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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Beschluss verkündet am 13.08.2002
Aktenzeichen: 6 U 1986/97
Rechtsgebiete: GKG


Vorschriften:

GKG § 54 Nr. 1
GKG § 54 Nr. 2
GKG § 58 Abs. 2 Satz 1
1. Soweit ein Kostenschuldner auf Grund von § 54 Nr. 1 oder 2 GKG haftet, darf die Haftung eines anderen Kostenschuldners gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 GKG nur geltend gemacht werden, wenn eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des ersteren erfolglos geblieben ist oder aussichtslos erscheint.

2. Die verwaltungsinterne Regelung des Ministeriums der Finanzen Sachsen-Anhalt (Erlass des MF vom 08. August 2001), wonach eine Auslandsvollstreckung nur bei offenen Forderungen über 1.500,00 EUR durchzuführen ist, ist für die Entscheidung, ob der Zweitschuldner heranzuziehen ist, nicht maßgeblich.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG BESCHLUSS

6 U 1986/97 OLG Naumburg

In dem Rechtsstreit

wegen Beschwerde gegen den Kostenansatz

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichtes Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht von Harbou sowie die Richter am Oberlandesgericht Rüge und Dr. Grubert am 13. August 2002 beschlossen:

Tenor:

Auf die Erinnerung des Klägers wird der Kostenansatz (2 Kostenrechnungen) der Urkundsbeamtin des Oberlandesgerichts Naumburg vom 20. März 2002 aufgehoben.

Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 5 Abs. 6 GKG).

Gründe:

Die zulässige Erinnerung des Klägers ist gerechtfertigt. Zu Unrecht hat die zuständige Kostenbeamtin gegen den im Berufungsverfahren überwiegend obsiegenden Kläger Kosten angesetzt, die nach dem Kostenausspruch im Urteil des Senates vom 6. November 1998 den in der Schweiz wohnhaften Beklagten zur Last fallen.

Die beanstandeten Kostenrechnungen richten sich gegen den Kläger als Antragsschuldner nach § 49 Abs. 1 GKG. Nach dieser Vorschrift ist in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Schuldner der Kosten derjenige, der das Verfahren der Instanz beantragt hat. Der Kläger ist als Berufungskläger Antragssteller des Berufungsverfahrens und deshalb gegenüber der Staatskasse Schuldner der gesamten Kosten des Berufungsverfahrens (Antragsschuldner).

Außer dem Kläger sind die Beklagten Schuldner für 70 % der Kosten, weil ihnen durch gerichtliche Entscheidung - das Senatsurteil vom 6. November 1998 - insoweit die Kosten des Verfahrens auferlegt worden sind, § 54 Nr. 1 GKG (Entscheidungsschuldner). Sie haften insoweit mit dem Kläger als Gesamtschuldner, § 58 Abs. 1 GKG. Nach § 421 Satz 1 BGB darf der Gläubiger bei Gesamtschuldnern die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Schuldner ganz oder teilweise verlangen, bis die Schuld vollständig getilgt ist.

Gleichwohl kann die Landeskasse zur Zeit vom Kläger nicht den auf die Beklagten entfallenden Teil der Kosten fordern. Dem steht § 58 Abs. 2 Satz 1 GKG entgegen, der bestimmt: Soweit ein Kostenschuldner auf Grund von § 54 Nr. 1 (wie die Beklagten) oder 2 haftet, soll die Haftung eines anderen Kostenschuldners nur geltend gemacht werden, wenn eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des ersteren erfolglos geblieben ist oder aussichtslos erscheint. Diese Vorschrift (inhaltsgleich mit § 8 Abs. 1 Kostenverfügung vom 1. März 1976 (KostVfg) begründet für den Verwaltungsvorgang des Kostenansatzes eine Rangfolge: Der Entscheidungsschuldner ist zuerst auf Zahlung der Kosten in Anspruch zu nehmen (Erstschuldner); nur unter den Voraussetzungen des § 58 Abs. 2 Satz 1 GKG darf der Antragsschuldner auch wegen der Kosten, die der Gegenpartei auferlegt sind, in Anspruch genommen werden (Zweitschuldner). Das bedeutet trotz der Formulierung "soll" eine verbindliche Maßgabe für den Kostenbeamten bei der Ausstellung der Kostenrechnungen. Denn stünde in seinem Belieben, die Kosten gegen den einen oder den anderen Kostenschuldner anzusetzen, wäre die Bestimmung des § 58 Abs. 2 Satz 1 GKG sinnentleert.

Nach diesen Maßstäben hat die Kostenbeamtin ohne ausreichende Grundlage jeweils 141,50 Euro, das sind die Kostenanteile der Beklagten, gegen den Kläger angesetzt. Denn weder ist die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen der Erstschuldner erfolglos geblieben, noch liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Vollstreckung gegen sie aussichtslos erscheint. Die Vollstreckung ist gegen die Beklagten gar nicht erst versucht worden, weil gemäß verwaltungsinterner Regelung des Ministeriums der Finanzen Sachsen-Anhalt eine Auslandsvollstreckung nur bei offenen Forderungen über 1.500 Euro durchgeführt wird. Diese Regelung berücksichtige den Arbeitsaufwand zur Einhaltung der Formvorschriften bei Auslandsvollstreckungen sowie das bestehende erhebliche Kostenrisiko (MF-Schreiben vom 8. August 2001).

Dieses Schreiben setzt die Regelungen des § 58 Abs. 2 Satz 1 GKG, 8 Abs. 1 Satz 1 KostVfg nicht außer Kraft. Es befugt die Kostenbeamtin nicht, die Kosten von weniger als 1.500 Euro nunmehr vom Kläger zu erheben, nur weil die Beklagten in der Schweiz wohnen. Denn die Vollstreckung ist nicht aussichtslos, sondern ohne weiteres möglich, weil mit der Schweiz die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen verbürgt ist (Geimer in Zöller, ZPO, 23. Aufl. 2002, Anhang IV "Schweiz").

Ende der Entscheidung

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