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Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 03.08.2004
Aktenzeichen: 4 W 20/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 568 Satz 2 | |
ZPO § 574 Abs. 2 Nr. 2 | |
BGB § 253 n.F. | |
BGB § 839 | |
BGB § 847 a.F. |
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS
4 W 20/04 Oberlandesgericht Naumburg
In dem Prozesskostenhilfeverfahren
...
wegen Schmerzensgeldes
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg am 3. August 2004 durch den Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Klußmann
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Einzelrichters der 7. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 10. Juni 2004 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Gerichtskosten der Beschwerde.
Gründe:
Der Antragsteller verbüßte u.a. vom 15. Januar 2002 bis 29. April 2003 Strafhaft. Wegen der Haftbedingungen, die er für rechtswidrig hält, hat er Schmerzensgeld verlangt und für die darauf gerichtete Klage einen Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt.
Der Einzelrichter der 7. Zivilkammer des Landgerichts Halle hat durch Beschluss vom 10. Juni 2004 die Prozesskostenhilfe versagt mit der Begründung, die Rechtsverfolgung biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Gegen diese Entscheidung, die ihm am 17. Juni 2004 zugestellt worden ist, hat der Antragsteller am 12. Juli 2004 beim Oberlandesgericht sofortige Beschwerde eingelegt.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, 567, 569 ZPO); über sie hat der Einzelrichter des Senats zu entscheiden, da die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter erlassen worden ist und eine Übertragung der Sache auf den Senat nach § 568 Satz 2 ZPO nicht in Betracht kam; denn die vorgreiflichen Rechtsfragen sind bereits vom Bundesverfassungsgericht entschieden worden. Die Abhilfeprüfung durch das Landgericht war entbehrlich, da das Rechtsmittel beim Oberlandesgericht eingereicht worden ist und die angefochtene Entscheidung ersichtlich zutreffend ist, so dass eine sachgerechte Abhilfeprüfung zu keinem anderen Ergebnis gelangen könnte (OLG Frankfurt MDR 2002, 1391; Schneider MDR 2003, 253; Gehrlein MDR 2003, 552).
Das Rechtsmittel ist sachlich nicht gerechtfertigt. Dem Antragsteller kann Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung - wie das Landgericht bereits zutreffend ausgeführt hat - keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO).
Die Voraussetzungen für einen Schmerzensgeldanspruch liegen nicht vor, und zwar weder nach dem bis zum 31. Juli 2002 anwendbaren § 847 a.F. BGB noch nach dem § 253 n.F. BGB, der ab dem 1. August 2002 anwendbar ist.
Beide Vorschriften setzen einen Haftungstatbestand voraus; dessen Voraussetzungen sind indessen im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
Für die Zeit bis zum 21. Januar 2002 scheitert ein Anspruch bereits daran, dass der Antragsteller nicht im Bereich des Landes Sachsen-Anhalt inhaftiert war. Insoweit greift der Antragsteller den Beschluss des Landgerichts nicht an.
Für die weitere Zeit bis zum 30. Januar 2002 steht einem Anspruch entgegen, dass der Antragsteller zusammen mit anderen Inhaftierten in einer mehr als 30 qm großen Zelle untergebracht war, so dass selbst bei Belegung mit sechs Personen jedem Inhaftierten mehr als 5 qm zur Verfügung standen. Diese Haftbedingungen hat der Antragsteller weder in seinem Prozesskostenhilfeantrag noch in seiner sofortigen Beschwerde konkret angegriffen.
Konkretisiert hat der Antragsteller seine gemeinschaftliche Unterbringung mit einem Mitgefangenen ab 31. Januar 2002 in einer 9,49 qm großen Zelle ohne abgetrennten Sanitärbereich. Diese Unterbringung mag nach einfachem Recht zulässig gewesen sein (§ 18 in Verbindung mit § 201 Nr. 3 StVollzG), verstieß aber gleichwohl unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (NJW 2002, 2699 und 2701) gegen die Menschenwürde und war daher rechtswidrig. Auch wenn die genannten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts sich auf Haftbedingungen in den Altbundesländern beziehen, sind sie gleichwohl auch auf die Verhältnisse in den neuen Bundesländern anzuwenden, weil bei den Anforderungen, welche an die Beachtung der Menschenwürde zu stellen sind, nicht nach Alt- und Neubundesländern unterschieden werden darf.
Einem Schadensersatzanspruch steht jedoch der Umstand entgegen, dass der Antragsteller es unterlassen hat, den Schaden - nämlich die Unterbringung mit einem anderen Häftling in einer zu kleinen Zelle ohne abgetrennten Sanitärbereich - durch Gebrauch eines Rechtsmittels, nämlich durch einen entsprechenden Antrag nach dem StVollzG - abzuwenden (§ 839 Abs. 3 BGB). Sein Vorbringen, er habe sich mehrfach gegen die Art der Unterbringung gewehrt, ist unsubstantiiert; ersichtlich ist der Antragsteller nicht in der Lage, eine auf sein Gesuch ergangene Entscheidung vorzuweisen.
Dass der Antragsteller keinen Rechtsbehelf geltend gemacht hat, steht auch einem Anspruch aus Art.5 Abs. 5 MRK entgegen. Es handelt sich bei Art. 5 Abs. 5 MRK um eine Haftung ohne Verschulden, und wenn schon gegenüber der Verschuldenshaftung aus § 839 BGB der Einwand, sich nicht durch einen Rechtsbehelf gewehrt zu haben, durchgreift, muss dies erst recht gegenüber der Haftung ohne Verschulden gelten.
Sonstige Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich.
Da das Rechtsmittel ohne Erfolg bleibt, fallen die Gerichtskosten dem Antragsteller zur Last (§ 1 GKG i.V. mit Nr. 1956 KV). Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 127 Abs. 4 ZPO).
Da - wie ausgeführt - die Voraussetzungen des § 568 Satz 2 ZPO nicht vorliegen, im übrigen auch die weiteren Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht erfüllt sind, kommt eine Zulassung der weiteren Beschwerde nicht in Betracht.
Ende der Entscheidung
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