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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 05.02.2004
Aktenzeichen: 4 U 158/03
Rechtsgebiete: VVG


Vorschriften:

VVG § 6 Abs. 2
Grundsätzlich entfällt für die mitversicherte Person der Versicherungsschutz aus einer vorläufigen Deckungszusage nicht, weil der Versicherungsnehmer die erste Prämie nicht zahlt. Im Rückforderungsprozess trägt der Versicherer die Beweislast für die objektiven Voraussetzungen der Obliegenheitsverletzung (hier: Fahren ohne Fahrerlaubnis des indischen Fahrers), für sein Verschulden und für die Kausalität, § 6 Abs. 2 VVG.

Letztlich hat der Versicherer bei einem ausländischen Kraftfahrer, der nicht im Besitz einer deutschen Fahrerlaubnis ist, nachzuweisen, ob der Unfall bzw. Versicherungsfall darauf zurückzuführen ist, dass er zum Führen eines Kfz nicht in der Lage war.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 158/03

verkündet am: 05. Februar 2004

In dem Rechtsstreit

wegen Rückgriffs

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 8. Januar 2004 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Klußmann, des Richters am Oberlandesgericht Feldmann und der Richterin am Oberlandesgericht Mertens

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 12. September 2003 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Dessau abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird als Gesamtschuldner neben dem bereits durch Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hamburg (Geschäftszeichen: 02-0820948-1-2) vom 30. Januar 2003 verurteilten D. D. , verurteilt, an die Klägerin 5.112,92 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 30. Dezember 2003 und vorgerichtliche Mahnkosten von 2,56 Euro zu zahlen.

Die Kosten des ersten Rechtszugs tragen die Klägerin zu 3/8 und der Beklagte zu 5/8. Die Kosten der Berufung werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer des Beklagten übersteigt 20.000,00 Euro nicht.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 5.112,92 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.

Die Klägerin macht gegen den Beklagten einen Anspruch auf Erstattung von Versicherungsleistungen geltend.

Am 13. August 2001 war der Beklagte an einen Verkehrsunfall mit dem PKW der Marke VW Golf, amtliches Kennzeichen ... , beteiligt. Fahrzeughalter war D. D. , der bei der R.- AG für den PKW VW Golf eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hatte. Zwischenzeitlich übernahm die Klägerin deren Gesamtbestand an KFZ-Haftpflichtversicherungsverträgen.

Die R.- AG hatte dem Fahrzeughalter vor dem in Rede stehenden Verkehrsunfall eine vorläufige Deckungszusage erteilt. Der Versicherungsschein wurde diesem am 12. November 2001 verbunden mit einer Rechnung über die Erstprämie übersandt. Dem Vertrag sollten ausweislich des Versicherungsscheins die Allgemeinen Bedingungen für Kraftfahrtversicherung der Versicherung Stand 1. Oktober 1999 - zugrunde liegen. Wegen der AKB wird auf Bl. 67 ff. d. A. Bezug genommen. Die Erstprämie wurde von dem Fahrzeughalter nicht bezahlt.

Zur Zeit des Unfalls verfügte der Beklagte nicht über eine in Deutschland gültige Fahrerlaubnis, sondern nur über eine indische.

Die Versicherung wies D. D. unter dem 4. Februar 2002 darauf hin, dass die vorläufig gewährte Deckung wegen des Prämienverzugs rückwirkend außer Kraft getreten sei. Nach dem Pflichtversicherungsgesetz müsse sie zwar begründete Ersatzansprüche von Dritten ausgleichen; ihre Aufwendungen habe er aber zu erstatten. Wegen des Schreibens wird auf Bd. I Bl. 108 d. A. Bezug genommen.

Die Versicherung regulierte gegenüber dem Geschädigten, dem Straßenbauamt W. , Reparaturkosten, Gutachterkosten, Nutzungsausfall, Krankenkosten und Auslagen in Höhe von insgesamt 8.006,17 Euro.

Zuletzt forderte die Klägerin den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 19. Dezember 2002 zur Erstattung der Regulierungssumme auf.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten,

der Beklagte sei gemäß § 2 b Nr. 1 c AKB verpflichtet, die geleisteten Ersatzansprüche sowie vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 2,56 Euro an sie zu erstatten.

Sie hat behauptet, der Beklagte habe den Verkehrsunfall alleine verursacht. Der Schaden, der durch die Nichtbeachtung der Verkehrsvorschriften verursacht worden sei, stehe in einem offensichtlichen Zusammenhang mit der fehlenden Fahrerlaubnis des Beklagten. Der Unfallhergang ergebe sich aus der Verkehrsunfallzeichnung der Ermittlungsakten, Bd. I Bl. 119 d. A., und den Aussagen der Zeugen S. und L. , Bd. I Bl. 114 ff. d. A.

Die Schäden des Unfallgegners seien tatsächlich entstanden und von ihr vollumfänglich zu regulieren gewesen, was sich aus den Fotos der Ermittlungsakten, Bd. I Bl. 110 - 113, und dem Sachverständigengutachten des Ingenieurbüros Sch. , Bd. I Bl. 122 ff. d. A., ergebe.

Der Geschädigte L. sei ausweislich des Berechnungsbogens, Bd. I Bl. 120 f. d. A., vom 13. August 2001 bis zum 22. August 2001 arbeitsunfähig erkrankt gewesen, so dass sie dem Land Sachsen-Anhalt die Ansprüche des Geschädigten nach § 6 EntGFZG zu erstatten gehabt habe.

Die Klägerin hat nach einer teilweise Klagerücknahme zuletzt beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie als Gesamtschuldner mit Herrn D. D. 5.112,92 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. Dezember 2002 sowie vorgerichtliche Mahnkosten von 2,56 Euro zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat behauptet,

er sei in seinem Heimatland bereits 8 Jahre unfallfrei gefahren. Er habe seit Oktober 2000 am Straßenverkehr in Deutschland teilgenommen und sei mit den Verkehrsvorschriften vertraut gewesen. Er habe zwischenzeitlich eine für Deutschland gültige Fahrerlaubnis erhalten. Die verspätete Antragstellung sei nur auf eine falsche Auskunft einer Fahrschule zurückzuführen.

Der Beklagte hat bestritten, den Verkehrsunfall schuldhaft verursacht zu haben. Er hat behauptet, am Unfalltag sei ihm das unfallbeteiligte Fahrzeug auf seiner Fahrbahnseite entgegen gekommen. Da die Kurve für ihn nicht einsehbar gewesen sei, habe er das gegnerische Fahrzeug erst fast am Scheitelpunkt der Kurve bemerkt. Sein Ausweichversuch sei erfolglos geblieben.

Auch sei der Klägerin vorzuhalten, dass sie die Entschädigungsansprüche zu Unrecht geleistet habe. Sie habe daher gegen ihre Abwehrpflicht nach § 2 KfzPflVVO verstoßen. Der Sachverhalt habe klar zu erkennen gegeben, dass vor der Regulierung eine weitere Aufklärung erforderlich gewesen wäre. Er sei jedoch unstreitig zu keiner Zeit aufgefordert, den Unfall aus seiner Sicht zu schildern.

Ferner beachte die Klägerin nicht § 7 Nr. 5 Ziff. 2 der AKB, wonach der Regress auf 2.556,46 Euro beschränkt sei.

Die 4. Zivilkammer des Landgerichts Dessau hat die Klage mit dem am 12. September 2003 verkündeten Urteil abgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die Klägerin bereits die Regressbeschränkung gemäß § 7 Nr. 5 Ziff. 2 S. 1 AKB nicht beachtet habe. Auch im übrigen bestehe ein Ausgleichsanspruch nicht, da die Leistungsfreiheit der Klägerin gegenüber ihrem Versicherungsnehmer ihren rechtlichen Grund darin habe, dass dieser nach der Übersendung des Versicherungsscheins die Erstprämie trotz Aufforderung nicht bezahlt habe. Dies habe zur Folge, dass die vorläufige Deckungszusage rückwirkend entfallen sei. Allein dieser Umstand führe dazu, dass die Klägerin auch gegenüber dem Beklagten von der Verpflichtung zur Leistung frei geworden sei, weil ein Deckungsschutz für diesen bestanden habe. Einem Rückgriffsanspruch gegen den Beklagten stehe § 158 i VVG entgegen, denn dem Beklagten seien die Gründe für die Leistungsfreiheit gegenüber dem Halter nicht bekannt gewesen. Der rückwirkende Wegfall der vorläufigen Deckungszusage führe dazu, dass sich die Klägerin im Hinblick auf den Beklagten auch nicht auf § 2 b Nr. 1 c AKB stützen könne, denn der Beklagte habe gegenüber der Klägerin in Ermangelung eines Vertragsverhältnisses keine Obliegenheit zu erfüllen gehabt.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Das Landgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Beklagte keine Obliegenheiten aus einem Vertragsverhältnis zu erfüllen gehabt habe. Bei der vorläufigen Deckung handele es sich um ein selbständiges Vertragsverhältnis, für das die Vorschriften für ein endgültiges Vertragsverhältnis heranzuziehen seien.

Die Klägerin beantragt,

das am 12. September 2003 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Dessau abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner neben D. D. (Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hamburg vom 30. Januar 2003, Gz.: 02-0820948-1-2) an sie 5.112,92 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. Dezember 2002 sowie vorgerichtliche Mahnkosten von 2,56 Euro zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO in ihrer seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung) und in der Sache vollumfänglich begründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Rückzahlung der aus Anlass des Unfallgeschehens vom 13. August 2001 geleisteten Haftpflichtentschädigung aus §§ 426 Abs. 1 BGB, 3 Nr. 9 S. 2 PflVG i.V.m. 2 b Nr. 1 c AKB. Die Klägerin ist gegenüber dem Beklagten wegen einer Obliegenheitsverletzung aus dem Versicherungsverhältnis von der Verpflichtung zur Leistung frei geworden.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts führt die gemäß § 1 Nr. 4 AKB gegenüber dem Versicherungsnehmer bestehende Leistungsfreiheit der Klägerin nicht dazu, dass sich diese gegenüber dem Beklagten als mitversichertem Fahrer nicht auf eine Obliegenheitspflichtverletzung gemäß § 2 AKB berufen kann. Da der Beklagte ungeachtet der nicht erfolgten Prämienzahlung des Versicherungsnehmers Versicherungsschutz gemäß § 3 Nr. 1 AKB als mitversicherte Person aus seinem Verhalten als Fahrer des versicherten PKW in Anspruch nehmen konnte, trafen ihn auch die Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalls, die § 2 b AKB normiert.

Eingangs sei bemerkt, dass auf die hier in Rede stehenden versicherungsvertraglichen Beziehungen gemäß § 5 a Abs. 3 VVG die AKB - Stand 1. Oktober 1999 - Anwendung finden, die dem Versicherungsnehmer D. D. am 12. November 2001 zusammen mit dem Versicherungsschein übersandt worden waren. Soweit der Beklagte mit der Berufungserwiderung darauf abstellt, eine ausdrückliche Vereinbarung zur Einbeziehung der AKB sei nicht anzunehmen, da dem Versicherungsnehmer lediglich die Doppelkarte ausgehändigt worden sei, ist sein Vortrag unerheblich. Nach dem Hinweisbeschluss des Landgerichts vom 4. Juli 2003 hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 16. Juli 2003 ausgeführt, dass der Versicherungsnehmer eine vorläufige Deckungskarte der R.- AG benutzt und dabei auf die Überlassung der Versicherungsbedingungen verzichtet habe. Mit diesem Vortrag hat die Klägerin ausreichend ausgeführt, dass auf das in Rede stehende Vertragsverhältnis aus der vorläufigen Deckungszusage die oben genannten AKB Anwendung finden, auch wenn diese erst mit dem Versicherungsschein übersandt worden sind. Wenn der Versicherungsnehmer bei Benutzung der Deckungskarte erklärt haben sollte, auf die Übersendung der Versicherungsbedingungen zu verzichten und die Versicherung dem nachgekommen wäre, so wäre in diesem Verhalten zweifellos eine Vereinbarung im Sinne des § 5 Abs. 3 S. 1 VVG zu erblicken. Dieser Vortrag der Klägerin ist von dem Beklagten erstinstanzlich in keiner Weise angegriffen worden, obwohl die Vorsitzende der Kammer mit Hinweis vom 19. August 2003 deutlich gemacht hat, dass nach dem Klägervortrag § 5 a Abs. 3 VVG anzuwenden sei. Soweit der Beklagte den Klägervortrag im Rahmen der Berufungserwiderung in Frage stellt, ist dies unerheblich, da die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO für einen neuen Vortrag ersichtlich nicht vorliegen. Bereits aus dem oben genannten Hinweisbeschluss ging hervor, dass das Landgericht den Umstand der Einbeziehung der AKB gerade nicht für unerheblich erachtet hatte. Entgegen der Auffassung des Beklagten liegt es auch nicht außerhalb jeglicher Lebenserfahrung, dass ein Versicherungsnehmer zur Erlangung einer vorläufigen Deckung und eines Versicherungsnachweises gemäß § 29 a StVZO wegen der Eilbedürftigkeit auf die Überlassung der Versicherungsbedingungen verzichtet. Bereits der Umstand, dass für diese Fälle eine gesetzliche Bestimmung, nämlich § 5 a Abs. 3 VVG, existiert, deutet auf das Gegenteil hin. Ferner sei auf § 29 d StVZO hingewiesen, der die Konsequenzen eines fehlenden Versicherungsschutzes eines Kraftfahrzeugs bestimmt. Die Darlegung der Klägerin ist auch nicht als Behauptung ins Blaue hinein aufzufassen, denn sie hat den Versicherungsbestand der R.- AG übernommen. Dafür, dass sie demnach keinen Zugang zu den Versicherungsunterlagen hatte, sind keine Anhaltspunke ersichtlich.

Die unstreitig erfolgte vorläufige Deckungszusage gemäß § 1 Nr. 2 S. 1 AKB hatte zur Zeit des in Rede stehenden Verkehrsunfalls noch Bestand und führte dazu, dass der Beklagte als Fahrer des versicherten Fahrzeugs und damit mitversicherte Person gemäß § 3 Nr. 1 AKB Versicherungsschutz in Anspruch nehmen konnte. Dieser entfiel auch nicht rückwirkend durch die unterbliebene Prämienzahlung.

Mit einer vorläufigen Deckungszusage des Versicherers wird ein vom eigentlichen Versicherungsvertrag losgelöster, rechtlich selbständiger Vertrag begründet, der schon vor dem Beginn eines endgültigen Versicherungsvertrags und unabhängig von ihm einen Anspruch auf Versicherungsschutz entstehen lässt (BGHZ 21, 122, 130). Für die Leistungspflicht des Versicherers aus der vorläufigen Deckungszusage ist es daher regelmäßig ohne Bedeutung, ob der endgültige Versicherungsvertrag zustande kommt oder nicht.

§ 1 Nr. 2 S. 3 AKB bestimmt, dass die vorläufige Deckung rückwirkend außer Kraft tritt, wenn der Versicherungsantrag unverändert angenommen, der Versicherungsschein aber nicht unverzüglich eingelöst wird. Daraus ergibt sich, dass der Versicherungsschutz aus der vorläufigen Deckungszusage durch einen Verzug des Versicherungsnehmers mit der ersten Prämie auflösend bedingt ist. § 1 Nr. 2 S. 3 AKB soll gerade die Fälle erfassen, in denen während der Laufzeit der vorläufigen Deckung, aber noch vor der Ausfertigung des Versicherungsscheins und Zusendung der Prämienrechnung der Versicherungsfall bereits eingetreten ist (BGHZ, a.a.O.). Daraus ergibt sich, dass der Versicherer beim Vorliegen der Voraussetzungen der genannten Bestimmung gegenüber dem Versicherungsnehmer von der Pflicht zur Versicherungsleistung frei wird. Demnach ist die Klägerin vorliegend wegen der Nichtzahlung der ersten Prämie nur gegenüber dem Versicherungsnehmer von der Leistungspflicht frei geworden, indes nicht gegenüber dem Beklagten als mitversicherter Person.

Die Formulierung von § 1 Nr. 4 AKB lautet, dass die vorläufige Deckung rückwirkend außer Kraft tritt. Von einer Nichtigkeit des vorläufigen, gesonderten Vertragsverhältnisses ist entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht die Rede.

Ferner ist zu bedenken, dass die vorläufige Deckung für den Beklagten als mitversicherter Fahrer trotz des Vorliegens der Voraussetzungen des § 1 Nr. 4 S. 2 AKB bei dem versicherten Halter Bestand hatte. Die Nichtzahlung der Erstprämie durch den Versicherungsnehmer hatte für den Beklagten nämlich keine Konsequenz. Dieser genoss nach wie vor Versicherungsschutz. Für ihn war die vorläufige Deckung nicht rückwirkend entfallen, was sich letztlich aus § 158 i VVG ergibt. Der Beklagte war als mitversicherte Person gemäß § 10 Nr. 4 AKB zur selbständigen Geltendmachung seiner Rechte aus dem Versicherungsvertrag befugt. Da er von der nicht erfolgten Prämienzahlung des Versicherungsnehmers keine Kenntnis hatte, konnte ihm dies die Klägerin nicht entgegenhalten. Gegenüber dem Beklagten bestand demnach keine Leistungsfreiheit gemäß § 1 Nr. 4 S. 2 AKB; vielmehr war die Klägerin gegenüber dem Beklagten aus dem Versicherungsfall von Anfang an leistungspflichtig (Prölss/Martin, VVG, 26. Auflage, § 158 i VVG Rn. 1 a.E.).

Wie ausgeführt, richtete sich der Inhalt der vorläufigen Deckung, die der Versicherer dem Versicherungsnehmer erteilt hatte, nach dem VVG und den AKB des Versicherers in der seinerzeit gültigen Fassung. Demnach war der Beklagte als mitversicherter Fahrer gemäß § 3 Nr. 1 AKB auch gehalten, die Obliegenheit gemäß § 2 b Nr. 1 litt. c AKB zu beachten.

Gemäß §§ 2 b Nr. 1 c AKB, 6 Abs. 2 VVG ist der Versicherer im Verhältnis zum mitversicherten Fahrer leistungsfrei, wenn dieser bei Eintritt des Versicherungsfalls, also zur Zeit des Verkehrsunfalls, die zum Führen des versicherten Fahrzeugs auf öffentlichen Wegen oder Plätzen vorgeschriebene Fahrerlaubnis nicht hat, und dieses Verhalten für den Eintritt des Versicherungsfalls kausal geworden ist. Diese Voraussetzungen liegen vor.

Vorliegend ist unstreitig, dass der Beklagte zur Zeit des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls nicht über die erforderliche Fahrerlaubnis verfügte.

Auch hat die Klägerin den Kausalitätsnachweis erbracht. Im Rückforderungsprozess trägt der Versicherer, der seine Leistungsfreiheit wegen einer Obliegenheitspflichtverletzung geltend macht, nicht nur die Beweislast für die objektiven Voraussetzungen der Obliegenheitspflichtverletzung, sondern auch für das hierfür relevante Verschulden des Versicherungsnehmers und für die Kausalität im Sinne des § 6 Abs. 2 VVG. Die Klägerin muss demnach vorliegend nachweisen, dass die Verletzung der Obliegenheit Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalls oder den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung gehabt hat.

Bei einem ausländischen Kraftfahrer, der die Umschreibung in eine deutsche Fahrerlaubnis nicht hat vornehmen lassen, kann der Kausalitätsbeweis nach § 6 Abs. 2 VVG geführt werden, wenn feststeht, dass Eintritt und Umfang des Versicherungsfalls auf Unkenntnis der deutschen Verkehrsvorschriften oder mangelnder Eignung beruhen. Letztlich hat die Klägerin nachzuweisen, dass der Unfall auf einem Umstand beruhte, der es gerechtfertigt hätte, dem Beklagten die deutsche Fahrerlaubnis zu verweigern (OLG Köln, r + s 1998, 399, 400).

Für den Beklagten, der über eine indische Fahrerlaubnis verfügte, richtete sich die Erteilung einer Fahrerlaubnis für Deutschland nach § 31 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV, Schönfelder-Ergänzungsband, Nr. 35 d). Danach gab es für ihn zwar Erleichterungen, jedoch hatte er gemäß §§ 31 Abs. 1 Nr. 3, 15 i.V.m. Anlage 11 FeV eine theoretische und eine praktische Prüfung abzulegen. Anders als beispielsweise bei einem EU-Ausländer war der Führerschein des Beklagten vorliegend also nicht lediglich umzuschreiben. Vielmehr hätte der Beklagte durch eine theoretische und praktische Prüfung nachweisen müssen, dass er zum Führen eines Kraftfahrzeugs in der Lage und mit den Gefahren des Straßenverkehrs sowie den zu ihrer Abwehr erforderlichen Verhaltensweisen vertraut ist.

Der erkennende Senat geht davon aus, dass der Beklagte zur Zeit des Unfalls mit den Gefahren des Straßenverkehrs nicht vertraut war, denn er befuhr den Kurvenbereich mit einer den Straßenverhältnissen nicht angepassten Geschwindigkeit und geriet so auf nasser Fahrbahn in einer Kurve jedenfalls auf die Gegenfahrbahn.

Der entgegenstehende Vortrag des Beklagten zum Unfallhergang ist unter Berücksichtigung der in den Akten befindlichen Auszüge aus den Ermittlungsakten unsubstantiiert. Der Beklagte hat dargelegt, das gegnerische Fahrzeug sei ihm auf seiner Fahrbahnseite entgegen gekommen. Er habe noch versucht, nach rechts auszuweichen, was aber erfolglos geblieben sei, da es zur Kollision gekommen sei. An dem gegnerischen Fahrzeug sei im übrigen nur der vordere linke Kotflügel beschädigt gewesen, denn hier sei das Scheinwerferglas defekt gewesen.

Wie der Beklagte in Ansehung der unstreitig von dem Verkehrsunfall stammenden Fotos zu dieser Unfallschilderung gelangen konnte, verschließt sich dem Senat. Sollte der Beklagte tatsächlich vor der Kollision auf der aus seiner Sicht rechten Fahrbahnseite gefahren sein, und sollte er zudem versucht haben, nach rechts auszuweichen, wäre die Endstellung der beiden Fahrzeuge, wie sie auf dem unteren Foto auf Bd. I Bl. 112 d. A. unten dokumentiert ist, nicht nachzuvollziehen. Der gegnerische Transporter befand sich nämlich an seinem äußersten rechten Fahrbahnrand, wohingegen das von dem Beklagten gefahrene Fahrzeug mindestens zur Hälfte auf der Gegenfahrbahn stand.

Die von dem Beklagten nicht substantiiert angegriffenen Feststellungen der Polizei ergeben, dass der Beklagte auf dem zur Unfallzeit nassen und schlüpfrigen Kopfsteinpflaster in einer Rechtskurve (Bd. I Bl. 110 d. A. unten) nach links von seiner Fahrbahn abgekommen und mit dem linken Fahrzeugbereich gegen das gegnerische Fahrzeug gestoßen war. Der demnach anzunehmende Unfallhergang lässt den Schluss zu, dass der Beklagte den gefährlichen Kurvenbereich mit einer nicht angepassten Geschwindigkeit befahren hat.

Soweit sich der Beklagte darauf beruft, er sei ein erfahrener Kraftfahrer gewesen, ist sein Vorbringen unerheblich. Er ist am 15. November 1975 geboren, war also zur Unfallzeit am 13. August 2001 26 Jahre alt. Dafür, dass er schon 8 Jahre lang unfallfrei in seinem Heimatland und seit Oktober 2000 unfallfrei in Deutschland am Straßenverkehr teilgenommen hatte, ist er beweisfällig geblieben. Dass er zwischenzeitlich eine für Deutschland gültige Fahrerlaubnis erhalten hat, ist ebenfalls nicht bewiesen.

Der Leistungsfreiheit der Klägerin gegenüber dem Beklagten steht auch nicht entgegen, dass sie nicht vorgetragen hat, den Versicherungsvertrag wegen der Obliegenheitspflichtverletzung des Beklagten gekündigt zu haben.

Dabei ist nicht zu verkennen, dass sich der Versicherer auf eine Leistungsfreiheit gemäß § 6 Abs. 1 S. 3 VVG grundsätzlich nur berufen kann, wenn er den Versicherungsvertrag innerhalb eines Monats seit Kenntnis von der Obliegenheitsverletzung kündigt. Die Kündigung ist zur Erhaltung der Leistungsfreiheit des Versicherers auch dann erforderlich, wenn der Versicherer erst nach Eintritt des Versicherungsfalls von der Obliegenheitsverletzung erfährt (BGH, VersR 1981, 981). Durch die Kündigungspflicht soll der Versicherer veranlasst werden, alsbald Klarheit darüber zu schaffen, ob er die Obliegenheitspflichtverletzung als so schwerwiegend ansieht, dass er sich zu einer Auflösung des Versicherungsverhältnisses entschließt. Die zur Erhaltung der Leistungsfreiheit erforderliche Kündigung ist deshalb dann nicht erforderlich, wenn das versicherte Interesse bei Kenntniserlangung des Versicherers von der Obliegenheitsverletzung bereits dauernd und vollständig weggefallen (BGH, a.a.O, VersR 1985, 775, 776) oder das Versicherungsverhältnis bereits beendet ist (BGH, VersR 1963, 426; 1986, 380, 381). Der hier in Rede stehende Verkehrsunfall hat zwar bereits am 13. August 2001 stattgefunden, es ist aber nicht ersichtlich, dass die Klägerin bereits vor Ende November 2001/Anfang Dezember 2001 Kenntnis davon hatte, dass der Beklagte nicht über eine in Deutschland gültige Fahrerlaubnis verfügte. Die Polizeibeamten, die den Unfall aufgenommen haben, sind jedenfalls ausweislich des Anzeigeformulars (Bd. I Bl. 20 d. A.) zu Lasten des Beklagten von Ordnungswidrigkeiten nach der StVO ausgegangen. Ein Fahren ohne Fahrerlaubnis hatten sie ihm noch nicht zur Last gelegt. Da dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein verbunden mit der Rechnung über die Erstprämie indes am 22. November 2001 übersandt worden war, der Versicherungsnehmer diese zu keiner Zeit gezahlt hat, ist gemäß § 1 Nr. 4 AKB die vorläufige Deckung rückwirkend außer Kraft getreten und der für die Folgezeit angestrebte endgültige Versicherungsvertrag nicht zustande gekommen. Der Kündigung des Versicherungsvertrags bedurfte es demnach unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Falls nicht.

Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen ist zu bedenken, dass vorliegend nicht der Versicherungsnehmer die Obliegenheit gemäß § 2 b Nr. 1 litt. c AKB verletzt hat, sondern der Beklagte als lediglich mitversicherte Person. Da nicht davon auszugehen ist, dass der Beklagte Repräsentant des Versicherungsnehmers war und nur eine Obliegenheitsverletzung des Beklagten im Raum steht, hätte die Klägerin einen gegebenenfalls noch bestehenden Vertrag wegen einer Obliegenheitsverletzung des Beklagten nicht kündigen dürfen (BGH, VersR 1961, 555, 557; 1982, 84, 85, 2003, 445, 446; OLG Hamm, VersR 1991, 220).

Nach alledem geht der erkennende Senat davon aus, dass die Klägerin gegenüber dem Beklagten von der Verpflichtung zur Leistung frei geworden ist (§ 2 b Nr. 1 litt. c, Nr. 2 AKB).

Der demnach mögliche Rückgriff ist auch nicht lediglich auf einen Betrag in Höhe von 2.556,46 Euro (5.000,00 DM) gemäß § 7 Nr. 5 Ziff. 2 AKB beschränkt, da für die hier in Rede stehende Obliegenheitsverletzung des Beklagten § 2 b Nr. 2 AKB einschlägig und die Leistungsfreiheit der Klägerin bis zu einem Betrag von 5.112,92 Euro (10.000,00 DM) anzunehmen ist.

Auch im Übrigen bestehen keine Bedenken gegen die Höhe der Klageforderung. Diese beläuft sich noch auf 5.111,92 Euro, so dass allein die von der Klägerin an den Geschädigten auf der Grundlage des Gutachtens (Bd. I Bl. 122 d. A.) zu zahlenden Kosten der ausweislich der Rechnung vom 28. August 2001 (Bd. I Bl. 24 d. A.) tatsächlich durchgeführten Reparatur von 5.914,27 Euro geeignet sind, die Klageforderung zu decken. In diesem Zusammenhang sei bemerkt, dass der Senat an den Feststellungen des Gutachtens keine Zweifel hat. Die festgestellten Schäden sind unter Berücksichtigung des Schadensbildes des gegnerischen Fahrzeugs nachzuvollziehen. Auch die von der Klägerin in Ansatz gebrachten Gutacherkosten (572,04 Euro), der Nutzungsausfall (657,47 Euro), der Schadensersatz wegen der Dienstunfähigkeit des Fahrers des gegnerischen PKW (1.344,09 Euro) und die übliche Auslagenpauschale von 15,34 Euro sind von dem Beklagten nicht substantiiert angegriffen worden.

Soweit der Beklagte der Auffassung ist, die Klägerin habe zu Unrecht Entschädigungsansprüche des Unfallgegners ausgeglichen, wird auf die obigen Ausführungen zum Unfallhergang Bezug genommen. Selbst wenn zu Lasten des Unfallgegners eine Betriebsgefahr hätte in Ansatz gebracht werden müssen, hätte sich diese allenfalls auf 1/4 belaufen können. In Ansehung des Gesamtschadens von 8.006,17 Euro wäre die Klägerin als Haftpflichtversicherer auch in diesem Fall verpflichtet gewesen, einen die oben genannte Haftungsgrenze übersteigenden Betrag von 6.004,63 Euro an den Unfallgegner zu zahlen.

Der Zinsanspruch und der Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Mahnkosten beruht auf §§ 286, 280, 288 BGB.

Sonstige Gründe, die der Klageforderung entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich. Auch bietet der Vortrag des Beklagten in dem am 28. Januar 2004 bei dem Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Wertfestsetzung ergibt sich aus §§ 2, 3 ZPO, 26 Nr. 8 ZPO; Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.



Ende der Entscheidung

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