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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 08.07.2004
Aktenzeichen: 4 U 37/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, GKG


Vorschriften:

ZPO § 511 Abs. 1
ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 540 Abs. 1
BGB § 257
BGB § 421
BGB § 426
BGB § 426 Abs. 1
BGB § 670
GKG § 25 Abs. 2 Satz 2
Auch wenn ein Ehegatte während intakter Ehe die finanziellen Mittel für die Zins- und Tilgungsraten eines Darlehens im wesentlichen aus eigenen Mitteln aufgebracht und dem Geschäftskonto des Unternehmens des anderen Ehegatten zur Verfügung gestellt hat und demzufolge eine anderweitige Bestimmung vorgelegen haben mag (vgl. etwa FamRZ 1983, 795), änderte sich dies jedenfalls mit der Trennung der Parteien. Dann greift grundsätzlich wieder § 426 BGB, es sei denn, es ergibt sich z. B. aus gesellschaftsrechtlichen Vorschriften oder aus Auftragsrecht eine Alleinhaftung eines Ehegatten.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

4 U 37/04 OLG Naumburg

verkündet am: 08. Juli 2004

In dem Rechtsstreit

...

wegen Freistellung von Verbindlichkeiten

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Klußmann, des Richters am Oberlandesgericht Feldmann und des Richters am Landgericht Dr. Schröder auf die mündliche Verhandlung vom 24. Juni 2004 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 13. Februar 2004 verkündete Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Dessau wird in Höhe von 19.673,48 EUR nebst Zinsen und Nebenforderungen als unzulässig verworfen, im übrigen als unbegründet zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 120 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die jeweils andere Partei zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Beschwer der Klägerin übersteigt 20.000,-- EUR.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 273.180,16 EUR festgesetzt. Die Streitwertfestsetzung für die erste Instanz wird dahin abgeändert, dass der Wert bis zum 11.11.2002 auf einen Betrag bis zur Gebührenstufe von 230.000,-- EUR, vom 12.11.2002 bis zum 13.04.2003 bis zur Gebührenstufe von 260.000,-- EUR und ab dem 14.04.2003 bis zur Gebührenstufe von 290.000,-- EUR festgesetzt wird.

Gründe:

I.

Hinsichtlich des Sachverhalts nimmt der Senat auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug, § 540 Abs. 1 ZPO. Die Klägerin nimmt den Beklagten nach gescheiterter Ehe auf Freistellung von Verbindlichkeiten in Anspruch.

Die Parteien sind seit 01.06.1985 verheiratet. Die Klägerin ist von Beruf Keramikmalerin, der Beklagte Meister für Obstbau. Im Zuge der Wiedervereinigung machte sich der Beklagte als Landschaftsbauer selbstständig. Etwa 1995 gründete er die J. K. Landschaftspflege und -bau GmbH, an der die Klägerin zu 25 % beteiligt war. Daneben war der Beklagte Inhaber der Einzelfirma J. K. Betriebsverpachtung, in welcher seine wesentlichen Vermögenswerte zusammengefasst waren. Die Klägerin war seit September 1993 in der GmbH mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden angestellt. Anfang 1996 wurde die E. Baumschule gegründet, deren Inhaberin die Klägerin ist. Die Parteien streiten insbesondere darüber, ob nicht die Klägerin, sondern der Beklagte der eigentliche Inhaber und die Klägerin nur formell vorgeschoben war. Die Klägerin nahm jedenfalls verschiedene Darlehen auf, für die beide Parteien gesamtschuldnerisch haften. Im Einzelnen handelt es sich um die Darlehen bei der Sparkasse W. aus dem Jahre 1997 über DM 190.000,00, DM 32.000,00 und DM 400.000,00. Die Darlehen gingen auf einen Zuwendungsbescheid des Regierungspräsidiums Dessau vom 21.05.1996 zurück, wonach der Klägerin neben dem öffentlichen Darlehen über DM 400.000,-- eine Zinsverbilligung für ein weiteres Kapitalmarktdarlehen über DM 222.000,-- sowie ein Zuschuss über DM 45.920,-- zugesagt worden waren. Alle Darlehen wurden über das Geschäftskonto der Baumschule abgewickelt und bedient. Nachdem sich die Parteien im August 2000 getrennt hatten, sorgte der Beklagte zunächst bis Ende 2001 für hinreichende Deckung auf dem Geschäftskonto, ab 2002 wurden die Zahlungen dann eingestellt. Zum 10.04.2003 valutierten die Darlehen mit 58.399,74 EUR, 16.789,91 EUR und 133.457,52 EUR, insgesamt 208.647,17 EUR.

Darüber hinaus erhielt die Klägerin noch Ende 2000 für die Baumschule im Rahmen eines Hilfsprogramms für Dürreschäden einen öffentlichen Zuschuss in Höhe von DM 38.478,--. Der Zuwendungsbescheid wurde später widerrufen und die Klägerin zur Rückzahlung von 19.673,48 EUR aufgefordert, weil sie die geforderten Verwendungsnachweise nicht erbringen konnte. Auch der Zuwendungsbescheid des Regierungspräsidiums Dessau wurde am 05.08.2002 zurückgenommen, weil die Klägerin nicht die persönlichen Voraussetzungen für die gewährte Zuwendung erfüllte (Anlageband Bl. 49 ff.). Gleichzeitig wurde sie zur Rückzahlung von 43.193,14 EUR und zur Erstattung der angefallenen Kosten von 1.666,37 EUR aufgefordert. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass mit diesen Zuwendungen die Rinderanlage im Einzelunternehmen des Beklagten umgebaut und dort weitere Investitionen finanziert wurden. Insgesamt flossen dem Beklagten aus diesen Fördermitteln unstreitig DM 196.941,66 zu.

Nach der Trennung der Parteien im August 2000 wurde die GmbH des Beklagten insolvent. Die Klägerin begehrt nun von ihm die Freistellung von allen Verbindlichkeiten, die sie für den Betrieb der Baumschule eingegangen ist. Sie hat behauptet, allein der Beklagte sei faktisch Inhaber der Baumschule gewesen. Er habe ihr Anfang 1996 erklärt, sie müsse nur ihren Namen hergeben, weil er schon genügend Unternehmen habe. Sie brauche sich um nichts zu kümmern, insbesondere werde er alle möglichen Subventionen und Zuschüsse beantragen. Sie selbst sei geschäftlich völlig unerfahren gewesen, allein der Beklagte habe über die erforderlichen Kenntnisse für den Betrieb einer Baumschule verfügt. Unterschriften für die Baumschule habe sie auf Aufforderung durch den Beklagten geleistet, sämtliche Geschäfte seien aber von ihm abgewickelt worden. Sie selbst habe, was unstreitig ist, nicht einmal einen Schlüssel für die Betriebsräume gehabt. Sie habe von ihrem Einkommen die Lebenshaltungskosten der Familie bestritten. Vor der Beantragung der Hilfsmittel für die Dürreschäden habe ihr der Beklagte am 30.11.2000 zugesichert, er werde die Rückzahlung der Fördermittel persönlich übernehmen, falls es nicht zu der (seinerzeit noch beabsichtigten) Übernahme der Baumschule durch ihn kommen sollte. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, allein der Beklagte sei für die Verbindlichkeiten der Baumschule verantwortlich, weil er der eigentliche Inhaber gewesen sei. Hinsichtlich des Zuschusses aus dem Hilfsprogramm für Dürreschäden ergebe sich eine vertragliche Verpflichtung des Beklagten zur Übernahme der Verbindlichkeit zudem aus seiner Bestätigung vom 30.11.2000 (Anlageband Bl. 25).

Nach teilweiser Klagerücknahme und übereinstimmender Erledigungserklärung hinsichtlich geringfügiger weiterer Beträge (15,55 EUR) hat die Klägerin zuletzt beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, sie von allen Verbindlichkeiten der E. Baumschule, Inhaberin H. K. , K. Straße 24, R. , freizustellen, insbesondere von den Verbindlichkeiten

1. gegenüber der Sparkasse W.

- Darlehen-Nr. ... i. H. v. 16,789,91 EUR

- Darlehen-Nr. ... i. H. v. 58.399,74 EUR

- Darlehen-Nr. ... i. H. v. 133.457,52 EUR

nebst Zinsen und Nebenforderungen ab 10.04.2003,

2. gegenüber dem Amt für Landwirtschaft und Flurneuordnung Anhalt gemäß Widerrufserstattungsbescheid vom 18.03.2002 in Höhe von 19.673,48 EUR nebst Zinsen und Nebenforderungen sowie

3. gegenüber dem Landesförderinstitut Sachsen-Anhalt aus dem Rücknahmebescheid vom 05.08.2002 sowie aus dem Kostenfestsetzungsbescheid des Landsförderinstituts Sachsen-Anhalt vom 05.08.2002 in Höhe von 1.666,37 EUR nebst Zinsen und Nebenforderungen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, die Klägerin sei nicht nur formal Inhaberin der Baumschule gewesen. Sie habe auf einer Familienfeier im Jahre 1995 geäußert, auch sie wolle etwas haben, um selbst wirtschaftlich tätig zu sein. Daraufhin habe man die Baumschule aufgebaut. Dieser Betrieb habe zur Struktur des Familienunternehmens gehört, in dem beide Ehegatten tätig gewesen seien. Zwar sei die Klägerin in der GmbH angestellt gewesen, habe dort aber nicht vollzeitig gearbeitet. Im Übrigen habe sie die Verkaufsstelle der Baumschule in J. betrieben und sich um den Haushalt gekümmert. Einen Schlüssel für die Betriebsräume habe sie nicht benötigt, weil sie ohnehin ständig freien Zugang gehabt habe. Er habe die Baumschule nach der Trennung im August 2000 nicht weiter betrieben; der Geschäftsbetrieb sei nach und nach eingestellt worden. Soweit von ihm in seinem eigenen Betrieb ein Traktor und ein Anhänger weiter genutzt worden sei, habe dies auf einer Vereinbarung mit der Klägerin beruht. Zunächst habe er die Übernahme der Baumschule beabsichtigt; hierzu sei es dann aber nicht gekommen. Diese Übernahmeabsicht sei auch der Grund dafür gewesen, dass er die Erklärung vom 30.11.2000 abgegeben habe, zumal dies auch für die Auszahlung der beantragten Fördermittel erforderlich gewesen sei.

Das Landgericht hat einen Befreiungsanspruch lediglich im Hinblick auf die Erstattungsforderung im Zusammenhang mit dem Hilfsprogramm für Dürreschäden (19.673,48 EUR) bejaht. Insoweit hat der Einzelrichter die Auffassung vertreten, dass sich ein Freistellungsanspruch der Klägerin hier aus der Erklärung vom 30.11.2000 ergebe. Darin habe der Beklagte sich verpflichtet, eventuelle Fördermittel des Amtes für Landwirtschaft und Flurneuordnung zu übernehmen, falls er die Baumschule nicht fortführe. Zu einer Übernahme sei es dann unstreitig nicht gekommen. Abgesehen hiervon stehe der Klägerin jedoch kein Freistellungsanspruch zu. Einen derartigen Anspruch habe die Rechtsprechung etwa dann angenommen, wenn Vermögenswerte nach Scheitern der Ehe ausschließlich einem Ehegatten zu Gute gekommen seien und der andere Ehegatte hierfür Verbindlichkeiten eingegangen sei. Hiervon könne im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden, zumal nicht die Klägerin den Beklagten, sondern dieser der Klägerin die Aufnahme von Darlehen ermöglicht habe. Die Gelder seien nach den Gesamtumständen auch nicht dem Beklagten allein zu Gute gekommen, auch wenn er faktisch Inhaber der Baumschule gewesen sein sollte. Soweit allerdings Darlehensbeträge in Höhe von DM 196.941,66 unstreitig ausschließlich in das Unternehmen des Beklagten geflossen seien und dieser einen Traktor und einen Anhänger weiterhin allein nutze, könne zwar ein Freistellungsanspruch in Betracht kommen. Dieser sei jedoch deshalb ausgeschlossen, weil der Beklagte diese Verbindlichkeiten bis Ende 2001 allein bedient habe und die Zins- und Tilgungsraten im familiengerichtlichen Unterhaltsverfahren berücksichtigt worden seien. In der Rechtsprechung sei aber anerkannt, dass die Berücksichtigung gesamtschuldnerischer Verbindlichkeiten beim Unterhalt einen Umstand aus der Natur der Sache darstelle, der eine andere Bestimmung im Sinne des § 426 Abs. 1 BGB begründe. Aus diesem Grunde bestehe ein Freistellungsanspruch auch insoweit nicht.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 26.02.2004 zugestellte Urteil am 17.03.2004 Berufung eingelegt, die sie nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 10.05.2004 an diesem Tag begründet hat. Sie hält die Rechtsauffassung des Landgerichts für unzutreffend. Das Landgericht hätte ausdrücklich darauf hinweisen müssen, dass es ihrer Beteiligung an der GmbH Bedeutung beimessen wolle. Dabei habe es nicht berücksichtigt, dass sie weder aus dem Betrieb der Baumschule noch aus ihrer Beteiligung an der GmbH wesentliche Einnahmen erzielt habe. Insoweit wiederholt und vertieft sie ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie meint, das Landgericht habe sich zu sehr an die formelle Rechtslage gehalten und lasse eine wirtschaftliche Betrachtung vermissen.

Die Klägerin beantragt,

die angefochtene Entscheidung abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, sie von allen Verbindlichkeiten der E. Baumschule, Inh. Frau H. K. , K. Straße 24, R. , freizustellen, insbesondere von Verbindlichkeiten

1. gegenüber der Sparkasse W.

- Darlehen-Nr. ... i. H. v. 16.78,91 EUR

- Darlehen-Nr. ... i. H. v. 58.399,74 EUR

- Darlehen-Nr. ... i. H. v. 133.457,52 EUR

nebst Zinsen und Nebenforderungen ab 10.04.2003;

2. gegenüber dem Amt für Landwirtschaft und Flurneuordnung Anhalt gemäß Widerrufserstattungsbescheid vom 18.03.2002 in Höhe von 19.673,48 EUR nebst Zinsen und Nebenforderungen;

3. gegenüber dem Landesförderinstitut Sachsen-Anhalt gegen den Rücknahmebescheid vom 05.08.2002 sowie aus dem Kostenfestsetzungsbescheid des Landesförderinstitutes Sachsen-Anhalt vom 05.08.2002 in Höhe von 1.666,37 EUR nebst Zinsen und Nebenforderungen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

1.

Soweit die Klägerin mit ihrem Antrag Ziffer 2 die Freistellung von Verbindlichkeiten gegenüber dem Amt für Landwirtschaft und Flurneuordnung Anhalt begehrt, ist die Berufung bereits unzulässig. Denn mit diesem Antrag hat sie in erster Instanz obsiegt, so dass sie durch das angefochtene Urteil insoweit nicht beschwert ist. Im übrigen ist die gemäß § 511 Abs. 1 ZPO statthafte Berufung zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 517, 519, 520 ZPO; die Berufungssumme ist erreicht, § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

2.

Sachlich ist das Rechtsmittel jedoch nicht gerechtfertigt. Mit dem Landgericht ist der Senat der Auffassung, dass der Klägerin ein weitergehender Freistellungsanspruch nicht zusteht.

a)

Da die Parteien für die gemeinschaftlichen Verbindlichkeiten gemäß § 421 BGB als Gesamtschuldner haften, bestimmt sich ihre Ausgleichspflicht im Innenverhältnis nach § 426 BGB. Danach sind beide zu gleichen Teilen verpflichtet, sofern nicht ein anderes bestimmt ist. Beide Gesamtschuldner haben wechselseitig die Pflicht, zur Befriedigung des Gläubigers mitzuwirken. Der Mitwirkungsanspruch besteht schon vor der eigenen Leistung und geht auf Befreiung von dem Teil der Schuld, den der Mitschuldner im Innenverhältnis zu tragen hat (BGHZ 47, 166, NJW 1986, 3132). Ergibt sich, dass der Beklagte im Verhältnis zur Klägerin auf Grund Vereinbarung oder der Umstände die Verbindlichkeiten gegenüber der Bank und der Förderstelle allein zu tragen hat, so kann die Klägerin dann auch (vollständige) Befreiung von diesen Verbindlichkeiten beanspruchen.

Dieser Gesamtschuldnerausgleich ist auch nicht durch die Vorschriften über den Zugewinnausgleich ausgeschlossen. Wie der BGH wiederholt entschieden hat, hängt der Gesamtschuldnerausgleich - auch in der nach § 426 BGB möglichen Gestalt eines Befreiungsanspruchs (BGHZ 35, 317, 325; NJW 1981, 1666, 1667) - nicht davon ab, ob dem in Anspruch genommenen Ehegatten ein Zugewinnausgleich zusteht. Vielmehr ist es gerade umgekehrt: Zur Berechnung einer Zugewinnausgleichsforderung ist die Feststellung der beiderseitigen Endvermögen erforderlich. Hierzu bedarf es der Beurteilung, inwieweit auch Forderungen aus dem Gesamtschuldnerausgleich in die jeweiligen Endvermögen einzustellen sind.

b)

Der Klägerin steht ein solcher Freistellungsanspruch allerdings nicht zu, weil eine Ausnahme von der gesetzlichen Regel des § 426 BGB, der grundsätzlich eine gleichmäßige Haftung im Innenverhältnis vorsieht, hier nicht angenommen werden kann.

aa)

Auch wenn der Beklagte während intakter Ehe die finanziellen Mittel für die Zins- und Tilgungsraten im wesentlichen aus eigenen Mitteln aufgebracht und dem Geschäftskonto der Baumschule zur Verfügung gestellt hat und demzufolge eine anderweitige Bestimmung vorgelegen haben mag (vgl. etwa BGH FamRZ 1983,795), änderte sich dies jedenfalls mit der Trennung der Parteien. Mit dem Scheitern der Ehe entfällt die durch die ehelichen Lebensverhältnisse geprägte anderweitige Bestimmung über die Art und Weise der Rückführung von gemeinsamen Verbindlichkeiten. Dies hat zur Folge, dass die Grundregel des § 426 Abs. 1 BGB über die gleichmäßige Haftung der Ehegatten wieder Platz greift, sofern nicht anstatt der Lebensgemeinschaft andere besondere Umstände vorliegen, aus denen sich ein vom Regelfall abweichender Maßstab ergibt (BGH FamRZ 1995,216). Solche Umstände, die eine Alleinhaftung des Beklagten im Innenverhältnis begründen, liegen hier nicht vor.

bb)

Zunächst ergibt sich aus gesellschaftsrechtlichen Vorschriften (§§ 738, 739 BGB) keine abweichende Bestimmung in diesem Sinne. Zwar kann zwischen Eheleuten eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestehen, wenn die Parteien die Absicht verfolgt haben, mit dem Erwerb eines Vermögensgegenstandes einen gemeinschaftlichen Wert zu schaffen, der von ihnen für die Dauer der Ehe nicht nur gemeinsam benutzt werden, sondern ihnen nach ihrer Vorstellung auch gemeinsam gehören sollte (vgl. etwa BGHZ 77, 55 ff.). Gerade dies kann hier aber nicht angenommen werden, weil die Klägerin alleinige Inhaberin der Baumschule war und diese daher jedenfalls nicht unmittelbar einem gemeinschaftlichen Zweck zu dienen bestimmt war. Ein gesellschaftsrechtlicher Ausgleich (§§ 738, 739 BGB) kommt daher nicht in Betracht, zumal in diesem Fall zuvor eine Auseinandersetzung stattfinden müsste, zu der von den Parteien nichts vorgetragen wird.

cc)

Eine anderweitige Bestimmung im Sinne des § 426 BGB lässt sich auch nicht aus dem Auftragsrecht oder aus den sonstigen Umständen herleiten. Zwar kann ein Ehegatte, der dem anderen für dessen Unternehmen während intakter Ehe die Aufnahme von Krediten durch Übernahme einer persönlichen Haftung oder durch Einräumung dinglicher Sicherheiten ermöglicht hat, nach Scheitern der Ehe grundsätzlich Befreiung von solchen Verbindlichkeiten nach den Regeln des Auftragsrechts gemäß §§ 670, 257 BGB verlangen (vgl. BGH FamRZ 1972, 362 sowie OLG Hamm FamRZ 1992, 437). Ein derartiges Auftragsverhältnis, in welchem die Klägerin als Beauftragte gehandelt hat, kann hier jedoch nicht angenommen werden. Denn die Kredite dienten mit Ausnahme der Teilbeträge aus dem Zuwendungsbescheid des Regierungspräsidiums Dessau unstreitig dem von ihr betriebenen Unternehmen und nicht ausschließlich dem Beklagten. Rechtlich standen ihr als Betriebsinhaberin die betrieblichen Erträge zu, nicht dem Beklagten. Sämtliche Darlehen und Fördermittel wurden an die Baumschule geleistet, nicht etwa an den Beklagten. Die Klägerin war daher selbst Geschäftsherrin, nicht lediglich Beauftragte.

Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte wirtschaftlich gesehen der eigentliche Geschäftsinhaber war und das Unternehmen allein geführt hat. Denn als formelle Inhaberin wäre die Klägerin durchaus berechtigt gewesen, ihn jeder Zeit von seiner Mitwirkung auszuschließen. Diese Konstellation ist nicht mit der eingangs geschilderten Situation vergleichbar, in welcher ein Ehegatte dem anderen beim Aufbau dessen Erwerbsgeschäfts oder beim Erwerb eines Grundstücks durch Mitverpflichtung behilflich ist. Im übrigen entsprach die praktizierte Arbeitsaufteilung ersichtlich dem Willen beider Partner während der Ehezeit; sie lässt keinen Schluss auf einen bestimmten internen Schuldenausgleich nach Scheitern der Ehe zu.

Eine anderweitige Bestimmung im Sinne des § 426 BGB kann auch nicht deshalb angenommen werden, weil der Beklagte die Baumschule etwa weiter betrieben hätte und deshalb ihm fortan allein die Finanzmittel zugute gekommen wären. Denn zu einer Fortführung des Betriebs durch den Beklagten ist es unstreitig nicht gekommen. Selbst wenn der Beklagte Betriebsgegenstände aus der Baumschule vorübergehend in Besitz genommen und genutzt hätte, ließe sich daraus allein noch keine anderweitige Bestimmung zur einseitigen Übernahme der entsprechenden Verbindlichkeiten herleiten. Es hätte der Klägerin in diesem Fall frei gestanden, diese einseitige Nutzung zu unterbinden und die Herausgabe geltend zu machen.

Selbst soweit Darlehensbeträge von vornherein allein dem Beklagten zur Erneuerung seiner Rinderanlage zufließen sollten und demzufolge ausschließlich ihm zugute gekommen sind, kann eine vom Grundsatz des § 426 BGB abweichende Bestimmung oder eine erstattungspflichtige Aufwendung (§ 670 BGB) jedenfalls derzeit nicht angenommen werden. Hinsichtlich dieser Verbindlichkeiten besteht deshalb kein Freistellungsanspruch, weil insoweit bereits eine Regelung zwischen den Parteien getroffen wurde. Denn sie sind im familiengerichtlichen Unterhaltsverfahren zur Regelung des Trennungsunterhalts von der Annahme ausgegangen, dass der Beklagte die Zins- und Tilgungsraten für dieses Darlehen (für die Dauer des Trennungsunterhalts) in vollem Umfang allein zu tragen hat. Indem der Unterhaltsanspruch der Klägerin auf dieser Grundlage ermittelt wurde, liegt eine konkrete Regelung hinsichtlich der streitigen gemeinsamen Verbindlichkeiten vor, die auch den Haftungsanteil der Klägerin berücksichtigt. Diese Regelung steht der Annahme, dass die Klägerin von den Verbindlichkeiten gänzlich und dauerhaft freigestellt werden müsse, entgegen. Eine hiervon abweichende Regelung im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs kommt deshalb derzeit nicht in Betracht (vgl. etwa OLG München, FamRZ 1996, 291; OLG Köln FamRZ 1991, 1192).

c)

Soweit das Landgericht einen Freistellungsanspruch in Bezug auf die Rückforderungsansprüche des Regierungspräsidiums Dessau schon mit der Begründung abgelehnt hat, dass die Rücknahme des Zuwendungsbescheides allein deshalb erfolgt sei, weil die Klägerin die persönlichen Voraussetzungen für die Fördermaßnahme nicht erfüllt habe, wird die Entscheidung von der Klägerin nicht angegriffen. Gründe, die für eine Alleinhaftung des Beklagten im Innenverhältnis sprechen könnten, sind in diesem Zusammenhang auch in keiner Weise ersichtlich.

3.

Die Streitwertfestsetzung für die erste Instanz hat der Senat gemäß § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG von Amts wegen geändert. Das Landgericht hat bei der Wertbemessung übersehen, dass die Klägerin im Zusammenhang mit der Rückforderung der Fördermittel nicht nur von der Kostenforderung (1.666,37), sondern auch von der Hauptforderung Freistellung begehrt, die im Bescheid vom 05.08.2002 mit 43.193,14 EUR angegeben ist. Der Streitwert erhöht sich somit ab 12.11.2002 um diesen Betrag. Für den Berufungsrechtszug beträgt der Streitwert 273.180,16 EUR.

Angesichts der Streitwerterhöhung erhöht sich im ersten Rechtszug der Verlustanteil der Klägerin, so dass ihr Obsiegen mit 19.673,48 EUR im Vergleich zum Unterliegen verhältnismäßig gering ist und das Unterliegen des Beklagten nur geringe Mehrkosten verursacht hat.

Dies rechtfertigt die Anwendung des § 92 Abs. 2 ZPO mit der Folge, dass der Klägerin die gesamten Kosten des ersten Rechtszuges aufzuerlegen sind. Für den Berufungsrechtszug folgt die Kostenentscheidung aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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