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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 13.09.2004
Aktenzeichen: 4 W 22/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 114
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe kommt nur in Betracht, wenn in tatsächlicher Hinsicht mindestens von der Möglichkeit der Beweisführung auszugehen ist. Dies ist nicht der Fall, wenn der Antragsteller nicht in der Lage ist, konkrete Angriffe gegen zwei von der Gegenseite beauftragte Privatgutachten vorzubringen.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

4 W 22/04 OLG Naumburg

In dem Prozesskostenhilfeverfahren

wegen Versicherungsleistung

hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg am 13. September 2004 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Klußmann, des Richters am Oberlandesgericht Feldmann und der Richterin am Oberlandesgericht Mertens

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 5. Juli 2004 wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe für eine Klage, mit der sie gegen die Beklagte eine Versicherungsleistung aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung geltend zu machen beabsichtigt.

Die 6. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg hat den Antrag mit Beschluss vom 5. Juli 2004 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe nicht schlüssig dargelegt, dass der von ihr beschriebene Gesundheitszustand auf ein Unfallereignis im Januar 2000 zurückzuführen sei. Sie habe sich insbesondere nicht mit den Fachgutachten der Dres. H. Sp. und H. O. vom 22. Januar und 16. Dezember 2002 auseinandergesetzt, die die Antragsgegnerin im von der Antragstellerin angestrengten selbständigen Beweisverfahren zum Gegenstand ihres Parteivortrags gemacht habe. Die Antragstellerin habe nicht dargelegt, wieso die plausiblen Ausführungen der Privatgutachter unzutreffend seien. Allein die Hoffnung, ein vom Gericht bestellter und auf Kosten der Landeskasse tätiger Sachverständiger könne zu einem der Antragstellerin gewünschten Ergebnis gelangen, rechtfertige die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde und legt dar, unstreitig sei, dass sie sich bei dem Sturz eine schwere Prellung des linken Knies zugezogen habe. Die ärztliche Stellungnahme des Krankenhauses des B. kreises vom 4. April 2000 bestätige, dass sie eine Streckhemmung im Bereich des linken Kniegelenks aufgewiesen habe. Ferner sei am 18. Mai 2000 eine deutliche Schwellung und eine Belastungsunfähigkeit des linken Kniegelenks festgestellt worden. Der Gutachter Dr. O. habe in seinem Gutachten zwar eine Verdeutlichungstendenz festgestellt, wäre es diesem aber um ihre Gesundheit gegangen, so hätte eine Nachfrage, warum sie der Streckung entgegengewirkt habe, erfolgen müssen. Es seien auch objektive Gründe für die begrenzte Streckung denkbar. Aufgabe eines Gutachters sei es auch, ihr Gewissheit über ihren Gesundheitszustand zu geben, und nicht nur, finanzielle Ansprüche abzuwehren. Tatsache sei, dass sie vor dem Sturz keine Beschwerden an ihren Kniegelenken bemerkt habe. Gerade die starken Beschwerden am linken Knie bestätigten, dass ihre Beschwerden auf den Sturz zurückzuführen seien. Sie sei zunächst mit dem linken Knie aufgekommen, das die gesamte Last des Körpers aufgefangen habe. Es gebiete die Waffengleichheit, ihr die Möglichkeit einzuräumen, die Feststellungen der Antragsgegnerin zu widerlegen.

Die Kammer hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 27. August 2004 nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig (§§ 127 Abs. 2 S. 2, S. 3, 567, 568, 569 ZPO), in der Sache indes nicht begründet, wobei auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen wird.

Die Aufgabe des Prozesskostenhilfeverfahrens besteht nicht darin, einem Antragsteller die Feststellung zu ermöglichen, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Vielmehr ist für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 114 ZPO Voraussetzung, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht in diesem Sinne ist anzunehmen, wenn der Rechtsstandpunkt des Antragstellers auf Grund seiner Sachdarstellung zumindest als vertretbar anzusehen und in tatsächlicher Hinsicht mindestens von der Möglichkeit der Beweisführung auszugehen ist. Es muss also auf Grund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage möglich sein, dass der Antragsteller mit seinem Begehren durchdringen wird. Hiervon kann vorliegend indes nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand nicht ausgegangen werden.

Die Antragsgegnerin hat vorprozessual durch die Beauftragung von zwei medizinischen Gutachtern geklärt, ob die von der Antragstellerin dargelegten Schäden ihres linken Kniegelenks Folge des in Rede stehenden Unfalls sind. Diese Gutachten hat sie in das Prozesskostenhilfeverfahren eingeführt und zum Gegenstand ihres Parteivortrags gemacht. Grundsätzlich ist bei Privatgutachten zwar problematisch, ob sie geeignet sein können, den Beweis für eine streitige Tatsache erbringen zu können; vorliegend steht jedoch nicht die Frage des Beweiswerts der Gutachten im Raum. Vielmehr hat die Antragsgegnerin durch die Bezugnahme auf die beiden Gutachten substantiiert dargelegt, dass die von der Antragstellerin geltend gemachten Gesundheitsschäden nicht auf den behaupteten Unfall zurückgeführt werden können. Angesichts dieses substantiierten Vortrags wäre es Sache der Antragstellerin gewesen, konkret darzulegen, wieso die gutachterlichen Feststellungen unzutreffend sind. Auch ein medizinischer Laie ist grundsätzlich zu der Prüfung in der Lage, ob diese nachvollziehbar und widerspruchsfrei sind. Konkrete Bedenken gegen die gutachterlichen Feststellungen hat die Antragstellerin indes nicht ausgeführt; solche sind auch nicht ersichtlich.

Soweit die Antragstellerin darlegt, die Feststellungen seien unbeachtlich, da die beiden Gutachter im Auftrag der Antragsgegnerin tätig geworden seien, kann dem nicht gefolgt werden. Es gibt keinen Erfahrungssatz, wonach im Auftrag einer Versicherung tätige medizinische Sachverständige grundsätzlich unwahre Ausführungen tätigen, um die Versicherung vor finanziellen Belastungen zu schützen. Gerade im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin den Interessen der Antragstellerin Rechnung getragen und in einem zeitlichen Abstand von einigen Monaten zwei unterschiedliche Ärzte mit der Untersuchung der Antragstellerin beauftragt. Diese haben voneinander unabhängig und ausführlich schriftliche Ausführungen zu der streitgegenständlichen Problematik getätigt, ohne dass Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich insbesondere der Zweitgutachter Dr. O. die Ausführungen des Erstgutachters Dr. Sp. kritiklos zu Eigen gemacht hätte.

Soweit Dr. Sp. vorgehalten werden kann, dass er sich mit den Ergebnissen der ersten Untersuchung nach dem Unfall im Januar 2000 nicht beschäftigt habe, ist dies durch Dr. O. nachgeholt worden, denn dieser hat die Röntgenaufnahmen vom 23. Januar 2000 aus dem Kreiskrankenhaus in N. in seine Begutachtung einfließen lassen.

Schließlich sind unter Berücksichtigung des von beiden Gutachtern dargestellten körperlichen Zustands der zur Unfallzeit 45 Jahre alten Antragstellerin auch keine Umstände dargelegt worden oder ersichtlich, wonach der von ihnen festgestellte bereits weit fortgeschrittene Kniegelenksverschleiß völlig unwahrscheinlich ist.

Soweit die Antragstellerin mit der Beschwerde darlegt, Dr. O. habe es unterlassen, sie im Hinblick auf ihr Verhalten bei der Untersuchung zu befragen, ist dies unerheblich. Sie bleibt jedenfalls eine Erklärung dafür schuldig, wieso sie im Rahmen der Untersuchung ihr Knie nur um etwa 20 Grad gebeugt hat, wohingegen sie beim Verlassen der Räume teilweise in der Lage war, das linke Bein völlig zu strecken.

Sonstige Gründe, welche der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin zum Erfolg verhelfen könnten, sind nicht ersichtlich.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei (§ 1 GKG); außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Ende der Entscheidung

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