Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 29.04.2004
Aktenzeichen: 4 U 167/03
Rechtsgebiete: ZPO, VVG, AKB


Vorschriften:

ZPO § 511 Abs. 1
ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 540 Abs. 1
VVG § 1
VVG § 49
VVG § 61
AKB § 7 Nr. I Abs. 2 Satz 1
AKB § 12 Abs. 1 Nr. I a
Grundsätzlich ist bei einer verspäteten Schadensanzeige davon auszugehen, dass dies auf Nachlässigkeit des Versicherungsnehmers beruht. Dieser Erfahrungssatz kann jedoch dadurch erschüttert werden, dass eine andere Möglichkeit ernsthaft in Betracht kommt. Dies ist dann der Fall, wenn der Versicherungsnehmer ein Interesse daran gehabt haben könnte, dass die Versicherung vom Wiederauffinden seines Fahrzeugs möglichst spät Kenntnis erlangte.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 167/03 OLG Naumburg

verkündet am: 29.04.2004

In dem Rechtsstreit

...

wegen Versicherungsleistung

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Klußmann, des Richters am Oberlandesgericht Feldmann und der Richterin am Oberlandesgericht Mertens auf die mündliche Verhandlung vom 1. April 2004 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 8. Oktober 2003 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Stendal wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufung. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer des Klägers übersteigt 20.000,-- EUR nicht.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 8.538,57 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Hinsichtlich des Sachverhalts nimmt der Senat auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug, § 540 Abs. 1 ZPO. Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer Vollkaskoversicherung auf Entschädigungszahlung in Anspruch.

Der Kläger unterhielt bei der Beklagten seit dem 25.01.2001 eine Kfz-Haftpflichtversicherung mit Vollkaskoversicherung für seinen Pkw BMW 320 Coupe. Die Selbstbeteiligung betrug DM 300,00. In der Nacht zum 25.03.2001 gegen 02:00 Uhr zeigte der Kläger bei der Polizei in St. den Diebstahl des Fahrzeugs an, den er sodann auch bei der Beklagten meldete. Gut 1 1/2 Jahre später wurde das Fahrzeug im November 2002 völlig ausgebrannt auf einem Feldweg bei H. , etwa 20 km von St. entfernt, wieder aufgefunden. Dies wurde der Ehefrau des Klägers am 27.11.2002 von der Polizei T. mitgeteilt; der Kläger selbst befand sich zu diesem Zeitpunkt noch bis zum 30.11.2002 auf Montage. Am 13.12.2002 informierte der Kläger seinen Prozessbevollmächtigten vom Auffinden des Fahrzeugs; in dem bereits laufenden Prozess wurde dieser Sachverhalt durch Schriftsatz vom 20.01.2003 eingeführt, sodass auch die Beklagte hiervon Kenntnis erhielt.

Der Kläger hat behauptet, er habe den Pkw am 24.03.2001 gegen 23:00 Uhr auf dem Parkplatz gegenüber der Diskothek M. im Gewerbegebiet von St. verschlossen abgestellt. In der Nacht zum 25.03.2001 habe er dann zwischen 02:00 Uhr und 03:00 Uhr festgestellt, dass der Wagen verschwunden gewesen sei. Zum Beweis hierfür hat er sich auf das Zeugnis seiner Ehefrau und eines Bekannten, St. S. , berufen, mit denen er zur Diskothek gefahren sei. Er habe das Fahrzeug im März 1999 für DM 30.000,00 gekauft; auf Grund verschiedener Sonderausstattungen habe es im Zeitpunkt der Entwendung noch einen Zeitwert von DM 17.000,00 gehabt.

Der Kläger hat gemeint, der Brandschaden sei der Beklagten ohne erhebliche Verzögerung mitgeteilt worden. Nachdem er am 13.12.2002 seinen Prozessbevollmächtigten informiert habe, seien zeitnah zunächst die Ermittlungsakten angefordert worden. Akteneinsicht habe sein Prozessbevollmächtigter dann erst im April 2003 erhalten. Seine Ehefrau habe ihn auch nicht sogleich über das Wiederauffinden des Fahrzeugs informiert. Der Wagen sei ohne sein Wissen bereits am 03.12.2002 vom Landkreis abgeschleppt worden. Eine Aufklärungspflicht gegenüber der Beklagten habe nicht mehr bestanden, nachdem diese ihre Eintrittspflicht aus dem Versicherungsvertrag endgültig abgelehnt habe und hierüber bereits ein Klageverfahren eingeleitet gewesen sei. Ihm könne nicht vorgeworfen werden, dass er den Brandschaden nicht als selbstständigen Versicherungsfall aufgefasst habe.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn DM 16.700,00 (8.538,57 EUR) nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (28.02.2002) zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die vom Kläger behaupteten Umstände im Zusammenhang mit dem Diebstahl bestritten. Sie hat behauptet, der Diebstahl sei vom Kläger vorgetäuscht worden. Hierzu hat sie verschiedene Indizien aufgeführt, die vom Kläger nicht bestritten worden sind. So hatte der damals 22jährige Kläger das Fahrzeug durch die SEAT Kreditbank finanziert und musste bei einem Nettoeinkommen von DM 3.000,00 monatliche Raten in Höhe von DM 624,23 über 72 Monate aufbringen. Die Restschuld betrug noch mehr als DM 30.000,00, während der Kläger gegenüber der Polizei insoweit einen Betrag von DM 20.000,00 bis DM 25.000,00 angegeben hat. Unmittelbar vor der behaupteten Entwendung wurde am 23.03.2001 eine Lastschrift der finanzierenden Bank mangels Deckung nicht eingelöst, einen Dispositionskredit erhielt der Kläger von seiner Bank nicht. Darüber hinaus war der Kläger auf Grund eines Vandalismusschadens an seinem Pkw in finanzielle Bedrängnis geraten. Im Februar/März 2001 (gegenüber der Polizei gab er an, dies sei im vergangenen Jahr gewesen) wurden alle Kotflügel eingetreten. Die Schäden wurden in Eigenarbeit behoben, die Lackierarbeiten führte die Firma A. in R. ohne Rechnung aus. Der Kläger hat zwei Kinder im Alter von damals zwei und fünf Jahren, seine Ehefrau befand sich seinerzeit noch in der Ausbildung. In der Vergangenheit wurde dem Kläger bereits zweimal ein Kraftfahrzeug gestohlen, und zwar 1997 und 1999 ein Opel Kadett und ein Opel Astra. Die Fälle wurden jeweils von der M. Versicherung reguliert.

Darüber hinaus hat die Beklagte die Auffassung vertreten, sie sei wegen Obliegenheitsverletzung jedenfalls leistungsfrei, weil der Kläger ihr versicherungsrelevante Umstände zumindest verspätet mitgeteilt habe.

Das Landgericht Stendal hat zur Frage der örtlichen Zuständigkeit Zeugenbeweis erhoben und seine Zuständigkeit sodann mit Teilurteil vom 12.06.2002 bejaht. Die Klage selbst hat es abgewiesen. Der Einzelrichter hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei sowohl im Hinblick auf den behaupteten Diebstahl als auch auf den Brandschaden leistungsfrei, weil der Kläger das Wiederauffinden und den Brand erst am 20.01.2001 in den Prozess eingeführt und auf diese Weise der Beklagten angezeigt habe. Die Obliegenheitsverletzung beruhe auch auf grober Fahrlässigkeit. Denn angesichts des Streits zwischen den Parteien über die Entwendung hätte es sich dem Kläger aufdrängen müssen, dass das Wiederauffinden des Fahrzeugs für die Beklagte von größtem Interesse gewesen sei.

Gegen dieses ihm am 13.10.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11.11.2003 Berufung eingelegt, die er am Montag, dem 15.12.2003, begründet hat. Er hält die Rechtsauffassung des Einzelrichters für unrichtig. Leistungsfreiheit in Bezug auf den behaupteten Brand als Versicherungsfall bestehe nicht, weil er - wie das Landgericht selbst ausgeführt habe - nicht habe annehmen müssen, dass es sich bei dem Brand um einen erneut anzuzeigenden neuen Versicherungsfall gehandelt habe. Leistungsfreiheit hinsichtlich des behaupteten Diebstahls sei ebenfalls nicht eingetreten. Denn nach Ablehnung der Regulierung habe der Kläger nach herrschender Rechtsprechung keinerlei Obliegenheiten mehr zu erfüllen gehabt.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an ihn 8.538,57 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

1.

Die gemäß § 511 Abs. 1 ZPO statthafte Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 517, 519, 520 ZPO; die Berufungssumme ist erreicht, § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

2.

Sachlich ist das Rechtsmittel jedoch nicht gerechtfertigt. Dem Kläger steht die geltend gemachte Entschädigungsleistung aus der Kaskoversicherung nicht zu. Die Beklagte ist weder aufgrund des behaupteten Diebstahls (§ 12 Abs. 1 Nr. I b AKB) noch infolge des unstreitigen Brandschadens (§ 12 Abs. 1 Nr. I a AKB) zur Leistung gemäß §§ 1, 49 VVG verpflichtet. Beide Tatbestände stehen selbstständig und gleichwertig nebeneinander, weil sie jeweils für sich die versicherte Gefahr und damit die Voraussetzungen für den Eintritt des Versicherungsfalls umschreiben. Dem Versicherungsnehmer, dem der Nachweis einer Entwendung seines Fahrzeugs nicht gelungen ist, kann nicht verwehrt werden, sich darauf zu berufen, dass jedenfalls ein entschädigungspflichtiger Brandschaden vorliege (vgl. BGH NJW 1983, 943; NJW 1985, 917; Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung 17. Aufl., § 12 AKB Rn. 32).

a) Zunächst ergibt sich ein Entschädigungsanspruch des Klägers nicht aufgrund des Brandschadens.

aa) Zwar ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Pkw des Klägers durch einen Brand zerstört wurde, sodass damit der Versicherungsfall gemäß § 12 Abs. 1 Nr. I a AKB ohne weiteres eingetreten ist. Die Beklagte ist insoweit auch nicht wegen vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls gemäß § 61 VVG leistungsfrei, und zwar selbst dann nicht, wenn der behauptete Diebstahl mit erheblicher Wahrscheinlichkeit vorgetäuscht war. Denn dieser Umstand kann allenfalls als (erhebliches) Indiz dafür sprechen, dass der Brandschaden als Versicherungsfall von dem Versicherungsnehmer im Sinne von § 61 VVG herbeigeführt wurde (vgl. etwa BGH NJW 1985, 917, 918; OLG Köln VersR 1989, 835; Stiefel/Hofmann a.a.O. gegen Ende). Dieses Indiz reicht für sich allein in der Regel aber nicht aus (Prölss/Martin/Knappmann, VVG 26. Aufl., § 12 AKB Rn. 12). Denn es ist ohne weiteres denkbar und nicht völlig unwahrscheinlich, dass selbst bei einem vorgetäuschten Diebstahl der weitere Verlauf der Dinge unbeeinflusst vom Kläger stattgefunden hat. Von einem vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Herbeiführen des Versicherungsfalls Brandschaden kann daher nicht ausgegangen werden.

bb) Der Anspruch des Klägers ist aber - wie das Landgericht zu Recht angenommen hat -wegen einer Verletzung der Anzeigeobliegenheit ausgeschlossen.

(1) Nach § 7 Nr. I Abs. 2 Satz 1 AKB ist jeder Versicherungsfall vom Versicherungsnehmer innerhalb einer Woche dem Versicherer schriftlich anzuzeigen (Anzeigeobliegenheit); zudem ist der Versicherungsnehmer nach Satz 3 dieser Vorschrift verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Sachverhalts und zur Minderung des Schadens dienlich sein kann (Aufklärungsobliegenheit).

Da der Beklagten der Brand erst durch den Schriftsatz des Klägervertreters vom 23.01.2003 zur Kenntnis gegeben wurde, hat der Kläger den Versicherungsfall Brand zweifellos nicht innerhalb der Wochenfrist mitgeteilt. Denn Kenntnis vom Brandschaden hatte er spätestens am 13.12.2002, als er ihn seinem Prozessbevollmächtigten mitgeteilt hat.

(2) Die Anzeigeobliegenheit bestand zu diesem Zeitpunkt auch noch fort. Zwar nimmt die Rechtsprechung an, dass vom Versicherungsnehmer dann keine Obliegenheiten mehr beachtet werden müssen, wenn die Versicherung ihre Eintrittspflicht endgültig abgelehnt hat (vgl. die Nachweise bei Stiefel/Hofmann, a.a.O. § 7 AKB Rdn. 271 ff.). Dies kann jedoch immer nur hinsichtlich solcher Obliegenheiten gelten, die den Versicherungsnehmer in Bezug auf den von der Versicherung abgelehnten Regulierungsfall betreffen. In diesem Sinne hat auch der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass der Versicherungsnehmer nach der Ablehnung keine Obliegenheit mehr zu erfüllen habe, die dem Versicherer eben diese Leistung ermöglichen oder erleichtern soll; dieses Ziel lasse sich nach der Ablehnung nicht mehr erreichen, sodass für die schuldhafte Verletzung derartiger Obliegenheiten folglich kein Raum mehr sei (VersR 1970,169).

So liegt der Fall hier indes nicht. Die Anzeigeobliegenheit in Bezug auf den Brandfall hatte hier mit dem abgelehnten Versicherungsfall Diebstahl nichts zu tun. Eine Schadenmeldung muss grundsätzlich immer erstattet werden, damit der Versicherer überhaupt weiß, welche Ansprüche des Versicherungsnehmers auf ihn zukommen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Versicherer die Regulierung von Leistungen aufgrund eines anderen Versicherungsfalls abgelehnt hat.

Steht die Anzeigeobliegenheit daher in keinem Zusammenhang mit der abgelehnten Regulierung des behaupteten Diebstahlschadens, so bestand sie weiterhin fort, sodass der Kläger sie zur Vermeidung von Rechtsnachteilen hätte erfüllen müssen.

(3) Der Kläger hat die fristgerechte Anzeige des Brandschadens nach Auffassung des Senats vorsätzlich unterlassen. Vorsätzlich handelt ein Versicherungsnehmer dann, wenn er die Obliegenheitsverletzung im Bewusstsein des Vorhandenseins der Verhaltensnorm gewollt hat (vgl. Prölss/Martin, § 6 VVG Rn. 116 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen). Steht die Verletzung der Obliegenheit - wie hier - objektiv fest, dann muss der Versicherungsnehmer beweisen, dass er weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gehandelt hat (Stiefel/Hofmann a. a. O., § 6 VVG Rn. 22 m. w. N.). Dieser Beweis ist dem Kläger nicht gelungen.

Zwar nimmt die Rechtsprechung bei verspätet erstatteter Schadenanzeige an, dass dies grundsätzlich nicht auf Vorsatz, sondern auf Nachlässigkeit beruht. Denn nach allgemeiner Lebenserfahrung will sich kein vernünftiger Versicherungsnehmer durch vorsätzliche Nichterfüllung seiner Anzeigeoblegenheit Rechtsnachteile zuziehen (vgl. BGH VersR 1979, 1117, 1119; OLG Stuttgart, VersR 1980, 157). Dieser Erfahrungssatz kann aber dadurch erschüttert werden, dass eine andere Möglichkeit ernstlich in Betracht kommt (vgl. Stiefel/Hofmann, § 7 AKB, Rn. 26). Von dieser ernstlichen Möglichkeit muss hier nach Auffassung des Senats ausgegangen werden. Denn im Hinblick auf die im Zusammenhang mit dem behaupteten Diebstahl unstreitig bestehenden Zweifel an der Entwendung des Fahrzeugs konnte der Kläger ein erhebliches Interesse daran haben, dass die Beklagte vom Wiederauffinden des Fahrzeugs möglichst spät Kenntnis erlangte. Vor diesem Hintergrund hätte der Kläger eine nachvollziehbare und einleuchtende Erklärung dafür abgeben müssen, weshalb es zu der verspäteten Anzeige gekommen ist (Stiefel/Hofmann, § 7 AKB Rn. 26 mit Hinweis auf OLG Saarbrücken, VersR 1991, 872; OLG Frankfurt, MDR 99, 995). Dies ist nicht geschehen. Der Umstand, dass er seinen Prozessbevollmächtigten am 13.12.2002 über den Brand informiert hat, entlastet den Kläger nicht. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Information mit der Maßgabe erfolgt ist, der Beklagten den Brandfall mitzuteilen. Hinzu kommt, dass die Anzeige selbst im Anschluss an die Information des Prozessbevollmächtigten nicht fristgerecht vorgenommen wurde. Soweit der Kläger darlegt, sein Prozessbevollmächtigter habe zunächst die Ermittlungsakten einsehen wollen, rechtfertigte dies eine verzögerte Schadensanzeige ersichtlich nicht. Dies musste insbesondere dem Prozessbevollmächtigten bekannt sein.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist auch nicht ersichtlich, wieso der Kläger angesichts des bereits laufenden Gerichtsverfahrens entschuldigt sein soll. Im Gegenteil hat das Gerichtsverfahren es nahegelegt, das Wiederauffinden des Fahrzeugs unverzüglich in den Prozess einzuführen.

(4) Die Obliegenheitsverletzung hat auch zu einer konkreten Beeinträchtigung der Beklagten geführt. Denn sie war deshalb nicht in der Lage, zeitnah Ermittlungen über Art und Umfang und die konkreten Umstände des Brandfalls sowie etwaige Aufbruchspuren durchzuführen. Gerade das Fehlen von Aufbruchspuren konnte ein weiteres Indiz dafür sein, dass die behauptete Entwendung tatsächlich nicht stattgefunden hatte; dies wiederum hätte gleichzeitig auch Indizwirkung für die Frage gehabt, ob der Brandschaden i. S. von § 61 VVG vom Kläger möglicherweise herbeigeführt wurde. Soweit der Kläger behauptet, das Fahrzeug sei bereits am 03. Dezember vom Fundort weggeschleppt worden, ändert dies an der Beurteilung nichts. Denn das Interesse der Beklagten bestand nicht allein darin, Spuren am Fundort festzustellen, sondern insbesondere darin, den - auch nach dem Abtransport noch feststellbaren - Zustand des Fahrzeugs zu prüfen. Selbst wenn aber die Verletzung der Obliegenheitspflicht folgenlos geblieben wäre, entfiele die Leistungsfreiheit nicht, weil der Verstoß jedenfalls generell geeignet war, die Interessen der Beklagten ernsthaft zu gefährden.

(5) Schließlich steht der Leistungsfreiheit nicht entgegen, dass der Kläger über die Folgen einer verspäteten Anzeige nicht belehrt wurde; denn ebenso wie bei spontan zu erfüllenden Obliegenheiten (vgl. BGH VersR 1967, 593 zur Beseitigung von Unfallspuren) besteht eine Belehrungspflicht nicht für die Anzeigeobliegenheiten (OLG Hamm, R + S 1991, 408).

b) Ein Entschädigungsanspruch ergibt sich auch nicht wegen des behaupteten Diebstahls (§ 12 Abs. 1 Nr. I b AKB).

aa) In diesem Zusammenhang ist bereits zweifelhaft, ob der Kläger für das äußere Bild eines Diebstahls geeigneten Beweis angeboten hat. Zwar hat er sich in der Klageschrift sowohl für das Abstellen des Fahrzeugs als auch für die Behauptung, es sei bei seiner späteren Rückkehr zum Parkplatz verschwunden gewesen, auf das Zeugnis seiner Ehefrau und des Bekannten St. S. berufen. Im Gegensatz dazu hat er gegenüber der Polizei und im Fragebogen der Beklagten angegeben, er sei (allein) zum Parkplatz zurückgekehrt, weil er für sich und seine Frau aus dem Auto Zigaretten habe holen wollen (Bd. I, Bl. 42 und Beiakte 100 U Js 4469-01 S. 8). Diesen Widerspruch vermochte der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht aufzuklären. Dies hat zur Folge, dass ihm für das gesamte äußere Bild eines Diebstahls kein geeignetes Beweismittel zur Verfügung steht; denn zum äußeren Bild eines Diebstahls gehört nicht nur der Nachweis, dass der Pkw an einem bestimmten Ort abgestellt worden ist, bewiesen werden muss vielmehr auch, dass der Wagen später an diesem Ort nicht mehr aufgefunden wurde (vgl. BGH VersR 2002, 431).

Zwar kommt einem redlichen Versicherungsnehmer unter diesen Voraussetzungen eine weitere Beweiserleichterung insofern zugute, als eine Parteivernehmung des Beweisführers oder seine persönliche Anhörung in Betracht zu ziehen ist. Beides kommt hier aufgrund der fehlenden Glaubwürdigkeit des Klägers jedoch nicht in Betracht. Gegen seine Glaubwürdigkeit sprechen zum Einen seine unrichtigen und widersprüchlichen Angaben (der Versicherungsschein weist - offenbar aufgrund der Angaben des Klägers - den 01.05.1995 als Erstzulassungstag aus, während das richtige Baujahr 1992 ist, Bd. I, Bl. 4 und Bl. 3; gegenüber der Polizei hat er angegeben, der Vandalismusschaden sei bereits im Vorjahr entstanden, während er den Zeitpunkt gegenüber der Beklagten mit ca. Februar/März 2001 angegeben hat, vgl. Bd. I, Bl. 43 sowie Beiakte Bl. 9; gegenüber der Polizei hat er die Restschuld aus der Fahrzeugfinanzierung mit 20 bis 25.000,00 DM angegeben, während tatsächlich noch mehr als DM 30.000,00 offen waren, vgl. Bd. I, Bl. 39 und Beiakte Bl. 8). Darüber hinaus begründen die äußerst angespannten finanziellen Verhältnisse des Klägers zum behaupteten Diebstahlszeitpunkt und auch die vorausgegangenen Diebstahlsereignisse erhebliche Zweifel an seiner Redlichkeit, so dass ihm diese Beweiserleichterungen nicht zugute kommen können.

bb) Selbst wenn aber das äußere Bild eines Diebstahls bewiesen wäre, spräche angesichts der unstreitigen Unstimmigkeiten eine erhebliche Wahrscheinlichkeit für einen nur vorgetäuschten Diebstahl, so dass auch aus diesem Grunde ein Anspruch des Klägers entfiele.

Sonstige Gründe, welche der Berufung zum Erfolg verhelfen könnten, sind nicht ersichtlich.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Streitwert und Beschwer sind gemäß §§ 2, 3, 544 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO festgesetzt worden. Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

Zurück