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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 02.08.2007
Aktenzeichen: 4 W 15/07
Rechtsgebiete: ZPO, GKG


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 115
ZPO § 121 Abs. 2
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 3
ZPO § 127 Abs. 4
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 569
GKG § 3 Abs. 2
GKG § 22 Abs. 1 Satz 1
Zur Schlüssigkeit einer Klage wegen Berufsunfähigkeit hat der Antragsteller nicht nur darzulegen, dass er seinen ausgeübten Beruf nicht mehr dauerhaft ausüben kann. Er muss darüber hinaus auch vortragen, dass er keine andere Tätigkeit mehr verrichten kann, die auf Grund seiner Ausbildung und Erfahrung von ihm ausgeübt werden könnte und seiner bisherigen Lebensstellung entspräche. Für letzteres genügt summarischer Vortrag, woraufhin der Versicherer sodann gegebenenfalls bestehende Möglichkeiten eines solchen Vergleichsberufs aufzuzeigen hat.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

4 W 15/07 OLG Naumburg

In dem Beschwerdeverfahren

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch die Richterin am Oberlandesgericht Joost, den Richter am Oberlandesgericht Materlik und die Richterin am Amtsgericht Meier am

02. August 2007

beschlossen:

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts Dessau vom 18. Januar 2007, Az.: 4 O 397/06, abgeändert und dem Antragsteller für die beabsichtigte Klage wegen Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsverpflichtung unter Beiordnung von Rechtsanwältin S. aus Z. bewilligt.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die gemäß den §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 569 ZPO in Verb. mit § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 13. Februar 2007 (Bl. 73 f. d. A.) gegen den ihn mangels Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage u. a. wegen Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung versagenden Beschluss des Landgerichts Dessau vom 18. Januar 2007 (Leseabschrift Bl. 68 f. d. A.) hat in der Sache Erfolg.

Die subjektiven und objektiven Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß den §§ 114, 115 ZPO sind erfüllt.

Der Antragsteller ist subjektiv nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, sich in irgendeiner Form an den Kosten der Prozessführung zu beteiligen.

Die nicht mutwillig erscheinende beabsichtigte Klage auf Feststellung und Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung hat auch, entgegen der Ansicht des Landgerichts, hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Diese in objektiver Hinsicht gemäß § 114 ZPO für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe entscheidende Voraussetzung ist bereits dann zu bejahen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt der antragstellenden Partei auf Grund ihrer Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest vertretbar hält und, nötigenfalls, in tatsächlicher Hinsicht wenigstens von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Es muss also auf Grund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage möglich sein, dass die antragstellende Partei mit ihrem Begehren durchdringen wird, wobei die Anforderungen an die rechtlichen und tatsächlichen Erfolgsaussichten nicht überspannt werden dürfen (siehe dazu exemplarisch Philippi, in: Zöller, ZPO, 26. Aufl., 2007, § 114 Rn. 19).

Der Antragsteller hat im Sinne der dergestalt für das Prozesskostenhilfeverfahren notwendigen, indes auch ausreichenden summarisch-prognostischen Prüfung der Erfolgsaussicht hinreichend schlüssig dargestellt, dass ihm Leistungen aus der bei der Beklagten abgeschlossenen Berufsunfähigkeitsversicherung zustehen könnten.

Hinsichtlich des Feststellungsantrages ist vom Antragsteller vorgetragen worden, die Antragsgegnerin habe bereits am 20. September 2004 Akteneinsicht in die Krankenakte des behandelnden Arztes genommen und daher von seinen Erkrankungen und der Einnahme des Medikaments Rohypnol gewusst (Bl. 93 d. A.), sodass damit die Kausalität einer Täuschung entfallen sei. Zu dieser Behauptung hat sie auch Beweis angeboten.

Zur Schlüssigkeit einer Klage wegen Berufsunfähigkeit hat der Antragsteller nicht nur darzulegen, dass er seinen ausgeübten Beruf nicht mehr dauerhaft ausüben kann. Er muss darüber hinaus auch vortragen, dass er keine andere Tätigkeit mehr verrichten kann, die auf Grund seiner Ausbildung und Erfahrung von ihm ausgeübt werden könnte und seiner bisherigen Lebensstellung entspräche. Für letzteres genügt summarischer Vortrag, woraufhin der Versicherer sodann gegebenenfalls bestehende Möglichkeiten eines solchen Vergleichsberufs aufzuzeigen hat. In dem Beschwerdeverfahren hat der Antragsteller den Arbeitsanfall in seinem bislang ausgeübten Beruf über die Dauer von einem Monat geschildert. Weiterhin hat er vorgetragen, dass er auf Grund des am 05. November 2005 erlittenen Myokardininfarktes nur noch kurze Zeit belastbar sei und nicht über 10 kg heben dürfte. Nach Auffassung des Senats hat damit der Antragsteller zu der beabsichtigten Klage auf Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens hinreichend schlüssig vorgetragen.

Ihm war dementsprechend, unter sachlich notwendiger Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten zur Vertretung, Prozesskostenhilfe zu bewilligen, §§ 114, 115, 121 Abs. 2 ZPO.

II.

Die Entscheidung hinsichtlich der Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG in Verb. mit Nr. 1812 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG.

Außergerichtliche Kosten werden, wie aus § 127 Abs. 4 ZPO folgt, im Beschwerdeverfahren zur Prozesskostenhilfe generell nicht erstattet.

Ende der Entscheidung

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