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Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 22.11.2006
Aktenzeichen: 6 U 79/06
Rechtsgebiete: VOB/B
Vorschriften:
VOB/B § 8 Nr. 3 Abs. 1 |
2. Ein solcher Kündigungsgrund liegt in der Erklärung des Auftragnehmers, mit der Aufnahme der Produktion bestellter Küchenmöbel für ein Studentenwohnheim erst unter der Bedingung zu beginnen, dass der Auftraggeber die wegen vorangegangener Verzögerungen gestellte Ankündigung der Geltendmachung von Vertragsstrafe und Verzugsschadensersatz zurücknimmt.
OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
6 U 79/06 OLG Naumburg
verkündet am: 22. Nov. 2006
In dem Rechtsstreit
wegen Schadensersatzes und Werkvergütung
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichtes Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht von Harbou sowie die Richter am Oberlandesgericht Rüge und Handke auf die mündliche Verhandlung vom 22. November 2006 für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin wird das am 30. März 2006 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des Landgerichts Halle - 9 O 205/04 - abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 36.792,64 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 18.156,32 € für den Zeitraum vom 23. Januar 2004 bis 26. Juni 2004, aus 23.014,16 € für den Zeitraum vom 25. Juni 2004 bis zum 28. Oktober 2005 und aus 36.792,64 € seit dem 29. Oktober 2005 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe von 43 Pantryküchen, Typ G.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die vorläufige Zwangsvollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe:
I.
Die Parteien streiten darum, ob die Klägerin berechtigt war, das Werkvertragsverhältnis der Parteien durch Schreiben vom 1. Oktober 2003 (GA I 34) aus wichtigem Grund zu kündigen. Davon hängt ab, ob entweder die Klägerin Anspruch auf Erstattung der Preisdifferenz für die Erfüllung der ehemals der Beklagten obliegenden Leistungen durch eine Drittfirma und auf Ersatz desjenigen Schadens hat, der ihr mit den Kosten für den Erwerb und die gesonderte Montage und Demontage der als Zwischenlösung angeschafften Pantryküchen entstanden ist, oder die Beklagte Anspruch auf Werklohn abzüglich ersparter Aufwendungen hat.
Das Studentenwerk H. verwaltet im Wege der Auftragsverwaltung für die Klägerin das Studentenwohnheim 5 in M. . In dieser Eigenschaft schließt das Studentenwerk (künftig: Klägerin) eigenverantwortlich Werk- und Mietverträge und führt sie durch.
In der Absicht, die 43 Wohneinheiten in zwei sanierten Flügeln des M. Studentenwohnheimes (Ost- und Westflügel) mit neuen Küchen auszustatten, beauftragte die Klägerin im Ergebnis einer Ausschreibung am 25. Juli 2003 (GA I 23-26) die Beklagte mit der Fertigung, Lieferung und Montage "von 43 Stück Möblierungen Gemeinschaftsküchen" zum Preis von 72.451,28 €. Dem Vertrag lagen die VOB und die dem Vertrag angefügten Besonderen Vertragsbedingungen (EVM (B) BVB; GA I 25-26) zugrunde. Vereinbarungsgemäß sollte mit der Leistung am 15. September 2003 begonnen und sie am 26. September 2003 fertig gestellt werden.
Auf die Mitteilung der Klägerin vom 18. August 2003 über die Aufmaßfreiheit ab dem 20. August 2003 gab die Beklagte mit Behinderungsanzeige vom 26. August 2003 schriftlich (GA I 29-30) kund, dass in sechs Räumen im Ostflügel der Fußboden und die Trockenbauwände nicht fertiggestellt seien und im Westflügel bis auf eine Küche noch Rigipswände, Fliesenspiegel fehlten und Malerarbeiten ausstünden. Deshalb habe sie kein Feinaufmaß nehmen können, wodurch sich die Ausführungsfristen verlängern, Schadensersatzansprüche der Beklagten entstehen und eine Preiserhöhung um 1.500 € eintreten würden. Die Klägerin wies die Behinderung mit Schreiben vom 3. (GA I 31-32) und 16. September 2003 (GA I 61) zurück, kündigte ihrerseits Schadensersatzansprüche an und forderte die Beklagte mit Schreiben vom 18. September 2003 (GA I 33) "letztmalig auf, mit den Montagearbeiten vor Ort bis spätestens 22.09.2003, 9.00 Uhr zu beginnen und dem Studentenwerk den angeforderten Montageablaufplan ebenfalls bis zu diesem Termin vorzulegen". Bei Verstreichen dieser Frist würde der Vertrag gekündigt und die Leistung auf Kosten der Beklagten durch einen Dritten ausgeführt werden. Am 25. September 2003 setzte sie noch eine Nachfrist bis zum 30. September 2003.
Nunmehr erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 29. September 2003 (GA I 65), dass die Produktionsaufnahme die "Rücknahme der angekündigten Vertragsstrafe und Verzugsschäden" voraussetze. Bis zum Vorliegen einer derartigen Erklärung verschiebe sich der Produktionsbeginn. Daraufhin kündigte die Klägerin am 1. Oktober 2003 (GA I 34) den Vertrag nach § 8 Nr. 3 VOB aus wichtigem Grund.
Sodann hat die Klägerin am 2. Oktober 2003 den zweitgünstigten Bieter, die S. GmbH zum Preis von 86.229,76 € mit der Fertigung und Montage der Küchen beauftragt. Diese Firma hat die Küchen bis zum 21. November 2003 eingebaut und über 86.229,76 € Schlussrechnung gelegt.
Als Behelf für die Zwischenzeit hat die Klägerin 43 Pantryküchen angeschafft, eingebaut, angeschlossen, wieder ausgebaut und eingelagert, wofür sie der Beklagten insgesamt 23.014,16 € berechnete.
Vor dem Landgericht hat die Klägerin Zahlung dieses Betrages und der Preisdifferenz von 13.778,48 € für die Beauftragung des nächstteureren Bieters Zug um Zug gegen Übergabe der Pantryküchen an die Beklagte verlangt.
Die Beklagte hat dieses Ansinnen zurückgewiesen und widerklagend Zahlung von Werklohn über 11.841,28 € beantragt.
Die Einzelrichterin beim Landgericht hat der Klage nach Erhebung von Zeugenbeweis bis auf einen Teil der Zinsforderung stattgegeben; die Widerklage hatte nur zu 779,60 € Erfolg.
Zur Begründung ist ausgeführt, die Klägerin sei nach § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B zur Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt gewesen, weil die Beklagte mit Schreiben vom 29. September 2003 die Vertragserfüllung konkludent ernsthaft und endgültig verweigert habe. Nichts anderes liege in der Erklärung, sie werde ihre Leistung erst erbringen, wenn die Klägerin auf Vertragsstrafe und Schadensersatz schriftlich verzichte; denn auf diese Erklärung habe die Beklagte keinen Anspruch gehabt. Ebenso sei die Beklagte am 29. September 2003 nicht zur Leistungsverweigerung berechtigt gewesen.
Als Rechtsfolge der Vertragsbeendigung nach § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B habe die Klägerin gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B Anspruch auf Erstattung derjenigen Mehrkosten, die ihr dadurch entstanden seien, dass sie nach Vertragskündigung den nächstgünstigen Anbieter mit der Lieferung und Montage der Gemeinschaftsküchen habe beauftragen müssen. Ferner habe sie Anspruch auf Ersatz der für die Anschaffung, Montage, Demontage und Einlagerung der Pantryküchen entstandenen Kosten, Zug um Zug gegen Übergabe der Küchen an die Beklagte.
Der Widerklageanspruch der Beklagten scheitere bis auf 779,60 € daran, dass sie bis auf das Aufmaß keine weiteren Leistungen erbracht habe.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten mit dem Antrag,
das Urteil des Landgerichts Halle vom 30. März 2006 abzuändern,
die Klage abzuweisen,
die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 11.841,28 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen und die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Sie beanstandet die rechtliche Würdigung des Landgerichts zum Kündigungsgrund. In ihrer Erklärung vom 29. September 2003 habe gerade keine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung gelegen, sondern die Bekundung, ihre Leistung unter bestimmten, von der Klägerin erfüllbaren Bedingungen zu erbringen. Deshalb sei der Auftragsentzug ohne wichtigem Grund geschehen, wonach die Beklagte ihren Vergütungsanspruch nach § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B behalte und der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche nicht zustünden.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil mit ihrem bisherigen Tatsachenvortrag, den sie um Rechtsausführungen ergänzt. Ihre Anschlussberufung richtet sich gegen die Zubilligung des Werklohnes für Aufmaßleistungen der Beklagten von 779,60 €. Das Aufmaß bilde eine Vorleistung für die Fertigung der Küchen, die für sich genommen für die Klägerin wertlos sei. Zudem sei hierüber nicht abgerechnet worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat auf die zur Akte gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Niederschrift des Landgerichts über die Vernehmung der Zeugen H. und K. vom 21. März 2006 (GA II 28-32) und den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat - bis auf einen nicht gerechtfertigten Betrag von 26 € als Grundlage der Zinsberechnung - keinen Erfolg. Das Landgericht hat der Klage mit einer Begründung stattgegeben, die richtig ist und von seinen Tatsachenfeststellungen getragen wird. Die Feststellung, dass die Klägerin berechtigt gewesen sei, den Werkvertrag mit der Beklagten aus wichtigem Grund zu kündigen, weist keinen Rechtsfehler auf und wird von der Berufungsbegründung nicht in Zweifel gezogen.
Die Anschlussberufung der Klägerin führt zur Abänderung des angefochtenen Urteils und Abweisung der Widerklage insgesamt. Die Beklagte hat nämlich keinen Anspruch auf Vergütung der bis zur Kündigung erbrachten Teilleistung der Aufmaßnahme, weil diese für die Klägerin weder selbstständig verwendbar ist noch sonst einen Wert hat. Dieser Entgeltanspruch bildet deshalb einen Schaden, von dem die Klägerin im Rahmen ihres Schadensersatzanspruches freizustellen ist.
1. Dahin stehen kann, ob der Beklagten Leistungsverzug zur Last fällt, weil sie trotz gegebener Möglichkeit die rechtzeitige Aufnahme des Feinaufmaßes unterlassen hat. Darüber haben die Parteien in ihren Schreiben, die der Kündigung vorangingen, vehement gestritten. Es kommt hierauf für die Berufungsentscheidung jedoch nicht an, weil die Klägerin auch ohne dies zur Vertragskündigung aus wichtigem Grunde berechtigt war.
2. Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/B Anspruch auf Ersatz derjenigen Kosten, die ihr daraus entstanden sind, dass sie nach Auftragsentziehung die S. GmbH mit der Fertigung und Montage der 43 Gemeinschaftsküchen für den Ost- und Westflügel des Studentenwohnheimes in M. beauftragt hat und hierfür einen höheren Preis zahlen musste, als die Beklagte gefordert hatte. Danach steht der Klägerin gegen die Beklagte ein Aufwendungsersatzanspruch in Höhe von 13.778,48 € zu
a) Gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 1 Satz 1 VOB/B ist der Auftraggeber nach der Entziehung des Auftrages berechtigt, den noch nicht vollendeten Teil der Leistung zu Lasten des Auftragnehmers durch einen Dritten ausführen zu lassen, doch bleiben seine Ansprüche auf Ersatz des etwa entstehenden weiteren Schadens bestehen. Dieses Recht setzt eine wirksame Auftragsentziehung gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B voraus. Hiernach kann der Auftraggeber den Vertrag kündigen, wenn in den Fällen des § 4 Nr. 7 und des § 5 Nr. 4 VOB/B die gesetzte Frist fruchtlos abgelaufen ist.
b) Im Streitfall hat die Klägerin die Kündigung vom 1. Oktober 2003 nicht wegen fruchtlosen Ablaufes einer Frist in den Fällen der §§ 4 Nr. 7 oder 5 Nr. 4 VOB/B ausgesprochen, sondern wegen der Erklärung der Beklagten, dass sie die Produktion der Küchenmöbel erst aufnähme, wenn die Klägerin die beklagtenseits behaupteten Behinderungsumstände anerkenne und die angekündigten Schadensersatzforderungen zurücknähme. Darin läge eine rechtsgrundlose Verweigerung der Leistung, weil eine nicht erfüllbare Bedingung gestellt worden sei.
c) Nach allgemeiner Meinung kommt § 8 Nr. 3 VOB/B über den Wortlaut hinaus die Bedeutung einer Generalklausel für den Fall grober Vertragsverletzung zu. Das gilt jedenfalls dann, wenn das vertragliche Vertrauensverhältnis durch den Auftragnehmer so grob gestört wurde, dass dem Auftraggeber die Fortsetzung des Vertrages nicht mehr zugemutet werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 23. Mai 1996 - VII ZR 140/95, BauR 1996, 704, 705 mwN, Festhaltung: Urteil vom 12. Februar 2003 - X ZR 62/01, BauR 2003, 880, 881 mwN; Riedl in: Heiermann/Riedl/Rusam, VOB, 9. Aufl., Teil B, § 8 Rn. 22; Ingenstau/Korbion, VOB, 13. Aufl., Teil B, § 8 Rn. 78 mwN; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. Aufl., Rn. 1321). In diesen Fällen schwerwiegender Vertragsverletzung ist eine vorherige Fristsetzung und Kündigungsandrohung grundsätzlich nicht erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 23. Mai 1996, aaO.).
d) Ein solcher Fall der massiver Störung des vertraglichen Vertrauensverhältnisses durch das Verhalten der Beklagten liegt hier vor, so dass der Klägerin die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden konnte und sie aus diesem wichtigem Grunde zur Entziehung des Auftrages berechtigt war. Das hat die Landrichterin in den Gründen des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt.
aa) Zu Unrecht macht die Beklagte im Berufungsverfahren geltend, ihr Schreiben vom 29. September 2003 habe gar keine Erfüllungsverweigerung dargestellt. Das habe sie so auch nicht erklärt. Vielmehr habe die Beklagte deutlich gemacht, dass sie nach wie vor leistungsbereit sei und die erforderlichen Vorarbeiten bereits ausgeführt habe. Sie habe von der Klägerin lediglich eine Einigung über die beklagtenseits geltend gemachten Baubehinderungen erwartet.
bb) Diese Kritik geht fehl. Denn nach Treu und Glauben und Maßgabe der §§ 133, 157 BGB konnte das Schreiben der Beklagten vom 29. September 2003 (GA I 65) nur so verstanden werden, dass sie als Bedingung für ihre Leistung stellt, dass die Klägerin die angekündigten Forderungen auf Vertragsstrafe und Ersatz des Verzugsschadens zurücknimmt. Darin liegt kein Einigungsangebot, sondern eine strikte Forderung auf eine mit gravierenden rechtlichen Folgen verbundene Erklärung der Klägerin, auf die die Beklagte keinen Anspruch hatte; denn sie lief darauf hinaus, dass die Klägerin auf ihre Ansprüche wegen Vertragsstörungen verzichtet. Das war nach allen übrigen Umständen für die Klägerin unannehmbar (vgl. KG, Urteil vom 7. März 1995 - 14 U 2522/93, KGR 1996, 109 (Ls.), zitiert nach juris Rn. 58).
Wer sich in dieser Weise wie die Beklagte gegenüber einem Vertragspartner verhält, der dringend auf die vereinbarte Leistung angewiesen ist, stört das vertragliche Vertrauensverhältnis in einer Weise, die seine Fortsetzung für die Klägerin unzumutbar macht. Die Klägerin war deshalb aus diesem Grund zur fristlosen Vertragskündigung berechtigt.
cc) Davon ist die Fallgestaltung zu unterscheiden, in der bloße Meinungsverschiedenheiten über den Vertragsinhalt oder -umfang bestehen und der Schuldner seine Bereitschaft erklärt hat, zu anderen Bedingungen zu leisten (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1971 - VII ZR 102/69, BauR 1971, 798). Darum handelt es sich hier gerade nicht, da die Beklagte nicht etwa ihre Bereitschaft erklärte, zu anderen Vertragsbedingungen zu leisten, sondern den Beginn ihrer Leistung vom Verzicht der Klägerin auf Ansprüche erheblichen Umfanges abhängig machte. Das hat eine ganz andere Qualität und ist im Gegensatz zu veränderten Leistungs- oder Vergütungsbedingungen für den Vertragspartner nicht hinnehmbar.
e) Als Folge der Auftragsentziehung aus wichtigem Grund tritt nach § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz VOB/B an die Stelle des durch die Kündigung entfallenen Erfüllungsanspruches der Klägerin ein verschuldensunabhängiger Aufwendungsersatzanspruch (vgl. Riedl, aaO., Rn. 29). Nach dieser Vorschrift war die Klägerin berechtigt, den noch nicht vollendeten Teil der der Beklagten obliegenden Leistungen - hier also die vollständige Leistung - zu Lasten der Beklagten durch einen Dritten ausführen zu lassen. Der hieraus entstandene und durch die Beklagte zu erstattende Mehraufwand für die Beauftragung der S. GmbH beläuft sich auf 13.778,48 €. Das ist durch das Landgericht dem Grunde und der Höhe nach zutreffend festgestellt und mit der Berufungsbegründung nicht beanstandet worden.
3. Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß den §§ 280 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, 281 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB daneben (§ 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz VOB/B) Anspruch auf Schadensersatz in Höhe 23.014,16 €. In dieser Höhe hat die Klägerin für die behelfsmäßige Ausstattung von 43 Wohneinheiten ihres M. Studentenwohnheimes mit Küchen Aufwendungen für die Anschaffung (18.156,32 €), die Montage und den Anschluss (2.742,40 €), die Demontage (1.545,81 €) sowie die Einlagerung (568,63 €) von 43 Pantryküchen vorgenommen, die den Schaden bilden, der auf der geschilderten Vertragsverletzung der Beklagten beruht.
Die Tatsachenfeststellungen und die rechtliche Würdigung des Landgerichts zu Grund und Höhe dieses Anspruches begegnen keinen rechtlichen Bedenken. Die Berufung bringt hiergegen auch keine Beanstandungen vor.
4. Die Beklagte hat hingegen keinen Anspruch auf die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen nach § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B. Denn dieser Anspruch setzt voraus, dass die Klägerin den Werkvertrag nach § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOB/B "frei", also ohne wichtigen Grund gekündigt hat. Das ist jedoch gerade nicht der Fall, so dass die Beklagte keinen Anspruch auf Vergütung für nicht erbrachte Leistungen hat.
Das hat das Landgericht ebenfalls ohne Rechtsfehler erkannt.
III.
Die Anschlussberufung hat Erfolg. Denn der Beklagten steht keine Vergütung über 779,60 € für erbrachte Aufmaßleistungen zu. Der gegenteilige Befund des Landgerichts hat keinen Bestand. Denn hierbei ist übersehen worden, dass die Klägerin an der unselbstständigen Teilleistung Aufmaßnahme, die wegen des nachfolgenden Verhaltens der Beklagten und der darauf beruhenden berechtigten Vertragskündigung der Klägerin unnütz geworden ist, kein Interesse und deshalb im Rahmen ihres Schadensersatzanspruches Anspruch darauf hat, von dieser Entgeltforderung befreit zu werden.
1. Die Klägerin hat - wie unter Ziffer II. 3 ausgeführt - gegen die Beklagte wegen deren vertragswidriger Leistungsverweigerung gemäß den §§ 280 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, 281 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB Anspruch auf Schadensersatz. Dieser Anspruch umfasst auch, von der Vergütung für die Aufnahme des Feinaufmaßes befreit zu werden, die dadurch wertlos geworden ist. An dieser Teilleistung hat die Klägerin auch keinerlei Interesse, weil die später beauftragte S. GmbH erneut Feinaufmaß nehmen musste.
2. Die Klägerin hat nach § 249 Abs. 1 BGB Anspruch darauf, im Rahmen des Schadensersatzes so gestellt zu werden, als ob der zum Schadensersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Wäre die zum Schadensersatz verpflichtende grundlose Leistungsverweigerung nicht vorgekommen, so wäre nur ein Feinaufmaß erforderlich und im Rahmen des vereinbarten Werklohnes zu vergüten gewesen.
3. Der Vergütungsanspruch der Beklagten für die ausgeführte Teilleistung Aufmaßnahme läuft indes darauf hinaus, dass die Klägerin die Feinaufmaßnahme zweimal bezahlen soll, obwohl diese Leistung für die Herstellung der bestellten Kücheneinrichtungen nur einmal notwendig war. Der vom Landgericht hierfür zuerkannte Vergütungsanspruch über 779,60 € bildet deshalb einen Schaden, den die Klägerin infolge der vertragswidrigen Leistungsverweigerung der Beklagten erlitten hat. Die Klägerin hat im Rahmen ihres Schadensersatzanspruches Anspruch auf Befreiung von diesem Vergütungsanspruch. Das hat zur Folge, dass die hierwegen erhobene Forderung der Beklagten nicht besteht.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus den § 97 Abs. 1 und 91 Abs. 1 ZPO; die weiteren Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO.
Ende der Entscheidung
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