallanspruch grundsätzlich auf die Reparaturdauer oder die Dauer der Ersatzbeschaffung beschränke, erhalte der Geschädigte jedoch, wenn er die Ersatzbeschaffung nicht finanzieren könne, weiterhin Nutzungsausfall. Die lange Dauer des Nutzungsausfallanspruchs gehe zu Lasten des Schädigers. Sofern man der Auffassung sei, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt keine Nutzungsausfallentschädigung geltend gemacht werden könne, sondern nur die Vorhaltekosten, gehe dies zu Lasten des Geschädigten. Er habe Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung bis zu dem Tag, an dem er durch den Schädiger in die Lage versetzt worden sei, sich ein Ersatzfahrzeug anzuschaffen. Es habe in der Hand der Beklagten gelegen, den Nutzungsausfallanspruch zu beenden. Das Landgericht habe auch nicht dargelegt, ab welcher Zeit er nur die Vorhaltekosten beanspruchen könne.

Der Kläger beantragt,

das am 15. August 2003 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Stendal abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 9.822,00 Euro nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27. Juni 2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen und im Wege der Anschlussberufung,

das oben genannte Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung,

das Landgericht habe zu Unrecht nicht berücksichtigt, dass der Kläger gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen habe. Unstreitig habe der Kläger über eine Vollkaskoversicherung verfügt, jedoch keinerlei Maßnahmen zur Schadensminderung ergriffen.

Ungeachtet dessen sei das angefochtene Urteil im Hinblick auf die Ausführungen zur Schadenshöhe nicht zu beanstanden.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Die Berufungen des Klägers und der Beklagten sind zulässig (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO), wobei die der Beklagten als unselbständige Anschlussberufung anzusehen ist (§ 524 ZPO).

Die Berufung des Klägers ist sachlich nicht gerechtfertigt. Die Anschlussberufung hat Erfolg, da die Klage, soweit sie zulässig ist, unbegründet ist.

Zur Klarstellung ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Kläger weitere Nutzungsausfallentschädigung begehrt. Durch das Urteil des Landgerichts Stendal vom 14. März 2003 in dem Rechtsstreit 24 O 270/02 war ihm bereits Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von insgesamt 2.900,00 Euro zuerkannt worden.

Dabei handelte es sich um eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 50,00 Euro täglich. Soweit in den Entscheidungsgründen des genannten Urteils des Landgerichts Stendal ein Betrag von täglich 59,00 Euro auftaucht, worauf sich der Kläger nunmehr beruft, übersieht er, dass ein offensichtliches Schreibversehen vorlag. Durch das genannte Urteil ist ein Nutzungsausfall von 2.900,00 Euro für 58 Tage zuerkannt worden, was einen Tagessatz von 50,00 Euro (wie vom Kläger dort beantragt) ergibt. Woraus sich ein höherer Tagessatz ergeben soll, ist nicht ersichtlich oder von dem Kläger dargelegt worden.

Ferner ist herauszustellen, dass der Kläger im Ursprungsprozess zunächst für die im Gutachten enthaltene Wiederbeschaffungszeit von 12 Tagen Nutzungsausfall für die ersten 12 Tage nach dem Unfall (12. bis 24. Juli 2002) erhalten hat. Für die Zeit vom 1. Oktober bis zum 15. Dezember 2002 hatte der Kläger für 46 Tage Nutzungsausfall von 50,00 Euro täglich, also insgesamt 2.300,00 Euro, begehrt und zuerkannt bekommen.

Soweit der Kläger nunmehr für die 46 Tage vom 1. Oktober 2002 bis zum 15. Dezember 2002 Nutzungsausfall von weiteren 9,00 Euro begehrt, ist die Klage bereits unzulässig. Der Zulässigkeit der Klage steht das Prozesshindernis der anderweitigen Rechtskraft entgegen. In dem Ursprungsprozess ist nämlich bereits rechtskräftig entschieden worden, dass für die fragliche Zeit ein Anspruch auf Nutzungsausfalllentschädigung in Höhe von 2.300,00 Euro besteht.

Demnach geht es im vorliegenden Rechtsstreit noch um die Frage, ob der Kläger für die Zeit vom 15. August 2002 bis zum 30. September 2002 und vom 16. Dezember 2002 bis zum 9. April 2003 (also für 192 Tage) gemäß §§ 3 PflVG, 7, 17, 18 StVG, 249 BGB Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von täglich 50,00 Euro beanspruchen kann. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Der Kläger hat nämlich in der fraglichen Zeit gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen, so dass ihm gemäß § 254 Abs. 2 BGB ein Mitverschuldensvorwurf zu machen ist, der vorliegend der geltend gemachten Nutzungsausfallentschädigung entgegensteht.

Auch wenn ein Geschädigter einen umfassenden Anspruch auf Herstellung des Zustands hat, der ohne den Unfall bestanden hätte, ist doch gemäß § 254 Abs. 2 BGB zu beachten, dass der Herstellungsaufwand vernünftig zu begrenzen ist. Dass es dabei zu Konflikten zwischen den Interessen des Schädigers und denen des Geschädigten kommt, ist geradezu systemimmanent. Jedenfalls entspricht es gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass als Schaden nur die Kosten zu ersetzen sind, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten zum Ausgleich des Gebrauchsentzugs seines Fahrzeugs für erforderlich halten durfte (BGH, NJW 1982, 1518, 1519). Ein Mitverschulden im Sinne von § 254 Abs. 2 BGB ist demnach dann anzunehmen, wenn der Geschädigte die Maßnahmen unterlässt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensabwendung oder -minderung ergreifen würde.

Wegen der ihm gemäß § 254 Abs. 2 BGB obliegenden Schadensminderungspflicht war der Kläger verpflichtet, den Schaden so gering wie möglich zu halten. Dazu gehört, dass ein Geschädigter die Reparatur oder Ersatzbeschaffung ohne vorwerfbares, schuldhaftes Zögern innerhalb der angemessenen Reparatur- oder Wiederbeschaffungszeit vornimmt (KG, VersR 1976, 1159). Grundsätzlich erhält er deshalb auch nur für diese Zeit Nutzungsausfallentschädigung.

Voraussetzung für einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung über die gewöhnliche Reparatur- oder Wiederbeschaffungszeit hinaus ist, dass der Geschädigte nicht in der Lage ist, die Reparatur oder den Erwerb eines Ersatzfahrzeugs ohne Erhalt der Entschädigung vorzufinanzieren. Von einem Geschädigten, dem keine finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, kann nur dann verlangt werden, dass er zur Abwendung eines weiteren Schadens in Vorlage tritt, wenn er sich die hierzu erforderlichen Mittel leicht beschaffen kann (OLG Köln, DB 1973, 177; LG Frankfurt, NJW-RR 1992, 1183; OLG Frankfurt, DAR 1984, 318 f.; OLG Saarbrücken, NZV 1990, 388, 389; OLG Düsseldorf, OLG Report 1997, 107).

Vorliegend ist jedoch bereits nicht davon auszugehen, dass der Kläger sich die Mittel für die Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs nicht als Kredit hätte beschaffen können. Zwar trägt grundsätzlich der Schädiger die Beweislast für einen Verstoß des Geschädigten gegen die Schadensminderungspflicht und für dessen Schadensursächlichkeit. Da es aber um Umstände aus der Sphäre des Klägers geht, hätte er darlegen müssen, inwiefern er nicht in der Lage war, einen Kredit für die Ersatzbeschaffung eines PKW zu erhalten (OLG Düsseldorf, a.a.O, VersR 1998, 911). Dem ist der Kläger nicht nachgekommen.

Es ist bereits zweifelhaft, ob der Kläger nach dem Unfall tatsächlich nicht in der Lage gewesen wäre, einen Kredit für den Erwerb eines Fahrzeugs zu einem Preis von rund 8.000,00 Euro zu erhalten. Entgegen der Auffassung des Landgerichts war es nicht Sache der Beklagten, sich über die Vermögensverhältnisse des Klägers zu informieren. Vielmehr hätte dieser, um seiner Substantiierungslast zu genügen, zunächst ausreichende Tatsachen dazu vortragen müssen, wieso er einen Kredit in der vergleichbar niedrigen Höhe nicht erhalten konnte. Die Vorlage der Bescheinigung seiner Hausbank zu einer weitergehenden Kreditvergabe genügte nicht den Anforderungen, die an einen substantiierten Vortrag zu stellen sind, denn es ergibt sich bereits nicht, welche Kreditanfrage von dem Kläger getätigt worden war. Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen hat der Kläger indes nicht getätigt. Die Gründe, ob und wieso er auch bei keiner anderen Bank keinen Kredit erhalten hätte, sind nicht ersichtlich oder nachvollziehbar von dem Kläger dargelegt.

Letztlich kann die Frage der Möglichkeit einer Kreditinanspruchnahme aber dahinstehen, da dem Kläger jedenfalls der Mitverschuldensvorwurf zu machen ist, nach dem Unfall nicht seine Vollkaskoversicherung in Anspruch genommen zu haben, denn bei der vorliegenden Fallkonstellation war ihm diese zumutbar.

Bei der Frage der Zumutbarkeit ist auf den Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB abzustellen. Dabei ist zu Gunsten des Geschädigten zu berücksichtigen, dass er Anspruch auf Regulierung seiner Schäden binnen einer angemessenen Zeit hatte. Grundsätzlich hat der Schädiger die Nachteile zu tragen, die daraus herrühren, dass sich der Schaden wegen einer verzögerten Ersatzleistung vergrößert hat.

Würde man aber, wie es offenbar der Kläger meint, diesen von jeglicher Mitverantwortung für die Schadensentwicklung befreien, liefe dies auf eine Aushöhlung des § 254 BGB hinaus. Vorliegend läge die Konsequenz auf der Hand. Durch die Nutzungsausfallentschädigung in der begehrten Höhe würde der Kläger in die Lage versetzt, sich nahezu zwei Fahrzeuge der beschädigten Art kaufen zu können.

Insofern ist sich den Ausführungen des Oberlandesgerichts München in dem Urteil vom 2. März 1984 (VersR 1984, 1054) anzuschließen. Dieses hat zunächst ausgeführt, dass die Frage, ob der Geschädigte gehalten sei, seine Vollkaskoversicherung in Anspruch zu nehmen, zu seinem Nachteil zu entscheiden sei, wenn er von vornherein damit zu rechnen habe, dass er einen Teil seines Schadens selbst tragen muss. In den Fällen, in denen der Geschädigte davon ausgehen könne, dass der Schädiger voll hafte oder der Verlust des Schadensfreiheitsrabattes gleich oder höher als der zu tragende Schaden zu bewerten sei, sei zur Erfüllung der Schadensminderungspflicht die Vollkaskoversicherung in Anspruch zu nehmen (OLG München, VersR 1984, 1054). Anders als vom LG Limburg interpretiert (LG Limburg, NZV 1997, 444) kommt es also bei der Frage der Zumutbarkeit nicht allein auf die mögliche volle Haftung des Schädigers an. Vielmehr ist eine Inanspruchnahme des Kaskoversicherers zum Zwecke der Schadensminderung auch zumutbar, wenn der ansonsten drohende Schaden den Verlust des Schadensfreiheitsrabatts überwiegt. Vorliegend liegt es auf der Hand, dass die für eine Zeit von mehreren Monaten geltend gemachte Nutzungsausfallentschädigung den Schaden, den der Kläger durch die Inanspruchnahme seiner Vollkaskoversicherung erlitten hätte, bei weitem übersteigt.

Bei den vorstehenden Erwägungen ist nicht zu verkennen, dass der Kläger in beiden Fällen Anspruch auf Ersatz der Vorleistungskosten gegen die Beklagte gehabt hätte. Bei der Inaspruchnahme eines Kredits hätte er von der Beklagten Ersatz der Kreditkosten verlangen können. Im Falle der Inanspruchnahme seiner Kaskoversicherung hätte er von der Beklagten den Rabattverlust in der Kaskoversicherung verlangen können. Im letzten Fall hätte davon ausgegangen werden können, dass die Inanspruchnahme des Kaskoversicherers notwendig gewesen wäre, da die Beklagte die Regulierung des Schadens zu Unrecht verzögert hatte.

Gleichwohl besteht vorliegend kein Anlass, dem Kläger statt der geltend gemachten weiteren Nutzungsausfallentschädigung Ersatz der fiktiven Kreditkosten oder des fiktiven Rabattverlusts in der Kaskoversicherung zu gewähren. Dem Kläger ist durch das Ursprungsurteil für die Zeit nach der gewöhnlichen Wiederbeschaffungsdauer bereits eine Nutzungsausfallentschädigung für 46 Tage über 2.300,00 Euro zuerkannt worden, obwohl von einem Anspruch über die gewöhnliche Wiederbeschaffungszeit hinaus nicht auszugehen ist. Insofern sieht der erkennende Senat keine Veranlassung, dem Kläger für den nunmehr in Rede stehenden Zeitraum ergänzend Schadensersatzansprüche zu gewähren.

Ergänzend sei noch bemerkt, dass der Kläger zum zeitlichen Umfang der geltend gemachten Nutzungsausfallentschädigung nicht ausreichend vorgetragen hat. Insbesondere wäre die Beklagte nicht schon seit dem 15. August 2002 gehalten gewesen, ihm einen Vorschuss für den Erwerb eines Ersatzfahrzeugs zu gewähren. Zu dieser Zeit hatte der Kläger die Beklagte noch nicht darauf hingewiesen, zum Erwerb eines Ersatzfahrzeugs nicht in der Lage zu sein (vgl. hierzu: OLG Köln, DB 1973, 177; OLG Saarbrücken, NZV 1990, 388, 389; LG Frankfurt, NJW-RR 1992, 1183). Dies geschah erst mit Schreiben vom 23. September 2002. Der Kläger hätte aber der Beklagten, um schon vor dieser Zeit in den Genuss von Nutzungsausfallentschädigung gelangen zu können, Gelegenheit geben müssen, eine Ausweitung des Schadens einzugrenzen. Vor Erhalt des Schreibens vom 23. September 2002 und einer zusätzlichen angemessenen Überlegungsfrist war dies jedoch nicht der Fall.

Sonstige Gründe, welche der Klage zum Erfolg verhelfen könnten, sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Wertfestsetzung ergibt sich aus §§ 2, 3 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO; Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.



Ende der Entscheidung

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