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Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 29.04.2004
Aktenzeichen: 4 U 182/03
Rechtsgebiete: GBBerG, ZPO, BGB, WaStrG, EGBGB


Vorschriften:

GBBerG § 8
GBBerG § 9
GBBerG § 9 Abs. 1
GBBerG § 9 Abs. 2
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
BGB § 1004
BGB § 1023
WaStrG § 41 Abs. 6 S. 1
EGBGB Art. 233 § 2 a
Ein Energieversorgungsunternehmen hat gegen den Träger der Straßenbaulast einen Anspruch auf Ersatz der Kosten der Leitungsverlegung, wenn es um Leitungen außerhalb öffentlicher Verkehrsflächen geht, die durch Grunddienstbarkeiten im Sinne des § 9 GBBerG gesichert sind und die mit der Verbreiterung der öffentlichen Verkehrsfläche (hier: Mittellandkanal), nicht jedoch mit der Veränderung der Leitungen im Bereich der öffentlichen Verkehrsflächen, im ursächlichen Zusammenhang stehen.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 182/03 OLG Naumburg

verkündet am: 29.04.2004

In dem Berufungsrechtsstreit

...

wegen Entschädigung

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 15. April 2004 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Klußmann, des Richters am Oberlandesgericht Feldmann und der Richterin am Oberlandesgericht Mertens

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 3. Dezember 2003 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Der Wert der Beschwer der Beklagten und der Streitwert für den Berufungsrechtszug werden auf 100.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.

Die Klägerin macht gegen die Beklagte die Erstattung von Kosten geltend, die sie für die Verlegung einer parallel zum Mittellandkanal zwischen Kilometer 313,474 und Kilometer 315,150 verlaufenden Trinkwasserleitung aufgewandt hat.

Vor dem Ausbau des Mittellandkanals verlief eine Trinkwasserleitung der Klägerin mittels einer Rohrbrücke in der Gemarkung Meitzendorf bei km 312,872 und im Senkedurchlass bei km 313,474 über den Mittellandkanal. Anschließend verlief die Trinkwasserleitung in östlicher Richtung parallel zum Südufer des Kanals. In Folge des Kanalausbaus wurde die Rohrbrücke beseitigt und durch einen Düker bei km 312,930 ersetzt. Dieser wurde der Länge nach dem neuen Ausbauprofil, das heißt der Kanalverbreiterung nach Süden, angepasst.

Auch die den Mittellandkanal kreuzende Leitung am Senkedurchlass wurde entsprechend der Kanalverbreiterung verlängert.

Die in östlicher Richtung verlaufende Wasserleitung hätte ab dem Senkedurchlass trotz dessen Verbreiterung weiter benutzt werden können, wenn eine Verbindung, beispielsweise durch einen kurzen Knick über eine Länge von 10 m, vorgenommen worden wäre. Die Verlegung der parallelen Leitung ab km 313,474 auf einer Länge von 2 km war infolge der hier vorgenommenen Verbreiterung des Mittellandkanals erforderlich.

Am 25. Januar und 21. Februar 1996 schlossen die Klägerin und die beklagte Bundesrepublik einen so bezeichneten Vorfinanzierungsvertrag. Danach sollte die Klägerin die erforderlichen Bauarbeiten ab Januar 1997 durchführen, und die Beklagte sollte sie bis zur Klärung der Folgekostentragungspflicht vorfinanzieren. Die endgültige Folgekostenpflicht war im Vorfinanzierungsvertrag ausdrücklich offen gehalten worden. Es kam bis 2002 zu Verzögerungen bei dem Ausbau des Mittellandkanals und zwischen den Parteien zu Meinungsverschiedenheiten über die Kostentragungspflicht der Verlegungsmaßnahmen. Die Klägerin kündigte den Vorfinanzierungsvertrag am 30. Januar 2001.

Die Klägerin beauftragte die Firma U. GmbH, im Folgenden Firma U. genannt, mit Auftrag vom 3. Juli 2002 mit der Durchführung von Arbeiten zur Leitungsverlegung zu einem Pauschalpreis von insgesamt 1.050.000,00 Euro netto. Der Auftrag bezog sich auf 3 Lose, unter anderem auf das Los 3 "Umverlegung TWL DN 800" (3. HWL) parallel zum MLK km 313,474 - 315,150. Die Materiallieferungen wurden zusätzlich auf rund 300.000,00 Euro netto geschätzt und sollten zum Nachweis abgerechnet werden. Wegen des Auftrags wird auf Bd. I Bl. 140 d. A. Bezug genommen.

Dem Auftrag vorangegangen war ein Angebot der Firma U. vom 18. Juni 2002. Ausweislich der Summenaufstellung des Angebots, Bd. I Bl. 152 d. A., hatte diese die Arbeiten für Los 3 für 656.536,10 Euro angeboten. Wegen eines Auszugs des Angebots, insbesondere der ausgeschriebenen Arbeiten für das Los 3 wird auf Bd. I Bl. 142 ff. d. A. Bezug genommen.

Die Firma U. erteilte der Klägerin unter dem 7. August 2002 eine 1. Abschlagsrechung für die Leitungsverlegung über 348.000,00 Euro. Ferner erteilte sie der Klägerin unter dem 26. August 2002 eine 2. Abschlagsrechnung über 580.000,00 Euro brutto, unter dem 16. September 2002 eine 3. Abschlagsrechnung über 580.000,00 Euro und unter dem 7. Oktober 2002 eine 4. Abschlagsrechnung über 49.689,40 Euro. Ausweislich der Anlage zur 4. Abschlagsrechnung (Bd. I Bl. 133 d. A.) entfielen auf das Los 3 587.390,00 Euro netto.

Schließlich erteilte sie der Klägerin unter dem 27. November 2002 eine Schlussrechnung über 1.358.831,14 Euro netto und 1.567.244,12 Euro brutto. Wegen der Schlussrechnung, die nach Abschlagszahlungen von einer noch offenen Forderung gegen die Klägerin von 18.554,72 Euro ausgeht, wird auf Bd. I Bl. 136 ff. d. A. Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 24. Oktober 2002 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass die Verlegung der parallelen Leitung demnächst abgeschlossen sei. Nach ihrer Rechtsauffassung seien die Verlegungskosten von 928.771,87 Euro von der Beklagten zu tragen.

Die Klägerin hat behauptet,

für die Bauleistung der Verlegung der parallelen Leitung im Los 3 (km 313,474 bis km 315,150) seien Kosten in Höhe von 587.390,00 Euro angefallen. Aus der ersten und aus der zweiten Abschlagsrechnung der Firma U. GmbH entfielen jedenfalls 71.400,00 Euro und 142.800,00 Euro auf die Arbeiten des Loses 3.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte die Kosten der Verlegung der Leitung zu tragen habe, weil die Verlängerung des Senkedurchlasses hinweggedacht werden könnte, ohne dass die Verlegung der parallelen Leitung auf 2 km Länge entfiele. Diese sei nämlich auf die Verbreiterung des Mittellandkanals zurückzuführen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 100.000,00 Euro nebst 7,57 % Zinsen seit dem 24. April 2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten,

die Klage sei unzulässig, da die Klägerin eine Teilklage erhoben und nicht deutlich gemacht habe, worauf sich der Teilbetrag von 100.000,00 Euro beziehe. Ebenso sei unstreitig, dass die Leitungsverlegung zwischenzeitlich abgeschlossen sei, so dass die Klägerin nicht lediglich aus Abschlagsrechnungen vorgehen könne. Ferner bestehe dem Grunde nach kein Anspruch der Klägerin. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müsse das Versorgungsunternehmen, nicht aber der Träger der Straßenbaulast, die Kosten für eine etwaige durch eine Änderung des Verkehrswegs nach der Wiedervereinigung notwendig gewordene Verlegung und Sicherung einer Versorgungsleitung tragen.

Die 10. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Magdeburg hat die Beklagte mit dem am 3. Dezember 2003 verkündeten Urteil mit Ausnahme eines Teils des geltend gemachten Zinsanspruchs antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Klage sei zulässig. Unerheblich sei, dass die Klägerin Beträge aus einer Abschlagsrechnung geltend mache, da die Vorschriften der VOB/B hier keine Anwendung fänden. Auch sei die Klage hinreichend bestimmt, denn es sei der Klägerin, die einen Pauschalvertrag geschlossen habe, nicht möglich, die Kosten aufzuteilen. Die Beklagte habe die Kosten der Umverlegung für das in Rede stehende Teilstück zu tragen, weil diese ihre Ursache in der Verbreiterung des Mittellandkanals gehabt habe. Bei der Frage, inwieweit Folgeänderungen aus Veränderungen im Kreuzungsbereich noch zu diesen Veränderungen zu rechnen seien, komme es nicht auf Planungsabschnitte an. Entscheidend sei, inwieweit die Folgeänderung auf Nachbargrundstücken wirklich auf die Veränderung der den Verkehrsweg kreuzenden Versorgungsleitung beruhe. Vorliegend beruhe die Verlegung der alten Wasserleitung DN 800 ausschließlich auf der Verbreiterung des Mittellandkanals und nicht auf der Veränderung im Bereich der kreuzenden Versorgungsleitung und des Verkehrswegs bei dem Senkedurchlass.

Damit stehe dem Grunde nach für den streitigen Kilometerabschnitt eine Haftung der Beklagten fest. Es könne dahin stehen, ob sämtliche Arbeiten, die der Klägerin in Rechnung gestellt worden seien, tatsächlich nur auf einer Verbreiterung des Mittellandkanals beruhten. Der geltend gemachte Teilbetrag falle jedenfalls zu Gunsten der Klägerin als Aufwand an. Das Bestreiten der Beklagten sei nämlich unsubstantiiert. Ihr sei die Länge der umzuverlegenden Wasserleitung bekannt. Mit dem ihr zur Verfügung stehenden Sachverstand könne sie konkret ermitteln, welche Kosten angemessen seien. Ein bloßes Bestreiten mit Nichtwissen sei demnach nicht ausreichend.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung und wiederholt ihre Auffassung zur Unzulässigkeit der Klage. Die Klägerin könne die Nachprüfbarkeit des Gesamtbetrags nicht dadurch umgehen, dass sie mit verschiedenen Klagen Teilbetrag um Teilbetrag geltend mache und mit ihrer Begründung Gehör finde, dass sie die Teilbeträge nicht im Einzelnen aufschlüsseln könne, da sie ja einen Pauschalvertrag geschlossen habe. Es werde nicht deutlich, welcher Anteil und welche Werkunternehmerleistungen mit der Teilklage begehrt würden. Das Erstgericht habe ferner beachten müssen, dass sie ausdrücklich bestritten habe, dass die von Klägerin herangezogene Anlage 10 ausschließlich Verlegearbeiten des streitgegenständlichen Streckenabschnitts beträfen. Aus der Anlage sei nicht abzuleiten, welche Tätigkeiten der Werkunternehmer eigentlich ausgeführt habe, denn es sei in ihr nur von Umverlegung TWL DN 800 (3. HWL) parallel zum MLK km 313,474 - 315,150 die Rede.

Die Klage sei auch unbegründet, da sie nicht zur Erstattung der sogenannten Folgekosten verpflichtet sei. Unstreitig, und auch vom Landgericht nicht verkannt, habe die Klägerin die Leitungsverlegekosten für die Veränderung des Senkedurchlasses selbst zu tragen gehabt. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung erstrecke sich die Folgekostenpflicht allerdings auch auf die sich im seitlichen Gelände anschließenden Leitungsteile, selbst wenn diese für sich betrachtet durch eine Grunddienstbarkeit nach § 8 Grundbuchbereinigungsgesetz gesichert sein sollten. Nur um diese Leitungsteile gehe es. Da die Klägerin unstreitig die Wasserleitung im Kreuzungsbereich mit dem Mittellandkanal ohne Kostenerstattungsanspruch den geänderten Wasserstraßenverhältnissen angepasst habe, erstrecke sich diese Pflicht auch auf diejenigen Leitungsteile, die infolge der Leitungsänderung außerhalb der im seitlichen anschließenden Gelände ebenfalls hätten geändert werden müssen. Dies gelte nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs selbst dann, wenn diese Leitungsteile durch Grunddienstbarkeiten gesichert seien. Zu Unrecht habe das Erstgericht darauf abgestellt, dass es technisch möglich gewesen wäre, die kreuzende Leitung wieder an die seitlich verlaufende Leitung anzuschließen. Dabei komme es auch nicht auf den Umfang der Parallelleitung an. Vielmehr sei entscheidend, ob es sich um eine notwendige Leitungsänderung infolge der notwendigen Verlegung der kreuzenden Leitung handele.

Auch bestreite sie die Höhe der Klageforderung. Weil die Klägerin einen Pauschalpreisvertrag geschlossen habe, sei ihr die Feststellung unmöglich, welche Leistungen im Einzelnen erbracht worden seien.

Die Beklagte beantragt,

das am 3. Dezember 2003 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Magdeburg abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO); sachlich jedoch nicht gerechtfertigt.

Entgegen der Auffassung der Berufung ist das Landgericht zutreffend von der Zulässigkeit der Klage als Teilklage ausgegangen. Jeder seiner Natur nach teilbare Anspruch, insbesondere also der Zahlungsanspruch, kann mit einer Klage teilweise geltend gemacht werden (BGH, NJW 1994, 3165). Der vorliegenden Klage fehlt es auch nicht an der hinreichenden Bestimmtheit gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der von der Klägerin geltend gemachte Erstattungsbetrag ist nämlich im Zweifel als erstrangiger Teilbetrag eines möglichen Gesamterstattungsanspruchs, also eines einheitlichen Streitgegenstands, anzusehen und damit hinreichend bestimmt. Nur im Falle des Vorliegens selbständiger Ansprüche, denen jeweils ein eigenständiger Lebenssachverhalt zugrunde liegt, ist von verschiedenen Streitgegenständen auszugehen, die der Kläger im Falle der Erhebung einer Teilklage eindeutig voneinander abgrenzen muss, um dem Bestimmtheitserfordernis zu genügen (BGH, NJW-RR 1995, 508; OLG Düsseldorf, MDR 1993, 2691). Verschiedene Werkleistungen, die in ihrer Gesamtheit den vorliegenden Erstattungsanspruch aus einem Bauvorhaben begründen sollen, führen jedoch nicht dazu, verschiedene Streitgegenstände anzunehmen.

Die Klage ist auch begründet.

Zunächst geht der erkennende Senat mit dem Landgericht davon aus, dass die Klägerin gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch auf die Kosten der Verlegung der parallel zum Mittellandkanal verlaufenden Hauptwasserleitung hat. Im Verhältnis der Parteien zueinander hat nicht das klagende Energieversorgungsunternehmen, sondern die Beklagte als Trägerin der Straßenbaulast die streitgegenständlichen Kosten für die Umverlegung der Trinkwasserleitung zu tragen.

Der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Kosten folgt aus § 1004 BGB. Danach besteht ein Erstattungsanspruch dann, wenn der Beklagten kein Gegenanspruch auf Übernahme der Kosten zusteht. Die zwischen den Parteien streitige Frage der Kostentragungspflicht ist also davon abhängig, ob die Beklagte, wenn die Klägerin sich nicht mit der notwendigen Verlegung der Leitung einverstanden erklärt hätte, dieses Ziel nur gegen Übernahme der Kosten oder gegen Entschädigung hätte durchsetzen können (BGHZ 123, 166, 167). Dies ist hier der Fall.

Die Befugnis eines Energieversorgungsunternehmens, öffentliche Straßenflächen für Energiefortleitungsanlagen in Anspruch zu nehmen, beruht auf dem Gebiet der neuen Bundesländer auf einer fortdauernden straßenrechtlichen Sondernutzungsgenehmigung nach dem Recht der DDR (vgl. § 13 Abs. 1 S. 1 der Straßenverordnung - StraßenVO - vom 22. August 1974, DDR-GBl. I S. 515). Demnach sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Kosten für eine etwaige durch eine Straßenänderung notwendig gewordene Verlegung der Versorgungsleitung nicht von dem Träger der Straßenbaulast, sondern von dem Versorgungsunternehmen zu tragen (BGHZ 138, 266, 274; 144, 29, 45; 148, 129, 135).

Diese Rechtsprechung ist jedoch entgegen der Auffassung der Beklagten für den vorliegenden Fall nicht einschlägig. Die Klägerin hatte nämlich auf ihrer Grundlage nur die Verpflichtung, die Versorgungsleitung im Bereich des Mittellandkanals ohne Kostenerstattungsanspruch den geänderten Straßenverhältnissen anzupassen (BGHZ 148, 129, 138). Vorliegend geht es indes nicht um die Verlegung einer Leitung im Bereich des Mittellandkanals, sondern um die Verlegung einer Leitung, die parallel zum Mittellandkanal verlief und wegen der Verbreiterung des Kanals verlegt werden musste.

Der Kostentragungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte für die vorliegend in Rede stehende Maßnahme folgt aus § 1023 BGB. Mit der Sachenrechtsbereinigung sind in den neuen Bundesländern zu Gunsten der Versorgungsunternehmen kraft Gesetzes auch außerhalb des Grundbuchs beschränkte persönliche Dienstbarkeiten entstanden (§ 9 Grundbuchbereinigungsgesetz vom 20. Dezember 1993, BGBl. I, 2182, 2192 ff.). Diese Regelung gilt gemäß § 9 Abs. 2 Grundbuchbereinigungsgesetz zwar nicht für Versorgungsleitungen in oder über öffentlichen Verkehrswegen oder -flächen, wie es hier bei dem Mittellandkanal der Fall ist, um solche handelt es sich bei der hier streitgegenständlichen Maßnahme indes auch nicht.

Auch liegen die Ausführungen der Beklagten zum Senkedurchlass neben der Sache. Bereits mit der Klageerwiderungsschrift hat die Beklagte dargelegt, dass die südliche Parallelleitung das rechtliche Schicksal der kreuzenden Leitungen teile. Dies sei deshalb der Fall, weil der Senkedurchlass nicht aufgegeben worden und weiterhin in Betrieb sei. Aufgrund seiner Verlängerung habe die südliche Parallelleitung neu angeschlossen und auch wegen der Kanalverbreiterung in neuer Trasse geführt werden. Damit legt die Beklagte selbst dar, dass, wenn der Mittellandkanal nicht verbreitert worden wäre, die Verlegung der Parallelleitung nicht erforderlich gewesen wäre.

Nicht zu verkennen ist, dass nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21. Juni 2001, BGHZ 148, 129 - 138, auch Leitungsteile, die für sich genommen außerhalb der Fläche eines Verkehrswegs liegen, dann nicht von der Grunddienstbarkeit umfasst werden, wenn sie mit der auf Kosten des Versorgungsunternehmens zu verlegenden kreuzenden Leitung eine Einheit bilden.

Nach § 41 Abs. 6 S. 1 WaStrG gehören zu den nach Maßgabe der Absätze 1 bis 5 zu verteilenden Kosten der Kreuzungsanlage allerdings nicht nur die bei der eigentlichen Herstellung und Änderung des Kreuzungsbauwerks anfallenden, sondern auch die mit der Änderung oder Beseitigung des öffentlichen Verkehrswegs ursächlich verbundenen (weiteren) Kosten. Die Verlegung der Wasserleitung ist grundsätzlich nicht auf den in der Brücke verlegten Abschnitt beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf Abschnitte, die sich außerhalb der öffentlichen Verkehrsfläche des Mittellandkanals befinden. Insoweit handelt es sich also um Verlegungsmaßnahmen, die sich als unmittelbare Folge der Brückenverlegung darstellen und Teil einer einheitlichen Maßnahme anzusehen sind. Nur diese Verlegungsmaßnahmen konnte vorliegend die Klägerin nicht verhindern und musste die dadurch entstehenden Kosten der Umverlegung der Versorgungsleitung selbst tragen. Dies musste auch für notwendige Anpassungen der Leitung außerhalb des entzogenen Straßengrundstücks gelten (vgl. Kodal/Kempfer, Straßenrecht 5. Aufl., Kapitel 27 Rn. 33), und zwar selbst dann, wenn das Fortleitungsrecht der Beklagten auf Grund des § 9 Abs. 1 GBBerG kraft Gesetzes durch eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit gesichert wäre oder dem Schutz des Artikels 233 § 2 a EGBGB unterfiele.

Gerade diese Kosten macht die Klägerin vorliegend aber gegen die Beklagte nicht geltend.

Vorliegend sind nicht sogenannte Folgekosten, die tatsächlich Auswirkung der Verpflichtung der Klägerin sind, die Wasserleitung über dem Mittellandkanal den geänderten Straßenverhältnissen anzupassen (z.B. die Anschlusskosten), streitgegenständlich. Vielmehr begehrt die Klägerin - wie ausgeführt - Ersatz der Kosten der Verlegung der ursprünglichen Wasserleitung außerhalb öffentlicher Verkehrsflächen, die durch Grunddienstbarkeiten im Sinne des § 9 GBBerG gesichert sind und die mit der Verbreiterung des Mittellandkanals, nicht jedoch mit der Veränderung der Wasserleitungen über dem Mittellandkanal, im ursächlichen Zusammenhang stehen (vgl. auch BGH, MDR 1983, 218; Kodal, Straßenrecht, 4. Auflage, Kap. 27, Rn. 33.1).

Auch im Hinblick auf die Höhe der Klageforderung hat die Berufung keinen Erfolg. Die Klägerin bezieht sich zur Bezifferung ihrer Klageforderung auf den Auftrag, den sie der Firma U. unter dem 5. Juli 2002 erteilt hatte. Dieser enthält unter der Bezeichnung Los 3 Arbeiten zur Umverlegung der Trinkwasserleitung parallel zum Mittellandkanal zwischen km 313,474 (Senkedurchlass) bis km 315,150. Auf der von der Beklagten als Anlage B 1 vorgelegten Skizze, Bd. I Bl. 57 d. A., ist genau zu erkennen, dass es dabei um den Bereich der Leitung geht, der ab dem Senkedurchlass in östlicher Richtung verläuft. Inwieweit die Beklagte zur Auffassung gelangen kann, diese Arbeiten seien ursächlich auf die Notwendigkeit der Änderungen am Senkedurchlass und an der Rohrleitungsbrücke Meitzendorf zurückzuführen, ist nicht ersichtlich. Den Seiten 21 ff. des Angebots der Firma U. , Bd. I Bl. 142 bis 147 d. A., ist selbst von einem Laien zu entnehmen, welche Arbeiten die Klägerin im Zusammenhang mit Los 3 in Auftrag gegeben hat, z. B. unter Titel 2 die Demontage von 1.700 m der vorhandenen Leitung und das Abtragen von 3.100 m3 Oberboden. Auf Seite 27 des Angebots der Firma U. (Bd. I Bl. 148 d. A.) findet sich eine Übersicht der angebotenen Preise zu Los 3 (656.536,10 Euro netto und 761.045,78 Euro brutto). Mit dem Landgericht geht der erkennende Senat davon aus, dass die Beklagte grundsätzlich zu der Feststellung in der Lage sein müsste, ob z. B. der Angebotspreis der Baustelleneinrichtung von rund 34.000,00 Euro oder der Angebotspreis der Demontage der vorhandenen Leitung von rund 331.000,00 Euro angemessen ist. Daran, dass die Klageforderung bereits unter Berücksichtigung dieser beiden (erstrangigen) Positionen gerechtfertigt ist, bestehen nach alledem keine Zweifel.

Sonstige Gründe, welche der Berufung der Beklagten zum Erfolg verhelfen könnten, sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Wertfestsetzung ergibt sich aus §§ 2, 3 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO; Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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