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Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 30.01.2007
Aktenzeichen: 4 W 8/07
Rechtsgebiete: ZPO, GKG
Vorschriften:
ZPO § 114 | |
ZPO § 115 Abs. 3 Satz 1 | |
ZPO § 118 Abs. 2 Satz 4 | |
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2 | |
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 3 | |
ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 1 | |
ZPO § 569 | |
GKG § 3 Abs. 2 | |
GKG § 22 Abs. 1 Satz 1 |
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS
4 W 8/07 OLG Naumburg
In der Beschwerdesache
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Deppe-Hilgenberg, den Richter am Oberlandesgericht Wiedenlübbert und die Richterin am Amtsgericht Meier am
30. Januar 2007
beschlossen:
Tenor:
1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Magdeburg vom 29. November 2006, Az.: 11 O 2128/06 (707), wird zurückgewiesen.
2. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
I.
Die gemäß den §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 569 ZPO in Verb. mit § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 08. Januar 2007 (Bl. 58 - 60 PKH-Heft) gegen den ihm Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Landgerichts Magdeburg vom 29. November 2006 (Bl. 51 f. PKH-Heft) bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Zu Recht hat das Landgericht dem Antragsteller Prozesskostenhilfe sowohl gemäß § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO mangels hinreichender Angaben zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen als auch namentlich deswegen versagt, weil ihm zugemutet werden könne, zwei Lebensversicherungen zu einem Rückkaufswert von 25.135 Euro und 6.044 Euro für die Kosten der Prozessführung einzusetzen.
Dem Antragsteller kann in der Tat keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden, weil er zum einen mangels widerspruchsfreier Angaben seine Bedürftigkeit im Sinne des § 114 ZPO nicht hinreichend dargetan hat (1) und zum anderen, unabhängig davon, nach § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO in zumutbarer Weise sein Vermögen in Form der beiden Lebensversicherungen für die anfallenden Prozesskosten einzusetzen hat (2).
1. Prozesskostenhilfe ist eine besondere Form der Sozialhilfe, die von der solidarisch verbundenen Allgemeinheit im Bereich der Rechtspflege der bedürftigen Partei zur Verfügung gestellt wird (vgl.: BGH, JAmt 2005, 323, 324). Von der bedürftigen Partei kann und muss folglich erwartet werden, dass sie aktiv am Verfahren über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe mitwirkt. Mit einer Bewilligung kann sie nur dann rechnen, wenn sie die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Prozesskostenhilfe in ausreichender Weise dargetan hat (BGH, FamRZ 2004, 99). Über Einkommen und Vermögen hat sich die Partei grundsätzlich auch ohne besondere Aufforderung zu erklären, da für die Prozesskostenhilfe beantragende Partei erkennbar ist, dass ihr nur bei tatsächlich bestehender Bedürftigkeit Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann.
Diesen Anforderungen ist der Antragsteller trotz ausdrücklicher gerichtlicher Vorhaltungen in erster Instanz nicht in ausreichendem Maße nachgekommen, sodass die zunächst auf § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO gestützte Ablehnung der Prozesskostenhilfe nicht zu beanstanden ist.
Zwar ist im Beschwerdeverfahren die Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen hinsichtlich der Abschnitte E und G ergänzt worden. Dennoch sind die Angaben des Antragstellers nach wie vor weder plausibel noch widerspruchsfrei. Denn Einnahmen in Höhe von angeblich 990,09 Euro monatlich stehen, unerklärlich, Ausgaben in Höhe von 1.326,20 Euro monatlich gegenüber (Bl. 61 PKH-Beiheft). 2. Unbeschadet dessen hat der Antragsteller auch in zumutbarer Weise gemäß § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO sein vorhandenes Vermögen vorrangig zur Finanzierung der Prozesskosten einzusetzen.
Von daher müssten die beiden vorhandenen Lebensversicherungen einer Verwertung zugeführt werden, sei es im Wege der Beleihung oder mittels Realisierung des Rückkaufswertes, bevor die Solidarität der Allgemeinheit durch Gewährung von Prozesskostenhilfe in Anspruch genommen werden kann (allgemein dazu BVerwG, NJW 2004, 3647, 3648; OLG Nürnberg, FamRZ 2006, 1284; OLG Brandenburg, MDR 2006, 1174; OLG Stuttgart, FamRZ 2004, 1651; OLG Köln, FamRZ 2004, 382; KG, FamRZ 2003, 1394). Daran ändert auch nichts, dass dieses Kapital der Altersvorsorge dient, da auch ein solches Kapitalvermögen einzusetzen ist (OLG Frankfurt, FamRZ 2005, 466). Dabei hat eine Partei auch hinzunehmen, dass mit der vorzeitigen Realisierung ihres Versicherungsvermögens Verluste verbunden sind (BSG, FamRB 2005, 347). Eine alternative Vermögensbildung zu Lasten der Allgemeinheit kommt zumutbarerweise nicht in Betracht.
Im vorliegenden Fall reicht oder reichte es bereits aus, wenn der Antragsteller lediglich eine der bestehenden Lebensversicherungen in moderater Weise zur Finanzierung der Prozesskosten einsetzen würde. Zur Abdeckung der Prozesskosten von ca. 2.400 Euro bietet sich namentlich die Kapitallebensversicherung bei der V. Lebensversicherung a. G., Versicherungs-Nr. ... , mit einem - zwischenzeitlich noch gestiegenen - Rückkaufswert von 6.044 Euro per Anfang Dezember 2005 (Bl. 50 PKH-Beiheft) an. Das dem Antragsteller in jedem Falle (nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII in Verb. mit § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO) zu belassende Schonvermögen von 2.600 Euro bliebe damit unangetastet. Auf die weitere Lebensversicherung bei der V. Lebensversicherung a. G., Versicherungs-Nr. ... , mit einem Rückkaufswert von 25.135 Euro im März 2006 (Bl. 49 PKH-Beiheft) brauchte überhaupt nicht zurückgegriffen zu werden. Eine angemessene Altersversorgung des Antragstellers wird dadurch mitnichten in Frage gestellt, zumal die eine überhaupt nur einzusetzende Lebensversicherung nicht einmal unbedingt aufgelöst werden müsste, sondern schlicht als Sicherungsobjekt für einen Kredit genutzt werden könnte. Stattdessen wäre auch zu erwägen, vorübergehend, bis zur Aufbringung der Prozesskosten, die Zahlung der Versicherungsbeiträge einzustellen, was sich gleichfalls problemlos realisieren ließe und à la longue zu keinen nennenswerten Einbußen im Versicherungsschutz führen würde. II.
Die Entscheidung hinsichtlich der Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 22 Abs. 1 Satz 1 GKG in Verb. mit Nr. 1811 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG.
Außergerichtliche Kosten sind, wie sich aus § 127 Abs. 4 ZPO ergibt, im Beschwerdeverfahren zur Prozesskostenhilfe generell nicht erstattungsfähig.
Ende der Entscheidung
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