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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 17.04.2002
Aktenzeichen: 5 U 13/02
Rechtsgebiete: InsO, BGB, VOB/B, ZPO


Vorschriften:

InsO § 50 Abs. 1
InsO § 81
InsO § 133
InsO § 166 Abs. 2
InsO § 170 Abs. 1 Satz 2
InsO § 171 Abs. 1
InsO § 171 Abs. 1 Satz 2
InsO § 171 Abs. 2
BGB § 631
BGB § 398
VOB/B § 8 Nr. 2 Abs. 1
VOB/B § 8 Nr. 2 Abs. 2
ZPO § 3
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Das Vorliegen einer inkongruenten Deckung ist auch unter der Geltung der Insolvenzordnung ein starkes Beweisanzeichen für die Beachteiligungsabsicht des Schuldners und die Kenntnis hiervon bei seinem Vertragspartner (§ 133 Abs. 1 Satz 1 InsO).
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 U 13/02 OLG Naumburg

verkündet am: 17. April 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Braun, der Richterin am Oberlandesgericht Marx-Leitenberger und des Richters am Landgericht Lentner auf die mündliche Verhandlung vom 17. April 2002 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 21. Dezember 2001 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Halle abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 Euro abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Sicherheitsleistung durch eine selbstschuldnerische, unbefristete, unbedingte und unwiderrufliche Bürgschaft einer deutschen Großbank oder Sparkasse zu erbringen.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 22.936,12 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die R. Eigenheimbau- und Bausanierungs GmbH (im Folgenden: Zedentin) war vom Landkreis O. mit Leistungen an dem Bauvorhaben "Berufsbildende Schulen des Landkreises O. " beauftragt worden, die schließlich einen Umfang von mindestens 1,2 Mio. DM umfassten. Sie bediente sich hierzu mehrerer Subunternehmer, u. a. des unter der Firma Baureparaturen H. handelnden R. H. (im Folgenden: Zessionar), der mit der Ausführung des Gewerkes Zimmererarbeiten einen Teil der von der Zedentin gegenüber dem Landkreis O. geschuldeten Leistungen übernahm. Gegenstand der Vereinbarung zwischen der Zedentin und dem Zessionar waren im "Leistungsverzeichnis Los C 4 Zimmererarbeiten" aufgeführte Arbeiten zu den dort genannten Preisen. Auf den Inhalt dieses Leistungsverzeichnisses wird Bezug genommen (Bl. 8 bis Bl. 32 Bd. I d. A.). Die dem Zessionar übertragenen Leistungen erreichten einen Umfang von nicht mehr als 515.000,00 DM.

Nach Abschluss dieses Subunternehmervertrages und nach Beginn der Bauausführung durch den Zessionar - die Zedentin befand sich bereits in wirtschaftlichen Schwierigkeiten - unterzeichneten er und die Geschäftsführer der Zedentin am 23./25. März 1999 eine Vereinbarung folgenden Inhalts:

"Betrifft: Forderungsabtretung

Zwischen der Firma R. Eigenheimbau und Bausanierungsgesellschaft mbH O. straße 22 H. (Sicherungsgeber) und der Firma Baureparaturen R. H. F. straße 6 A D. wird folgendes vereinbart:

1. Gegenstand der Abtretung

Als Sicherheit für die derzeit teilweise bereits erbrachten bzw. noch zu R. isierenden Leistungen gegenüber dem Sicherungsnehmer tritt der Sicherungsgeber, die Firma R. -Bau GmbH H. , sämtliche gegenwärtigen und künftigen Forderungen aus dem Angebot und der Auftragsbestätigung vom 15.03.1999 zum Bauvorhaben "Berufsbildende Schulen des Landkreises O. in der Klosteranlage A. - Gewerk Zimmerer" gegenüber der Firma

Baureparaturen R. H. F. straße 6 a D.

ab.

Die Forderung beläuft sich entsprechend dem vorliegenden Angebot und der Auftragsbestätigung vom 15.03.1999 auf eine Summe von 514.784,89 DM.

2. Rechtsübergang

Die gegenwärtigen Forderungen der Fa. Baureparaturen H. an die Fa. R. -Bau GmbH gehen mit Abschluß dieses Vertrages, der sich aus der Auftragsbestätigung des unterbreiteten Angebotes für das BV: "Berufsbildende Schule des Landkreises O. in der Klosteranlage A. " mit der Erfüllung der dort vereinbarten Leistungen ergibt.

Der Sicherungsgeber hat dafür Sorge zu tragen, daß die Zahlung der von der Firma Baureparaturen H. erbrachten Leistungen auf schnellstem Wege erfolgen kann.

3. Freigabe der Sicherheit

Der Sicherungsnehmer hat nach Befriedigung seiner Zahlungsansprüche den Forderungsabtretungsvertrag an den Sicherungsgeber zurückzugeben."

Soweit die Vertragsparteien in Ziff. I der Vereinbarung von "... gegenwärtigen und künftigen Forderung aus dem Angebot und der Auftragsbestätigung vom 15. März 1999 zum Bauvorhaben Berufsbildende Schulen des Landkreises O. in der Klosteranlage A. - Gewerk Zimmerer" sprachen, beabsichtigten sie Abtretung der Forderung der Zedentin gegen den Landkreis O. , soweit diese auf den Leistungen des Zessionars beruhten.

Eine Ablichtung dieser Vereinbarung wurde unter dem Datum vom 01. April 1999 seitens der Zedentin von einer anderen Person als den Geschäftsführern unterzeichnet. Sie enthält des Weiteren die Unterschrift des Zessionars sowie unter dem Datum des 07. April 1999 den Vermerk, "Einverständnis und zur Kenntnis genommen: R. Amtsleiter" mit der Unterschrift des Herrn R. sowie einem Stempel des Landkreises O. . Auf die Einzelheiten der Urkunde wird Bezug genommen (Bl. 113, 114 Bd. I d. A.).

In der Folgezeit zahlte der Landkreis O. direkt an den Zessionar, soweit die Zedentin den von diesem verlangten Werklohn für berechtigt erklärte.

Das Amtsgericht Halle-Saalkreis eröffnete am 30. September 1999 auf einen am 13. September 1999 gestellten Eigenantrag hin das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Zedentin und bestellte den Beklagten zum Verwalter (Geschäftsnummer 59 IN 786/99).

Da die Zedentin infolge ihrer Zahlungsunfähigkeit am 13. September 1999 auch die Arbeiten an dem Bauvorhaben des Landkreises O. eingestellt hatte, kündigte dieser sogleich den Bauvertrag.

Am 07. Oktober 1999 legte der Kläger gegenüber der Zedentin seine Schlussrechnung, mit der er einen noch ausstehenden Bruttowerklohn in Höhe von 91.096,25 DM geltend machte. Auf den näheren Inhalt der Schlussrechnung wird Bezug genommen (Bl. 65 ff. Bd. I d. A.).

Im Dezember 1999 stellte die Zedentin gegenüber dem Landkreis O. eine Schlussrechnung, die seitens des Landkreises durch die Fa. I. geprüft und nach Abzug einer Schadenersatzforderung des Landkreises gegen die Zedentin in Höhe eines Restbetrages von 46.728,28 DM für berechtigt erachtet wurde. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schreibens der Firma I. vom 07. März 2000 nebst Anlagen Bezug genommen (Anlagen K 11, K 12, Bl. 90 bis 92 Bd. I d. A.). Der Landkreis O. leistete eine Schlusszahlung in der von der Planungsfirma I. ermittelten Höhe von 46.728,28 DM an den Beklagten.

Das Amtsgericht Magdeburg eröffnete am 09. Januar 2002 über das Vermögen des Zessionars das Insolvenzverfahren und bestellte den Kläger zum Verwalter. Er hat den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 11. Februar 2002 (Bl. 165 Bd. I d. A.) aufgenommen.

Der - damalige - Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe die vom Landkreis O. geleistete Zahlung von 46.728,28 DM zu Unrecht eingezogen. Die dieser Zahlung zu Grunde liegende Forderung sei mit der Vereinbarung vom 23. März 1999/25. März 1999 an ihn abgetreten worden. Der Beklagte sei daher verpflichtet, den Betrag abzüglich pauschaler Feststellungskosten von 4 v. H. gemäß § 171 Abs. 1 Satz 2 InsO an ihn - den Zessionar - herauszugeben.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 44.859,15 DM nebst 5 v. H. Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 01. September 2000 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Abtretungsvereinbarung vom 23./25. März 1999 sei unwirksam. Der Umfang der zu sichernden Forderungen sei nicht ausreichend bestimmt. Außerdem habe sich der Zessionar in sittenwidriger Weise übersichert. Für das gesamte Bauvorhaben seien Baukosten von 1,2 Mio. DM veranschlagt worden. Dem stehe lediglich der vom Kläger behauptete Anspruch von ca. 91.000,00 DM aus der Schlussrechnung gegenüber. Im Übrigen seien die von dem Kläger und ihm im Rechtsstreit vorgelegten Ablichtungen des Vertrages (Bl. 33 f. und 113 f. Bd. I d. A.) nicht identisch.

Der Beklagte hat die Anfechtung der Vereinbarung vom 23./25. März 1999 nach den Insolvenzvorschriften erklärt. Er hat hierzu vorgetragen, der Zessionar habe sich mit der fraglichen Vereinbarung eine inkongruente Deckung verschafft. Aus der Inkongruenz könne auf die Gläubigerbenachteiligungsabsicht seitens der Zedentin und die Kenntnis des Zessionars hiervon geschlossen werden. Er hat darüber hinaus die Auffassung vertreten, der Forderung des Klägers stehe § 81 InsO entgegen, weil die Schlussrechnung über die Leistungen der Zedentin erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt worden und die Werklohnforderung somit erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sei.

Schließlich hat der Beklagte ohne Mitteilung von Einzelheiten behauptet, der Werklohnanspruch des Klägers sei bereits durch Erfüllung untergegangen.

Das Landgericht hat den Beklagten am 21. Dezember 2001 antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Auf die Entscheidungsgründe des Urteils wird Bezug genommen (Leseabschrift des Urteils, Bl. 153 ff. d. A.).

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung.

Er wiederholt seine Auffassung, daß die Forderung der Zedentin gegen den Landkreis O. , die der Kläger für sich beansprucht, erst nach Insolvenzeröffnung mit der Schlussrechnung vom Dezember 1999 entstanden sei und sich die Abtretung vom 23./25. März 1999 auf eine Forderung erstrecke, über die gemäß § 81 InsO nicht mehr wirksam habe verfügt werden können. Es sei insolvenzrechtswidrig, eine vom Insolvenzschuldner vor Insolvenzeröffnung vorgenommene Vorausabtretung auch auf Forderungen zu erstrecken, die erst nach Insolvenzeröffnung entstehen.

Ferner wiederholt der Beklagte sein Vorbringen zur Anfechtung. Der Kläger hätte sich nicht sämtliche Werklohnforderungen der Zedentin gegen den Landkreis O. abtreten lassen, wenn er nicht bösgläubig im Sinne des § 133 InsO gewesen wäre. Aus der Inkongruenz der Deckung folge die Benachteiligungsabsicht.

Im Übrigen sei ein eventueller Auszahlungsanspruch des Beklagten nach § 171 Abs. 1 und 2 InsO nicht nur um 4 v. H., sondern um insgesamt 9 v. H. zu kürzen.

Der Beklagte beantragt,

das am 21. Dezember 2001 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Halle abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung und nimmt Bezug auf seinen erstinstanzlichen Vortrag samt der dortigen Beweisantritte. Er trägt vor, eine von dem Zessionar gestellte Abschlagsrechnung vom 26. Juli 1999 sei vom Landkreis O. ausgeglichen worden, nachdem der Beklagte nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Freigabe dieser Zahlungen erklärt habe. Daraus sei zu schließen, dass der Beklagte die streitige Abtretungsvereinbarung zunächst selbst als wirksam angesehen habe. Der Auszahlungsanspruch sei nicht um 9 v. H. zu kürzen. Es sei nicht ersichtlich, dass überhaupt Verwertungskosten angefallen seien.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und begründet.

Der Kläger hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf die begehrte Zahlung.

Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung gemäß §§ 631, 398 BGB, 50 Abs. 1, 170 Abs. 1 Satz 2, 171 Abs. 1 Satz 2 InsO setzt voraus, dass der Beklagte eine in das Vermögen des Zessionars fallende Forderung nach § 166 Abs. 2 InsO eingezogen hat. Daran fehlt es hier.

Gegen die Wirksamkeit der Abtretungsvereinbarung vom 23./25. März 1999 bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Die Vereinbarung ist der Auslegung zugänglich. Danach haben die Parteien unter Ziff. 1 die Abtretung eines Teils der Forderungen der Zedentin gegen den Landkreis O. aus dem Bauvorhaben "Berufsbildende Schulen des Landkreises O. in der Klosteranlage A. " an den Zessionar vereinbart. Der Umfang der von der Zedentin gegenüber dem Landkreis O. geschuldeten Leistungen überstieg den vom Zessionar übernommenen Teil erheblich. Soweit die Vertragsparteien in Ziff. I der Vereinbarung von "... gegenwärtigen und künftigen Forderung aus dem Angebot und der Auftragsbestätigung vom 15. März 1999 zum Bauvorhaben Berufsbildende Schulen des Landkreises O. in der Klosteranlage A. - Gewerk Zimmerer" sprachen, haben der Kläger und der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt, dass die Forderung der Zedentin gegen den Landkreis O. nur insoweit abgetreten werden sollten, als diese auf den in dem Angebot und der Auftragsbestätigung vom 15. März 1999 beschriebenen Leistungen des Zessionars beruhten. Die abgetretene Forderung wurde dadurch in zweifacher Hinsicht bestimmt. Sie sollte sich auf den Teil der Gesamtforderung der Zedentin gegen den Landkreis O. beziehen, der auf das vom Zessionar bearbeitete Gewerk entfiel und höchstens 514.784,89 DM betragen. In Ziff. 2 der Vereinbarung haben die Parteien zum Ausdruck gebracht, dass die Zahlungen durch den Landkreis O. unmittelbar an den Zessionar erfolgen sollten. Daher war von vornherein die Offenlegung der Abtretung beabsichtigt.

Die Abtretungsvereinbarung ist nicht wegen Übersicherung sittenwidrig und unwirksam (§ 138 BGB). Die Abtretung erfolgte vielmehr, wie ausgeführt, lediglich in Höhe des dem Zessionar gegen die Zedentin zustehenden Werklohns. Maßgeblich ist insoweit das anfängliche, hier nicht zu beanstandende Verhältnis zwischen Sicherung und zu sichernder Forderung und nicht ein sich gegebenenfalls später entwickelndes Missverhältnis, das durch den Anspruch des Sicherungsgebers auf Freigabe überschießender Sicherungen aufzulösen ist.

Die Abtretung scheitert auch nicht an § 81 InsO. Wie das Landgericht insoweit zutreffend ausgeführt hat, stammt die in der Abtretungsvereinbarung liegende Verfügung der Zedentin als Schuldnerin aus der Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Die abgetretene Werklohnforderung entstand entgegen der Auffassung des Beklagten nicht erst mit Stellung der Schlussrechnung, sondern bereits mit Abschluss des Werkvertrages (BGHZ 68, 379; Palandt-Sprau, 61. Aufl., Rn. 1 zu § 632 BGB).

Es kann jedoch nicht festgestellt werden, dass die vom Beklagten eingezogene Schlusszahlung in Höhe von 46.728,28 DM auf Forderungen geleistet wurde, die mit Vereinbarung vom 23/25. März 1999 an den Zessionar abgetreten worden waren. Weder aus dem Vortrag der Parteien noch aus sonstigen Umständen ist ersichtlich, ob und in welcher Höhe die Forderung der Zedentin zur Zeit der Schlusszahlung noch auf Leistungen des Zessionars beruhten.

Da sich zwischen der vom Beklagten mit der Berufungsbegründung vorgelegten, unter dem Datum des 16. Dezember 1999 erstellten Schlussrechnung (Bl. 177 ff Bd. I d. A.) und der von der Firma I. erarbeiteten Aufstellung zur Schlusszahlung Abweichungen ergeben, die auf Änderungen und Kürzungen der Schlussrechnung schließen lassen, ist nicht auszuschließen, dass sich diese Änderungen auf Forderungen der Zedentin beziehen, die in Leistungen des Zessionars ihren Grund haben. Es ist auch möglich, dass die vom Landkreis O. nach Kündigung des Werkvertrages geltend gemachten und in die Schlussabrechnung eingeflossenen Schadenersatzansprüche - auch - die vom Zessionar zu erbringenden Leistungen betrafen. Zudem ergibt sich aus der Berechnung der Schlusszahlung durch die Firma I. , dass der Landkreis bereits Zahlungen in einer die Gesamtforderung des Zessionars gegen die Zedentin deutlich überschreitenden Höhe geleistet hatte. Inwieweit die Forderung der Zedentin gegen den Landkreis unter Berücksichtigung der erfolgten Zahlungen, der auf Kürzung oder Änderung der Schlussrechnung sowie der vom Landkreis geltend gemachten Schadenersatzansprüche beruhenden Abweichungen der Schlusszahlung vom Schlussrechnungsbetrag noch als auf den Leistungen des Zessionars beruhend anzusehen war, ist auch nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung unklar geblieben.

Im Übrigen besteht Anlass zu der Überlegung, ob die mit Vereinbarung vom 23./25. März 1999 abgetretene Forderung nicht bereits vor Einziehung der Schlusszahlung des Landkreises O. durch den Beklagten untergegangen ist.

Der Vertrag zwischen der Zedentin und dem Landkreis O. war bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Kündigung des Landkreises O. nach § 8 Nr. 2 Abs. 1 VOB/B beendet worden. Der Landkreis hatte infolge der Kündigung gegen den Beklagten Schadenersatzansprüche geltend gemacht. Nach § 8 Nr. 2 Abs. 2 VOB/B, deren Geltung für das Vertragsverhältnis zwischen der Zedentin und dem Landkreis vom Beklagten unwidersprochen behauptet wird, kann der Auftraggeber nach einer Kündigung gemäß § 8 Nr. 2 Abs. 1 VOB/B wegen Vermögensverfalls Schadenersatz wegen Nichterfüllung der noch ausstehenden Werkleistung fordern. Insoweit ist das ursprüngliche Vertragsverhältnis zwischen der Zedentin und dem Landkreis fortgefallen und an seine Stelle das Schadenersatzverlangen des Landkreises getreten. Dieser Schadenersatzanspruch wegen (teilweiser) Nichterfüllung ist nach der Differenzlehre abzurechnen (Ingenstau/Korbion, 14. Aufl., Rn. 74 zu § 8 VOB/B). Der Werklohnanspruch und die Schadenersatzforderung stehen sich verrechenbar gegenüber, die Einzelforderungen der Vertragsparteien gehen im Abrechnungsverhältnis unter. Sie erlöschen. Hier ist jedenfalls nicht erkennbar, in welcher Höhe sich der abgetretene Teil der Forderung in dem sich nach der Verrechnung ergebenden Restanspruch der Zedentin niedergeschlagen hat.

Letztlich kann dahingestellt bleiben, ob der Beklagte eine Forderung eingezogen hat, die dem Kläger zustand. Er hat die Abtretungsvereinbarung vom 23./25. März 1999 jedenfalls wirksam angefochten (§§ 129 Abs. 1 Satz 1, 133 Abs. 1 InsO), so daß der Kläger keine Rechte mehr aus dieser Vereinbarung gegen den Beklagten herleiten kann (§ 143 Abs. 1 InsO).

Die angefochtene Vereinbarung führte zu einer objektiven Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO), denn durch sie verschlechterten sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Gläubiger der Zedentin. Ohne die Abtretung wären die vom Landkreis O. bereits geleisteten Zahlungen an die Zedentin selbst geflossen, was die Befriedigungsmöglichkeit der Gläubigergemeinschaft erhöht hätte. Auch die streitige Zahlung müsste - das Bestehen der Restforderung vorausgesetzt - an den Kläger ausgekehrt werden und wäre dem Zugriff der übrigen Gläubiger entzogen.

Die streitige Abtretung erfolgte in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Sie wurde mit dem Vorsatz vorgenommen, die Gläubiger zu benachteiligen, wobei der Zessionar diesen Vorsatz kannte (§ 133 Abs. 1 Satz 1 InsO).

Der Zessionar hat mit der Abtretungsvereinbarung vom 23./25. März 1999 eine inkongruente Deckung erlangt. Die Abtretung erfolgte, nachdem er sich gegenüber der Zedentin ohne Sicherung zur Erbringung von Werkleistungen verpflichtet und sogar die geschuldeten Arbeiten bereits aufgenommen hatte. Das Vorliegen einer inkongruenten Deckung ist auch unter der Geltung der Insolvenzordnung (InsO) ein starkes Beweisanzeichen für die Benachteiligungsabsicht des Schuldners und die Kenntnis hiervon bei seinem Vertragspartner (Heidelberger Kommentar-Kreft, InsO, Rn. 19 f zu § 133). Dies beruht auf dem Gedanken, dass Schuldner regelmäßig nicht bereit sind, anderes oder mehr zu leisten, als sie schulden. Tun sie es dennoch liegt der Verdacht nahe, ein Gläubiger solle zum Nachteil der anderen begünstigt werden (BGH ZIP 1997, 515; 1998, 263). So liegen die Dinge auch hier. Die Zedentin befand sich zur Zeit der Abtretung bereits in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die schließlich in die Insolvenz mündeten. Es bestehen daher keine vernünftigen Zweifel daran, dass ihre Geschäftsführer wussten, sie würden in absehbarer Zeit nicht alle Gläubiger befriedigen können und durch die Bevorzugung einzelner Gläubiger zwangsläufig andere benachteiligen. Wie der vom Zessionar begleitete Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung erklärte, hatte jener von der finanziellen Bedrängnis der Zedentin gehört und gerade deshalb eine Sicherung verlangt. An seiner Kenntnis von der Benachteiligungsabsicht besteht daher kein Zweifel.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 3, 91 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat hat keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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