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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Naumburg
Urteil verkündet am 18.10.2006
Aktenzeichen: 6 U 85/06
Rechtsgebiete: TA


Vorschriften:

TA § 1 Abs. 1
TA § 1 Abs. 2
TA § 1 Abs. 8
1. Der vertragliche Anspruch einer Krankenkasse auf Ersatz von Aufwendungen für die Heilung von Gesundheitsschäden, die Bewohner von Pflegeheimen infolge Stürzen erlitten haben, nach einem Teilungsabkommen mit dem Haftpflichtversicherer des Heimträgers setzt einen adäquaten Ursachenzusammenhang zwischen dem Schadensfall und der versicherten Betriebshaftpflicht voraus. Das folgt aus den so lautenden Bestimmungen des § 1 Abs. 2 sowie § 1 Abs. 8 TA, wonach das Teilungsabkommen nur insoweit anwendbar ist, als die Haftpflichtversicherung für den Schadensfall Versicherungsschutz zu gewähren hat.

2. Damit ist der innere Zusammenhang zwischen dem Schadensfall und dem versicherten Wagnis gemeint, der für die Grenze der Anwendbarkeit des Teilungsabkommens maßgebend ist (vgl. BGH, Urt. v. 16.12.1981 - IV a ZR 181/80, VersR 1982, 333). Das ist nicht gleichbedeutend mit der haftungsbegründenden Kausalität, weil § 1 Abs. 1 TA den Verzicht auf die Prüfung der Haftungsfrage vorsieht.

3. Die Krankenkasse genügt ihrer Darlegungslast nicht durch den bloßen Vortrag, dass die bei ihr versicherten Personen, deren Heilungskosten sie mit dem Pauschalsatz nach dem Teilungsabkommen ersetzt verlangt, jeweils in einem - bei der Beklagten haftpflichtversicherten - Pflegeheim gestürzt sind und sich hierbei verletzt haben. Allein auf Grund dieses räumlichen Zusammenhangs kann nicht unterschieden werden, ob sich in dem konkreten Sturzgeschehen das allgemeinen Lebensrisiko des Heimbewohners ausgeprägt hat, oder das Haftpflichtrisiko des Heimbetreibers für den nicht ordnungsgemäßen Heimbetrieb, für dessen Folgen die beklagte Haftpflichtversicherung einstehen muss. Deshalb erfordert schlüssiges Vorbringen der klagenden Krankenkasse zumindest die Mitteilung der Umstände, unter denen sich der Sturz ereignet hat.

4. Der Krankenkasse kommen hierbei keine Erleichterungen nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungs- und Beweislast zugute. Denn Anhaltspunkte, nach denen die Klägerin zum Vortrag konkreter Umstände des Sturzgeschehens außerstande war, weil sie - wie auch die Beklagte - außerhalb des Geschehensablaufes stand und zudem keine Kenntnis von dem maßgebenden Tatsachen erlangen konnte, während sie der anderen Partei bekannt und dieser ergänzende Angaben zuzumuten sind, sind nicht mitgeteilt.


OBERLANDESGERICHT NAUMBURG IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 U 85/06 OLG Naumburg

verkündet am: 18.10.2006

In dem Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 27. September 2006 durch die Richter am Oberlandesgericht Rüge, Manshausen und Handke für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 4. April 2006 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg - Einzelrichter - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

Die Parteien streiten um die Anwendbarkeit eines Rahmen-Teilungsabkommens.

Die Klägerin ist eine allgemeine Ortskrankenkasse. Zwischen ihr und der Beklagten, einem Haftpflichtversicherer, gilt unstreitig ein Rahmen-Teilungsabkommen (im Folgenden: TA), das am 3. April 1985 geschlossen worden ist.

Das Teilungsabkommen enthält u.a. folgende Regelungen:

"§ 1

(1) Kann eine diesem Abkommen beigetretene Krankenkasse ("K") gegen eine natürliche oder juristische Person, die bei der "H" haftpflichtversichert ist, gem. § 116 SGB X Ersatzansprüche aus Schadensfällen ihrer Versicherten oder deren mitversicherten Familienangehörigen (Geschädigte) geltend machen, so verzichtet die "H" auf die Prüfung der Haftungsfrage.

(2) Voraussetzung für die Anwendung des Abkommens ist, ...bei der allgemeinen Haftpflichtversicherung ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen dem Schadensfall und dem versicherten Haftpflichtbereich.

(3) Die Leistung der "H" entfällt, wenn schon aufgrund des unstreitigen Sachverhaltes unzweifelhaft und offensichtlich ist, dass eine Schadensersatzpflicht des Haftpflichtversicherten gar nicht in Frage kommt. ...

(4) Ferner findet in der Allgemeinen Haftpflichtversicherung das Abkommen keine Anwendung, wenn nach dem unstreitigen Sachverhalt kein objektiver Verstoß gegen Sorgfalts- und Verhaltensvorschriften vorliegt. ...

(8) Das Abkommen ist nur insoweit anwendbar, als die "H" für den Schadensfall Versicherungsschutz zu gewähren hat. ...

(9) Die "H" ersetzt der "K"

a) ...

b) in übrigen Fällen der Allgemeinen Haftpflichtversicherung 45 % der von ihr zu gewährenden Leistung im Rahmen des § 4 dieses Abkommens." (vgl. Bl. 9/10 d. A.)

Die Klägerin beansprucht hier von der Beklagten den Ersatz von 45 % der Heilungskosten, die sie für 16 bei ihr versicherte Personen aufgewandt hat. Sie trägt hierzu lediglich vor, dass diese Personen jeweils in einem Pflegeheim gestürzt sind und sich verletzt haben. Diese Pflegeheime sind bei der Beklagten betriebshaftpflichtversichert.

Das Landgericht hat die Klage mit am 4. April 2006 verkündetem Urteil abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Klägerin nicht ausreichend zur Anwendbarkeit des Teilungsabkommens vorgetragen habe. Der Senat nimmt auf Tatbestand und Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 15. April 2006 zugestellte Urteil am 8. Mai 2006 Berufung eingelegt und diese am 21. Mai 2006 begründet. Sie vertritt die Auffassung, dass das Landgericht Sinn und Zweck der Teilungsabkommen verkannt habe. Über diese Abkommen seien alle Fälle zu regulieren. Denn der Ausgleich für Fälle mit zweifelhafter Haftung und nicht bestehender Haftung sei über die ausgehandelte Quote sichergestellt. Zweck des Teilungsabkommens sei es, die Fälle Verwaltungskosten sparend und streitfrei abzuwickeln. Dies ergebe sich daraus, dass die Beklagte auf die Prüfung der Haftungsfrage verzichtet habe.

Die Klägerin beantragt,

das am 4. April 2006 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg - Einzelrichter - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 24.930 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. März 2005 zu zahlen,

hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ihre Auffassung, dass die Klägerin die Anwendungsvoraussetzungen des Teilungsabkommens nicht ausreichend vorgetragen habe.

II.

Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Im Berufungsverfahren sind Entscheidungen des ersten Rechtszuges nach § 513 Abs. 1 ZPO nur darauf überprüfbar, ob die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO beruht, oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

Das Landgericht hat die Klage mit einer Begründung abgewiesen, die - im Ergebnis - nicht auf einer Rechtsverletzung beruht. Die festgestellten Tatsachen rechtfertigen keine andere als die angefochtene Entscheidung.

Die Klägerin hat hier keinen vertraglichen Anspruch auf Erstattung von 45 % der Heilungskosten nach § 1 Nr. 9 b TA, da das Teilungsabkommen hier nicht anwendbar ist.

Die Anwendung des Rahmenteilungsabkommens setzt einen inneren Zusammenhang zwischen dem Schadensfall und dem versicherten Wagnis voraus (vgl. 1.). Der Vortrag eines bloß räumlichen Zusammenhanges - Sturz im Pflegeheim - ist unzureichend, um diesen inneren Zusammenhang zu begründen (vgl. 2). Der Klägerin kommen weder eine Beweislastumkehr (vgl. 3.) noch Erleichterungen nach den Regeln der sog. Sekundären Beweislast zugute (vgl. 4.).

1. Das Teilungsabkommen ist im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Es fehlt an einem adäquaten Kausalzusammenhang zwischen den Schadensfällen und dem jeweils versicherten Haftpflichtbereich im Sinne des § 1 Abs. 2 TA.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein adäquater Ursachenzusammenhang im Sinne eines solchen Teilungsabkommens anzunehmen, wenn das Schadensereignis seiner Art nach in den Gefahrenbereich fällt, für den der Haftpflichtversicherer den Versicherungsschutz zu gewähren hat. Es handelt sich dabei um einen inneren Zusammenhang zwischen dem Schadensfall und dem versicherten Wagnis, der für die Entscheidung über die Grenze der Anwendbarkeit des Teilungsabkommens maßgebend ist (BGH, Urteil vom 16.12.1981, IV a ZR 181/80, zitiert nach juris Rz. 12, [= VersR 1982, 333 f.).

b) Zur Annahme eines solchen inneren Zusammenhanges reicht ein rein örtlicher Zusammenhang nicht aus. Wenn ein Mensch unbekannten Alters und nicht näher bezeichneter Pflegebedürftigkeit in einem Pflegeheim gestürzt ist, kann sich auch das allgemeine Lebensrisiko des Patienten verwirklicht haben. Entscheidend ist daher, dass der Sturz mit einer Pflegemaßnahme bzw. einem Unterlassen des Pflegepersonals im Zusammenhang steht, gegen deren Folgen die Beklagte die Pflegeheimbetreiber im Rahmen der Betriebshaftpflichtversicherung abgesichert hat.

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann allein aus dem Umstand, dass ein Heimbewohner im Bereich des Pflegeheimes gestürzt ist und sich dabei verletzt hat, nicht auf eine schuldhafte Pflichtverletzung des Pflegepersonals geschlossen werden (BGH, Urteil vom 28. April 2005, Az: III ZR 399/04, zitiert nach juris Rdn.: 8 [=NJW 2005, 1937 ff.]). Denn daneben besteht ein normaler alltäglicher Gefahrenbereich, der grundsätzlich in der eigenverantwortlichen Risikosphäre der Geschädigten verbleibt (BGH, a.a.O.).

bb) Dementsprechend ist zwischen dem allgemeinen Lebensrisiko des Patienten und dem Haftpflichtrisiko des Pflegeheims zu differenzieren.

Im Rahmen der Betriebshaftpflichtversicherung der Beklagten versichert ist nicht die allgemeine Sturzgefahr - als Ausprägung des allgemeinen Lebensrisikos - der Heimbewohner, sondern nur das Haftpflichtrisiko des Heimbetreibers für nicht ordnungsgemäßen Betrieb der Pflegeheime. Das hat die Beklagte unbestritten vorgetragen.

Die Pflichten, die das Pflegeheim gegenüber dem Patienten mit dem Heimvertrag übernommen hat, beinhalten nicht immer und in jedem Fall den Schutz eines Heiminsassen vor Sturzschäden.

Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. BGH a.a.O.) sind diese Pflichten auf die in Pflegeheimen üblichen Maßnahmen begrenzt, die mit einem vernünftigen finanziellen und personellen Aufwand realisierbar sind. Maßgebend müssen das Erforderliche und das für die Heimbewohner und das Pflegepersonal Zumutbare sein. Dabei ist insbesondere auch zu beachten, dass beim Wohnen in einem Heim die Würde sowie die Interessen und Bedürfnisse der Bewohner vor Beeinträchtigungen zu schützen und die Selbstständigkeit, die Selbstbestimmung und die Selbstverantwortung der Bewohner zu wahren und zu fördern sind (vgl. nunmehr § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 HeimG i.d.F. vom 5. November 2001 BGBl. I S. 2970).

Auch die Vorschriften der §§ 2, 5 Abs. 1 und 3, 9 HeimG gebieten nichts anderes.

c) Deshalb ist die Auffassung der Klägerin, dass sich aus dem in § 1 Abs. 1 TA ausgesprochenen Verzicht auf die Prüfung der Haftungsfrage ergebe, dass ausnahmslos alle Sturzfälle zu regulieren seien, nicht zutreffend.

aa) Zum einen wären dann die Absätze 1 und 2 des § 1 TA widersprüchlich. Es macht keinen Sinn, einerseits einen adäquaten Kausalzusammenhanges zwischen Schadensfall und versichertem Haftpflichtbereich zur Anwendungsvoraussetzung des Teilungsabkommens zu machen und andererseits auf die Prüfung dieser Anwendungsvoraussetzung zu verzichten. Denn nach der Auffassung der Klägerin beinhaltet der Verzicht auf die Prüfung der Haftungsfrage zugleich einen Verzicht auf die Prüfung des genannten Kausalzusammenhanges.

bb) Auch der Wortlaut gebietet eine solche Auslegung nicht.

Denn "Haftung" im Sinne des § 1 Abs. 1 TA als juristisch geprägter Terminus erschöpft sich nicht in dem in § 1 Abs. 2 TA genannten Kausalzusammenhang.

Um eine Haftung im Einzelfall bejahen zu können, ist regelmäßig zusätzlich das Verschulden und die haftungsausfüllende Kausalität, also die Kausalität zwischen Rechtsgutverletzung und eingetretenem Schaden zu prüfen. Beide Voraussetzungen werden von § 1 Abs. 2 TA jedenfalls nicht erfasst.

Der in § 1 Abs. 2 TA geforderte adäquate Kausalzusammenhang ist auch nicht identisch mit der sog. haftungsbegründenden Kausalität. Um die haftungsbegründende Kausalität bejahen zu können, bedarf es der Feststellung einer konkreten Pflichtverletzung, der Verletzung eines Rechtsgutes beim Geschädigten und der Kausalität zwischen beidem.

Wie bereits dargestellt, fordert § 1 Abs. 2 TA aber nur einen inneren Zusammenhang zwischen dem Schadensfall und dem versicherten Risiko. Damit genügt es, dass in der konkreten Situation eine Pflichtverletzung des Pflegepersonals möglich erscheint.

d) Weiter verquickt die Klägerin die Frage des adäquaten Kausalzusammenhangs nach § 1 Abs. 2 TA in unzulässiger Weise mit der Regelung der sog. "Groteskfälle" nach § 1 Abs. 4 TA. Diese Regelung setzt die grundsätzliche Anwendbarkeit des Teilungsabkommens - und damit den adäquaten Kausalzusammenhang - bereits voraus. Sie erfasst nur Fälle, in denen der Sturz zwar im Zusammenhang mit Tun oder Unterlassen des Pflegepersonals steht, aber dennoch eine Pflichtverletzung ausscheidet.

e) Aus den genannten Gründen kann sich der Senat der Auffassung des Oberlandesgerichts Celle (vgl. Urteil des 5. Senates des OLG Celle vom 3. August 2006, Az: 5 U 71/06; die Klägerin hat eine Ausfertigung zu den Akten gereicht [Bd. II., Bl. 141 ff. d.A.]) nicht anschließen, dass das Teilungsabkommen nach Sinn und Zweck nur in Fällen nicht anzuwenden sei, in denen es offensichtlich an einem erkennbaren Kausalzusammenhang zwischen dem Schaden und dem Handeln des in Anspruch genommenen fehle.

Eine solche Auslegung ist - zumindest im hier zu entscheidenden Fall - mit dem Wortlaut des § 1 Abs. 2 TA unvereinbar. Denn dort ist ein adäquater Kausalzusammenhang ausdrücklich als Anwendungsvoraussetzung gefordert. Dagegen wird nicht auf das Fehlen eines solchen Zusammenhanges als Ausschlussgrund für die Anwendung abgestellt.

Allerdings ist in den Gründen der zitierten Entscheidung der Wortlaut des dort zugrunde liegenden § 1 Abs. 2 TA nicht wiedergegeben, so dass auch eine abweichende Fassung in Betracht kommt.

2. Der Vortrag eines bloß räumlichen Zusammenhanges - Sturz im Pflegeheim - ist unzureichend, um den erforderlichen inneren Zusammenhang zwischen dem Schadensfall und dem versicherten Wagnis zu begründen.

a) Ein Sachvortrag ist zur Begründung eines Klageanspruches schlüssig und damit als Prozessstoff erheblich, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das mit der Klage geltend gemachte Recht als in der Person des Klägers entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nur dann erforderlich, wenn diese für die Rechtsfolge von Bedeutung sind. Das Gericht muss in der Lage sein, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs vorliegen (BGH vom 20. September 2002, V ZR 170/01, zitiert nach juris Rn. 8, [= NJW-RR 2003, 69 f.]).

b) Gemessen an diesem Maßstab genügt hier die Klägerin ihren Darlegungslasten nicht, da sie nur einen äußerlichen, örtlichen Zusammenhang vorträgt.

Die Klägerin leitet ihren Anspruch gegen die Beklagte aus dem zitierten § 1 des Teilungsabkommens ab. Daher muss das Gericht durch die vorgetragenen Tatsachen in die Lage versetzt sein, zu entscheiden, ob die Voraussetzungen für die Anwendung dieses Abkommens vorliegen.

Der klägerische Vortrag reicht nicht aus, um diesen "adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Schadensfall und dem versicherten Haftpflichtbereich" im Sinne des § 1 Abs. 2 Teilungsabkommens in den 16 Fällen, die hier den Streitgegenstand bilden, zu bejahen. Denn die Klägerin hat lediglich vorzutragen, dass jeweils eine bestimmte Person an einem bestimmten Tag in einem bestimmten Pflegeheim gestürzt ist und sich hierdurch verletzt hat. Weil ein Sturz aber - wie dargelegt - auch auf dem allgemeinen Lebensrisiko des Heimbewohners beruhen kann, muss die Klägerin das Gericht mit ihrem Tatsachenvortrag in die Lage versetzen, zu beurteilen, ob in der konkreten Situation die Verwirklichung des Haftpflichtrisikos zumindest möglich erscheint. Es müsste daher vorgetragen sein, unter welchen Umständen sich der Sturz ereignet hat bzw. aufgrund welcher Tatsachen eine Pflegemaßnahme zur Abwendung eines Sturzes geboten war, die unterlassen wurde.

Wollte man allein von der Tatsache eines Sturzes im Pflegeheim auf ein pflichtwidriges Unterlassen schließen, würde man dem Heimbetreiber eine Garantiehaftung auferlegen. Der Betreiber hätte dann die Pflicht, grundsätzlichen jeden Sturz zu verhindern. Dem Heimbewohner würde damit das allgemeine Lebensrisiko abgenommen.

c) Zudem bliebe bei einer Bewertung der Anwendungsvoraussetzungen des TA nach dem Begehren der Klägerin die zusätzliche Voraussetzung gemäß § 1 Abs. 8 Satz 1 TAG außer Betracht. Danach ist das TA nur insoweit anwendbar, als die Beklagte für den Schadensfall Versicherungsschutz zu gewähren hat. Da die Beklagte die Heimbetreiber nur gegen die Folgen nicht ordnungsgemäßen Heimbetriebes abgesichert hat und nicht deren Heimbewohner gegen die allgemeine Sturzgefahr, ist "insoweit" es die von der Klägerin geltend gemachten Erstattungsansprüche betrifft, das TA nicht anwendbar. Ein vertraglicher Kostenerstattungsanspruch nach TA scheidet deshalb aus.

3. Die Klägerin trägt für die Anwendung des Abkommens die Darlegungs- und Beweislast; ihr kommt eine Umkehr der Beweislast nicht zugute.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kommt eine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen einer in der konkreten Unfallsituation bestehenden Sicherungspflicht vorgetragen sind, die gerade eine Schädigung ausschließen sollte. Darlegungs- und beweispflichtig ist hierfür der Anspruchsteller (BGH a.a.O.).

Die Nennung eines Sturzes in einem Pflegeheim ohne Angabe näherer Umstände reicht aus den genannten Gründen hierfür nicht aus.

4. Der Klägerin kommt auch keine Erleichterung nach den Grundsätzen der so genannten sekundären Darlegungs- und Beweislast zugute.

a) Die Anforderungen an die Substantiierungslast des Bestreitenden hängen davon ab, wie substantiiert der darlegungspflichtige Gegner vorgetragen hat. In der Regel genügt gegenüber einer Tatsachenbehauptung des darlegungspflichtigen Klägers das einfache Bestreiten des Beklagten. Ob und inwieweit die nicht darlegungsbelastete Partei ihren Sachvortrag substantiieren muss, lässt sich nur aus dem Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag bestimmen, wobei die Ergänzung und Aufgliederung des Sachvortrags bei hinreichendem Gegenvortrag immer zunächst die Sache der darlegungs- und beweispflichtigen Partei ist. Eine darüber hinausgehende Substantiierungslast trifft die nicht beweisbelastete Partei nur ausnahmsweise dann, wenn der darlegungspflichtige Gegner außerhalb des von ihm darzulegenden Geschehensablaufs steht und die maßgebenden Tatsachen nicht näher kennt, während sie der anderen Partei bekannt und ihr ergänzende Angaben zuzumuten sind (BGH NJW 1999, 1404 f.).

b) Danach greifen im vorliegenden Fall die Regeln der sekundären Beweislast nicht ein.

Das Recht der Klägerin ist gem. § 116 SGB X von den Geschädigten auf sie übergegangen. Die Geschädigten haben in der Regel zumindest eine genau so gute Kenntnis des Sturzgeschehens, wie das Pflegepersonal, für dessen Verhalten die Beklagte Haftpflichtschutz zu gewähren hat. Dem Klägervorbringen lassen sich keine Umstände entnehmen, nach denen ihr der Zugriff auf Krankenakten, Pflegedokumentationen oder die Befragung der Geschädigten unmöglich, nicht zumutbar oder verwehrt gewesen ist.

III.

1. Die mündliche Verhandlung war - entgegen dem Antrag der Klägerin aus dem Schriftsatz vom 4. Oktober 2006 (vgl. Bd. II., Bl. 187 d.A.) - nicht wieder zu eröffnen. Denn die Voraussetzungen des § 156 ZPO sind nicht erfüllt.

2. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen vor.

Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Das Rahmenteilungsabkommen, dem die Parteien beigetreten sind, ist ein typischer Vertrag, dessen Anwendungsbereich über den Bezirk des Oberlandesgerichts Naumburg hinausreicht.

Außerdem erfordert eine einheitliche Rechtsprechung die Entscheidung des Revisionsgerichtes.

Denn das Oberlandesgericht Celle beurteilte in einer vom Klägervertreter zu den Akten gereichten Entscheidung (OLG Celle vom 3. August 2006, Az.: 5 U 71/06; vgl. Bd. II., 141 ff. d. A.) die Auswirkungen der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshof vom 28. April 2005 (Az.: III ZR 399/04 = NJW 2005, 1937 ff.) auf die Auslegung von Teilungsabkommen - wie bereits dargelegt - anders als der erkennende Senat.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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